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Genocide Alert Monitor

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Einleitend

Während sich zahlreiche Studien der Analyse von bewaffneten Konflikten und Kriegen widmen, sind Massenverbrechen erstaunlich unteranalysiert. Die mangelnde Verhinderung von Massenverbrechen und das oft zu späte Einschreiten bei schwerwiegenden Risikosituationen resultieren häufig aus mangelndem politischen Willen. Gleichzeitig fehlt es jedoch auch an systematischen, regelmäßigen und nachvollziehbaren Auswertungen der verfügbaren Informationen. Untersuchungen von Massenverbrechen leiden aufgrund ihres relativ seltenen Auftretens an geringer Verfügbarkeit von Daten, dem schwierigen Zugang zur Motivation der Akteure und den Anforderungen jeweils spezifischer Dynamiken und Kontextbedingungen. Ihre Vergleichbarkeit wird erschwert durch uneinheitliche oder oft unklare Definitionen, variierende Schwerpunktsetzungen und unterschiedlich angesetzte Schwellenwerte.

Dennoch: Im Zuge der Schutzverantwortung hat sich u.a. innerhalb der UN und der International Coalition for the Responsibility to Protect ein enges Netzwerk aus Nichtregierungsorganisationen, AktivistInnen, ForscherInnen, PolitikberaterInnen und PolitikerInnen herausgebildet, das Forschungen und Analysen zur Prävention und Verhinderung von Massenverbrechen neue Impulse verleiht.

Der Monitor knüpft an diese Arbeiten und explizit an die Projekte des Global Center for the Responsibility to Protect und des US Holocaust Memorial Museum an und verfolgt das Ziel, über eine qualitative Analyse insbesondere in Deutschland zu einem besseren Verständnis der Verbrechen, ihres Kontextes sowie der beteiligten Akteure und darüber hinaus langfristig zur Prävention beizutragen. Die Arbeit des Monitors basiert zudem auf Berichten von der International Crisis Group, Human Rights Watch und Amnesty International, die mit einem Fokus auf Massenverbrechen ausgewertet werden.

Übersicht

Was erfasst der Monitor?

Woher stammen die Informationen?

Was bedeutet extensive Gewalt?

Was sind Indikatoren für Massenverbrechen?

Was sind Bedingungen für Massenverbrechen?

Wie werden die Staaten klassifiziert?

Welche Aussagekraft hat der Monitor?

Was erfasst der Monitor?

Massenverbrechen

Relevant für den Monitor sind Staaten, auf deren Territorium Massenverbrechen stattfinden oder stattzufinden drohen. Zur Bestimmung des Begriffs „Massenverbrechen“ wird die Definition des Romstatutes zu Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verwendet, die auch der Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofes zu Grunde liegt. Im Zuge der Schutzverantwortung oft gesondert hervorgehobenen ethnische Säuberungen fallen der Definition nach unter Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Massenverbrechen unterscheiden sich von niedrigschwelligen Gewalttaten, wie Ausschreitungen, einzelnen Terrorangriffen und sogar einzelnen Kriegsverbrechen über ihre extensive Gewalt: Extensive Gewalt ist vorsätzlich, von großem Umfang, systematisch, organisiert, koordiniert, ausgedehnt und dauerhaft.[i] Entsprechend der Praxis des Internationalen Strafgerichtshofes erfasst der Monitor insofern ausschließlich Fälle schwerster systematischer Menschenrechtsverletzungen.

Völkermord

Völkermord setzt die Absicht des Handelnden voraus, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe ganz oder teilweise zu zerstören.
Dies beinhaltet:

  • die Tötung von Mitgliedern einer solchen Gruppe
  • die Verursachung von schwerem körperlichen und seelischen Schaden
  • die vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen, die geeignet sind, die körperliche Zerstörung einer solchen Gruppe ganz oder teilweise herbeizuführen
  • die Verhängung von Maßnahmen, die auf die Geburtenverhinderung gerichtet sind
  • die gewaltsame Überführung von Kindern einer solchen Gruppe in eine andere Gruppe

Der Unterschied zu einer ethnischen Säuberung besteht in der Zielsetzung der Akteure. Wenn eine der oben definierten Gruppen primär aus einem Gebiet entfernt werden soll, nicht aber die Zerstörung dieser Gruppe per se beabsichtigt ist, handelt es sich um keinen Völkermord, sondern um eine ethnische Säuberung.

Da der Beweis für die Absicht der Vernichtung einer Gruppe erbracht werden muss, ist Völkermord als völkerrechtliches Konzept ein sehr voraussetzungsvoller Tatbestand. Die Beweiserbringung gestaltet sich juristisch und praktisch als sehr schwierig. Ein gleiches Ausmaß an Gewalt wäre ebenso aus anderen Motiven denkbar, etwa um die Kontrolle über ein ressourcenreiches Gebiet zu gewinnen. Um diese Schwierigkeit zu umgehen und die Prozessführung zu vereinfachen, weichen VölkerrechtlerInnen häufig auf den Tatbestand der Verbrechen gegen die Menschlichkeit aus.

Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Verbrechen gegen die Menschlichkeit liegen vor, wenn folgende Tatbestände im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung und in Kenntnis eines solchen Angriffs begangen werden. Nachweislich müssen daher mehrfach einzelne oder verschiedene der folgenden Handlungen in Ausführung oder Unterstützung der Politik eines Staates oder einer Organisation mit dem Ziel eines solchen Angriffs begangen worden sein:

  • Vorsätzliche Tötung
  • Ausrottung, was die vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen umfasst, die geeignet sind, die Vernichtung eines Teiles der Bevölkerung herbeizuführen – unter Umständen etwa das Vorenthalten des Zugangs zu Nahrungsmitteln und Medikamenten
  • Versklavung
  • Vertreibung oder zwangsweise Überführung der Bevölkerung
  • Freiheitsentzug oder sonstige schwerwiegende Beraubung der körperlichen Freiheit unter Verstoß gegen die Grundregeln des Völkerrechts
  • Folter
  • Vergewaltigung, sexuelle Versklavung, Nötigung zur Prostitution, erzwungene Schwangerschaft, Zwangssterilisation oder jede andere Form sexueller Gewalt
  • Verfolgung einer identifizierbaren Gruppe oder Gemeinschaft aus politischen, rassischen, nationalen, ethnischen, kulturellen oder religiösen Gründen, aus Gründen des Geschlechts oder aus anderen nach dem Völkerrecht universell als unzulässig anerkannten Gründen oder einem der Gerichtsbarkeit des internationalen Strafgerichtshofs unterliegenden Verbrechen.
  • zwangsweises Verschwindenlassen von Personen
  • das Verbrechen der Apartheid
  • andere unmenschliche Handlungen ähnlicher Art, mit denen vorsätzlich große Leiden oder eine schwere Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der geistigen und körperlichen Gesundheit verursacht werden.
Kriegsverbrechen

Während andere Massenverbrechen sowohl innerhalb als auch außerhalb bewaffneter Konflikte und Kriege begangen werden können, beschränkt sich die Erfassung von Kriegsverbrechen ausschließlich auf den Kontext bewaffneter Konflikte. Welche Tatbestände als Kriegsverbrechen strafbar sind, hängt dabei von der Einstufung des bewaffneten Konflikts als internationaler oder nicht-internationaler Konflikt ab.

