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Die DR Kongo nach den Wahlen 2011: Der alte Präsident wird auch der Neue sein!

Gestern bestätigte der Oberste Gerichtshof der DR Kongo die Wahlergebnisse der nationalen Wahlkommission CENI. Damit liegt der aussichtsreichste Oppositionskandidat Etienne Tshisekedi (33%) hinter dem Amtsinhaber Joseph Kabila, der nach offiziellen Angaben 49% der Stimmen erhielt und damit wiedergewählt ist.

Die Durchführung und Auswertung der Wahlen am 28. November 2011 war begleitet von massivenZweifeln an Transparenz und Rechtmäßigkeit. So war in einigen Hochburgen des Präsidenten, wie zum Beispiel in Nordkatanga, die Wahlbeteiligung ungewöhnlich hoch, während in Kinshasa sowie in den Provinzen Equateur, Kasai Occidental und Kasai Oriental, wo weniger Unterstützung für Kabila zu erwarten war, eine ungewöhnliche große Anzahl an Stimmen einfach verloren ging. Erstaunlich ist auch die hohe Anzahl an Ausnahmegenehmigungen, die den Verdacht fiktiver und doppelter Wähler nahelegt. Einschüchterungen von Wählern, Zerstörung von Wahllokalen, sowie fehlerhafte Registrierung und Organisation des Urnengangs wurden beobachtet. Darüber hinaus wurde sowohl vor als auch nach dem Wahlgang diverser Radio- und Fernsehkanäle zensiert, abgeschaltet und für die Propaganda der Regierung benutzt. Nicht nur die kongolesischen Regierungskritiker und die Opposition des Landes werfen dem Lager Kabilas Wahlfälschung und Unregelmäßigkeiten vor. Mehrere internationale Wahlbeobachterteams, wie das der Europäischen Union oder des US-amerikanischen Carter Centers, bestätigen in ihren Berichten die geäußerten Vorwürfe und stellen das offizielle Wahlergebnis in Frage. Die in der DR Kongo populäre katholische Kirche hat sich zugleich auf die Seite der Opposition gestellt und in Person des Kardinals Monsengwo die Wahlen als illegitim klassifiziert.

Die Oppositionskandidaten waren nicht bereit, den Wahlausgang anzuerkennen. Wie schon im Vorfeld der Wahlen erklärte sich Tshisekedi kurzerhand selbst zum neuen Präsidenten des Landes und stellte bereits sein Kabinett vor. Der drittplatzierte Kandidat Vital Kamerhe rief offiziell das Oberste Gericht an und forderte die Annullierung der Ergebnisse.

Die Kabila-Regierung hingegen spielt die Anschuldigungen herunter und macht die Unerfahrenheit der kongolesischen Wahlkommission in Verbindung mit dem immensen organisatorischen Aufwand für die mangelhafte und intransparente Wahlorganisation verantwortlich.

Die große Frage, die sich nun im Bezug auf die internationale Gemeinschaft stellt, ist: Welche Konsequenzen sind zu erwarten? Bleibt es bei einem Rüffel für den Amtsinhaber aus dem Ausland? Damit würde die internationale Gemeinschaft, welche die enorme Wichtigkeit dieser zweiten freien Wahlen in der noch jungen Republik immer wieder betont hat, ihre eigene Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen. Vorab wurde von internationaler Seite her versprochen, die Situation genau im Auge zu behalten und weder Ausschreitungen noch andere Gewaltaktionen zu tolerieren. Zwar ist der von vielen herbeigeahnte Bürgerkrieg bisher nicht ausgebrochen und ebenso wenig lässt sich eindeutig nachweisen, ob eine ordentlich durchgeführte Wahl einen anderen Sieger hervorgebracht hätte. Dennoch bleibt die Situation im Kongo äußerst fragil. Ob und wie Opposition und Bevölkerung auf die Bestätigung der Ergebnisse durch den Obersten Gerichtshof reagieren wird, werden erst die kommenden Tage zeigen.

