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Der Monitor informierte über die weltweite Entwicklung von Massenverbrechen wie Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Betroffene Staaten wurden vierteljährlich auf Grundlage vom R2P Monitor des Global Centre for the Responsiblity to Protect und vom Early Warning Project des US Holocaust Memorial Museum ermittelt. Das Projekt wurde 2016 abgeschlossen.

Der Genocide Alert Monitor informierte vierteljährlich über die weltweite Entwicklung von Massenverbrechen wie Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das Projekt ist abgeschlossen.

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Quartalsbericht » 2. Quartal 2016
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Notstand: Massenverbrechen finden statt
Krise: Unmittelbare Eskalation droht
Warnung: Massenverbrechen sind zu befürchten

Von Massenverbrechen betroffene Staaten
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Monitor 02/2016: © Genocide Alert, © Mapbox

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Massenverbrechen im 2. Quartal 2016

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In fünf Staaten wurden Massenverbrechen wie Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verübt, in neun weiteren droht eine Eskalation. Aus den 14 erfassten Staaten stammen 36 Millionen Flüchtlinge und Binnenvertriebene. Allein in 12 der Staaten wurden über 21.700 Menschen getötet. Darunter befinden sich etwa 8.000 Zivilisten. Für Nordkorea und den Jemen sind keine Daten verfügbar.

Fünf Notstände: Neue Notlage in Nigeria

Im Irak und in Syrien wurde der sog. Islamischen Staat (IS) weiter militärisch zurückgedrängt. Nach der Rückeroberung von Falludscha konzentriert sich die Anti-IS Koalition im Irak auf Mosul, die letzte große vom IS gehaltene Stadt. In Syrien bleibt Assads Regime für die überwältigende Mehrheit der getöteten Zivilisten verantwortlich. Trotz der vereinbarten Waffenruhe wurden fast 13.000 Menschen getötet, insbesondere aufgrund der Eskalation in Aleppo. Während die nigerianische Armee große Fortschritte gegen Boko Haram erzielte, entstand im Osten eine neue Notsituation: Semi-nomadische Fulani-Milizen ermordeten bei Übergriffen auf Farmer über 400 Zivilisten. Massenverbrechen der Regierungen in Nordkorea und im Sudan halten unvermindert an.

Vier Krisen: Hochstand der Gewalt in Afghanistan

In Afghanistan leiden Zivilisten zunehmend unter gezielten Angriffen der Taliban und des aghanischen IS-Ablegers. Etwa 1.000 Zivilisten wurden bei den Kämpfen getötet; der höchste von der UN ermittelte Stand seit 2009. In Burundi attackierten Regierung und Rebellen gezielt politische Vertreter und Zivilisten. Aufgrund der Kompromisslosigkeit der Regierung droht die Gewalt zu Massenverbrechen zu eskalieren. In der DR Kongo wurden über 100 Zivilisten ermordet; die Gewalt im Kontext der Proteste gegen die mutmaßliche Verschiebung der Präsidentschaftswahl wird sich Ende des Jahres wahrscheinlich ausweiten. Im opferreichen jemenitischen Bürgerkrieg besteht durch Übergriffe sämtlicher Konfliktparteien sowie das Erstarken von Al-Qaida eine hohe Bedrohung für Zivilisten. Im Südsudan droht der Bürgerkrieg angesichts neuer Kämpfe und mangelnder Akzeptanz des Friedensvertrages erneut auszubrechen.

Fünf Warnungen: Fortschritte in Myanmar, Libyen & der ZAR

In Myanmar übernahm die NLD unter der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi die Regierung und entließ politische Gefangene. Rohingya bleiben allerdings in Zwangslagern interniert. In Libyen konnte die Einheitsregierung eine lang erwartete Offensive gegen Sirte starten, dem Hauptstützpunkt des libyschen IS-Ablegers. Die friedliche Wahl in der ZAR brachte eine neue und breit akzeptierte Regierung ins Amt; Gewalttaten zwischen Christen und Muslimen in ländlichen Regionen halten jedoch an. In Pakistan verübten radikal-sunnitische Terrororganisationen weiterhin Angriffe auf religiöse Minderheiten.

Tote

Fast 22.000 Todesopfer

Zwischen April und Juni 2016 sind über 21.700 Menschen in 12 der 14 erfassten Staaten getötet worden. Darunter befinden sich etwa 8.000 Zivilisten. Etwa 7.000 (88%) dieser Zivilisten wurden allein in Syrien, im Irak und in Afghanistan ermordet. In Syrien wurden trotz des Waffenstillstandabkommens circa 12.800 Menschen getötet; und somit sogar mehr als im 1. Quartal 2016 (12.100). Für Nordkorea und den Jemen sind keine Zählungen verfügbar, für den Irak und Afghanistan sind sie unvollständig.

Die tatsächliche Zahl der Toten ist sehr wahrscheinlich höher. Todeszahlen sind schwer zu verifizieren und die Datensätze sind nur sehr eingeschränkt miteinander vergleichbar. Sie sind daher maximal als ungefähre Repräsentation der Situation zu betrachten.

todeszahlen-2-quartal-2016

Erläuterungen zu den verwendeten Datensätzen

Todeszahlen sind schwer zu verifizieren. Die Erhebungsmethoden und vor allem die Erhebungsdichte variieren stark zwischen verschiedenen Institutionen und sind nicht zuletzt abhängig von der Zugänglichkeit vor Ort. Es kann etwa davon ausgegangen werden, dass Tote in stadtnahen Umgebungen von Medien und Nichtregierungsorganisation verlässlicher ermittelt und verifiziert werden können als in ländlichen Gebieten. Um zuverlässig möglichst aktuelle Daten zu erhalten, bezieht sich diese Analyse vorwiegend auf regelmäßige und etablierte Datensätze. Die Kombination verschiedener Datensätze ist fragwürdig, aber unumgänglich solange kein Institut nach einer einheitlichen Methodik zeitnah entsprechende Daten erhebt. Sämtliche Daten sind mit der entsprechenden Vorsicht zu betrachten und maximal als ungefähre Repräsentation der Situation zu werten.

Die Todeszahlen beschränken sich nicht auf im Zuge von Massenverbrechen getötete Menschen. Sie ermöglichen entsprechend keine direkten Rückschlüsse auf die Schwere von Massenverbrechen. Ein Fokus auf die reine Todeszahl – selbst von Zivilisten – schließt zudem wesentliche Bestandteile von Massenverbrechen aus, wie etwa systematische Folter, illegitime Haft, Vertreibungen, sexuelle Gewalt und Angriffe auf humanitäre Einrichtungen. Auch der Straftatbestand des Völkermordes definiert sich nicht zwingend über die Anzahl der Toten und bereits sein Versuch ist unabhängig der Todeszahl strafbar.

Da mit Ausnahme von Nordkorea sämtliche Massenverbrechen innerhalb bewaffneter Konflikte verübt werden, sind allgemeine Todeszahlen – insofern sie die Konfliktintensität widerspiegeln – dennoch relevant. In Anbetracht des Mangels an Datensätzen zu anderen Bestandteile von Massenverbrechen bieten sie zumindest die Option, ansatzweise einen Einblick in die Intensität der bewaffneten Konflikte zu erlangen, innerhalb derer Massenverbrechen verübt werden. In den einzelnen Berichten wurden, wenn verfügbar, geeignetere und situationsspezifische Daten verwendet.

Armed Conflict & Event Data Project (ACLED)

ACLED erhebt Daten zu Ereignissen politischer Gewalt für sämtliche Staaten Afrikas und einige Staaten Asiens, darunter Myanmar und Pakistan. Für afrikanische Staaten veröffentlicht ACLED wöchentlich neue geocodiert Daten, für ausgewählte asiatische Staaten momentan noch in unregelmäßigerem Abstand. Über die Kategorie „Violence against Civilians“ wird die Erfassung von gezielt getöteten Zivilisten ermöglicht. ACLED ist an der University of Sussex angesiedelt und wird von einem umfangreichen Team von Analysten betrieben.

Syrian Obversatory for Human Rights (SOHR)

Die oppositionelle Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien dient seit 2006 als Quelle für Menschenrechtsverletzungen in Syrien. Daten zu Todeszahlen im syrischen Bürgerkrieg werden monatlich als Artikel auf ihrer Internetseite veröffentlicht und vor allem von westlichen Medien, aber u.a. auch gelegentlich von der UN, benutzt. Russland kritisierte den Herausgeber mehrfach als unqualifiziert. Trotz ihrer Schwächen stellt die SOHR dennoch die beste verfügbare Quelle zu Todeszahlen in Syrien dar. Die Daten werden über Medienberichte und Angaben von Syrern vor Ort ermittelt. Sie werden u.a. in Zivilisten und Kombattanten gegliedert, nicht aber geocodiert.

Iraq Body Count (IBC)

Die Nichtregierungsorganisation Iraq Body Count wurde 2003 von ehrenamtlichen Mitarbeitern aus Großbritannien und den USA gegründet, um die Folgen der militärischen Intervention im Irak anhand der getöteten Zivilisten zu erfassen. Auch nach dem Abzug der US-Streitkräfte erhebt die Organisation mit Sitz in Großbritannien weiter monatliche Todeszahlen. Während ihr überarbeiteter Datensatz auch Angaben zum Ort und Tag sowie, wenn möglich, die Namen der getöteten Zivilisten und die Art der verwendeten Waffen einbezieht, sind für 2015 bislang nur die reinen Zahlen der monatlich getöteten Zivilisten verfügbar. Die IBC-Daten basieren auf Medienberichten und werden ergänzt durch Berichterstattungen von Krankenhäusern, anderen Nichtregierungsorganisationen und offiziellen Angaben der Regierung. IBC wird aktuell unter anderem vom deutschen Institut für Auslandsbeziehungen unterstützt. Daten zu getöteten Kombattanten sind für den Irak nicht verfügbar.

Flüchtlinge

Fluchtbewegungen

Die Anzahl der Flüchtlinge und Binnenvertriebenen aus den erfassten Staaten ist im Vergleich zum vorherigen Quartal um etwa 819.000 (2,2%) gesunken. Der Rückgang ist vor allem auf den Jemen zurückzuführen: Sowohl die Huthi-Milizen als auch Al-Qaida wurden geschwächt; über 700.000 Binnenvertriebene kehrten in ihre Heimat zurück. In den übrigen Staaten blieb die Anzahl der Flüchtlinge nahezu unverändert, sodass weiterhin etwa 36 Millionen auf der Flucht bleiben.