Dabei sind nicht-internationale bewaffnete Konflikte von Fällen innerer Unruhen und Spannungen wie Tumulten, vereinzelt auftretenden Gewalttaten oder anderen ähnlichen Handlungen abzugrenzen. Kriterium dafür, dass der Straftatbestand des Kriegsverbrechens Anwendung auf innerstaatliche Konflikte findet, ist ein anhaltender bewaffneter Konflikt zwischen staatlichen Behörden und organisierten bewaffneten Gruppen oder zwischen solchen Gruppen. Die Tatbestände, die als Kriegsverbrechen geahndet werden können, haben sich in zahlreichen internationalen Abkommen und Verträgen, etwa der Haager Landkriegsordnung und den Genfer Abkommen, sowie im Völkergewohnheitsrecht herausgebildet und wurden wie folgt detailliert im Römischen Statut definiert:

In internationalen bewaffneten Konflikten als Kriegsverbrechen einzustufende und zu ahndende Tatbestände sind zunächst Verstöße gegen die Bestimmungen der vier Genfer Abkommen von 1949, die Verwundete und Kranke der bewaffneten Kräfte im Felde (Genfer Abkommen I) und zur See, Schiffsbrüchige (Genfer Abkommen II), Kriegsgefangene (Genfer Abkommen III) und Zivilpersonen in Kriegszeiten (Genfer Abkommen IV) betreffen. Einen Verstoß gegen die Genfer Konvention stellen damit folgende Handlungen gegen diese geschützten Personen dar:

  • Vorsätzliche Tötung
  • Folter oder unmenschliche Behandlung einschließlich biologischer Versuche
  • Vorsätzliche Verursachung großer Leiden oder schwere Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Gesundheit
  • Durch militärische Erfordernisse nicht gerechtfertigte sowie rechtswidrige und willkürliche Zerstörung und Aneignung von Eigentum in großem Ausmaß
  • Nötigung eines Kriegsgefangenen oder einer anderen geschützten Person zur Dienstleistung in den Streitkräften einer feindlichen Macht, vorsätzlicher Entzug des Rechts eines Kriegsgefangenen oder einer anderen geschützten Person auf ein unparteiisches ordentliches Gerichtsverfahren
  • Rechtswidrige Vertreibung oder Überführung oder rechtswidrige Gefangenhaltung
  • Geiselnahme

Zudem zählen im Kontext internationaler bewaffneter Konflikte aufgrund anwendbarer Gesetze und Gebräuche des Völkerrechts als Kriegsverbrechen:

  • Vorsätzliche Angriffe auf die Zivilbevölkerung als solche oder auf einzelne Zivilpersonen, die an den Feindseligkeiten nicht unmittelbar teilnehmen
  • Vorsätzliche Angriffe auf zivile Objekte
  • Vorsätzliche Angriffe auf Personal, Einrichtungen, Material, Einheiten oder Fahrzeuge, die an einer humanitären Hilfsmission oder friedenserhaltenden Mission in Übereinstimmung mit der Charta der Vereinten Nationen beteiligt sind.
  • Vorsätzliches Führen eines Angriffs in der Kenntnis, dass dieser auch Verluste an Menschenleben, die Verwundung von Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler Objekte oder weit reichende, langfristige und schwere Schäden an der natürlichen Umwelt verursachen wird, die eindeutig in keinem Verhältnis zu dem insgesamt erwarteten, konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen
  • Angriffe auf unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude, die nicht militärische Ziele sind, oder deren Beschießung, gleichviel mit welchen Mitteln.
  • Tötung oder Verwundung eines die Waffen streckenden oder wehrlosen Kombattanten, der sich ergeben hat
  • Missbrauch der Parlamentärflagge, der Flagge oder der militärischen Abzeichen oder der Uniform des Feindes oder der Vereinten Nationen sowie der Schutzzeichen der Genfer Abkommen, wodurch Tod oder schwere Verletzungen verursacht werden
  • Die unmittelbare oder mittelbare Überführung eines Teiles der eigenen Zivilbevölkerung durch die Besatzungsmacht in das von ihr besetzte Gebiet oder die Vertreibung oder Überführung der Gesamtheit oder eines Teiles der Bevölkerung des besetzten Gebiets innerhalb desselben oder aus diesem Gebiet.
  • Vorsätzliche Angriffe auf Gebäude, die dem Gottesdienst, der Erziehung, der Kunst, der Wissenschaft oder der Wohltätigkeit gewidmet sind
  • Angriffe auf geschichtliche Denkmäler, Krankenhäuser und Sammelplätze für Kranke und Verwundete,
  • Körperliche Verstümmelung von Personen, die sich in der Gewalt einer gegnerischen Partei befinden, oder die Vornahme medizinischer oder wissenschaftlicher Versuche jeder Art an diesen Personen, die nicht durch deren ärztliche, zahnärztliche oder Krankenhausbehandlung gerechtfertigt sind oder in ihrem Interesse durchgeführt werden und die zu ihrem Tod führen oder ihre Gesundheit ernsthaft gefährden,
  • Meuchlerische Tötung oder Verwundung von Angehörigen des feindlichen Volkes oder Heeres.
  • Die Erklärung, dass kein Pardon gegeben wird
  • Die Zerstörung oder Beschlagnahme feindlichen Eigentums, sofern diese nicht durch die Erfordernisse des Krieges zwingend geboten ist
  • Die Erklärung, dass Rechte und Forderungen von Angehörigen der Gegenpartei aufgehoben, zeitweilig ausgesetzt oder vor Gericht nicht einklagbar sind.
  • Zwang Angehöriger der Gegenpartei an Kriegshandlungen gegen ihr eigenes Land teilzunehmen, selbst wenn sie bereits vor Ausbruch des Krieges im Dienst des Kriegführenden standen
  • Plünderung einer Stadt oder Ansiedlung, selbst wenn sie im Sturm genommen wurde
  • Die Verwendung von Gift oder vergifteten Waffen sowie erstickender, giftiger oder gleichartiger Gase und aller ähnlichen Flüssigkeiten, Stoffe oder Vorrichtungen
  • Die Verwendung von Geschossen, die sich im Körper des Menschen leicht ausdehnen oder flachdrücken.
  • Die Verwendung von Waffen, Geschossen, Stoffen und Methoden der Kriegführung, die geeignet sind, überflüssige Verletzungen oder unnötige Leiden zu verursachen, oder die unter Verstoß gegen das internationale Recht des bewaffneten Konflikts ihrer Natur nach unterschiedslos wirken, vorausgesetzt, dass diese Waffen, Geschosse, Stoffe und Methoden der Kriegführung Gegenstand eines umfassenden Verbots und aufgrund einer Änderung entsprechend den einschlägigen Bestimmungen in den Artikeln 121 und 123 in einer Anlage des Römischen Statuts sind.
  • Die Beeinträchtigung der persönlichen Würde, insbesondere eine entwürdigende und erniedrigende Behandlung
  • Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei, Nötigung zur Prostitution, erzwungene Schwangerschaft, Zwangssterilisation oder jede andere Form sexueller Gewalt, die ebenfalls eine schwere Verletzung der Genfer Abkommen darstellt
  • Die Benutzung der Anwesenheit einer Zivilperson oder einer anderen geschützten Person, um Kampfhandlungen von gewissen Punkten, Gebieten oder Streitkräften fernzuhalten
  • Vorsätzliche Angriffe auf Gebäude, Material, Sanitätseinheiten, Sanitätstransportmittel und Personal, die in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht mit den Schutzzeichen der Genfer Abkommen versehen sind
  • Vorsätzliches Aushungern von Zivilpersonen als Methode der Kriegführung durch das Vorenthalten der für sie lebensnotwendigen Gegenstände, einschließlich der vorsätzlichen Behinderung von Hilfslieferungen, wie sie nach den Genfer Abkommen vorgesehen sind
  • Die Zwangsverpflichtung oder Eingliederung von Kindern unter fünfzehn Jahren in die nationalen Streitkräfte oder ihre Verwendung zur aktiven Teilnahme an Feindseligkeiten

In nicht-internationalen bewaffneten Konflikten sind durch Artikel 3 der vier Genfer Abkommen Personen dem Schutz unterstellt, die nicht unmittelbar an den Feindseligkeiten teilnehmen, einschließlich der Angehörigen der Streitkräfte, welche die Waffen gestreckt haben, und der Personen, die durch Krankheit, Verwundung, Gefangennahme oder eine andere Ursache außer Gefecht befindlich sind. Unberührt vom Tatbestand des Kriegsverbrechens sind die Verantwortung der Regierung, die nationale Ordnung aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen oder die Einheit und die territoriale Unversehrtheit des Staates mit allen rechtmäßigen Mitteln zu verteidigen.

