Die Verantwortung ernst nehmen – der brasilianische Vorschlag einer Responsibility while protecting und die R2P Agenda

Der brasilianische Vorschlag einer Responsibility while Protecting stößt derzeit in Europa auf Skepsis und wird eher als Hindernis für die R2P-Debatte gesehen. Dies ist jedoch eine oberflächliche Betrachtungsweise. Man muss verstehen, dass Brasilien aus einer sehr souvernitätsfreundlichen Position kommt und dass die Intervention in Libyen in Brasilien, aber auch anderswo auf Gegenwind gestoßen ist. RwP ist ein konstruktiver Beitrag zur R2P-Debatte, der von den westlichen Staaten ernst genommen werden sollte. Nur mit RwP sind Länder wie Indien oder Brasilien weiterhin als Unterstützer der R2P zu halten. Zudem zeigt die laufende Debatte, dass die genauen Umrisse von RwP keineswegs fix sind, sondern von Brasilien selbst weiter geprägt werden. In diese Diskussion lohnt es sich einzusteigen.  Weiterlesen

Die Schutzverantwortung umsetzen: Deutschland braucht einen RtoP-Bestandsbericht

Die Bundesrepublik Deutschland ist auf internationaler Ebene ein starker Verfechter des Konzepts der Schutzverantwortung. Dennoch mangelt es nach wie vor an einer Strategie zur Umsetzung der Responsibility to Protect (RtoP) auf nationaler Ebene. Die Erfahrung der letzten Jahrzehnte hat gezeigt, dass eine effektive Prävention und Reaktion auf Massenverbrechen nicht an Informations- sondern an Handlungsdefiziten gescheitert ist. Damit auf verfügbare Erkenntnisse über Massenverbrechen in Zukunft rechtzeitig reagiert werden kann, sollte die Bundesregierung alle an der Umsetzung der Schutzverantwortung mitwirkenden Institutionen und Prozesse erfassen, integrieren und optimieren. Weiterlesen

Protokollhof zwischen dem Neu- und Altbau des Auswärtigen Amtes in Berlin (2007), Quelle: Wikimedia

Offener Brief an Bundesaußenminister Westerwelle zur R2P

Heute forderten Genocide Alert, Human Rights Watch und der Gesellschaft für bedrohte Völker in einem offenen Brief offenen Brief an Bundesaußenminister Westerwelle eine bessere Umsetzung der Schutzverantwortung durch Deutschland. Dazu erläuterten die Organisationen ihre Forderungen nach einer RtoP-Koordinationsstelle sowie der Erstellung eins RtoP-Bestandsberichts.

Deutschland zählt innerhalb der Vereinten Nationen nominell zu den Ländern, die das Konzept der Schutzverantwortung am stärksten unterstützen. Eine Strategie zur Umsetzung auf nationaler Ebene ist bisher jedoch noch nicht erkennbar. Ohne eine Institutionalisierung der Schutzverantwortung können Massenverbrechen jedoch nicht systematisch verhindert werden. Deshalb wenden sich Genocide Alert, Human Rights Watch und der Gesellschaft für bedrohte Völker an Bundesaußenminister Westerwelle und bitten ihn sich für eine hochrangige Koordinierungsstelle zur Schutzverantwortung einzusetzen. Durch diese sollen die zahlreichen relevanten Informationen aus der deutschen Außen-, Entwicklungs- und Verteidigungspolitik zusammengeführt und analysiert werden, um daraus eine kohärente deutsche Politik zu entwickeln. Zudem soll ein regelmäßiger Bestandsbericht klarstellen, welche Informationsquellen und Instrumente der Bundesregierung zur Umsetzung der Schutzverantwortung zur Verfügung stehen, wo Mängel sind und wie sich diese beheben lassen. Dadurch soll deutlich werden, welche Handlungsoptionen für die deutsche Politik existieren.

Hier finden Sie den offenen Brief sowie die Diskussionspapiere zu der Koordinierungsstelle und zu dem Bestandsbericht, die Genocide Alert, die Gesellschaft für bedrohte Völker und Human Rights Watch gemeinsam erstellt haben.