Die aktuellen Angaben sind vorläufig. Für Flüchtlinge aus Afghanistan, Pakistan und Nordkorea etwa waren keine neuen Daten zu erhalten. Vor allem afghanische Flüchtlinge im Iran und in Pakistan werden regelmäßig nicht registriert. Fluchtbewegungen bleiben oftmals nur schwer bestimmbar.

fluechtlinge-2-quartal-2016

Erläuterungen zur Aussagekraft

Die aktuellen Angaben sind vorläufig. Sämtliche Flüchtlingsdaten sind immer als unvollständig und teilweise als Schätzungen zu betrachten. Die Quellen variieren. Teilweise beruft sich die UNHCR auf Angaben von Regierungen. Für Länder wie Kenia, wo die Regierung keine Daten zu Binnenvertriebenen sammelt, sind kaum verlässliche Zahlen ermittelbar. Flüchtlingszahlen sind daher nur bedingt als Indikator für die Intensität vor Ort geeignet. In manchen Staaten lassen sich aber erhebliche Veränderungen und somit klare Trends identifizieren.

Flüchtlingszahlen können regelmäßig einen Hinweis auf die Schwere einer Situation darstellen, müssen es aber nicht. Fluchtgründe sind komplex und individuell. In Staaten wie Pakistan variiert die Anzahl der Binnenvertriebenen unter anderem aufgrund von Erdbeben und saisonalen Überschwemmungen regelmäßig. Während nicht alle Flüchtlinge aus den erfassten Situationen zwangsweise direkt vor Massenverbrechen fliehen, so fliehen sie doch aus Staaten, in denen allein in diesem Jahr insgesamt zehntausende Zivilisten getötet und ungezählte Frauen, Männer und Kinder verwundet, misshandelt, vergewaltigt, entführt, gefoltert oder zwangsrekrutiert wurden. Sie fliehen aus Staaten, in denen Städte zerbombt, Dörfer niedergebrannt, Nahrungsmittel verweigert, vernichtet oder geplündert werden.

Ob oder wann Menschen sich in einer derartig existenziellen Bedrohungssituation zur Flucht entscheiden, hängt von einer Vielzahl von Faktoren und nicht zuletzt auch von der Aufnahmebereitschaft der Nachbarstaaten ab. Die Höhe der Flüchtlingszahl ist per se in einem solchen situativen Kontext zu betrachten. Die niedrige Anzahl nordkoreanischer Flüchtlinge etwa deutet nicht auf Massenverbrechen niedriger Intensität hin. Im Gegenteil: Gerade durch die brutalen und systematischen Repressionsmaßnahmen, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit konstituieren, wird die Anzahl der Flüchtlinge vom Regime niedrig gehalten.

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Der sog. Islamischen Staates (IS) konnte im Irak weiter zurückgedrängt werden. Im Juni 2016 eroberte die Regierung die Stadt Fallduscha zurück, womit Mossul die letzte große, vom IS gehaltene Stadt, darstellt. Trotz der drohenden militärischen Niederlage des IS bleibt Gewalt gegen Zivilisten weit verbreitet. Landesweite Terroranschläge, die sich vor allem gegen Schiiten richten, breitete der IS sogar aus. Der IS verübt damit weiterhin landesweit Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen wie gezielte Tötungen und Angriffe auf Zivilisten. Auch Folter, sexuelle Gewalt, Zwangskonvertierung, Sklaverei und Zwangsverheiratungen gehören in von dem IS kontrollierten Gebieten weiterhin zum Alltag. Sein Vorgehen gegenüber ethnischen und religiösen Minderheiten wie christlichen, jesidischen, turkmenischen und kurdischen Gemeinden deutet auf eine Vernichtungsabsicht hin. An den Jesiden hat der IS 2015 einen Völkermord begangen.[1]

Auch Teile der irakischen Sicherheitskräfte (ISF), die größtenteils schiitischen Milizen, die teilweise unter dem staatlichen Dachverband der „Volksmobilisierung“ agieren, sowie die Peshmerga-Einheiten der kurdischen Regionalregierung begehen Kriegsverbrechen. So setzten die ISF improvisierte Fassbomben in Wohngebieten von Falludscha und umliegenden Regionen ein. Regierungsnahe Milizen und Teile des irakischen Militärs sind außerdem für Massaker an sunnitischen Zivilisten, Entführungen, Massenhinrichtungen, willkürliche Verhaftungen und Folter verantwortlich.[2] Insbesondere in vormals vom IS kontrollierten Gebieten üben Angehörige der staatlich legitimierten Milizen und Pershmerga-Kämpferinnen und -Kämpfer Vergeltung an der Zivilbevölkerung für ihre vermeintliche Kooperation mit den Terroristen. Diese Vergeltungsakte sind als Kriegsverbrechen einzustufen.[3] Sowohl der IS als auch schiitische Milizen setzen im Irak Kindersoldaten ein.[4]

Die irakische Regierung und die internationale Koalition ziehen derzeit Truppen um Mosul zusammen, das nach Einschätzungen des US-Militärs bis Mitte 2017 erobert werden könnte. Die Millionenstadt Mosul stellt den letzten wesentlichen Stützpunkt des IS im Irak dar. Fällt Mosul, würden zahlreiche Zivilisten befreit. Gleichzeitig steigt das Risiko für Konflikte innerhalb der irakischen Koalition. Pläne für eine Nachkriegsordnung existieren bisher nicht und die zahlreichen bewaffneten Milizen stellen ein großes Risiko dar. Auch nach einer militärischen Niederlage des IS ist davon auszugehen, dass dieser weiterhin Attacken auf Zivilisten verübt.[5]

Seit der Gründung des Islamischen Staates im Irak und der Levante (ISIL) im April 2013 wurden bis Ende September 2016 laut Iraq Body Count 53.099 Zivilisten getötet.[6] Etwa 3,4 Millionen Iraker sind innerhalb und weitere 380.000 außerhalb des Landes auf der Flucht.[7]

Zivile Todesopfer

Tote insgesamt
Tote pro Monat



© Genocide Alert; Daten: Iraq Body Count

Analyse

Notstand: Massenverbrechen finden statt

Der Islamische Staat begeht Massenverbrechen. Das Vorgehen des IS gegenüber der religiösen Minderheit, wie den Jesiden in 2015, konstituiert einen Völkermord. Vom Iran unterstützte schiitische Milizen, kurdische Peshmerga und Teile der Irakischen Sicherheitskräfte begehen Kriegsverbrechen, die sich bei einem vermehrten Einsatz zu Massenverbrechen auszuweiten drohen.

Sexuelle Gewalt

Irakische Frauen und Mädchen fallen massenhaft Zwangsverheiratung, systematischen Vergewaltigungen und anderen Formen sexuellen Missbrauchs durch Angehörige des IS zum Opfer.[8] Im Irak und in den vom IS kontrollierten Gebieten Syriens wurden zahllose Frauen und Mädchen als Sklavinnen verkauft oder verschenkt und sexuell ausgebeutet. Frauen, die den Anweisungen des IS nicht Folge leisten, droht Folter oder Exekution.[9]

Darüber hinaus sind Frauen, unabhängig ihrer Konfession, im Irakischen Justizsystem häufig Opfer von Folter und sexueller Gewalt. Quellen berichten, dass Frauen Opfer massenhafter, willkürlicher Verhaftungen sind. Viele von ihnen werden insbesondere bei Festnahmen und Verhören sexuell missbraucht und vergewaltigt.[10]

Vertreibung

Die anhaltenden Kämpfe im Irak haben mehr als drei Millionen Menschen zu internen Vertriebenen gemacht. Viele von ihnen leben in informellen Siedlungen ohne Zugang zur nötigsten Infrastruktur.[11] Der IS verfolgt gezielt Minderheiten und zwingt sie zur Massenflucht. So wurde ein Großteil der Jesiden 2015 aus dem Nordirak durch vorrückende IS-Kämpfer in das Sindschar-Gebirge vertrieben, wo sie ihren sicheren Tod gefunden hätten, wenn nicht 20.000 bis 30.000 von ihnen über einen von kurdischen Kämpfern freigehaltenen Korridor hätten fliehen können.[12] Auch die ISF und schiitische Milizen haben mutwillig ganze Dörfer zerstört und die mehrheitlich sunnitische Bevölkerung zur Flucht gezwungen.[13][14][15]

Willkürliche Verhaftungen und unfaire Prozesse

Schätzungen des Menschenrechtskomitees des irakischen Parlaments nach werden um die 40.000 Inhaftierte gesetzwidrig in Gefängnissen irakischer Ministerien festgehalten. Der Judikative mangelt es an Unabhängigkeit. Richter und Anwälte werden häufig Opfer von Entführungen, Angriffen und Morden.[16] Gerichtsprozesse, insbesondere von mutmaßlichen Terroristen, verlaufen häufig unfair. Meistens bilden Geständnisse die Grundlage für Verurteilungen, die regelmäßig durch Folter hervorgerufen werden. Bereits 2013 forderte Human Rights Watch die Einhaltung der Strafprozessordnung im Irak, die einen Haftbefehl zur Festnahme erforderlich macht und vorschreibt, dass Inhaftierte binnen 24 Stunden einem Untersuchungsrichter oder einer Untersuchungsrichterin vorgestellt werden müssen.[17]

Todesstrafe und Folter

Im August 2014 gab der irakische Justizminister an, dass 1.724 Gefangene im Irak auf ihre Hinrichtung warteten.[18] Aufgrund vielfältiger Mängel im Justizsystem erlaubten insbesondere die irakischen Anti-Terror-Gesetze Todesurteile nach Geständnissen, die mutmaßlich unter Folter erbracht wurden.[19] Sowohl der IS als auch Regierungs- oder regierungsnahe Truppen haben darüber hinaus wiederholt außergesetzliche Massenexekutionen durchgeführt.[20]

Folter und andere Misshandlungen werden in Gefängnissen und Haftanstalten des Innen- und Verteidigungsministeriums regelmäßig und straffrei vorgenommen. In einigen Fällen wurden Gefangene zu Tode gefoltert.[21] Insbesondere Frauen werden nach Festnahmen häufig Opfer von Folter, während sie auf unbestimmte Zeit ohne Anklage und Verteidigung festgehalten werden. Die irakische Regierung hat in den bekannt gewordenen Fällen bislang weder ermittelt noch die Täter zur Verantwortung gezogen.[22] In den vom IS kontrollierten Gebieten werden Peitschenhiebe, Kreuzigungen, Verstümmelungen und Prügel als Strafen verhängt.[23]