Kriegsverbrechen sind in bewaffneten Konflikten ohne internationalen Charakter an oben genannten Personen getätigte Angriffe auf Leib und Leben, insbesondere vorsätzliche Tötung jeder Art, Verstümmelung, grausame Behandlung und Folter, die Beeinträchtigung der persönlichen Würde, entwürdigende und erniedrigende Behandlung, Geiselnahme und Verurteilungen und Hinrichtungen ohne vorhergehendes Urteil eines ordentlich bestellten Gerichts, das die allgemein als unerlässlich anerkannten Rechtsgarantien bietet.

Wie auch in bewaffneten Konflikten mit internationalem Charakter werden außerdem schwere Verstöße gegen anwendbare Gesetze und Gebräuche des Völkerrechts erfasst, solange sie im Hoheitsgebiet eines Staates stattfinden und schon länger zwischen den staatlichen Behörden und organisierten bewaffneten Gruppen oder zwischen solchen Gruppen bestehen. Zu diesen Verstößen zählen:

  • Vorsätzliche Angriffe auf die Zivilbevölkerung als solche oder auf einzelne Zivilpersonen
  • Vorsätzliche Angriffe auf Gebäude, Material, Sanitätseinheiten, Sanitätstransportmittel und Personal, die in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht mit den Schutzzeichen der Genfer Abkommen versehen sind
  • Vorsätzliche Angriffe auf Personal, Einrichtungen, Material, Einheiten oder Fahrzeuge, die an einer humanitären Hilfsmission oder friedenserhaltenden Mission in Übereinstimmung mit der Charta der Vereinten Nationen beteiligt sind, solange sie Anspruch auf den Schutz haben, der Zivilpersonen oder zivilen Objekten nach dem internationalen Recht des bewaffneten Konflikts gewährt wird
  • Vorsätzliche Angriffe auf Gebäude, die dem Gottesdienst, der Erziehung, der Kunst, der Wissenschaft oder der Wohltätigkeit gewidmet sind, auf geschichtliche Denkmäler, Krankenhäuser und Sammelplätze für Kranke und Verwundete
  • Plünderung einer Stadt oder Ansiedlung, selbst, wenn sie im Sturm genommen wurde
  • Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei, Nötigung zur Prostitution, erzwungene Schwangerschaft, Zwangssterilisation oder jede andere Form sexueller Gewalt
  • Die Erklärung, dass kein Pardon gegeben wird
  • Meuchlerische Tötung eines gegnerischer Kombattanten
  • Körperliche Verstümmelung von Personen, die sich in der Gewalt einer anderen Konfliktpartei befinden
  • Vornahme wissenschaftlicher Versuche, die nicht durch deren ärztliche, zahnärztliche oder Krankenhausbehandlung gerechtfertigt sind oder in ihrem Interesse durchgeführt werden und die zu ihrem Tod führen oder ihre Gesundheit ernsthaft gefährden
  • Zwangsverpflichtung oder Eingliederung von Kindern unter fünfzehn Jahren in Streitkräfte oder bewaffnete Gruppen oder ihre Verwendung zur aktiven Teilnahme an Feindseligkeiten
  • Die Anordnung der Verlegung der Zivilbevölkerung aus Gründen im Zusammenhang mit dem Konflikt, sofern dies nicht im Hinblick auf die Sicherheit der betreffenden Zivilpersonen oder aus zwingenden militärischen Gründen geboten ist
  • Die Zerstörung oder Beschlagnahme gegnerischen Eigentums, sofern diese nicht durch die Erfordernisse des Konflikts zwingend geboten ist.

Kontext

Im Kontext greift der Monitor situationsspezifische Indikatoren für Massenverbrechen sowie Informationen zu Bedingungen auf, die Massenverbrechen ermöglichen. Dazu können wirtschaftliche, soziale, ethnische, religiöse und politische Faktoren zählen, aber insbesondere auch Auswirkungen von vergangenen Massenverbrechen sowie Formen politischer Instabilität, etwa Kriege und bewaffnete Konflikte.

Akteure

Der Monitor erfasst stattfindende und drohende Massenverbrechen staatlicher und nichtstaatlicher Akteure. Zusätzlich zu den Tätern werden auch die von Massenverbrechen betroffenen Gruppen sowie ggf. relevante Interventen, etwa in Form der internationalen Gemeinschaft, analysiert.

Die Aufnahme eines Staates in den Monitor bedeutet somit nicht automatisch, dass der jeweilige Staat selbst Massenverbrechen auf seinem Territorium begeht. Staaten besitzen gegenüber ihrer Bevölkerung eine Schutzverantwortung, zu der sie sich im September 2005 auf dem UN-Milleniumsgipfels bekannten.[i] Demnach besitzen Staaten die Verantwortung, ihre Bevölkerung vor Massenverbrechen zu schützen und solche Gräueltaten durch geeignete Maßnahmen und gegenseitige Hilfe zu verhindern. Der Staat als Analyseeinheit und Adressat bleibt insofern relevant, auch wenn Massenverbrechen durch nicht-staatliche Akteure begangen werden.

Woher stammen die Informationen?

Mit dem R2P Monitor des Global Centre for the Responsibility to Protect und dem Early Warning Project des US Holocaust Memorial Museum existieren zwei etablierte Projekte, die sich explizit mit Massenverbrechen beschäftigen. Genocide Alert steht mit den jeweiligen Organisationen in Verbindung und nutzt die Projekte zur Fallauswahl und Klassifikation.

Zudem stützt sich der Monitor auf weitere öffentlich zugängliche Analysen etablierter regional und überregional tätiger Organisationen. Dazu zählen insbesondere Amnesty International, Human Rights Watch und die International Crisis Group. Ihre Analysen setzen zwar keinen Fokus auf Massenverbrechen, aber auf oftmals verwandte Menschenrechtsverletzungen und Krisen, die mit einem Blick auf für Massenverbrechen relevante Indikatoren ausgewertet werden.

Spezifisch für Massenverbrechen relevante Quellen innerhalb der UN sind vor allem das Büros des Special Adviser of the Secretary-General on the Prevention of Genocide und des Special Adviser of the Secretary-General on the Responsibility to Protect.

Zur Nachvollziehbarkeit werden in den Hintergrundberichten alle verwendeten Quellen angegeben.