Genocide Alert e.V. fordert daher, die Lage weiterhin genau zu beobachten. Wurden die Kongolesen  – und darauf deutet derzeit alles hin – um ihre faire und freie Wahl betrogen, muss der Druck auf Kabila und die Wahlkommission erhöht werden, den Vorwürfen des Wahlbetrugs zu begegnen. Dabei sollte die internationale Gemeinschaft finanziell und fachlich unterstützen. Unter allen Umständen sollte ein noch stärkeres Ausbrechen von Gewalt verhindert werden.

Neueste Entwicklungen in der Demokratischen Republik Kongo

Nachdem vergangenen Montag, den 28. November 2011 in der Demokratischen Republik Kongo die zweiten demokratischen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen der Geschichte des Landes ausgetragen wurden, scheint sich im Laufe der zögerlich voranschreitenden Auszählung das politische Klima zu erhitzen.

Am Dienstag, den 6. Dezember sollen von der unabhängigen Wahlkommission CENI die vorläufigen Endergebnisse verkündet werden, am 17. Dezember wird das höchste Gericht diese laut dem französischen Sender RFI endgültig bestätigen. Laut neuesten Zwischenergebnissen führt der Amtsinhaber Joseph Kabila derzeit mit 48,8% vor Tshisekedi 33,6% bei einem Auszählungsstand von 52,9% (wobei sich dieser Wert von Provinz zu Provinz unterscheidet, die als Oppositionshochburg bekannte Hauptstadt Kinshasa ist z.B. erst zu 27,4% ausgezählt. Alle anderen Kandidaten, inklusive Kamerhe, Kengo, Mobutu und Mbusa sind weit abgeschlagen. Die Ergebnisse sind insgesamt sehr regional geprägt, so gelingt es einigen regionalen „Statthaltern“ ihre Bastionen für sich zu entscheiden (Kengo und Mobutu in Equateur, Mbusa in Nordkivu, Kamerhe im Südkivu). Kabila liegt in den Kivuprovinzen, Maniema, Katanga und Bandundu sehr gut im Rennen, während Tshisekedi in den Kasai-Provinzen, im Bas-Congo, in Kinshasa und Equateur viele Stimmen einholt.

Die internationalen Wahlbeobachtungsmissionen, sowie die UN-Mission MONUSCO sprechen von insgesamt zufriedenstellenden Verhältnissen, was seitens kongolesischer Beobachter und NGOs sowie verschiedenen Journalisten und Kongo-Experten jedoch in unterschiedlich starker Form zurückgewiesen wird. So berichtete vergangene Woche Human Rights Watch von der massiven Gewalt gegen Oppositionsaktivisten, die mindestens 18 Todesopfer und zahlreiche Verletzte forderte. Der UN-Sicherheitsrat hat sich besorgt zur Entwicklung der letzten Tage geäußert, dennoch ist es aufgrund der Vetomöglichkeit Chinas und Russlands unwahrscheinlich, dass es konkrete Maßnahmen im Falle einer gewaltsamen Eskalation geben wird. Außerdem ist unklar, ob die USA, Frankreich, Großbritannien, aber auch Deutschland Kabila „opfern“ möchten, zu dem ein kompliziertes aber immerhin stabiles Verhältnis besteht.