Zerstörung von Eigentum und Weltkulturerbe

In eroberten Gebieten vernichtete der IS systematisch teilweise von der UNESCO als Weltkulturerbe eingestufte Kulturstätten, wie die assyrischen Ruinen in Al Hadra. Historische Bauwerke, Mahnmale, Kunstwerke und Statuen, die nicht der Auslegung des Korans des IS entsprechen, werden von den Terroristen zerstört.[24] Besondere Aufmerksamkeit erlangte 2015 die Zerstörung der antiken Stadt Nimrud.[25]

Regierungsnahe Milizen haben nach der Rückeroberung Tikrits und der angrenzenden Städte entlang des Tikrit im zwischen Dezember 2015 und Mai 2015 mindestens 1.425 zivile Behausungen in Brand gesetzt oder in die Luft gesprengt.[26] Ähnlich systematisch hatten Angehörige verschiedener schiitischer Milizen im Gouvernement Salah al-Din von September bis Dezember 2014 ziviles Eigentum zerstört.[27]

Auch kurdische Peschmerga haben in vom IS zurückeroberten Gebieten Häuser und Gewerberäume der arabischen Bevölkerung mutwillig zerstört oder geplündert.[28]

Ethnische Säuberung und Völkermord

In Gebieten unter IS-Kontrolle belegt die brutale und systematische Verfolgung Andersgläubiger die Absicht einer ethnischen Säuberung. Massenexekutionen und -verschleppungen sowie sexuelle Gewalt zielen direkt auf religiöse und ethnische Minderheiten, wie die christliche, moderate sunnitische, schiitische und jesidische Bevölkerung ab.[29] Durch die öffentliche Bekenntnis zur Auslöschung, hat der IS zumindest an den Jesiden einen Völkermord begangen. Anfang 2016 sprachen die USA auch von einem Völkermord des IS an Christen und Schiiten.[30]

Vorsätzliche Angriffe auf die Zivilbevölkerung und Entführungen

Der IS hat wiederholt in verschiedenen Gouvernements des Irak Bombenattentate verübt, die hunderte zivile Todesopfer forderten.[31] 200 Menschen fielen allein zwischen dem 25. Februar und dem 10. März 2016 den Bomben des IS zum Opfer.[32] Das Ausmaß und die Systematik der Angriffe die Zivilbevölkerung durch den IS konstituiert Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleichkommen.

Mehrere Quellen berichten von Fällen von Massakern an und Entführungen von Zivilisten durch regierungsnahe schiitische Milizen.[33] So gelten etwa 200 Jungen und Männer seit der Rückeroberung Tikrits durch die Milizen als vermisst.[34]

Kontext

Die Ursachen des Konflikts im Irak sind struktureller Natur: Der multi-ethnische und multi-religiöse Staat wurde als künstliches Gebilde geschaffen. Bis zum Sturz der Diktatur Saddam Husseins wurden weder die schiitische noch die kurdische Bevölkerung an der politischen Macht beteiligt. Die internationalen Interventionstruppen, die 2003 unter der Führung der USA das Saddam-Regime stürzten und das politische und militärische System grundlegend umstrukturierten, wurden wiederum nicht als Befreier empfunden. Dies fügte dem Kernkonflikt zwischen den verschiedenen ethno-religiösen Gruppen eine weitere Dimension hinzu. Durch die Verdrängung der sunnitischen Eliten und die Entbaathifizierung der politischen und militärischen Führungsriegen haben insbesondere die USA den Grundstein für eine weitere politisch-administrative Spaltung des Landes gelegt. Die Errichtung einer pro-westlichen Konfessionen und Ethnien übergreifenden Demokratie scheiterte. Die ehemalige Elite und große Teile der Armee wurden in den Widerstand, zu Al-Qaida oder zum IS getrieben.[35]

Das politische System basiert seit dem Sturz Saddams auf ethnischen und religiösen Identitäten; das Verhältnis zwischen den drei großen ethnisch-religiösen Gruppen ist von Konkurrenz und Misstrauen geprägt. 95% der rund 35 Millionen Iraker sind Muslime. Davon sind zwei Drittel Schiiten und ein Drittel Sunniten. 15% der Iraker sind Kurden, die Mehrheit von ihnen Sunniten. Außerdem gibt es christliche, jesidische und mandäische religiöse Minderheiten. Der von 2010 bis September 2014 amtierende Ministerpräsident Nuri al-Maliki missbrauchte sein Amt immer offener, um die Sunniten zu schikanieren und von der Macht auszuschließen. Der Konflikt brachte das Land erneut an den Rand eines Bürgerkriegs.[36]

Die konfessionellen Machtkämpfe werden stark von den regionalen Großmächten beeinflusst, insbesondere vom Iran. Der Iran unterstützt die irakische Armee und schiitische Milizen entscheidend bei ihrem Kampf gegen den IS. Durch die Stärkung des schiitischen Einflusses ergeben sich neue Spannungen innerhalb des fragilen Systems. Auch die libanesische radikal-schiitische Hisbollah unterstützt mittlerweile nicht mehr nur das Assad-Regime im syrischen Bürgerkrieg, sondern ist auch im Irak präsent.[37]

Akteure

Der Islamische Staat

Der sogenannte Islamische Staat (IS), vormals bekannt als der Islamische Staat im Irak und in Syrien (ISIS), ist eine militante und radikale sunnitisch-salafistische Organisation. Ihr Ziel ist die Errichtung und Verbreitung eines Kalifats basierend auf einer fundamentalistischen Auslegung des Islam und der Scharia. Der IS hat seine Ursprünge in den frühen 2000er Jahren. Viele Mitglieder waren zuvor in der Jama’at al-Tawhid wa’l Jihad und in Al Qaida im Irak aktiv. 2013 spaltete sich der IS von Al-Qaida ab. Im Juni 2014 nannte sich die Gruppierung in „Islamischer Staat” um und rief ein Kalifat mit dem IS-Führer Abu Bakr al-Baghdadi als Kalifen aus. Durch den Zustrom vormals unter Saddam tätigen Militärs und Beamten, erlangte der IS wesentliche militärstrategische Fähigkeiten und verwaltungstechnische Kenntnisse. Die CIA schätzte die Mitgliedszahlen von IS im Jahr 2014 auf 20.000-31.500 Anhänger. Die Organisation finanziert sich unter anderem durch Spenden und kriminelle Aktivitäten wie Entführung, Raub und Schmuggel. Ihre primären Einnahmen stammen jedoch aus Ölverkäufen aus Raffinerien in den vom IS eroberten Gebieten.[38]

Regierungstruppen

Die irakischen Sicherheitskräfte (ISF, Iraqi Security Forces) umfassen die dem Innenministerium unterstellten Polizeieinheiten und die Armee, welche dem Verteidigungsministerium unterstellt ist. Die ISF gerieten zunehmend für ihre massenhafte Gewaltanwendung gegenüber Zivilisten in die Kritik. Sunniten sind seit der Entbaathifizierung in der irakischen Armee unterrepräsentiert, der neue Ministerpräsident al-Abadi zeigte seit Beginn seiner Amtszeit jedoch den Willen, korrupte, von al-Maliki eingesetzte, Befehlshaber zu entfernen.[39] Er ist jedoch mit seinem Vorstoß, schiitisch dominierte Sicherheitskräfte, die in sunnitischen Gegenden eingesetzt wurden, durch ortsansässige sunnitische Nationalgardisten zu ersetzen, vorerst im Parlament gescheitert.[40]

Die irakische Regierung ist nicht in der Lage, ihrer Schutzverantwortung nachzukommen und ist, wie aus Berichten von Human Rights Watch und Amnesty International hervorgeht, selbst an Kriegsverbrechen zumindest mitschuldig. Am 15. Juni 2014 gründete die irakische Regierung die Volksmobilisierungseinheiten, die sich aus bereits existierenden Milizen und neuen freiwilligen Kämpfern zusammensetzen. Wenngleich die Einheiten der Volksmobilisierung nicht zur Armee gehören, stehen sie unter dem Dach der staatlichen Sicherheitskräfte und nehmen an gemeinsamen Operationen teil.

Schiitische Milizen und die Volksmobilisierung

Staatliche Sicherheitskräfte und schiitische Milizen sind teilweise schwer zu unterscheiden. Im März 2014 beschloss der damalige Ministerpräsident al-Maliki, neue Sicherheitskräfte aus drei Milizen zu gründen: Asa’ib, Kita’ib Hisbollah und den Badr Brigaden.[41] Andere militante, im Irak tätige schiitische Organisationen sind die Hisbollah, die Mahdi Armee und die sogenannten Promised Day Brigaden.[42] Unterstützt, beraten und ausgebildet werden die schiitischen Milizen im Irak hauptsächlich vom Iran, der auch die Rekrutierung von ausländischen Kämpfern für schiitische Milizen organisiert. Die Grenzen und Verbindungen zwischen den Milizen sind unstet, Kämpfer wechseln teilweise die Organisationen.[43] Westliche Regierungen haben schiitische Organisationen in den vergangenen Monaten als geringere Sorge beurteilt als den IS, hauptsächlich weil erstere sich bislang nicht gegen westliche Zivilisten richten. Schiitische Milizen stehen sunnitischen Terrororganisationen in Sachen Brutalität jedoch häufig nicht nach und dokumentierten ihre Gräueltaten ähnlich wie der IS ebenfalls zu Propagandazwecken in Videos.[44]

Peschmerga

Bei den Peschmerga handelt es sich um Streitkräfte aus Kurdistan, der einzigen autonomen Region des Irak. Seit Juni 2014 versuchen die Peschmerga, die Regionen um Kirkuk und nördliche Teile von Mossul vor Angriffen des IS zu schützen. Dabei werden sie durch Waffenlieferungen aus westlichen Staaten, Luftangriffe durch die USA und die Öffnung der türkischen Grenze für ihre Mitglieder unterstützt. Deutschland hat bereits im vergangenen Jahr Waffen an die Peschmerga geliefert und Peschmerga-Führer in der Infanterieschule Hammelburg geschult. Am 29. Januar 2015 erteilte der Bundestag außerdem ein Mandat für die Beteiligung an einer Ausbildungsmission im nordirakischen Erbil.[45]