Inklusion verwandter Recherchen und Berichte

R2P Monitor

Der R2P-Monitor des Global Centre for the Responsibility to Protect erfasst, analysiert und kategorisiert Massenverbrechen.[vi] Das Global Centre ist wie Genocide Alert ebenfalls Mitglied der International Coalition for the Responsibility to Protect und über das Büro in New York und enge Kontakte in die R2P-Community sehr gut vernetzt. Mit seinem R2P-Monitor betreibt das Global Centre for the Responsibility to Protect vor allem wertvolle Policy- und Lobbyarbeit und gibt öffentliche Politikempfehlungen. Im R2P Monitor sind Methodik, Gründe der Fallauswahl und Klassifikation nicht öffentlich einsehbar. Zwar besitzt der R2P Monitor mit der Kategorie Serious Concern auch eine Art von Frühwarnung, er konzentriert sich aber eher auf bereits sehr kritische Situationen und Situationen stattfindender Massenverbrechen.

Early Warning Projekt

Das erst im September 2015 offiziell gestartete Early Warning Project des United States Holocaust Memorial Museum und des Dickey Center for International Understanding at Dartmouth College erfasst hingegen ausschließlich Fälle der Frühwarnung.[vii] Es füllt so eine wesentliche Lücke in der bisherigen Analyse von Massenverbrechen. Erstmals wird im Zuge eines langfristigen angelegten öffentlichen Projektes eine statistische Analyse eingesetzt, um das Risiko des Auftretens von Massenverbrechen zu bestimmen. Für die Risikobestimmung werden durch die Forschung ermittelten Indikatoren für Massenverbrechen operationalisiert. Zu den verwendeten Datensätzen zählen unter anderem Daten zur ethnischen Fragmentalisierung, zu vergangenen Massenverbrechen, politischer und wirtschaftlicher Diskriminierung durch den Staat, Mitgliedsschaft in internationalen Organisationen und zu Putschen sowie Putschversuchen. Sie sind auf der Homepage des Early Warning Projects einsehbar. Mit Hilfe von drei statistischen Modellen werden die so jährlich auf Länderbasis gewonnenen Daten gewichtet. Zu den drei Modellen zählt mit dem Random Forest auch ein selbstlernender Algorithmus, der aus verschiedenen, unkorrelierten Entscheidungsbäumen besteht und individuell aus sämtlichen verfügbaren Daten das Risiko für Massenverbrechen ermittelt.

Das Early Warning Project schafft damit einen deutlichen Mehrwehrt, ist in seiner Aussagekraft aber auch sehr eingeschränkt: Die statistische Analyse berücksichtigt aufgrund mangelnder Datengrundlagen allein auf staatlich durchgeführte Massenverbrechen. Zudem wird ein Schwellenwert von 1.000 aufgrund einer Gruppenzugehörigkeit innerhalb eines Jahres gezielt getöteter Zivilisten verwendet. Massenverbrechen mit hoher Intensität aber geringerer Opferzahl werden dadurch ignoriert. Zudem erfasst die Schwelle von 1.000 gezielt getöteten Zivilisten zwar die schlimmsten von Staaten potenziell begehbaren Massenverbrechen, kann aber durch die Exklusion nichtstaatlicher Akteure zu starken Fehleinschätzungen führen, da diese seit 1989 die Mehrheit der Massenverbrechen verüben. Dieser Schwachstelle versucht das Early Warning Project mit Blogbeiträgen und einem Expert Opinion Pool zu begegnen, an dem auch Mitglieder von Genocide Alert beteiligt sind.

Innerhalb des Expert Opinion Pools wird der Durchschnitt aus prozentualen Einschätzungen von beim Early Warning Project registrierten Experten für das Risiko von Massenverbrechen durch staatliche oder nicht-staatliche Akteure ermittelt. Das Konzept beruht auf Arbeiten des us-amerikanischen Psychologen Philip E. Tetlock, der sich in seinen Forschungen und dem Good Judgement Project der Frage widmete, weshalb sogenannte Experten regelmäßig bei der Vorhersage von politischen Ereignissen scheitern. Während seinen Ergebnissen nach individuelle Experten eher unzuverlässige Vorhersager darstellen, wird durch den Effekt der Schwarmintelligenz dieses eher nüchterne Ergebnis, das insbesondere auf Politikwissenschaftler zutrifft, aufgehoben. Durch konstantes Feedback über die klaren und überprüfbaren Prozentwerte und Ranglisten lässt sich nach Tetlock nicht nur ein Lernprozess bei Experten hervorrufen. Auch die Bildung eines Durchschnitts der Einschätzungen führe konstant zu signifikant treffsicheren Ergebnissen. In den Expert Opinion Pool fließen zahlreiche individuelle Stärken der beteiligten Analysten ein. Über optionale Kommentare wird zudem ein konstanter Diskurs über relevante Faktoren und aktuelle politische Ereignisse geführt, dessen zeitnahen ermittelten Resultate durch die oftmals nur jährlich aktualisierten Datensätze innerhalb der statistischen Analyse nicht erreicht werden kann.

Was bedeutet „extensive Gewalt“?

Während Einigkeit darüber herrscht, dass unter Massenverbrechen ausschließlich Fälle schwerster systematischer Menschenrechtsverletzungen zu verstehen sind, gehen die Vorgehensweisen bei der Operationalisierung auseinander. Das Early Warning Project etwa setzt sowohl innerhalb der statistischen Analyse als auch innerhalb des Expert Opinion Pools einen Schwellenwert von 1.000 gezielt getöteten Zivilisten. Der R2P Monitor des Global Centre for the Responsibility to Protect hingegen erfasst zwar regelmäßig Fälle oberhalb dieses Schwellenwertes, verzichtet aber auf eine explizite Festlegung. Dies hängt im wesentlichen damit zusammen, dass eine klare Trennschwelle für die Treffsicherheit von Vorhersagen unabdingbar ist. Gleichzeitig aber sind auch Massenverbrechen denkbar, die in deutlich weniger Toten resultieren, durch systematische Vertreibung, sexuelle Gewalt oder die Zerstörung von Eigentum aber nichtsdestotrotz Massenverbrechen darstellen.

Die vom Genocide Alert Monitor durch eine Kombination der beiden Projekte erfassten Fälle weisen eine vorhandene oder drohende extensive Gewalt auf, deren Charakter vorsätzlich, von großem Umfang, systematisch, organisiert, koordiniert, ausgedehnt und dauerhaft ist. Einzelne, nicht vorsätzliche und in geringerem Umfang verübte Fälle, etwa Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen niedriger Intensität, schließt dies aus. Solche Fälle sind ebenso intensiv zu verhindern, zu verurteilen und rechtlich zu ahnden, nicht aber Bestandteile der Schutzverantwortung und des Konzeptes der Massenverbrechen. Diese Fokussierung hilft, Ressourcen zu bündeln und zur Verhinderung der gravierendsten Fälle schwerster Menschenrechtsverletzungen beizutragen.

Zum Einsatz von Schwellenwerten

Der Einsatz von Schwellenwerten, wie er in der Analyse bewaffneter Konflikte zur Intensitätsbestimmung üblich ist, ist bei Massenverbrechen umstritten.[iii] Massenverbrechen implizieren ein hohes Ausmaß und per Definition eine „Masse“ von Gewalt. Ben Valentino argumentierte daher 2004 für eine Schwelle von 50.000 Toten innerhalb von fünf Jahren durch organisierte Gewalt.[iv] 2008 relativierten Valentino und Jay Ulfelder diesen Schwellenwert auf 1.000 tote Zivilisten innerhalb eines Jahres.[v] Dieser Schwellenwert wurde 2014 auch vom Early Warning Project des US Holocaust Memorial Museums übernommen, an dem Ulfelder als Direktor beteiligt ist.