Nach Kamerhe, Kengo und drei anderen Kandidaten bei den ersten Zwischenergebnissen verlangen nun alle zehn Oppositionskandidaten die Annullierung, bzw. Neuauszählung der Stimmen. Dem Chef der CENI Ngoy Mulunda wird Parteilichkeit und Nähe zum Präsidenten Kabila vorgeworfen. Einige internationale aber auch lokale Beobachterorganisationen (u.a. die EU) und NGOs wie ISBPD aus Kanada haben zudem dementiert, dass der Auszählungsprozess von neutralen Personen außerhalb der CENI begleitet würde. Mittlerweile haben laut Radio Okapi, dem landesweiten UN-Rundfunk, selbst Parlamentskandidaten der Kabila-Mehrheit der CENI Verfehlungen vorgeworfen. Diese Vorwürfe verstärken die bereits seit Tagen aufgekommenen Klagen in Bezug auf massive Unregelmäßigkeiten (u.a. Zerstörung von Wahllokalen, Einschüchterungsversuche, Bestechungsversuche, gewaltsame Einnahme von Wahllokalen durch Sicherheitskräfte und nichtstaatliche Gruppierungen, sowie die Abhaltung tausender Bürger von der Wahl). Weiterhin berichtet der Kongoexperte Jason Stearns, dass Ngoy Mulunda ohne Angabe von Gründen eine nennenswerte Anzahl von Wahlbüros in Kinshasa invalidiert habe – nicht jedoch in anderen Provinzen.

Zusätzlich aufgekommen sind Gerüchte über die Ankunft von ausländischen Soldaten und Söldnern am Flughafen Ndjili in Kinshasa. Offiziell sollte zusätzliches Wahlmaterial aus Südafrika eingeflogen werden, doch geschah dies bereits nach Schließung der Wahllokale vergangenen Mittwoch/Donnerstag, wie AFP berichtete. In Pretoria fanden daraufhin Proteste von Exilkongolesen statt. Seit Samstag herrscht in der DR Kongo eine landesweite Kommunikationssperre für SMS, Telefonate sind jedoch noch möglich. Die Maßnahme soll bis mindestens Dienstag aufrechterhalten werden. Es gibt widersprüchliche Meldungen zur genauen Ursache dieser Entwicklung, die am Sonntag vom amtierenden Innenminister Lumamu offiziell bestätigt wurde. Die Opposition betrachtet das Vorgehen neben dem geltenden Versammlungsverbot als zusätzlich Schikane der Kabila-Regierung und auch die Menschenrechtsorganisation FIDH hat Beschwerde beim Innenministerium eingelegt. Allgemein wird die Stimmung in Kinshasa immer angespannter. Als Tshisekedi Sonntagabend sein Haus verlassen wollte, kam es laut mehreren Augenzeugen zu Schusswechseln, bei dem jedoch niemand verletzt wurde. Hinzu kommt die Angst der Zivilbevölkerung vor einer Eskalation, die die Flucht von mindestens 3000 Personen nach Brazzaville provoziert hat, weitere sollen Kinshasa  in andere Richtungen verlassen haben. Der Menschenrechtsaktivist Alex Engwete berichtet aus Kinshasa, dass sich unter den swahiliphonen Ostkongolesen in der Hauptstadt die Angst mehrt, im Falle eines Wahlsieges von Kabila zur Zielscheibe für Tshisekedi-Anhänger zu werden. Im Umkehrschluss beschweren sich seit Beginn der Wahlen zahlreiche Oppositionsanhänger über das repressive und gewaltsame Vorgehen der Polizei und der Republikanischen Garde Kabilas.

Diese Woche werden zahlreiche Schulen in Kinshasa geschlossen bleiben, es gibt ebenfalls Berichte, dass die internationalen Fluggesellschaften ihre Flüge vorerst aussetzen. Gerüchte über eine allgemeine Ausgangssperre in Kinshasa konnten bislang noch nicht verifiziert werden. Am Sonntagabend hat die kongolesische Bischofskonferenz alle Politiker, die CENI und die Bürger zu Ruhe aufgerufen und forderte  auf, das Wahlergebnis anzuerkennen. Aufgrund ihrer gesellschaftlichen, aber auch sozialen und wirtschaftlichen Rolle, übt die katholische Kirche in der DR Kongo einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Menschen aus. In den kommenden Tagen wird sich herausstellen, inwiefern die nunmehr schwierige politische Lage sich beruhigen kann oder es zu weiteren, womöglich schwerwiegenderen Vorfällen kommt. Laut AFP und anderen Medien hat der wichtigste Oppositionskandidat Tshisekedi bereits angekündigt, nach der Veröffentlichung am 6. Dezember seinen Anhängern eine wie auch immer geartete „Losung“ zu verkünden und kann dabei auf die Unterstützung anderer Kandidaten wie u.a. Kamerhe zählen.