Hier zum offenen Brief an Bundesaußenminister Westerwelle von Genocide Alert, Human Rights Watch und der Gesellschaft für bedrohte Völker:

» Download pdf. Offenen Brief an Bundesaußenminister Westerwelle

Mehr Informationen Warum Deutschland eine RtoP-Koordinationsstelle braucht und welche Aufgaben diese erfüllen sollte, gibt es im aktuellen Policy Paper:

» Download pdf. Policy Brief RtoP Koordinator

Mehr darüber wie vorhandene RtoP Informationen und Instrumente besser genutzt werden sollten und welche Fragen ein nationaler RtoP-Bestandsbericht beantworten sollte finden Sie hier:

» Download pdf. Policy Brief RtoP Umsetzung

Deutschland und die R2P: Nie wieder Krieg oder nie wieder Auschwitz?

Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter Tho­mas de Mai­zière hat jüngst wie­der ei­ne ver­stärk­te Si­cher­heits­po­li­ti­sche De­bat­te in Deutsch­land ge­for­dert. Im An­schluss an die jüngs­te in­for­mel­le De­bat­te der UN Ge­ne­rals­ver­samm­lung zur Re­s­pon­si­bi­li­ty to Pro­tect (RtoP) am 5. Sep­tem­ber bie­tet es sich an Deutsch­lands Bei­trag zur in­ter­na­tio­na­len Schutz­ver­ant­wor­tung zu dis­ku­tie­ren. Die Ver­hin­de­rung von und Re­ak­ti­on auf Mas­sen­ver­bre­chen ist an­ge­sichts zwei­er Ma­xi­me deut­scher Au­ßen­po­li­tik – nie wie­der Krieg und nie wie­der Ausch­witz – ein not­wen­di­ges The­ma, dass sich auch in der si­cher­heits­po­li­ti­schen De­bat­te wie­der­fin­den muss, in Deutsch­land aber bis­lang we­nig the­ma­ti­siert wird. Will die Bun­des­re­pu­blik ih­rer in­ter­na­tio­na­len Ver­ant­wor­tung ge­recht wer­den, muss hier­zu­lan­de ei­ne ernst­haf­te Aus­ein­an­der­set­zung mit der Schutz­ver­ant­wor­tung statt­fin­den.

Die Schutz­ver­ant­wor­tung…

Mit der ein­stim­mi­gen An­nah­me der Ab­schluss­do­ku­ments des Welt­gip­fels im Jahr 2005 ha­ben sich al­le Mit­glied­staa­ten der Ver­ein­ten Na­tio­nen mit der „Re­s­pon­si­bi­li­ty to Pro­tect“ prin­zi­pi­ell da­zu be­kannt Völ­ker­mord, Ver­bre­chen ge­gen die Mensch­lich­keit, Kriegs­ver­bre­chen und eth­ni­schen Säu­be­run­gen prä­ven­tiv ent­ge­gen­zu­tre­ten und ge­ge­be­nen­falls ein­zel­ne Staa­ten da­bei zu un­ter­stüt­zen ih­re Schutz­ver­ant­wor­tung ge­gen­über der Be­völ­ke­rung wahr­zu­neh­men. Soll­te ein Staat in der Aus­übung sei­ner Ver­ant­wor­tung gra­vie­rend ver­sa­gen, er­klär­te sich die In­ter­na­tio­na­le Ge­mein­schaft da­zu be­reit durch den Si­cher­heits­rat der Ver­ein­ten Na­tio­nen mit Hil­fe von Zwangs­maß­nah­men, die den Ein­satz mi­li­tä­ri­scher Mit­tel ein­schlie­ßen kön­nen, be­droh­ten Be­völ­ke­run­gen zur Hil­fe zu ei­len. Dies sind die drei Säu­len der RtoP: Die Schutz­ver­ant­wor­tung des Staa­tes, In­ter­na­tio­na­le Hil­fe und Ka­pa­zi­täts­auf­bau so­wie Recht­zei­ti­ge und ent­schie­de­ne Re­ak­ti­on.