Schwellenwerte bietet sich vor allem zur Indentifizierung von Völkermorden an, die per Definition eine hohe Anzahl ziviler Opfer aufweisen. Deutsche töteten im Holocaust 5,6 bis 6,3 Millionen Juden. Der Hutu-Mehrheit in Ruanda fielen 1994 binnen 100 Tagen über 800.000 Tutsis zum Opfer. Im Massaker von Srebrenica töteten Serben im Juli 1995 etwa 8.000 Bosniaken. Sowohl bosnische als auch serbische Gruppen begangen im Bosnienkrieg 1992-1995 ethnische Säuberungen, die sich im Extremfall vom Völkermord nur durch das Ziel unterscheiden.

Ethnische Säuberungen können aber auch ohne gezielte Tötungen verübt werden, etwa indem die betroffene Gruppe vertrieben wird: Im Dezember 2013 flüchteten in der Zentralafrikanischen Republik über 900.000 Menschen vor den Kämpfen und Übergriffen muslimischer Ex-Séléka- und christlicher Anti-Balaka-Milizen, während zumindest in dem Monat weniger als 1.000 ZivilistInnen getötet wurden. Verbrechen gegen die Menschlichkeit werden vom nordkoreanischen Regime durch die systematische Verfolgung, Inhaftierung und Folter politisch Andersdenkender verübt – ohne, dass Informationen über die Anzahl der Toten vorliegen oder für diese Feststellung erforderlich sind. Auch Kriegsverbrechen, wie vorsätzliche Angriffe auf zivile Objekte, Plünderungen, Geiselnahmen und rechtswidrige Gefangenenhaltung, implizieren nicht zwingend eine hohe Anzahl an Toten. Nichtsdestotrotz weisen diese Ereignisse ein enorm hohes Ausmaß an Gewalt mit erheblichen Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung auf. Auch kann argumentiert werden, dass die Anzahl der Toten, die in der Konfliktforschung regelmäßig zur Bestimmung der Intensität von Konflikten verwendet wird, ohnehin zeitlichen Schwankungen unterliegt und insbesondere in den letzten Jahrzehnten unabhängig von der Intensität der Konflikte zurückging, etwa aufgrund von Fortschritten innerhalb der Medizin. Die Anzahl der Verwundeten könnte daher etwa einen treffenderen Indikator darstellen. Selbst für politisch viel beachtete Konflikte wie den Krieg im Irak sind aber schon verlässliche Todeszahlen kaum verfügbar. Daten zu Verwundbaren sind allein aus praktischen Gründen noch schwieriger abzusichern oder zu gewichten.

Dies zeigt: Ein Schwellenwert bezüglich der Anzahl der Toten schließt unter Umständen relevanten Fälle vorweg von der Analyse aus – vor allem, wenn die verfolgte Gruppe nur einen sehr kleinen Teil der Gesamtbevölkerung ausmacht. Dies gilt umso mehr bei der Klassifikation von Entwicklungen: Bedrohungslagen oder Auswirkungen von Massenverbrechen können gerade durch ihre Grausamkeit eine solch hohe Anzahl an Toten und Flüchtlingen in den Anfangsmonaten verursachen, dass diese Zahl in den Folgemonaten zwangsläufig fällt, da betroffene Gruppenangehörige bereits geflohen sind oder im schlimmsten Fall bereits vernichtet wurden. Von einer niedrigeren Anzahl neuer Toter kann somit nicht zwingend auf einen Rückgang der Gewalt sondern ebenso auf den Erfolg der Täter geschlossen werden. Eine Verbesserung der Situation könnte im zweiten Fall gerade dann nicht konstatiert werden. Gleichzeitig benötigen auch qualitative Projekte zumindest irgendwie festgesetzte Kriterien zur Bestimmung ihres Untersuchungsgegenstandes. Hier helfen in den letzten Jahren etwa zunehmend von Menschenrechtsorganisationen eingesetzte Satteliten zur Dokumentierung von Zerstörungen und umfangreich geführte Interviews mit Flüchtlingen. Ausschlaggebend bleiben dennoch oftmals Angaben über ermittelte Todeszahlen. Eine Kombination von quantitaten und qualitativen Projekten bietet sich daher am ehesten an.

Was sind Indikatoren für Massenverbrechen?

Während Situationen stattfindender Völkermorde, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen extensiver Gewalt anhand von Gewaltereignissen und beteiligter Akteure beobachtet und als Notstand klassifiziert werden können, ist dies insbesondere für Situationen der Warnung, aber auch der Krise, nicht ohne Weiteres möglich. Beide Stadien müssen nicht zwingend eine auffällige Gewaltintensität aufweisen. Für die Risikoanalyse wird daher etwa im Early Warning Project auf Indikatoren für Massenverbrechen zurückgegriffen. Solche generellen Indikatoren für Risikosituationen lassen sich ungeachtet der oftmals nicht-linearen Entwicklung von Massenverbrechen ermitteln, sind deshalb in ihrer Aussagekraft jedoch auch eingeschränkt.

Die Forschung zu Indikatoren beruht vor allem auf der Arbeit von Barbara Harff, die sie in den 1980er Jahren begann. Sie übte und übt einen grundlegenden Einfluss auf die Risikoanalyse von Genoziden, Politiziden und später von Massenverbrechen insgesamt aus, insbesondere ab 1995 als Beraterin der State Failure (jetzt: Political Instability) Task Force des Weißen Hauses, als Mitbegründerin des Genocide Prevention Advisory Networks 2001[viii] und seit 2004 als Beraterin des Büros des UN Special Advisor on the Prevention of Genocide.

Bestimmung des Risikos für Massenverbrechen

Die Risikobestimmung für das Auftreten von Massenverbrechen fokussiert sich mehrheitlich auf strukturelle Faktoren, Ruben/Sharma/Welsh inkludieren aber auch individuelle Faktoren. Die Motivation und die Befähigung der Akteure, Massenverbrechen zu begehen, werden einzig von der UN in die Indikatorenliste miteinbezogen. Alle anderen AutorInnen heben diese jedoch nachfolgend zu ihrer Indikatorenliste zusammen mit der Gelegenheit zum Verüben von Massenverbrechen (die etwa durch bewaffnete Konflikte, politische Instabilität und Krisen gegeben sein kann) als wesentliche Determinanten für das Auftreten von Massenverbechen heraus.

Nach übereinstimmendem Fazit aller AutorInnen ermöglichen die Indikatoren zwar eine Einschätzung von generellen Risikosituationen, ihr Vorliegen genügt jedoch nicht, um automatisch das Auftreten von Massenverbrechen zu prognostizieren. Tatsächlich sind die wenigsten Staaten, die einige oder mehrere dieser Faktoren aufweisen, auch von Massenverbrechen betroffen.