Genocide Alert e.V. lädt alle Beteiligten ein, konstruktiv auf die Situation einzuwirken und den Schutz der Zivilbevölkerung an erste Stelle zu setzen. So ruft Genocide Alert e.V. insbesondere die deutsche Bundesregierung, das Auswärtigen Amt, sowie die Bundestagsausschüsse „Auswärtiges“ sowie „Menschenrechte und Humanitäre Hilfe“ dazu auf, sich zeitnah und konsequent mit der derzeitigen Situation in der DR Kongo auseinanderzusetzen und zu eruieren, inwiefern die Bundesrepublik Deutschland diplomatisch, finanziell, materiell und personell dazu beitragen kann, eine drohende Eskalation zu verhindern. Hierzu gilt es, vor dem UN-Sicherheitsrat, innerhalb der europäischen Partner in der EU aber auch auf bilateralem Wege mit der kongolesischen Regierung eine entschiedene Politik im Sinne des Schutzes von Zivilisten und der Wahrung der politischen Rechte des kongolesischen Volkes zu vertreten. Darüber hinaus möchte sich Genocide Alert e.V. an die deutsche Medienlandschaft wenden, die im Vergleich zu den Wahlen 2006, das Thema DR Kongo insbesondere in den letzten zwei Wochen stark vernachlässigt hat. Die Analysten von Genocide Alert e.V. stehen jeglicher Kooperation mit den Medien daher offen gegenüber und betonen die immens wichtige Rolle, die den Medien und in Folge dessen einer aufgeklärten internationalen Öffentlichkeit bei der Verhinderung einer Eskalation zukommt.

 

von Christoph Vogel

Die große Chance und Gefahr der Wahlen in der DRC – verkannt von internationalen und nationalen Akteuren

“This election in Congo is the ultimate test. Is Congo on course to consolidate its fledgling democracy or return to a state of widespread instability, insecurity and violence?“

Mit dieser Einschätzung ist Thierry Vircoulon, der Zentralafrika-Direktor der International Crisis Group nicht alleine. Der gewaltlose Ablauf der zweiten Präsidentschaftswahlen seit dem Ende der Diktatur von Mobutu Sese Seko nächsten Sonntag in der DR Kongo ist unbedingt notwendig, gerade weil die Gefahr eines Abgleitens in bürgerkriegsähnliche Zustände in der instabilen DR Kongo so hoch ist. Die internationale Gemeinschaft und die zentralen politischen Akteure im Kongo ignorieren diese Gefahr und vergeben damit die Chance, die hoffnungsvollen Entwicklungen in der DR Kongo durch eine faire, freie Stimmabgabe zu fördern.

Die internationale Gemeinschaft fährt Finanzierung und Unterstützung durch Wahlbeobachter zurück
Die internationale Gemeinschaft stellt etwa 500 Wahlbeobachter, das sind 1500 weniger als bei der Wahl 2006. Die Vereinten Nationen setzen neben den 20.000 in der DR Kongo stationierten MONUSCO Soldaten keine zusätzlichen Wahlbeobachter ein. Bei den Wahlen 2006 haben die VN hingegen 2250 Wahlbeobachter gestellt. Auch die Europäische Union hat ihre Wahlbeobachter von 300 auf 150 reduziert. 2006 hat die EU 80% der Kosten der Wahlen getragen, während sie 2011 nur ein Viertel der Kosten beiträgt.