Wur­de die RtoP lan­ge vor al­lem in aka­de­mi­schen Zir­keln dis­ku­tiert, so war im Jahr 2011 In Li­by­en und der El­fen­bein­küs­te erst­mals die Le­gi­ti­mie­rung des Ein­sat­zes von Ge­walt zum Schutz von Zi­vi­lis­ten auf Ba­sis der RtoP durch den Si­cher­heits­rat zu be­ob­ach­ten. Wäh­rend der Fall El­fen­bein­küs­te in der deut­schen Öf­fent­lich­keit re­la­tiv un­um­strit­ten war, folg­te der In­ter­ven­ti­on in Li­by­en ei­ne kri­ti­sche De­bat­te, ins­be­son­de­re in Deutsch­land war die deut­sche Ent­hal­tung im Si­cher­heits­rat Ge­gen­stand der Kri­tik (sie­he z.B. auch Be­rich­te bei SPON, SZ und FAZ).

… und das wi­der­sprüch­li­che deut­sche Han­deln zwi­schen Un­ter­stüt­zung und Dis­tan­zie­rung

Die Ent­hal­tung da­mals ver­wun­der­te ei­ner­seits we­gen des deut­schen Aus­sche­rens aus der Po­si­ti­on sei­ner Al­li­ier­ten und dem (zwei­fel­haf­ten) Schul­ter­schluss mit Russ­land  und Chi­na so­wie Bra­si­li­en und In­di­en, die sich eben­falls ent­hal­ten hat­ten. Auch wenn Deutsch­land sich durch sei­ne Ent­hal­tung Ver­trau­en bei Staa­ten wie Bra­si­li­en und In­di­en ver­schafft hat, die der RtoP und ins­be­son­de­re dem dar­auf be­grün­de­ten Ein­satz von Ge­walt kri­tisch ge­gen­über ste­hen, so kann man sie nicht zwin­gend aus der oft zi­tier­ten deut­schen Aus­rich­tung am Zi­vil­mach­ti­de­al er­klä­ren: Zwar strebt die ide­al­ty­pi­sche Zi­vil­macht ei­ne „Zi­vi­li­sie­rung“ der zwi­schen­staat­li­chen Be­zie­hun­gen auch durch ei­ne Ein­he­gung des Ein­sat­zes von Ge­walt an, dies be­inhal­tet al­ler­dings auch ei­ne Un­ter­stüt­zung kol­lek­ti­ver Si­cher­heits­sys­te­me so­wie ei­ne Stär­kung des Völ­ker­rechts. Bei­de hat­te Deutsch­land durch sei­ne Ent­hal­tung zu Li­by­en ver­säumt. Was al­so „von der Li­by­en-Po­li­tik Deutsch­lands in Er­in­ne­rung bleibt, sind Feh­ler und Ver­säum­nis­se ei­ner Zi­vil­macht oh­ne Zi­vil­cou­ra­ge“.

An­de­rer­seits pass­te das deut­sche Ver­hal­ten im Fall Li­by­en gar nicht zur an­sons­ten un­ter­stüt­zen­den Hal­tung Deutsch­lands zur RtoP auf der in­ter­na­tio­na­len Ebe­ne: Deutsch­land war ein star­ker Be­für­wor­ter des In­ter­na­tio­na­len Straf­ge­richts­hofs und wäh­rend der Ver­hand­lun­gen zum rö­mi­schen Sta­tut Mit­glied der Grup­pe der „li­ke-min­ded Sta­tes“. Auch wäh­rend der Ver­hand­lun­gen zur Re­s­pon­si­bi­li­ty to Pro­tect beim Welt­gip­fel 2005 spiel­te Deutsch­land ei­ne un­ter­stüt­zen­de Rol­le und sorg­te ge­mein­sam mit an­de­ren Be­für­wor­tern da­für, dass die RtoP letzt­lich im Gip­fel­do­ku­ment ver­blieb. Auch in der Zeit da­nach setz­te sich die Bun­des­re­pu­blik als Mit­glied der in­for­mel­len Grup­pie­rung „Group of Fri­ends of the Re­s­pon­si­bi­li­ty to Pro­tect“ für ei­ne Stär­kung und Im­ple­men­tie­rung der RtoP auf in­ter­na­tio­na­ler Ebe­ne ein. Da­für rühm­te sich die Re­gie­rung z.B. auch im Be­richt der Bun­des­re­gie­rung zur Zu­sam­men­ar­beit mit den Ver­ein­ten Na­tio­nen im Jahr 2010.