Umgekehrt könnten Massenverbrechen auch außerhalb der durch die Indikatoren erfassten Situationen auftreten. Die Indikatoren sind daher eher als Anhaltspunkte zu sehen, die die Entscheidung zu solchen Taten wahrscheinlicher machen können. Sie bieten einen Analyserahmen zur Identifikation bestimmter Risikosituationen und ermöglichen eingeschränkt Rückschlüsse auf potenzielle Entwicklungen. Sie helfen wesentlich, beschränkte Analysekapazitäten auf die relevantesten Risikosituationen zu konzentrieren. Massenverbrechen zu begehen bleibt in jeder Situation eine Entscheidung der involvierten Akteure. Hierbei nehmen insbesondere die Motivation, die Fähigkeit und die Gelegenheit Massenverbrechen zu verüben eine letztlich entscheidende Rolle ein.[ix]

Analyserahmen

Harff, Barbara (2009)[x]

Bellamy, Alex J. (2011)[xi]

MAPRO Handbook (2012)[xii]

Ruben /Sharma/Welsh (2013)[xiii]

United Nations Framework (2014)[xiv]

– Risiken zukünftiger Instabilität

– Staatlich gelenkte Diskriminierung

– (Vorherige) Genozide und Politizide seit 1950

– Ethnisch polarisierte Elite

– exkludierende Ideologie

– Aktueller Regimetyp (je stärker autokratisch der Staat, desto höher das Risiko)

– Handelsoffenheit (Importe/Exporte im Verhältnis zum BIP)

Soziale Faktoren

– Politisierung ethnischer oder religiöser Spaltungen

– Soziale, ökonomische oder politische Diskriminierung

– Vorherige Völkermorde und Massenverbrechen

Regime

-Menschenrechtsverletzungen

– Abwesende
Rechtsstaatlichkeit

– Abwesende Demokratie

Ökonomische Faktoren

– Niedriges BIP pro Kopf

– Geringere ökonomische Interdependenz

– Horizontale Ungleichheiten

Bewaffneter Konflikt

– Präsenz mehrerer bewaffneter Gruppen/ illegaler Waffenhandel

– Etablierung von Milizen (durch staatliche oder nicht-staatliche Akteure)

– Gruppenbasierte Rekrutierungspraxis

– Vorliegen eines bewaffneten Konfliktes

– Vorherige Massenverbrechen (vor allem bei einer Kultur der Straflosigkeit)

– Beständigkeit artikulierer oder nicht artikulierter Spannungen oder Missstände (oft auch auf Hass basierende Ideologie)

– Mangel an institutionellen zivilen Konfliktlösungsstrukturen

– abgeschottete Gesellschaft (durch die Regierung von der internationalen Gemeinschaft isoliert)

– Mangelhafte/ übelwollende Regierungsführung

– Präsenz von Krieg und bewaffneten Konflikten

– Ökonomische und/oder soziale Instabilität und Krise

– exkludierende Ideologie

– autoritäre Regierung

– Manipulation der Bevölkerung durch Führungskräfte oder die Elite zur Förderung von Selbstinteressen

– Gruppendynamiken und psychologische „Konformitätseffekte“, die individuelle Gewaltabneigungen übersteigen

– Vergangene Massenverbrechen, die Brutalisierung, Militarisierung bewirkt und die Wahrnehmung von Missständen und Bedrohungen erhöht haben

Allgemeine Risikofaktoren

– Bewaffneter Konflikt oder andere Formen der Instabilität

– Ernsthafte Verletzungen der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts

-Schwache staatliche Strukturen

– Existenz von Anreizen oder Motiven

– Fähigkeit, Massenverbrechen zu begehen

– Abwesenheit mildernder Faktoren

– Vorliegen begünstigender Umstände oder vorbereitender Maßnahmen

– Vorliegen potentiell auslösender Faktoren

Für Völkermord

– Spannungen zwischen Gruppen oder Diskriminierung einer Bevölkerungsgruppe

– Anzeichen für die Intention, eine bestimmte Bevölkerungsgruppe im Ganzen oder in Teilen zu vernichten

Für Verbrechen gegen die Menschlichkeit

– Anzeichen für weitverbreitete oder systematische Angriffe auf zivile Bevölkerungsgruppen

– Anzeichen für einen Plan, die zivile Bevölkerung anzugreifen

Für Kriegsverbrechen

– Ernsthafte Drohungen gegen unter dem humanitären Völkerrecht geschützte Personen und Gruppen

– Ernsthafte Drohungen gegen humanitäre Hilfsoperationen oder Friedensmission

Der Monitor konzentriert sich in der Analyse vor allem auf folgende Faktoren

  • Präsenz eines bewaffneter Konflikt oder anderer Formen ernsthafter Instabilität
  • Präsenz bewaffneter Gruppen/Milizen
  • exkludierende Ideologie
  • gruppenbasierte Rekrutierungspraxis, sowohl innerhalb staatlicher Organe als auch bei Milizen
  • Politisierung religiöser oder ethnischer Spaltungen und Gewalttaten
  • soziale, wirtschaftliche oder politische Diskriminierung
  • Nachwirkungen vorheriger Massenverbrechen auf dem Staatsgebiet
  • diskriminierende/übelwollende Regierungsführung
  • Ernsthafte Verletzungen der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts
  • mangelnde oder abwesende Rechtsstaatlichkeit
  • mangelnde oder abwesende demokratischen Strukturen
  • geringe wirtschaftliche Verflechtung zwischen Gruppen/Regionen
  • starke horizontale wirtschaftliche Ungleichheiten

Diese Faktoren werden innerhalb der Hintergrundberichte bezüglich ihrer situationsspezifischen Bedeutung in der Analyse oder im Kontext ausgeführt. Gegebenenfalls ist auch ein Einbezug anderer relevanter Indikatoren aus den genannten Analyserahmen möglich. Bei dieser Auflistung handelt es sich lediglich um die bislang häufigsten vorliegenden Indikatoren.

Was sind Bedingungen für Massenverbrechen?

Als Bedingungen für Massenverbrechen werden die Motivation und die Befähigung eines Akteurs zum Verüben von Massenverbrechen bezeichnet. Außerdem muss sich dem Akteur eine Gelegenheit bieten. Diese Bedingungen für Massenverbrechen können stark von den genannten Indikatoren beeinflusst sein. Massenverbrechen zu verüben bleibt jedoch in jeder Situation eine Entscheidung der involvierten Akteure – die oft auch gegen Massenverbrechen ausfällt. Während nur die UN diese Bedingungen in ihre Indikatorenliste mit einbezieht, verweisen sämtliche vorgestellten Analyserahmen aber anschließend auf diese Bedingungen.

Motivation zum Begehen von Massenverbrechen

Die Akteursmotivation kann insbesondere aus der extremen Konstruierung und Politisierung von Identitätsaspekten, dem Streben nach politischer oder ökonomischer Macht, Machtabsicherung, angestrebten Gebietsgewinne oder Rachewünschen resultieren. Ihr Ziel verfolgen die Akteure derart, dass sie nicht nur bereit sind, bewaffnete Gewalt anzuwenden, sondern auch Massenverbrechen zu begehen.

Befähigung zum Begehen von Massenverbrechen

Für die Befähigung zum Verüben von Massenverbrechen sind insbesondere im Fall von Völkermord politische Pläne, umfangreiche Organisations- und Koordinationsfähigkeiten sowie politische und sicherheitspolitische Handlungsspielräume und Ausstattung, neben Waffen auch Sattelitentelefonen und Transportmöglichkeiten, relevant.

Im drastischsten Fall, insbesondere bei internationalem Desinteresse und einem Zusammenbruch der Staatlichkeit oder einer absoluten Struktur und radikalen Ausrichtung des Staates und seiner Sicherheitsorgane, kann die Befähigung bereits mit einer ausreichend großen Gruppe motivierter und organisierter Individuen gegeben sein.

Gelegenheit zum Begehen von Massenverbrechen

Eine Gelegenheit zu Massenverbrechen entsteht, wenn Akteure ohne ernsthafte persönliche und juristische Konsequenzen relevante Verbrechen begehen können. Sie entwickelt sich häufig über drei Phasen, in denen Akteure die Reaktionskapazität der Zielgruppe und anderer Akteure austesten und beginnen, Massenverbrechen als eine Option wahrzunehmen. Hierbei ist insbesondere die Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft entscheidend, aber auch die Abhängigkeit der Akteure von der internationalen Gemeinschaft, regionalen Akteuren und der lokalen Zivilgesellschaft.