Radikalisierung der Anhänger
Die Gewalt in der DR Kongo hat in den vergangen Monaten stetig zugenommen. Es kommt zu Zusammenstößen zwischen gewaltbereiten und gut ausgebildeten Jugendlichen, die von den politischen Parteien mobilisiert und organisiert werden ebenso wie zu Überfällen auf Journalisten, Oppositionellen und Parteizentralen. Militär und Polizei schüchtern Regierungskritiker und Oppositionelle ein.

Polarisierendes Gebären der politischen Akteure
Die Kandidaten machen mit radikalisierenden Aussagen auf sich aufmerksam. Etienne Tshisekedi hat sich in einem Interview am 6. November bereits selbst zum neuen Präsidenten ernannt. Seiner Ansicht nach ist ein regulärer Wahlsieg Kabilas (ohne Wahlbetrug) nicht möglich. Auf ähnliche Weise radikalisieren andere Kandidaten ihre Anhänger, anstatt sie auf die Möglichkeit einer Wahlniederlage vorzubereiten.

Schwierigkeiten bei der Organisation
Die Wahldurchführung und -organisation bei 32 Millionen Wahlberechtigten in 64 000 Wahllokalen bedeutet einen sehr hohen logistischen Aufwand. Bis heute ist unklar, ob die Wahlkommission CENI am selben Tag die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen ordnungsgemäß und fair durchführen kann. Die Registrierung der Wähler wurde erst ein halbes Jahr später als geplant, im Juli 2011, beendet. Die Registrierung durch die CENI war vom Vorwurf von Unregelmäßigkeiten und Doppelregistrierung begleitet.

Keine Gewährleistung des notwendigen Schutzes für die Zivilbevölkerung durch Internationale Akteure

Bereits im Oktober hatte der Leiter der MONSCO Blauhelmmission Roger Meece in Berlin darauf hingewiesen, dass bei einer drohenden Eskalation der Gewalt der Schutz der kongolesischen Zivilbevölkerung nicht gewährleistet ist. Es ist daher dringend geboten, dass sich die internationale Gemeinschaft auf dieses Szenario vorbereitet, um schnelle Hilfsmaßnahmen einleiten zu können.

Es bleibt zu hoffen, dass – trotz des zurückgefahrenen Engagements der internationalen Gemeinschaft, der unverantwortlichen und polarisierenden Äußerungen der politischen Eliten und der gewaltbereiten Anhänger politischer Parteien, des Militärs und der Polizei, sowie des (immensen) logistischen Aufwands – sich eine friedliche Mehrheit der Kongolesen und Kongolesinnen  durchsetzt und politische Vertreter wählt, die sich für ihr Wohl und eine demokratische Zukunft des Landes einsetzen.

 

Von Carla Schraml

Offener Brief an MdBs: Demokratische Republik Kongo: Was unternimmt Deutschland zur Unterstützung von Sicherheit und Stabilität im Vorfeld der Wahlen 2011?

Anlässlich der Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo am 28. November 2011 versendete Genocide Alert am 08. September 2011 einen offenen Brief an alle Bundestagsfraktionen und ausgewählte Bundestagsabgeordnete, um eine Unterstützung eines sicheren Urnenganges im November zu fordern.

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Osten der Demokratischen Republik Kongo gehört zu einer der gefährlichsten Regionen weltweit. Besonders in den Provinzen Nord- und Süd-Kivu beherrschen zahlreiche gewaltbereite, bewaffnete Rebellengruppen das Territorium. Trotz Unterstützung der UN-Blauhelmmission (MONUSCO) ist die dortige Armee nur begrenzt in der Lage, für die Sicherheit der Zivilbevölkerung zu sorgen. Plünderungen, Entführungen, Morde und Massenvergewaltigungen gehören seit über einem Jahrzehnt zum grausamen Alltag im Osten des Landes. Wie bewaffnete Auseinandersetzungen bei den Wahlen im Jahr 2006 und die gewaltsame Unterdrückung der Proteste gegen angebliche Manipulationen der Wählerregistrierung vor der Wahlkommission in Kinshasa zeigen, stellen die für den 28. November diesen Jahres anberaumten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen ein weiteres Sicherheitsrisiko dar.