Zu­dem set­ze sich die Bun­des­re­gie­rung nach ei­ge­nen An­ga­ben durch Men­schen­rechts – und Ent­wick­lungs­po­li­tik, zi­vi­le Kri­sen­prä­ven­ti­on, die Stär­kung re­gio­na­ler und in­ter­na­tio­na­ler Or­ga­ni­sa­tio­nen so­wie durch die fi­nan­zi­el­le För­de­rung des Bü­ros der Son­der­be­ra­ter des Ge­ne­ral­se­kre­tärs der Ver­ein­ten Na­tio­nen für die Re­s­pon­si­bi­li­ty to Pro­tect und zur Ver­hin­de­rung von Völ­ker­mord ein (Bun­des­tags­druck­sa­che 17/6712: 3-4). Auch in meh­re­ren Re­de­bei­trä­gen vor den Ver­ein­ten Na­tio­nen sprach sich die Bun­des­re­pu­blik deut­lich für ei­ne Stär­kung der RtoP und de­ren wei­te­re Im­ple­men­tie­rung, auch durch den UN-Si­cher­heits­rat, aus. In­for­mier­te Krei­se be­rich­ten auch, dass An­ge­la Mer­kel ei­nen kri­ti­schen Brief an die bra­si­lia­ni­sche Prä­si­den­tin Rouseff ge­schrie­ben ha­ben soll, nach­dem Bra­si­li­en sein „Re­s­pon­si­bi­li­ty whi­le Pro­tec­ting“-Kon­zept im Herbst 2011 in die De­bat­te ein­ge­bracht hat­te.

Zu­rück­hal­tung des Aus­wär­ti­gen Amts trotz völ­ker­recht­li­cher Ba­sis für die Schutz­ver­ant­wor­tung

Ei­ne Er­klä­rung die­ses wi­der­sprüch­li­chen Ver­hal­tens ist we­ni­ger bei den deut­schen Di­plo­ma­ten in New York zu su­chen: so war z.B. Gun­ther Pleu­ger, der deut­sche Bot­schaf­ter bei den Ver­ein­ten Na­tio­nen wäh­rend des Welt­gip­fels 2005, ein star­ker Un­ter­stüt­zer der RtoP, der auch die Po­li­tik der schwarz-gel­ben Bun­des­re­gie­rung in der Li­by­en-Kri­se stark kri­ti­siert hat­te, auch sein der­zei­ti­ger Nach­fol­ger Pe­ter Wit­tig scheint sich ernst­haft mit dem Kon­zept aus­ein­an­der ge­setzt zu ha­ben. Es ist viel­mehr im Aus­wär­ti­gen Amt in Ber­lin ei­ne ge­wis­se Nicht­be­ach­tung des Kon­zepts be­ob­acht­bar: Da es sich nicht um ei­ne völ­ker­recht­lich ver­an­ker­te Rechts­norm han­delt, ran­gier­te die RtoP wohl lan­ge un­ter­halb der durch Ju­ris­ten ge­präg­ten Auf­merk­sam­keits­schwel­le der Lei­tungs­ebe­ne. Vie­le im li­be­ral ge­führ­ten Au­ßen­mi­nis­te­ri­um schei­nen in der RtoP zu­dem nicht in ers­ter Li­nie ein Mit­tel zur Ver­hin­de­rung von Mas­sen­ver­bre­chen zu se­hen, son­dern viel­mehr die Ge­fahr der Aus­he­be­lung des völ­ker­recht­li­chen Ge­walt­ver­bots.