Die internationale Gemeinschaft

Am 15. August 2014 erlaubte die EU ihren Mitgliedsstaaten kurdische Kämpfer militärisch zu unterstützen.[46] Der UN-Sicherheitsrat hat die Menschenrechtsverletzungen sowie die systematische Verfolgung von Minderheiten durch den IS und Al-Qaida-nahe Gruppen in Syrien und dem Irak mehrfach verurteilt. Vertreter der United Nations Assistance Mission for Iraq (UNAMI) haben darüber hinaus die ISF dazu aufgerufen, die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit zu respektieren und die Zivilbevölkerung zu beschützen.[47]

USA

Die USA leiten seit 15. Juni 2014 eine multilaterale Intervention im Irak, an der sich unter anderem die Niederlande, Frankreich, Jordanien, Marokko, Australien, Kanada, Großbritannien und Dänemark beteiligen. Bisher flog das US-Militär 2015 über 8.064 Luftangriffe im Irak.[48]

US-Beamte haben die irakische Regierung bislang nicht öffentlich zur Untersuchung der von Regierungstruppen und regierungsnahen Milizen begangenen Menschenrechtsverletzungen aufgefordert. Auch wurden Menschenrechtsreformen, entgegen des US-Gesetzes, nicht zur Bedingung für militärische Unterstützung gemacht.[49]

Gemäß der Brookings Institution werden bis zu 5.000 US-Soldaten im Irak eingesetzt. Im Zuge der internationalen Unterstützungsmission im Irak haben die US-Soldaten sechs Irakische Brigaden ausgebildet, die auch als Mosul Counterattack Brigades bezeichnet werden. Beim Vormarsch der irakischen Armee auf Mosul werden sie seit Ende 2015 auch zunehmend direkt an der Front eingesetzt.[50]

Iran

Durch Militärberater, die de facto Teile der irakischen Armee führen, interveniert der Iran immer offener im Irak. Mehrere Quellen, darunter Reuters, gehen davon aus, dass der Iran seit Juni 2014 Bodentruppen im Irak einsetzt, der Iran hat dies bisher jedoch bestritten.[51] Neben Syrien und den Jemen stellt der Irak den Hauptaustragungsort des regionalen Machtkampfes zwischen dem sunnitisch-wahhabitischen Saudi-Arabien und dem schiitischen Iran dar. Auch im Jemen werden die lokalen Konfliktparteien so offen wie nie zuvor unterstützt. Ohnehin bestehende religiöse Spannungen werden im jeweiligen Land dadurch oftmals zusätzlich angereizt.[52]

Türkei

Im September 2015 überquerten türkische Bodentruppen die Grenze zum Irak um kurdische Rebellen gefangen zu nehmen, nachdem bei Anschlägen im Osten der Türkei mehrere Soldaten ums Leben gekommen waren. Die Türkei hat darüber hinaus begonnen, Luftangriffe auf vermeintliche Stellungen der PKK in der autonomen Region Kurdistan zu fliegen.[53]

Quellen

[1] Von Mettenheim, Emilia: Die Vertreibung der Jesiden – ein Völkermord? Auf: https://www.genocide-alert.de/die-vertreibung-der-jesiden-ein-voelkermord/#.VR_9SROsWzd, zuletzt aufgerufen am: 04.04.2015

[2] Von Mettenheim, Emilia: Die Vertreibung der Jesiden – ein Völkermord? Auf: https://www.genocide-alert.de/die-vertreibung-der-jesiden-ein-voelkermord/#.VR_9SROsWzd, zuletzt aufgerufen am: 04.04.2015

[3] Human Rights Watch 2016: Iraq: Possible War Crimes by Shia Militia, auf: https://www.hrw.org/news/2016/01/31/iraq-possible-war-crimes-shia-militia, zuletzt aufgerufen am: 27.03.2016

[4] Wilcke, Christoph: No Child’s Play: Kids Fighting One Another in Iraq Conflict, auf: https://www.hrw.org/news/2015/10/30/no-childs-play-kids-fighting-one-another-iraq-conflict, zuletzt aufgerufen am: 05.11.2015

[5] Pollack, Kenneth M. 2016: Iraq Situation Report, Part I: The military campaign against ISIS, auf: http://www.brookings.edu/blogs/markaz/posts/2016/03/28-military-campaign-against-isis-pollack; zuletzt abgerufen am 31.03.2016.

[6] UNHCR 2016: Iraq Flash Update (as of 31 July 2016), auf: http://www.refworld.org/country,,UNHCR,,IRQ,,579217304,0.html; zulezt abgerufen am: 20.09.2016.

[7] WFP 2015: Iraq Situation Report #35, auf: http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/WFP%20Iraq%20Situation%20Report%20%2335%20--%2023%20March%202016.pdf, zuletzt aufgerufen am: 01.08.2016

[8] Human Rights Watch 2015: Iraq: ISIS Escapees Describe Systematic Rape, auf: https://www.hrw.org/news/2015/04/14/iraq-isis-escapees-describe-systematic-rape, zuletzt aufgerufen am: 05.11.2015

[9] Amnesty International 2015: Amnesty International Report 2014/15, auf: https://www.amnesty.org/en/countries/middle-east-and-north-africa/iraq/report-iraq/, zuletzt aufgerufen am: 02.04.2015

[10] Human Rights Watch 2014: No One Is Safe, auf: http://www.hrw.org/reports/2014/02/06/no-one-safe, aufgerufen am: 04.04.2015

[11] United Nations Iraq 2015: Iraq CRISIS Situation Report #35, 7-13 March 2015, auf: http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&task=download&id=1094_75cf444a7eb0cb7cdbddd0f8de55c907&Itemid=626&lang=en, zuletzt aufgerufen am: 03.04.2015

[12] Von Mettenheim, Emilia: Die Vertreibung der Jesiden – ein Völkermord? Auf: https://www.genocide-alert.de/die-vertreibung-der-jesiden-ein-voelkermord/#.VR_9SROsWzd, zuletzt aufgerufen am: 04.04.2015

[13] Human Rights Watch 2015: Iraq, auf: http://www.hrw.org/world-report/2015/country-chapters/iraq?page=1 , zuletzt aufgerufen am: 05.11.2015

[14] Human Rights Watch 2015: Iraq: Militia Abuses Mar Fight Against ISIS, auf: https://www.hrw.org/news/2015/09/20/iraq-militia-abuses-mar-fight-against-isis, zuletzt aufgerufen am: 05.11.2015

[15] Human Rights Watch 2016: Iraq: Civilians Pay Price of Conflict, auf: https://www.hrw.org/news/2016/01/27/iraq-civilians-pay-price-conflict, zuletzt aufgerufen am: 27.03.2016

[16] Amnesty International 2015: Amnesty International Report 2014/15, auf: https://www.amnesty.org/en/countries/middle-east-and-north-africa/iraq/report-iraq/ , zuletzt aufgerufen am: 02.04.2015

[17] Human Rights Watch 2013: Iraq: A Broken Justice System, auf: https://www.hrw.org/news/2013/01/31/iraq-broken-justice-system, zuletzt aufgerufen am: 10.04.2015

[18] Amnesty International 2015: Amnesty International Report 2014/15, auf: https://www.amnesty.org/en/countries/middle-east-and-north-africa/iraq/report-iraq/, zuletzt aufgerufen am: 02.04.2015

[19] Human Rights Watch 2013: Iraq: A Broken Justice System, auf: https://www.hrw.org/news/2013/01/31/iraq-broken-justice-system , zuletzt aufgerufen am: 10.

[20] Human Rights Watch 2015: Iraq, auf: https://www.hrw.org/world-report/2015/country-chapters/iraq?page=1 , zuletzt aufgerufen am: 02.04.2015

[21] Human Rights Watch 2015: Iraq, auf: https://www.hrw.org/world-report/2015/country-chapters/iraq?page=1 , zuletzt aufgerufen am: 02.04.2015

[22] Human Rights Watch 2013: Iraq: A Broken Justice System, auf: https://www.hrw.org/news/2013/01/31/iraq-broken-justice-system, zuletzt aufgerufen am: 10.04.2015

[23] United Nations Iraq 2015: Women in Iraq Factsheet – Displaced Women and Women in Conflict, auf: http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&task=download&id=1055_f0dd28d57a68ecfe9829366a7b608e02&lang=en , zuletzt aufgerufen am: 03.04.2015

[24] Tagesschau.de 2015: Terror im Irak: IS-Fanatiker zertrümmern Kunstschätze, auf: http://www.tagesschau.de/ausland/irak-631.html, zuletzt aufgerufen am: 30.03.2014

[25] Schulte von Drach, Markus C. 2015: Mossul, Hatra, Nimrud – und jetzt Palmyra, auf: http://www.sueddeutsche.de/politik/moegliche-zerstoerung-durch-den-is-mossul-hatra-nimrud-und-jetzt-palmyra-1.2488786?reduced=true, zuletzt aufgerufen am: 05.11.2015

[26] Human Rights Watch: Ruinous Aftermath. Militias Abuses Following Iraq’s Recapture of Tikrit, auf: https://www.hrw.org/report/2015/09/20/ruinous-aftermath/militias-abuses-following-iraqs-recapture-tikrit, zuletzt aufgerufen am: 27.03.2016

[27] Human Rights Watch: Ruinous Aftermath. Militias Abuses Following Iraq’s Recapture of Tikrit, auf: https://www.hrw.org/report/2015/09/20/ruinous-aftermath/militias-abuses-following-iraqs-recapture-tikrit, zuletzt aufgerufen am: 27.03.2016

[28] Human Rights Watch 2016: Iraq: Civilians Pay Price of Conflict, auf: https://www.hrw.org/news/2016/01/27/iraq-civilians-pay-price-conflict, zuletzt aufgerufen am: 27.03.2016

[29] Salloum, Raniah 2014: IS-Miliz im Irak: Amnesty International beklagt Vertreibung von historischem Ausmaß, auf: http://www.spiegel.de/politik/ausland/islamischer-staat-amnesty-wirft-is-ethnische-saeuberung-vor-a-989255.html, zuletzt aufgerufen am: 10.04.2014

[30] Rosenberg, Matthew 2016: Citing Atrocities, John Kerry Calls ISIS Actions Atrocities, auf: http://www.nytimes.com/2016/03/18/world/middleeast/citing-atrocities-john-kerry-calls-isis-actions-genocide.html, zuletzt abgerufen am 31.03.2016.