Vor diesem Hintergrund fordern wir Sie auf, einen freien und sicheren Urnengang im November 2011 im Kongo zu unterstützen und dadurch einen Beitrag zur Stabilisierung des Landes zu leisten.

Auf eine Entsendung von EUFOR Truppen wird bei dieser Wahl verzichtet, obwohl der Einsatz im Juli 2006 erfolgreich verlief. Umso wichtiger erscheint es, dass Deutschland sich für eine weitreichende und engagierte Überwachung und Begleitung der Wahlen durch die MONUSCO, die EU, die kongolesischen Parteien und die kongolesische Zivilgesellschaft einsetzt.

Von der Europäischen Union wurden 47 Millionen Euro für die Wahlbeobachtung freigegeben. Die Bedingungen für die Entsendung eines Wahlbeobachterteams vor Ort werden eruiert. Das Auftreten von Gewalt Anfang Juli zeigt die unbedingte Notwendigkeit, dass von Seiten der EU, MONUSCO und von Seiten der kongolesischen Parteien und der Zivilgesellschaft Transparenz über den Ablauf der Wahlen hergestellt wird.

Konkret fordert Genocide Alert:

  • Die Entsendung europäischer Wahlbeobachter und den Einsatz und das Training ziviler Wahlbeobachter sicherzustellen, um zu vermeiden, dass eine unfaire und unfreie Wahl durch fehlende Transparenz ermöglicht wird.
  • Die Implementierung eines Code of Conduct zu fordern, der die Parteien dazu verpflichtet, politische Freiheiten einzuhalten, auf Hassreden zu verzichten und die Wahlergebnisse allein durch legale Mittel anzufechten und von Vergeltungsmaßnahmen nach den Wahlen abzusehen. Diese Selbstverpflichtung soll im Rahmen einer öffentlichen Zeremonie von den politischen Parteien unterschrieben werden.
  • Ein Komitee zu schaffen, welches die Einhaltung des Code of Conduct überwacht. Dieses Komitee sollte aus Vertretern der Zivilgesellschaft, der politischen Parteien, diplomatischen Vertretern und der MONUSCO zusammengesetzt sein. Das Komitee überwacht und berichtet über den Ablauf der Wahlen.

Aufgrund der Entscheidung, keine EUFOR Truppen zu entsenden und der noch nicht definierten Aufgaben der europäischen Wahlbeobachtungskommission kommt der MONUSCO eine bedeutende Rolle zu. Der UNO-Sicherheitsrat hat mit der Verlängerung des MONUSCO-Mandats bis zum 30. Juni 2012 auch entschieden, dass MONUSCO die Wahlen technisch und logistisch unterstützen wird. Das allein wird aber nicht ausreichen.

Konkret fordert Genocide Alert:

  • MONUSCO personell und materiell aufzustocken, so dass der Schutz von Zivilisten substantiell verbessert werden kann. Dazu gehören auch die Dokumentation und Verfolgung schwerer Menschenrechtsverletzungen besonders im Osten des Landes.
  • Die weitreichende Unterstützung legitimer Sicherheitsmaßnahmen der kongolesischen Autoritäten durch die MONUSCO.
  • Ein verstärktes Engagement der MONUSCO sowohl vor als auch nach den Wahlen für eine Reform des Sicherheitssektors und der Rekrutierung und Ausbildung der kongolesischen Armee.

Wir würden uns über eine Stellungnahme Ihrerseits freuen und verbleiben bis dahin mit freundlichen Grüßen,

Robert Schütte, Vorsitzender Genocide Alert e.V.

Johanna Schmidt, Projektkoordinatorin, DR Kongo