Doch die­se ju­ris­ti­sche Be­trach­tungs­wei­se greift zu kurz: Auf Ba­sis der Ge­no­zid Kon­ven­ti­on von 1948 sind al­le Staa­ten ver­pflich­tet Völ­ker­mord vor­zu­beu­gen und ihn als Straf­tat­be­stand zu ver­fol­gen. Nach ei­nem Ur­teil des In­ter­na­tio­na­le Ge­richts­hof im Jahr 1996 ist die Ge­no­zid Kon­ven­ti­on in­zwi­schen gar als zwin­gen­des Völ­ker­ge­wohn­heits­recht zu se­hen, was je­den Staat da­zu ver­pflich­tet, al­les in sei­nen Mög­lich­kei­ten lie­gen­de zu tun, um Völ­ker­mord zu ver­hin­dern. Auch laut dem rö­mi­schen Sta­tuts des In­ter­na­tio­na­len Straf­ge­richts­ho­fes aus dem Jahr 1998 sind Völ­ker­mord, Ver­bre­chen ge­gen die Mensch­lich­keit, Kriegs­ver­bre­chen so­wie das Ver­bre­chen der Ag­gres­si­on als in­ter­na­tio­na­le Straf­tat­be­stän­de durch die Un­ter­zeich­ner­staa­ten zu ver­fol­gen. Die­ses Sta­tut ist mit dem Völ­ker­straf­ge­setz­buch auch Teil der deut­schen Recht­spre­chung ge­wor­den. Auch wenn die RtoP selbst kei­ne völ­ker­recht­li­che Norm ist, so ba­siert sie doch auf ver­trag­li­chem und Völ­ker­ge­wohn­heits­recht.

Trotz­dem scheint sich das Aus­wär­ti­ge Amt erst nach der Li­by­en­kri­se ernst­haft mit der RtoP aus­ein­an­der­ge­setzt zu ha­ben. Dies ist auch dar­an zu er­ken­nen, dass sich Deutsch­land erst mit zwei Jah­ren Ver­spä­tung der RtoP Fo­cal Point In­itia­ti­ve Dä­ne­marks, Gha­nas und des Glo­bal Cen­ters fort he Re­s­pon­si­bi­li­ty to Pro­tect an­schlie­ßt. Beim kürz­lich statt­ge­fun­de­nen in­for­mel­len in­ter­ak­ti­ven Dia­log der Ge­ne­ral­ver­samm­lung zur Schutz­ver­ant­wor­tung hat­te die Bun­des­re­gie­rung an­ge­kün­digt, eben­falls ei­ne sol­che Kon­takt­stel­le für die RtoP ein­rich­ten zu wol­len. In sei­ner Re­de be­ton­te der stell­ver­tre­ten­de Bot­schaf­ter Mi­guel Ber­ger zu­dem, dass es in Deutsch­land Struk­tu­ren für ei­ne ef­fek­ti­ve Un­ter­stüt­zung an­de­rer Staa­ten zur Er­fül­lung ih­rer Schutz­ver­ant­wor­tung ge­be und ver­wies hier­bei auf ei­ne res­sort­über­grei­fen­de Ar­beits­grup­pe für zi­vi­le Kri­sen­prä­ven­ti­on und Früh­war­nung so­wie ei­nen un­ter­stüt­zen­den Bei­trat. Sein Ver­weis dar­auf, dass Deutsch­land die RtoP als ganz­heit­li­ches Kon­zept se­he und dass in Fol­ge der Li­by­en-Kri­se der drit­ten Säu­le, sprich der mi­li­tä­ri­schen und nicht-mi­li­tä­ri­schen Re­ak­ti­on auf be­reits statt­fin­den­de Mas­sen­ver­bre­chen, zu viel Auf­merk­sam­keit zu­teil­wer­de ist zwar rich­tig, an­ge­sichts der es­ka­lie­ren­den La­ge in Sy­ri­en aber nicht wirk­lich an­ge­bracht. Schlie­ß­lich kann in Fäl­len in de­nen Kriegs­ver­bre­chen und Ver­bre­chen ge­gen die Mensch­lich­keit be­reits be­gan­gen wer­den, nur ei­ne schnel­le, glaub­wür­di­ge und ent­schie­de­ne Re­ak­ti­on die Tä­ter von wei­te­ren Gräu­el­ta­ten ab­hal­ten. Ge­ra­de mit Blick auf Sy­ri­en wird hier der­zeit, we­gen der Blo­cka­de des UN-Si­cher­heits­ra­tes, al­ler­dings zu we­nig ge­tan.