[31] Human Rights Watch 2016: Iraq: Civilians Pay Price of Conflict, auf: https://www.hrw.org/news/2016/01/27/iraq-civilians-pay-price-conflict, zuletzt aufgerufen am: 27.03.2016

[32] Human Rights Watch 2016: ISIS Bombings Kill Over 200 in 2 Weeks, auf: https://www.hrw.org/news/2016/03/09/iraq-isis-bombings-kill-over-200-2-weeks, zuletzt aufgerufen am: 27.03.2016

[33] Human Rights Watch 2016: Iraq: Civilians Pay Price of Conflict, auf: https://www.hrw.org/news/2016/01/27/iraq-civilians-pay-price-conflict, zuletzt aufgerufen am: 27.03.2016; Human Rights Watch 2016: Iraq: Possible War Crimes by Shia Militia, auf: https://www.hrw.org/news/2016/01/31/iraq-possible-war-crimes-shia-militia, zuletzt aufgerufen am: 27.03.2016

[34] Human Rights Watch 2016: Ruinous Aftermath, auf: https://www.hrw.org/report/2015/09/20/ruinous-aftermath/militias-abuses-following-iraqs-recapture-tikrit, zuletzt abgerufen am: 27.03.2016

[35] Lüdke, Tilman 2015: Innerstaatliche Konflikte. Irak, auf: http://www.bpb.de/internationales/weltweit/innerstaatliche-konflikte/54603/irak, zuletzt aufgerufen am: 01.04.2015

[36] Lüdke, Tilman 2015: Innerstaatliche Konflikte. Irak, auf: http://www.bpb.de/internationales/weltweit/innerstaatliche-konflikte/54603/irak, zuletzt aufgerufen am: 01.04.2015

[37] Leistner, Alexandra 2015: Libanons Hisbollah-Chef bestätigt Teilnahme am Kampf gegen IS-Miliz im Irak, auf: http://de.euronews.com/2015/02/17/libanons-hisbollah-chef-bestatigt-teilnahme-am-kampf-gegen-is-miliz-im-irak/, zuletzt aufgerufen am: 11.04.2015

[38] Stanford University 2015: The Islamic State, auf: http://web.stanford.edu/group/mappingmilitants/cgi-bin/groups/view/1, zuletzt aufgerufen am: 03.04.2015

[39] Almaliky, Muhamed H. 2015: Mending Iraq, auf: http://wcfia.harvard.edu/publications/mending-Iraq, zuletzt aufgerufen am 10.04.2015

[40] CrisisWatch Database 2015, auf: http://www.crisisgroup.org/en/publication-type/crisiswatch/crisiswatch-database.aspx?CountryIDs={18CB966A-0073-4264-B3F5-ED0472ED975C}, zuletzt aufgerufen am: 10.04.2015

[41] Human Rights Watch 2015: Iraq, auf: https://www.hrw.org/world-report/2015/country-chapters/iraq?page=1 , zuletzt aufgerufen am: 02.04.2015

[42] Stanford University 2015: Mapping Militants, auf: http://web.stanford.edu/group/mappingmilitants/cgi-bin/maps/view/iraq, zuletzt aufgerufen am: 10.04.2015

[43] The Economist: Iran and Shia militias: The Shia crescendo, auf: http://www.economist.com/news/middle-east-and-africa/21647367-shia-militias-are-proliferating-middle-east-shia-crescendo, zuletzt aufgerufen am: 10.04.2015

[44] Porter, Tom 2015: Isis vs Shia militia in Iraq: Atrocity rivalry sees brutal videos of torture spread online, auf: http://www.ibtimes.co.uk/isis-vs-shia-militia-iraq-atrocity-rivalry-sees-brutal-videos-torture-spread-online-1504255, zuletzt aufgerufen am: 12.11.2015

[45] Bötel, Frank 2015: Ausbildung und Beratung im Kampf gegen IS, auf: http://www.bundeswehr.de/portal/a/bwde/!ut/p/c4/DcrBDYAgDAXQWVygvXtzC_VWpCE_YDUWJHF6ybs-3nkweZGk4jIpvPJ2YA6dQo9KCnPR-imdcB9DjfBIJmkeUGKzxHdeph-gXKMa/, zuletzt abgerufen am: 10.04.2015

[46] Global Centre for the Responsibility to Protect 2015: Iraq, auf: http://www.globalr2p.org/regions/iraq, zuletzt aufgerufen am: 02.04.2015

[47] Global Centre for the Responsibility to Protect 2015: Iraq, auf: http://www.globalr2p.org/regions/iraq, zuletzt aufgerufen am: 02.04.2015

[48] Combined Forces Air Component Commander 2015: 2010-2015 Airpower Statistics, auf: http://www.defense.gov/Portals/1/features/2014/0814_iraq/docs/31_October_2015.pdf, zuletzt aufgerufen am: 10.11.2015

[49] Human Rights Watch 2015: Iraq, auf: https://www.hrw.org/world-report/2015/country-chapters/iraq?page=3, zuletzt aufgerufen am: 02.04.2015

[50] Pollack, Kenneth M. 2016: Iraq Situation Report, Part I: The military campaign against ISIS, auf: http://www.brookings.edu/blogs/markaz/posts/2016/03/28-military-campaign-against-isis-pollack; zuletzt abgerufen am 31.03.2016.

[51] Chulov, Martin 2014: Iran sends troops into Iraq to aid fight against Isis militants, auf: http://www.theguardian.com/world/2014/jun/14/iran-iraq-isis-fight-militants-nouri-maliki?CMP=fb_gu, zuletzt aufgerufen am: 10.11.2015

[52] The Economist: Iran and Shia militias: The Shia crescendo, auf: http://www.economist.com/news/middle-east-and-africa/21647367-shia-militias-are-proliferating-middle-east-shia-crescendo, zuletzt aufgerufen am: 10.04.2015

[53] Yeginsu, Ceylan 2015: Turkish Troops Enter Iraq in Pursuit of Kurdish Rebels, auf: http://www.nytimes.com/2015/09/09/world/europe/turkey-pkk-bombing-police.html, zuletzt aufgerufen am: 10.11.2015

  • Zusammenfassung
  • Irak
  • Nigeria
  • Nordkorea
  • Sudan
  • Syrien
  • Afghanistan
  • Burundi
  • Demokrat. Rep. Kongo
  • Jemen
  • Südsudan
  • Libyen
  • Myanmar
  • Pakistan
  • Zentralafrik. Rep.
Hintergrundbericht: Nigeria

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Seit 2009 ist die militant islamistische Terrorgruppe Boko Haram für unzählige Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen vor allem im Norden Nigerias und den daran angrenzenden Ländern verantwortlich. Das Epizentrum der Gewalt liegt im Bundesstaat Borno. Durch systematische Anschläge, Entführungen, Selbstmordattentate und sexuelle Gewalt besteht jedoch eine konstante Gefahr für die gesamte nigerianische sowie benachbarte Zivilbevölkerung.

Boko Haram konnte 2014 ein Gebiet der Größe Belgiens in seine Gewalt bringen. Ihr Aufstieg wurde begleitet von einem enormen Anstieg der Massenverbrechen in Nigeria. Obwohl der zwischenzeitlich für die Staaten Adamawa, Borno und Yobe verhängte Ausnahmezustand offiziell seit November 2014 nicht mehr besteht, haben nigerianische Sicherheitskräfte die Situation weiterhin nur unzureichend unter Kontrolle. Vielmehr werden der Armee selbst Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Last gelegt.[i]

Nach den Präsidentschaftswahlen im März 2015 erlebte Nigeria den ersten demokratischen Machtwechsel und wird seitdem von Muhammadu Buhari regiert. Der neue Präsident erklärte den Kampf gegen die Terrororganisation zur obersten Priorität. Seit Mitte des Jahres 2015 existiert außerdem eine Multinational Joint Task Force (MNJTF), die sich aus Truppen aus Nigeria, dem Kamerun, Niger, Tschad und Benin zusammensetzt. Die Initiative der beteiligten Staaten resultierte nicht zuletzt auch aus Anschlägen Boko Harams in den eigenen Ländern. Obwohl beträchtliche Gebiete zurückgewonnen wurden sowie mehrere tausend Geiseln aus der Gefangenschaft von Boko Haram befreit werden konnten[ii], hat sich die Sicherheitslage seit den Wahlen nur langsam verbessert. Präsident Buhari verkündete zwar im Dezember 2015, dass Boko Haram „technisch besiegt“ sei[iii], de facto führt Boko Haram aber seither einen Guerillakrieg fort. Bon ihrer Basis im undurchsichtigen Sambisa Forest aus verfolgen und attackieren sie weiterhin Zivilisten im Norden Nigarias und den Nachbarstaaten. Die von der Regierung zurückeroberten Gebiete sind daher nach wie vor nicht sicher genug für eine Rückkehr der Vertriebenen.[iv]

Zusätzlich weisen diverse Unabhängigkeitsbewegungen, wie etwa das Biafran secessionist movement[v], und religiöse Spannungen zwischen Sunniten und Schiiten erhebliches Konfliktpotenzial auf. Im Dezember 2015 eskalierten die Spannungen zwischen Sunniten und Schiiten in einem Massaker des Militärs an über 300 Schiiten.[vi] Anhaltende Gewalt besteht auch zwischen Farmern und Fulani, die im südöstlichen Bundestaat Benue regelmäßig Christen und Farmer angreifen. Der jahrzehntealte Konflikt spitzte sich während des Jahres 2016 weiter zu: Ende Februar 2016 kam es zu einer Reihe brutaler Angriffe der Fulani, bei denen über 300 Menschen ermordet wurden.[vii] Zwischen Januar und Juni 2016 ermordeten die Fulani 590 Zivilisten.[viii] Trotz erster Erfolge gegen Boko Haram finden daher Massenverbrechen nicht nur weiterhin statt, auch entsteht durch die Angriffe der Fulani eine neue Notsituation im Südosten des Landes.