Häufige Entwicklung einer Gelegenheit:

  • Eine Krise, die erste Reaktionen auslöst
  • Die Mobilisierung von TäterInnen
  • Das Auftreten erster deutlicherer Gewaltereignisse, die oft auf einem niedrigen Level beginnen bevor sie in Massenverbrechen eskalieren. Hierbei spielt insbesondere bei den ersten Gewalttaten eine vermeintliche Straflosigkeit eine Rolle für die zunehmende Motivation und die Mobilisierung weiterer Täter.

Eine Gelegenheit muss sich aber nicht zwingend in dieser Reihenfolge entwickeln. Bei einer Befähigung einer entsprechend organisierten und motivierten Gruppe von Akteuren und mangelndem Widerstand können Gewaltereignisse auch unmittelbar auf einem hohen Niveau beginnen.

Vor allem ernsthafte politische Krisen bieten für Akteure oft eine vermeintliche Legitimationsgrundlage oder senken sowohl die Hemmschwelle für Akteure als auch die Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft für schwerste Menschenrechtsverletzungen, etwa im Zuge von Bürgerkriegen.

Zu ernsthaften politischen Krisen zählen:

  • Bewaffnete Konflikte (Bürgerkriege, Kriege, externe Interventionen, Rückzuge von Abkommen)
  • Verfassungswidriger Regimewechsel (erfolgreiche und gescheiterte Coups, umstrittene Wahlen oder Regierungsnachfolgen, stark umstrittene oder einseitige Abspaltungen oder Abspaltungsversuche)
  • Mangelnde Staatlichkeit (failed/failing states oder auch neue Staaten mit niedriger Legitimität)
  • Radikale-revolutionäre Regierungen (die etwa eine Umgestaltung der Zusammensetzung der Gesellschaft und der Führungspositionen, etwa nach ethnischen oder religiösen Kriterien, anstreben)

Wie werden die Staaten klassifiziert?

Länderfälle werden aus dem R2P Monitor des Global Centre for the Responsibility to Protect sowie dem Expert Opinion Pool des Early Warning Project übernommen und in die drei Kategorien Notstand, Krise und Warnung eingeordnet.

Fälle, die der R2P Monitor als „Current Crisis“ listet, werden als Notstand aufgenommen. Die übrigen Fälle des R2P Monitors werden auf erhebliche Verletzungen des humanitären Völkerrechtes überprüft. Liegen sie vor, wird der jeweilige Fall als Krise eingestuft. Alle übrigen Fälle werden als Warnung verzeichnet. Die Kategorien Krise und Warnung werden ergänzt durch die Top-10 Risikofälle aus dem Expert Opinion Pool vom Early Warning Project, wenn sie nicht bereits im R2P Monitor enthalten waren. Auch diese Fälle werden auf erhebliche Verletzungen des humanitären Völkerrechtes überprüft und entsprechend als Warnung oder Krise eingeordnet.

Sollte der R2P Monitor einen klar als Notstand zu bezeichnenden Fall nicht erfassen, wird dieser mit fundierter Begründung ausnahmsweise aufgenommen.

Klassifikation

Klassifikation

Warnung: Massenverbrechen sind zu befürchten

Fälle der Warnung weisen häufig Menschenrechtsverletzungen niedriger Intensität und eine Politisierung ethnischer oder religiöser Spaltungen auf. Diese Politisierung von Spaltungen kann sich unter anderem in öffentlichen Hassreden gegen bestimmte, identifizierbare Gruppen ausdrücken.

Bei einer Warnung ist ein Risiko für Massenverbrechen identifizierbar. Das alleinige Vorliegen von Menschenrechtsverletzungen reicht aufgrund des Fokuses auf Massenverbrechen nicht aus. Auch in einem Land aktive und sehr gewalttätige Akteure wie Terrororganisationen und Milizen, die durchaus die Motivation zu Massenverbrechen besitzen, müssen nicht zwingend eine Warnung auslösen. Angesichts oft geringer Mittel, mangelnden Rückhaltes in der Bevölkerung oder starker staatlicher Strukturen und Sicherheitsorgane, besitzen solche Akteure unabhängig ihrer Motivation oft weder die Befähigung noch die Gelegenheit zu Massenverbrechen.

Berichte über derartige Fälle, die politische Aufmerksamkeit und angemessene Reaktionen verdienen, aber nicht in die Schwerpunktsetzung des Monitors fallen, werden etwa im  Expert Opinion Pool desEarly Warning Projects regelmäßig beobachtet und diskutiert: Eine Gelegenheit oder eine Befähigung von Akteuren kann etwa durch eine Fokusänderung der internationalen Gemeinschaft, aber vor allem durch ernsthafte Instabilität schnell entstehen. Berichte über Akteure, die die Motivation zu Massenverbrechen besitzen, werden daher dort u.a. mit Risikoanalysen zu politische Krisen und Instabilitäten abgeglichen.

Fälle der Warnung weisen in der Regel keine oder nur eine niedrigschwellige für die Einstufung relevante Gewaltintensität auf. Sie können sich daher für den Einsatz spezifischer Präventionsstrategien eignen.

Krise: Unmittelbare Eskalation droht

Fälle der Krise weisen bereits erhebliche Verletzungen des humanitären Völkerrechtes auf, die sich zu Massenverbrechen auszuweiten drohen. Es bestehen konkrete Anzeichen für systematische Angriffe, die sich gegen bestimmte, identifizierbare Gruppenrichten. Oft, aber nicht zwingend, liegt eine ernsthafte politische Krise vor, die den Akteuren als Gelegenheit dient.

Ernsthafte politische Krisen, etwa bewaffnete Konflikte, Kriege oder Putsche, wirken in diesen Situationen oft als Katalysator für das Begehen von Massenverbrechen, indem sie die Gelegenheit für diese liefern oder die benötigten organisatorischen oder materiellen Fähigkeiten drastisch senken. Im Kontext geschwächter Sicherheitsorgane, zusammenbrechender Staatlichkeit oder verlagerter Aufmerksamkeit ansonsten relevanter Akteure wird es ggf. auch mit einfachsten Mitteln möglich, Massenverbrechen zu begehen. Unter Umständen kann auch eine Wahl mit ungewissem Ausgang oder zweifelhafter Durchführung in oftmals jungen und instabilen Demokratien diesen Effekt ausüben und eine Gelegenheit zu vermeintlich legitimierbaren Massenverbrechen bieten.

Staaten in der Kategorie der Krise weisen in der Regel eine auffällige Gewaltintensität auf, die aber noch nicht das Ausmaß der extensiven Gewalt von Massenverbrechen angenommen hat. Situationen der Krise eignen sich oftmals für einen Einsatz direkter Deeskalationsstrategien der internationalen Gemeinschaft.

Notstand: Massenverbrechen finden statt

In als Notstand eingestuften Staaten werden Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und/oder Kriegsverbrechen extensiver Gewalt verübt. Zwischen den einzelnen Verbrechen wird bei der Einstufung nicht differenziert, da diese keine unterschiedlichen Intensitäten beinhalten müssen. Weder Kriegsverbrechen noch Verbrechen gegen die Menschlichkeit implizieren zwingend eine geringere Intensität als ein Völkermord. Vielmehr stellt der Völkermord als strafrechtliches Konzept einen sehr voraussetzungsvollen Tatbestand dar, dessen Absichtsnachweispflicht juristisch und praktisch sehr schwer zu erbringen ist. In der Praxis wird Völkermord daher juristisch oftmals als ethnische Säuberung unter Verbrechen gegen die Menschlichkeit verfolgt.