Dis­kus­si­on und Ana­ly­se der Schutz­ver­ant­wor­tung in Deutsch­land not­wen­dig

An­ge­sichts der La­ge in Sy­ri­en muss da­her auch die De­bat­te über ei­ne Re­form des UN-Si­cher­heits­ra­tes wie­der be­lebt wer­den. Ge­ra­de Deutsch­land, das selbst ei­nen stän­di­gen Sitz im Si­cher­heits­rat an­strebt, soll­te in die­ser Dis­kus­si­on öf­fent­lich Stel­lung be­zie­hen. In­di­en z.B. nutz­te in den ver­gan­ge­nen Jah­ren die De­bat­ten der Ge­ne­ral­ver­samm­lung zur RtoP im­mer wie­der, um ei­ne Re­form des Si­cher­heits­ra­tes an­zu­mah­nen, auch in die­sem Jahr.

Die star­ke Zu­rück­hal­tung der Bun­des­re­pu­blik ge­gen­über In­stru­men­ten aus der drit­ten Säu­le der RtoP ist nicht ziel­füh­rend. Deutsch­land könn­te noch viel mehr tun, bis­lang fehlt hier­zu­lan­de ein Über­blick dar­über, wel­che In­stru­men­te der Bun­des­re­gie­rung an­ge­sichts von Mas­sen­ver­bre­chen zur Ver­fü­gung ste­hen: Das Aus­wär­ti­ge Amt, das Ent­wick­lungs­hil­fe­mi­nis­te­ri­um, der Bun­des­nach­rich­ten­dienst, die Bun­des­wehr und an­de­re Re­gie­rungs­in­sti­tu­tio­nen ver­fü­gen al­le über In­stru­men­te und In­for­ma­tio­nen, die in Be­zug auf die Prä­ven­ti­on und Ver­hin­de­rung von Mas­sen­ver­bre­chen hilf­reich und wich­tig sind. Doch oft schei­nen das Wis­sen, der Mut und der Wil­le zu feh­len, um die ver­füg­ba­ren Mit­tel auch ein­zu­set­zen. Wenn wir, wie von de Mai­zière an­ge­sto­ßen, ei­ne ernst­haf­te si­cher­heits­po­li­ti­sche De­bat­te in Deutsch­land füh­ren wol­len, muss auch die RtoP ernst­haft dis­ku­tiert und in der deut­schen Au­ßen­po­li­tik den ihr zu­ste­hen­den Platz ein­neh­men kön­nen.

Die­ser Bei­trag von Gre­gor Hof­mann ist am 12. Sep­tem­ber be­reits im Bret­ter­blog er­schie­nen.
[Hier zum ori­gi­nal Ar­ti­kel].

Debatte zur Schutzverantwortung in der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 5. September 2012: Der deutsche Beitrag

Während des vierten Dialog der UN-Generalversammlung zur Schutzverantwortung am 5. September 2012 verdeutlichte der Stellvertreter des Ständigen Vertreters Deutschlands Botschafter Miguel Berger, dass die Einzelstaaten im Bezug auf die Schutzverantwortung vor drei wesentlichen Herausforderungen stünden. Hierzu zählten die weitere Ausgestaltung des Konzept, die Operationalisierung der ersten und zweiten Säule auf nationaler Ebene, sowie die Bewältigung der öffentlichen Erwartungen gegenüber der Schutzverantwortung. Bezüglich der Ausgestaltung des Konzept erinnerte Berger daran, dass es keine Musterlösung für die Prävention von und Reaktion auf Massenverbrechen gäbe, sondern jeweils situationsbezogene Lösungen angestrebt werden müssten. Zur Operationalisierung der Schutzverantwortung auf nationaler Ebene kündigte Berger an, dass Deutschland kurz vor der Ernennung eines nationalen Focalpoints für die Schutzverantwortung stehe. Zur öffentlichen Wahrnehmung der Schutzverantwortung äußerte Berger die Sorge der Bundesrepublik, dass die dritte Säule der Schutzverantwortung, zum Nachteil der ersten beiden, zu viel Aufmerksamkeit erhalte. Deutschland betrachte die Schutzverantwortung als ein ganzheitliches Konzept, welches Prävention und Reaktion verbinde. Unten die Rede in voller Länge auf Englisch.