Laut dem Council on Foreign Relations wurden seit Mai 2011 insgesamt 28.822 Menschen in mit Boko Haram verbundenen Kampfhandlungen und Übergriffen getötet, davon 462 zwischen April und Juni 2016.[ix] Das Armed Conflict & Event Data Project (ACLED) zählt in Nigeria seit der Eskalation des Konfliktes mit Boko Haram im Juli 2009 fast 37.879 Tote, darunter mindestens 20.827 ermordete Zivilisten.[x] Laut UNHCR waren Anfang April 2016 über zwei Millionen Binnenflüchtlingen innerhalb Nigerias und weitere 186.000 Nigerianer in den Nachbarstaaten auf der Flucht.[xi]

Todesopfer

Tote insgesamt
Tote pro Monat



© Genocide Alert; Daten: ACLED Africa Data

Analyse

Notstand: Massenverbrechen finden statt

In Nigeria kommt es durch Boko Haram zu einer Vielzahl an Massenverbrechen, die seit 2004 in Intensität und Organisationsgrad stark anstiegen. Überwiegend finden die Verbrechen in den nördlichen Bundesstaaten Adamawa, Borno und Yobe statt. Immer wieder verlagern sie sich jedoch auch über die Ländergrenzen hinaus nach Kamerun, Niger und den Tschad.

Vorsätzliche Tötungen

Mitte Januar 2015 startete Boko Haram einen Großangriff auf die Städte Baga und Doron Baga im Bundesstaat Borno. Bei ihrem bisher schwersten Anschlag wurde Baga praktisch vollständig zerstört, die Opferzahlen innerhalb der Zivilbevölkerung rangieren zwischen mehreren hundert bis tausend Toten, darüber hinaus wurden tausende Gebäude verbrannt und jegliche Infrastruktur zerstört.[xii] Augenzeugen berichteten nach dem Angriff, mit welcher Grausamkeit Boko Haram–Mitglieder die Bevölkerung ermordete. Auch unzählige flüchtende Kinder wurden hingerichtet.[xiii] Baga ist nur ein schockierendes Beispiel einer Reihe von Zielen, die von Boko Haram auf ähnliche Weise attackiert wurden.

Die Organisation greift auch gezielt Orte an, an denen selbst gegründete Bürgerwehren (Civilian Joint Task Force) operieren. Diese haben sich in vielen Teilen des Nordens etabliert, da das Militär die Sicherheit nicht garantieren konnte.[xiv] Häufig wurde berichtet, dass Boko Haram bei den Überfällen Männer im kampffähigen Alter sofort umbringe.[xv] Bei der Rückgewinnung der von Boko Haram besetzen Gebiete wurden zahlreiche Massengräber entdeckt.[xvi]

Die von Boko Haram verursachte Gewalt im Norden Nigerias übersteigt noch immer die aller anderen Akteure in Nigeria. Die sich im Osten ausbreitenden Konflikte zwischen Farmen und Viehtreibern, insbesondere die Angriffe der Fulani-Milizen auf Zivilisten, breiten sich seit Ende 2015 aber massiv aus. Während die Regierung langsam die Kontrolle über den Norden des Landes gewinnt, droht ihr der Osten zu entgleiten.

Entführungen

Im April 2016 näherte sich der zweite Jahrestag der Entführung von 270 Schulmädchen in Chibok. Mindestens 212 von ihnen sind nach wie vor in der Gewalt von Boko Haram.[xvii] Bis heute gibt es keine Spur der Entführten, zahlreiche militärische Offensiven zu ihrer Rettung blieben bisher erfolglos. Boko Haram-Anführer Abu Shekau gab nach der Entführung in einer Videobotschaft bekannt, dass die Mädchen verkauft und verheiratet wurden.[xviii]

Amnesty International berichtete, dass seit Anfang 2014 insgesamt 2.000 Mädchen und Frauen entführt wurden. Die meisten von ihnen seien Opfer sexueller Gewalt geworden, viele werden darüber hinaus für den bewaffneten Kampf ausgebildet.[xix] Zeugenaussagen von Geflüchteten berichten von Zwangskonvertierung zum Islam, massivem Gewalteinsatz und Massenhochzeiten.[xx]

In verschiedenen Befreiungsaktionen der Streitkräfte konnten über 1.000 Geiseln, darunter hauptsächlich Frauen und Kinder, vor der Terrororganisation gerettet werden.

Kindersoldaten

Die von Boko Haram entführten Kinder werden ebenfalls für den Kampf der Terrororganisation eingesetzt: Jungen fungieren dabei hauptsächlich als Kindersoldaten, während junge Mädchen seit 2015 immer häufiger zu Selbstmordattentaten auf öffentlichen Plätzen gezwungen werden.[xxi][xxii]

Sexuelle und geschlechtsbasierte Gewalt

Frauen werden in der Kriegsführung von Boko Haram systematisch als Kriegswaffe eingesetzt. Sie werden versklavt, verkauft und sind konstant massiver Gewalt ausgesetzt. Auch Kinder werden zwangsverheiratet. Die Mehrzahl der befreiten und zuvor vergewaltigten Frauen ist schwanger. Darüber hinaus werden immer mehr Frauen von Boko Haram zu Selbstmordattentäterinnen ausgebildet und entsprechend eingesetzt.[xxiii]

Vertreibungen

Im Zusammenhang mit den Anschlägen und den Kämpfen wurden unzählige Menschen aus ihrer Heimat bzw. aus ihrem Land vertrieben. Laut einer UN OCHA-Statistik von April 2016 sind aktuell über 2,4 Millionen Menschen auf der Flucht innerhalb Nigerias und den betroffenen Nachbarstaaten.[xxiv] Insgesamt sind UNICEF zufolge etwa 800.000 Kinder unter den Flüchtlingen.[xxv]

Verfolgungen

Besonders betroffen von Vertreibung und Verfolgung waren ursprünglich die Christen im Norden Nigerias. Boko Haram sieht sich nach Eigenaussage im Krieg gegen das Christentum und die Demokratie. Ein Leben im Norden ist für Christen nicht mehr sicher. Für Muslime allerdings ebenso wenig: Abu Shekau verkündete, auch alle Muslime töten zu wollen, die der Demokratie folgen.[xxvi] Da Boko Haram hauptsächlich im islamisch geprägten Norden agiert, sind die überwiegende Mehrzahl ihrer Opfer Muslime. Immer häufiger werden auch vermeintlich gemäßigte Moscheen als Anschlagsort gewählt.

Folter und Misshandlungen

Im Zuge des Konflikts mit Boko Haram wurden auch von staatlicher Seite aus Kriegsverbrechen und schwerste Menschenrechtsverletzungen verübt. Polizei und Militär beschafften sich durch Folter und Misshandlungen Geständnisse. Die Anzahl der Fälle hat in den letzten Jahren durch zahlreiche Inhaftierungen von Boko Haram-Mitgliedern weiter zugenommen.[xxvii][xxviii] Amnesty International wirft nigerianischen Sicherheitskräften zudem außergerichtliche Selbstjustiz und das Töten von vermeintlichen Boko Haram-Anhängern vor. Ähnliche Vorwürfe wurden auch gegen die staatlich unterstützten Milizen der CJTF sowie Soldaten der MNJTF laut.[xxix]

Humanitärer Notstand

Darüber hinaus haben Boko Haram und Militäroperationen gegen die Organisation eine schwere humanitäre Krise im Nordosten des Landes ausgelöst. Das Rote Kreuz sprach sogar von einer der schwersten humanitären Katastrophen des Kontinents.[xxx] Die Region ist auf Jahre hin zerstört und die Bevölkerung durch psychische Schäden und die ständige Angst vor Überfällen nachhaltig traumatisiert. Am 1. Oktober 2015 gab das Militär bekannt, dass Boko Haram beschuldigt wird, das Wasser in Flüssen und Brunnen der zurückgewonnenen Gebiete vergiftet zu haben.[xxxi]

Kontext

Der Konflikt in Nigeria ist durch ethnische, wirtschaftliche und religiöse Unterschiede zwischen dem Norden und dem Süden des Landes geprägt. Obwohl Nigeria die größte Volkswirtschaft Afrikas ist, sind Armut, Arbeitslosigkeit und Verteilungsungerechtigkeit nach wie vor die dringlichsten Probleme des Landes.[xxxii]

Die ethnische Zugehörigkeit hat in Nigeria einen wesentlich stärkeren Einfluss auf die Identität als etwa ein gemeinsames Nationalgefühl. Unterschiedliche Machtverteilungen zwischen den drei größten Ethnien Hausa-Fulani, Yoruba und Igbo führen immer wieder zu Spannungen und Konflikten innerhalb des Landes.[xxxiii] Diese ethnische Konfliktlinie sorgt auch für eine religiöse und geographische Konfliktlinie, da Hausa-Fulani überwiegend muslimisch geprägt und im Norden angesiedelt sind, Igbo sind dagegen überwiegend christlich und im Süden sesshaft. Die Yoruba bestehen zu etwa gleichen Teilen aus Mitgliedern beider Religionen und sind im Südwesten des Landes beheimatet. Seit 2002 haben 12 nördliche Bundesstaaten die Scharia eingeführt, was zu einer weiteren religiösen Trennung führte.[xxxiv]

Daraus entsteht eine Nord-Süd-Spaltung und Rivalität um Macht und Ressourcen. Der Süden des Landes profitiert besonders vom reichhaltigen Ölvorkommen an der Atlantikküste, das etwa 2/3 der Staatseinnahmen und fast die gesamten Exporterlöse ausmacht. Im Norden ist dieser wirtschaftliche Aufschwung kaum zu sehen, minimale natürliche Ressourcen und fehlende Präsenz der Regierung sorgen in der extrem trockenen Region für anhaltende Probleme. Armut, Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit der überwiegend jungen Bevölkerung sind dort wesentlich ausgeprägter. Die Abwesenheit staatlicher Programme zur Lösung der offensichtlichen Probleme verschafft islamistischem und salafistischem Gedankengut Raum und Rekrutierungspotenzial.[xxxv]

Akteure

Der direkt verantwortliche Akteur für die meisten Massenverbrechen in Nigeria ist Boko Haram. Darüber hinaus spielen einige weitere Akteure eine entscheidende Rolle, darunter vor allem der Staat, der seine Schutzverantwortung nicht ausreichend wahrnimmt und selbst Verbrechen begeht. Im November 2015 veröffentlichte der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) einen Report, in dem acht Akte von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit genannt werden, die in sechs Fällen von Boko Haram und in zwei Fällen vom Militär begangen wurden.[xxxvi]

Boko Haram

Offizieller arabischer Name der Gruppe ist Jama´atu Ahlis Sunna Lidda´awati wal-Jihad („Personen, die sich der Verbreitung der Lehre des Propheten und des Jihad verschrieben haben“), im Allgemeinen wird sie Boko Haram („westliche Bildung ist verboten“) bezeichnet. Gegründet wurde Boko Haram 2002 im Norden Nigerias mit dem Ziel, das Land in einen islamischen Staat umzuwandeln. Sie richten sich gegen westliche Bildung, jegliche Art westlicher Lebensweise sowie gegen eine säkulare Gesellschaftsform. Heute ist sie gemessen an der Anzahl der Attacken und der Zahl der Toten eine der gefährlichsten Terrororganisationen der Welt.[xxxvii] Boko Haram veröffentlichte nach dem Tod ihres Gründers Mohammed Yusuf in Polizeigewahrsam 2009 ein Dokument, das als ihre Ziele die vollständige Implementierung der Scharia in ganz Nigeria sowie „den Fall der westlichen Zivilisation“ festlegt.[xxxviii] Zusätzlich zu dem Ultimatum an alle Christen, innerhalb von drei Tagen den Norden Nigerias zu verlassen, wurden keine weiteren Forderungen gestellt. Es besteht kein Interesse an Verhandlungen, um eine friedliche Beilegung des Konflikts herbeizuführen. Auch mehrere Amnestieangebote der Regierung wurden abgelehnt.