Fälle des Notstandes stellen hinsichtlich der politischen, juristischen und moralischen Anforderungen, der Kosten und möglichen nichtintendierten Nebenfolgen von Mitteln zur Beendigung von Massenverbrechen die größte Herausforderung für die internationale Gemeinschaft dar. Sie weisen extensive Gewalt auf und sind immer ein erschütterndes Zeichen für das Scheitern der internationalen Gemeinschaft bei der Wahrnehmung des wichtigsten Bestandteils der Schutzverantwortung: Der Prävention von Massenverbrechen.

Welche Aussagekraft hat der Monitor?

Der Monitor identifiziert Fälle vorliegender Massenverbrechen und die schwerwiegendsten Risikosituationen. Über Menschenrechtsverletzungen geringerer Intensität, die nicht zu Massenverbrechen zu eskalieren drohen, trifft der Monitor keine Aussagen. Der Monitor ist somit kein allgemeines Tool zur Analyse von Menschenrechten.

Zum Zeitpunkt des Erscheinens des Monitors als Notstand gelistete Staaten erlebten im erfassten Quartal Massenverbrechen. Im Fall der Krise droht die Situation unmittelbar zu Massenverbrechen eskalieren. Bei einer Warnung sind Massenverbrechen bei einem Fortgang der Entwicklung zu befürchten.

Die Einstufung als Krise oder Warnung impliziert jedoch nicht, dass es zwangsweise zu Massenverbrechen kommen wird. Massenverbrechen entwickeln sich selten linear. Ein Fall muss also weder zwingend die einzelnen Intensitätsstufen von der Warnung über die Krise bis hin zum Notstand durchlaufen, noch müssen Situationen der Warnung oder selbst der Krise jemals eskalieren.

Massenverbrechen zu verüben bleibt immer eine Entscheidung der beteiligten Akteure, die auch politisch beeinflusst werden kann. Stillstand oder Rückgang der Entwicklung können auf diverse Faktoren zurückzuführen sein, wie etwa eine erfolgreiche Prävention oder Beendigung von Massenverbrechen, sich verändernde Möglichkeiten, Fähigkeiten und Gelegenheiten zum Verüben von Massenverbrechen sowie sich ändernde Kalküle individueller Entscheidungsträger oder steigender internationale Aufmerksamkeit.

Die identifizierten Situationen der Warnung und der Krise bergen insgesamt ein großes Risikopotenzial für Massenverbrechen, dem je nach Klassifikation durch geeignete und direkte Präventions- und Eskalationsverhinderungsstrategien begegnet werden kann. Im Falle des Notstandes sind Massenverbrechen bereits ausgebrochen und direkte Reaktionsstrategien erforderlich. Diese können sich direkt an identifizierte relevante Akteure bzw. Täterrichten. Nachdrücklich ist es aber insbesondere in Fällen der Warnung und der Krise über Vermittlungen und eine Adressierung struktureller Indikatoren möglich, das Risiko für Massenverbrechen langfristig zu senken.

Konkrete Politikempfehlungen werden im Monitor aber, der der Beobachtung und Analyse dient, ausdrücklich nicht gegeben.

Verweise

[i] Die Definition folgt einer Empfehlung von Scott, Straus 2011: Identifying genocide and related forms of mass atrocities, United States Holocaust Memorial Museum, Working Paper, S. 21, auf: http://www.ushmm.org/m/pdfs/20111219-identifying-genocide-and-mass-atrocity-strauss.pdf; zuletzt abgerufen am: 01.02.2015.

[ii] Genocide Alert betreibt zur Information über die Schutzverantwortung (engl. Responsibility to Protect) ein Informationsportal auf Schutzverantwortung.de. Zur Definition der Schutzverantwortung siehe: Was ist die Schutzverantwortung oder „Responsibility to Protect“?, auf: www.schutzverantwortung.de/schutzverantwortung-/was-ist-rtop/index.html; zuletzt abgerufen am: 01.02.2015.

[iii] Zur Diskussion von Definitionen und Schwellenwerte von Massenverbrechen siehe: Scott, Straus 2011: Identifying genocide and related forms of mass atrocities, United States Holocaust Memorial Museum, Working Paper, auf: http://www.ushmm.org/m/pdfs/20111219-identifying-genocide-and-mass-atrocity-strauss.pdf; zuletzt abgerufen am: 01.02.2015.

[iv] Valentino, Benjamin 2004. Final Solutions: Mass Killing and Genocide in the Twentieth Century, Cornell University Press, London.

[v] Ulfelder, Jay/Valentino, Benjamin 2008. Assessing the Risks of State-Sponsored Mass Killing, Political Instability Task Force, Washington, DC.

[vi] R2P Monitor des Global Centre fort he Responsibility to Protect, auf: http://www.globalr2p.org/our_work/r2p_monitor; zuletzt abrufen am: 01.02.2015.

[vii] Early Warning Project, auf: http://www.earlywarningproject.com/; zuletzt abgerufen am: 01.02.2015.

[viii] Das u.a. von Yehuda Bauer und Barbara Harff initiierte Genocide Prevention Advisory Network ist eine informelle Gruppe von Experten ohne feste Mitarbeiter, deren Mitglieder politische Risikoanalyse für Massenverbrechen anbieten. Ihre Internetseite ist zu finden auf: http://www.gpanet.org/; zuletzt abgerufen am: 01.02.2015.

[ix] Bellamy, Alex J. 2011: Mass Atrocities and Armed Conflict: Links, Distinctions, and Implications for the Responsibility to Protect, S. 9, The Stanley Foundation, Policy Analysis Brief, auf: http://www.stanleyfoundation.org/publications/pab/BellamyPAB22011.pdf; zuletzt abgerufen am 01.02.2015.

[x] Harff, Barbara 2009: How to Use Global Risk Assessments to Anticipate and Prevent Genocide, in: Politorbis 47 (2), S. 71-79.

[xi] Bellamy, Alex J. 2011: Mass Atrocities and Armed Conflict: Links, Distinctions, and Implications for the Responsibility to Protect, S. 10, The Stanley Foundation, Policy Analysis Brief, auf: http://www.stanleyfoundation.org/publications/pab/BellamyPAB22011.pdf; zuletzt abgerufen am 01.02.2015.

[xii] U.S. Army Peacekeeping and Stability Operations Institute 2012: MAPRO – Mass Atrocitiy Prevention and Response Options. A Policy Planning Handbook, Carlisle, Pennsylvania, S. 13.

[xiii] Ruben, Reike/Sharma, Serena/Welsh, Jennifer 2013: “A Strategic Framework for Mass Atrocity Prevention”, Oxford Institute for Ethics, Law and Armed Conflict, Paper 03/2013.

[xiv] United Nations 2014: Framework of Analysis for ATROCITY CRIMES. A tool for prevention, auf: http://www.un.org/en/preventgenocide/adviser/pdf/framework%20of%20analysis%20for%20atrocity%20crimes_en.pdf; zuletzt abgerufen am: 01.02.2015.

[xv] U.S. Army Peacekeeping and Stability Operations Institute 2012: MAPRO – Mass Atrocitiy Prevention and Response Options. A Policy Planning Handbook, Carlisle, Pennsylvania, S. 13.

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