 

 

General Assembly: Statement by Ambassador Berger at the 4th Informal Interactive Dialogue on the Responsibility to Protect

 

Sep 5, 2012

(General Assembly: Statement by Ambassador Berger at the 4th Informal Interactive Dialogue on the Responsibility to Protect)

 

Mr. President,

 

I would like to thank you for convening this important and timely debate, and to express thanks to the Secretary-General for his intervention and his recent report. We also express our gratitude and appreciation for the work undertaken by Prof. Ed Luck in his former capacity as the SG’s Special Adviser on Responsiblity to Protect (R2P).

 

Germany aligns itself with the EU intervention and would like to underline the following additional points:

 

Since 2005, the international community has explicitly embraced the principle that the commission of mass atrocities is not an internal matter enjoying protection from outside interference. Both the General Assembly and the Security Council have repeatedly invoked the Responsibility to Protect which obliges us collectively to act in a timely and decisive manner, through diplomatic and other peaceful means, to prevent the emergence of situations conducive to the commission of such atrocities, and, where necessary to step in and end such acts. Rwanda and Srebenica continue to remind us of this joint responsibility and the ongoing events in Syria certainly fall within the scope of all its three pillars.

 

 

Mr. President,

 

As states, we are all basically facing three challenges: to further shape the concept, to operationalize pillars one and two at the national level, and to manage public expectations vis-à-vis R2P.

 

Regarding the concept, I would like to stress the preventive aspects of R2P as well as the responsibility of states and regional organisations for the implementation of R2P. As the report of the SG illustrates, a multitude of options and instruments are available to allow for tailor-made approaches to preventing or stopping the occurrence of mass atrocities. Thus, there can be no “one size fits all” approach.

 

Also, the full equality of all three pillars precludes  an “either/or approach” with regard to prevention and more coercive action, as well as a strict sequencing of actions under each pillar. Rather, we need to ask ourselves in each case how best to achieve the objective of protecting those who are or may be the target of atrocities. Within this approach, measures under chapter vii, while being a last resort, do not require a prior futile use of other means – as long as the Security Council sees chapter VII measures as the only viable option.

 

At the same time, we recognise the need to further develop the concept while building on past experiences and we are aware of calls for possible criteria or guidelines for the use of force under the 3rd pillar, as well as for possible procedures to monitor and evaluate such measures in order to satisfy existing information requirements. We welcome that efforts have been made to advance this discussion, and Germany has already engaged in political dialogue with third countries on R2P in order to advance a common understanding of the concept and its 3rd pillar in particular.

 

Regarding the operationalization of R2P at the national level, Germany has set up the structures useful for effective implementation of the second pillar. Our action in this area is guided by the understanding of R2P as a cross-cutting principle. The German Government has established an inter-ministerial working group for civil crisis prevention and early warning and an adjunct advisory council. These bodies have been meeting on country-specific as well as thematic issues related to R2P and will continue to tackle these issues, including those relating to the four crime areas that trigger R2P.

 

Germany is in the process of appointing a national focal point for R2P. The recommendations that have been formulated by the Global Center for R2P in this regard have been very helpful in this process.

 

As to the public perception of R2P,  Germany remains concerned about the prevailing narrow focus on the third pillar. The discussion of NATO’s military action in implementation of Security Council resolution 1973 has unnecessarily further contributed to a reduced awareness of pillars one and two. Let me therefore again stress that we remain committed to the application of R2P as a holistic concept that merges prevention and response.

 

I thank you.

 

 

Quelle: http://www.new-york-un.diplo.de/Vertretung/newyorkvn/en/__pr/speeches-statements/2012/20120906-berger-ga-r2p.html?archive=2984642.