Seit 2010 hat sich die Gruppe unter ihrem neuen Anführer Abu Shekau reorganisiert und radikalisiert. Die Anschläge nahmen in Intensität und Häufigkeit zu. In diesem Zusammenhang zeigte sich auch, dass sich Boko Haram in Bezug auf ihre Organisationsstruktur und finanziellen und technischen Mittel stark weiterentwickelt hat. Seit sie dem Islamischen Staat (IS) im März 2015 offiziell ihre Gefolgschaft zugesichert haben, bezeichnen sie sich selbst auch als „Islamischer Staat, Provinz Westafrika“. [xxxix] Wie der IS war auch Boko Haram dazu übergegangen, Gebiete nicht nur zu überfallen, sondern sie auch zu besetzen, um so territoriale Ansprüche geltend zu machen. Auch die mediale Selbstdarstellung orientiert sich zunehmend an den Methoden des IS.[xl] Aktuell konzentriert sich Boko Haram aufgrund der steigenden Gebietsverluste auf einen Guerillakrieg mit fast täglichen Bombenanschlägen und Selbstmordattentaten.[xli]

Die nigerianische Regierung

Der im März demokratisch gewählte neue Präsident Muhammadu Buhari, ein Moslem aus dem Norden des Landes, hat sich zum Ziel gesetzt, den Terror von Boko Haram nicht nur durch Waffengewalt, sondern auch durch strukturelle Veränderungen zu beenden.[xlii] Der ehemalige Militärgeneral tauschte dafür die komplette, noch von der Vorgängerregierung ernannte, militärische Führung aufgrund vermeintlicher Ineffektivität aus, verlagerte das Kommandozentrum für militärische Operationen in die stark umkämpfte Stadt Maiduguri und stellte 10.000 neue Polizisten ein. Weiter kündigte Buhari disziplinarische Schritte gegen die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen der Armee an.[xliii] Buhari wurde auch von vielen Christen gewählt, was zur Hoffnung veranlasst, dass sich Politik von ethnischen und religiösen Konfliktlinien entfernt.[xliv] Buhari hatte kurz nach seinem Wahlsieg die ehrgeizige Frist verkündet, Boko Haram bis Ende Dezember 2015 zu besiegen. Obwohl er sie innerhalb der besagten Frist als „technisch besiegt“ einschätzte, legt die nach wie vor hohe Frequenz der Anschläge eine andere Einschätzung nahe.

Nigerianische Sicherheitskräfte

Im Kampf gegen Boko Haram haben es die nigerianischen Sicherheitskräfte bisher nicht geschafft, Teile des Nordens dauerhaft unter Kontrolle zu bekommen sowie das Gewaltmonopol des Staates wiederherzustellen. Nicht nur konnten sie keinen ausreichenden Schutz der Bevölkerung garantieren, auch begehen sie selbst Kriegsverbrechen und schwerste Menschenrechtsverletzungen. Immer häufiger wurden Vorwürfe von Flucht der Soldaten im direkten Kampf mit Boko Haram sowie eine hohe Desertationsquote innerhalb der Armee erhoben.[xlv] [xlvi] Die Bevölkerung fürchtet sich vor Boko Haram und dem Militär gleichermaßen. Zwischen dem 12. und 14. Dezember kam es zu Auseinandersetzungen zwischen dem Militär und dem schiitischen Islamic Movement of Nigeria (IMN), bei denen über 300 IMN-Mitglieder starben. Es wurden schwere Vorwürfe der Menschenrechtsverletzungen gegen die Streitkräfte erhoben.[xlvii] Ende Januar richtete Buhari dazu eine Untersuchungskommission ein.

Multinational Joint Task Force (MNJTF)

Beim Gipfeltreffen Ende Januar 2015 stimmte die Afrikanische Union (AU) der Bildung einer Multinational Joint Task Force (MNJTF) zu. Mindestens 7.500 Soldaten aus Kamerun, Niger, Tschad und Benin werden für den vorläufigen Mandatszeitraum von einem Jahr nach Nigeria gesandt, um die wachsende Bedrohung durch Boko Haram zu bekämpfen. Das Mandat benennt explizit den „Schutz von Zivilisten in unmittelbarer Gefahr“.[xlviii] Das Mandat wurde im Januar dieses Jahres durch die AU verlängert. Um den Kampf der MNJTF gegen Boko Haram weiter zu unterstützen, hielt sie zusätzlich Ende Januar eine Geberkonferenz ab.[xlix]

Die internationale Gemeinschaft

Auch die UN-Generalversammlung forderte Anfang 2015 in einem entsprechenden Statement einen intensiveren Kampf gegen Boko Haram.[l] Generalsekretär Ban Ki-moon äußerte sich positiv über die Bildung der MNJTF und betonte die notwendige enge Zusammenarbeit beider Organisationen, um die mörderische Gewalt in Nigeria zu stoppen und den zahlreichen Flüchtlingen eine Rückkehr in ihre Heimat zu ermöglichen.[li] [lii]

Präsident Buhari hatte bereits nach seiner Wahl eine verbesserte Kooperation mit den USA als ersten Schritt einer militärischen Reform angekündigt.[liii] Die Vereinigten Staaten gaben im Juli 2015 bekannt, Nigeria mit militärischem Equipment, Ausbildungstraining und Fluggeräten zu unterstützen. Im Juli 2015 begannen sie zusätzlich, 300 Soldaten nach Kamerun zu schicken, die Trainings- und Beratungsrollen übernehmen. Am 26. Februar kündigten sie darüber hinaus an, ein kleines Team der US-Spezialeinheit in Nigeria zu Ausbildungszwecken der dortigen Soldaten zu stationieren. Großbritannien erhöhte die bisherigen 125 britischen Soldaten in Nigeria auf 300. Sie übernehmen ebenfalls eine Trainings- und Beratungsfunktion.[liv]

Quellen

[i] Amnesty International: https://www.amnesty.org/en/get-involved/take-action/war-crimes-nigerian-military/ (letzter Zugriff 07.06.15).

[ii] http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-02/nigeria-armee-boko-haram-geiseln-kamerun (letzter Zugriff 13.06.16).

[iii] http://www.bbc.com/news/world-africa-35173618 (letzter Zugriff 13.05.16).

[iv] Global Centre for the Responsibility to Protect: http://www.globalr2p.org/media/files/r2p_monitor_sept2015_final.pdf (letzter Zugriff 30.09.15).

[v] Siollun, Max 2015: Argument Nigeria Is Coming Apart at the Seams: http://foreignpolicy.com/2016/02/08/nigeria-is-coming-apart-at-the-seamsbiafra/?utm_content=buffer21c83&utm_medium=social&utm_source=facebook.com&utm_campaign=buffer (letzter Zugriff: 15.03.16)

[vi] NDTV 2016: Nigerian Military Under Scrutiny After Shiite Group Clashes: http://www.ndtv.com/world-news/nigerian-military-under-scrutiny-after-shiite-group-clashes-1266287 (letzter Zugriff: 15.03.2016)

[vii] http://www.vanguardngr.com/2016/02/300-die-as-herdsmen-farmers-clash-in-benue/ sowie http://www.bbc.com/news/world-africa-36139388 (letzter Zugriff 14.06.16).

[viii] Eigene Berechnungen nach: ACLED Realtime 2016 All Africa File (updated 17th September 2016): http://www.acleddata.com/data/realtime-data-2016/ (letzter Zugriff 20.09.2016).

[ix] Council on Foreign Relations 2016: Nigeria Security Tracker; auf: http://www.cfr.org/nigeria/nigeria-security-tracker/p29483: http://www.cfr.org/nigeria/nigeria-security-tracker/p29483 (letzter Zugriff 20.09.2016).

[x] Eigene Berechnungen nach: ACLED Version 6 (1997 – 2015) standard file: http://www.acleddata.com/data/version-6-data-1997-2015/ und ACLED Realtime 2016 All Africa File (updated 17th September 2016): http://www.acleddata.com/data/realtime-data-2016/ (letzter Zugriff 20.09.2016).

[xi] UNHCR 2016: Nigeria Monthly Update, June 2016: http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/UNHCRMonthlyUpdateJune2016.pdf (letzter Zugriff: 20.09.2016).

[xii] Amnesty International: https://www.amnesty.de/2015/1/15/nigeria-bisher-schwerster-angriff-von-boko-haram (letzter Zugriff 07.06.15).

[xiii] Amnesty International: https://www.amnesty.de/2015/1/15/nigeria-bisher-schwerster-angriff-von-boko-haram (letzter Zugriff 07.06.15).

[xiv] http://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/sendung/ndr/2014/nigeria-104.html (letzter Zugriff 07.06.15).

[xv] Amnesty International: https://www.amnesty.de/2015/1/15/nigeria-bisher-schwerster-angriff-von-boko-haram (letzter Zugriff 07.06.15).

[xvi] http://www.aljazeera.com/news/2015/03/mass-grave-recaptured-nigerian-town-150320212259942.html (letzter Zugriff 30.09.2015).

[xvii] BBC: http://www.bbc.com/news/world-africa-36321249 (letzter Zugriff 14.06.16).

[xviii] http://www.theguardian.com/world/video/2014/may/06/boko-haram-sell-girls-market-video (letzter Zugriff 07.06.15).

[xix] Amnesty International: https://www.amnesty.org/en/latest/news/2015/04/nigeria-abducted-women-and-girls-forced-to-join-boko-haram-attacks/ (letzter Zugriff 07.06.15).

[xx] http://www.sueddeutsche.de/politik/schicksal-entfuehrter-maedchen-in-nigeria-verschleppt-versklavt-zwangsverheiratet-1.2433309 (letzter Zugriff 02.10.15).

[xxi] http://www.sueddeutsche.de/politik/schicksal-entfuehrter-maedchen-in-nigeria-verschleppt-versklavt-zwangsverheiratet-1.2433309 (letzter Zugriff 02.10.15).

[xxii] Stiftung Wissenschaft und Politik: http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2015_S07_sbg_web.pdf#page=91 (letzter Zugriff 07.06.15).

[xxiii] http://www.zeit.de/zeit-magazin/2015/34/boko-haram-frauen-gefangen-flucht (letzter Zugriff 02.10.15).

[xxiv] UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs: http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Lake%20Chad%20Basin%20Snapshot%206%20April%202016.pdf (letzter Zugriff: 13.06.2016).

[xxv] http://www.tagesschau.de/thema/nigeria/index.html (letzter Zugriff 07.06.15).

[xxvi] Global Centre for the Responsibility to Protect: http://www.globalr2p.org/regions/nigeria (letzter Zugriff 07.06.15).

[xxvii] Global Centre for the Responsibility to Protect: http://www.globalr2p.org/regions/nigeria (letzter Zugriff 07.06.15).

[xxviii] Human Rights Watch: http://www.hrw.org/world-report/2015/country-chapters/nigeria?page=1 (letzter Zugriff 07.06.15).

[xxix] Amnesty International: http://www.amnesty.de/files/140601_Stop_Folter_Landerbriefings_lang_Nigeria_DE_FINAL.pdf (letzter Zugriff 05.05.2016).

[xxx] http://www.tagesschau.de/ausland/nigerias-kampf-gegen-boko-haram-101.html (letzter Zugriff 07.06.15).

[xxxi] http://www.vanguardngr.com/2015/10/boko-haram-poisons-water-sources-in-borno/ (letzter Zugriff 02.10.15).

[xxxii] KfW Entwicklungsbank: https://www.kfw-entwicklungsbank.de/Internationale-Finanzierung/KfW-Entwicklungsbank/Weltweite-Pr%C3%A4senz/Subsahara-Afrika/Nigeria/ (letzter Zugriff 07.06.15).

[xxxiii] Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ): https://www.liportal.de/nigeria/gesellschaft/ (letzter Zugriff 07.06.15).

[xxxiv] Stiftung Wissenschaft und Politik: http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2015_S07_sbg_web.pdf#page=91 (letzter Zugriff 07.06.15).

[xxxv] Stiftung Wissenschaft und Politik: http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2015_S07_sbg_web.pdf#page=91 (letzter Zugriff 07.06.15).

[xxxvi] Internationaler Strafgerichtshof: https://www.icc-cpi.int/iccdocs/otp/OTP-PE-rep-2015-Eng.pdf (letzter Zugriff 14.02.16).

[xxxvii] Stiftung Wissenschaft und Politik: http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2015_S07_sbg_web.pdf#page=91 (letzter Zugriff 07.06.15).

[xxxviii] Stiftung Wissenschaft und Politik: http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2015_S07_sbg_web.pdf#page=91 (letzter Zugriff 07.06.15).

[xxxix] http://www.theguardian.com/world/2015/mar/12/isis-welcomes-boko-harams-allegiance-and-plays-down-coalition-victories sowie Global Centre for the Responsibility to Protect: http://www.globalr2p.org/media/files/amnesty_international_nigeria.pdf, Auswärtiges Amt: http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html#doc346504bodyText5 sowie http://www.heute.de/boko-haram-verbuendet-sich-mit-is-chef-abubakar-shekau-schwoert-gefolgschaft-37479896.html?mediaType=Artikel (letzter Zugriff 07.06.15)

[xl] http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/boko-haram-und-is-afrikanische-plagiatoren-13526030.html (letzter Zugriff 01.10.15).

[xli] Global Centre for the Responsibility to Protect: http://www.globalr2p.org/media/files/r2p_monitor_jan2016_final.pdf (letzter Zugriff 14.02.15).

[xlii] http://www.bpb.de/internationales/afrika/afrika/59034/nigerias-zukunft?p=all (letzter Zugriff 07.06.15)

[xliii] Vice News: https://news.vice.com/article/nigerian-president-vows-to-tackle-godless-boko-haram-in-inauguration-ceremony?utm_source=vicenewsfb (letzter Zugriff 07.06.15).

[xliv] http://de.radiovaticana.va/news/2015/04/09/nigeria_bisch%C3%B6fe_mit_wahlausgang_und_machtwechsel_zufrieden/1135507 (letzter Zugriff 01.10.15).

[xlv] http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-02/boko-haram-nigeria-afrikanische-union (letzter Zugriff 07.06.15)

[xlvi] Global Centre for the Responsibility to Protect: http://www.globalr2p.org/regions/nigeria (letzter Zugriff 07.06.15).

[xlvii] Global Centre for the Responsibility to Protect: http://www.globalr2p.org/media/files/r2p_monitor_jan2016_final.pdf (letzter Zugriff 14.02.15).

[xlviii] Global Centre for the Responsibility to Protect: http://www.globalr2p.org/media/files/r2p_monitor_sept2015_final.pdf (letzter Zugriff 01.10.15).

[xlix] http://www.peaceau.org/en/article/the-african-union-commission-holds-a-donors-conference-in-support-of-the-multinational-joint-task-force-operations-against-boko-haram-terrorist-group (letzter Zugriff 14.06.16).

[l] http://www.securitycouncilreport.org/atf/cf/%7B65BFCF9B-6D27-4E9C-8CD3-CF6E4FF96FF9%7D/s_prst_2015_4.pdf (letzter Zugriff 02.10.15).

[li] United Nations: http://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=49965#.VyuUIq09Sfh

[lii] African Union: http://summits.au.int/en/sites/default/files/Assembly%20AU%20Dec%20546%20-%20568%20%28XXIV%29%20_E.pdf (letzter Zugriff 07.06.15).

[liii] Crisis Group: http://www.crisisgroup.org/en/publication-type/crisiswatch/crisiswatch-database.aspx?CountryIDs={3103A533-A2BE-4809-A42C-DED2660987E0}#results (letzter Zugriff 07.06.15)

[liv] http://www.theguardian.com/world/2015/dec/21/uk-deploy-armed-forces-nigeria-advise-boko-haram (letzter Zugriff 14.02.16).

  • Zusammenfassung
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Hintergrundbericht: Nordkorea

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Die Machtübergabe an den jetzigen Staatschef Kim Jong-un und das nordkoreanische Atomwaffenprogramm standen in den letzten Jahren im Fokus der internationalen Gemeinschaft. Kaum Beachtung finden hingegen die Massenverbrechen, die das Regime durch die Verfolgung vermeintlicher Systemgegner an der Bevölkerung verübt. Dazu zählen die künstlich erzeugte Lebensmittelknappheit, die Verfolgung und Deportation in Straf- bzw. Arbeitslager mit menschenrechtswidrigen Zuständen und die Bestrafung zurückgeführter Flüchtlinge.

Obwohl Nord-Korea verschiedene Menschenrechtsabkommen der Vereinten Nationen (UN) unterzeichnet hat, finden in dem Land seit Jahrzehnten politisch motivierte Menschenrechtsverletzungen statt. Diese erfolgen mit einer solchen Häufigkeit und Systematik, dass sie das Ausmaß von Massenverbrechen annehmen. Dies stellte auch die UN-Kommission im März 2014 fest: Da die Verfolgung der politischen Gegner durch die oberste Staatsebene erfolgt und es sich um einen ausgedehnten und systematischen Angriff auf die Zivilbevölkerung handelt, liegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Gesicherte Todeszahlen sind aufgrund der Isolation des Landes nicht verfügbar. Ende 2014 zählte die UNHCR 1.282 nordkoreanische Flüchtlinge.

Analyse

Notstand: Massenverbrechen finden statt

Grundsätzlich ist es sehr schwer, an Informationen über die Vorgänge in Nordkorea zu gelangen. Eine präzise Einschätzung über aktuelle Entwicklungen und interne Vorgänge des Regimes ist kaum möglich. Nichtsdestotrotz gibt es inzwischen eine gut dokumentierte Sammlung an Aussagen nordkoreanischer Flüchtlinge und eine verbesserte Verfügbarkeit von Sattelitenbildern, so dass das System der Straflager und Rückführung recht zuverlässig rekonstruiert werden kann.[ii]

Verfolgung, Inhaftierung und Folter politisch Andersdenkender

Die systematische Verfolgung der politisch Andersdenkenden durch die Regierung erstreckt sich aufgrund des Prinzips der Sippenhaft auf die ganze Familie. Politische Verstöße werden mit Exekution oder Inhaftierung in eines der Straflager geahndet. Oft werden Personen ohne Verfahren oder vorherige Hinweise verschleppt und in die Lager deportiert. Schätzungsweise 120.000 bis 200.000 Personen werden aktuell in sechs Lagern inhaftiert[iii]. Die Lager werden in „Total Control Zones“ und „Revolutionary Zones“ unterschieden. Die „Total Control Zones“ sind für schwerwiegende Verbrechen vorgesehen und eine Inhaftierung in diesen ist lebenslänglich. Es sind nur drei Personen bekannt, denen die Flucht aus diesen Lagern gelang. In den „Revolutionary Zones“ sind Häftlinge zwischen einem Monat und zehn Jahren inhaftiert. Auf Grundlage der Sattelitenbilder ging man bisher von vier großen und zwei kleineren Lagern aus, wobei eines der großen Lager geschlossen wurde und nicht bekannt ist, was mit den 30.000 Insassen passiert ist.[iv]

Die Zustände in den Lagern ähneln denen in den Konzentrationslagern des nationalsozialistischen Deutschlands. Die Gefangenen werden öffentlich, und oft vor ihren Angehörigen, exekutiert. Die Lebensbedingungen sind katastrophal. Die Insassen werden auf verschiedenste Arten gefoltert und misshandelt.[v] Hungern wird als Disziplinierungsmittel verwendet. Schätzungen zufolge verhungern ca. 40% der Insassen.[vi] Es gibt kaum sanitäre Anlagen und keine Möglichkeit sich zu waschen. Unter diesen Umständen verbreiten sich Krankheiten schnell, erschwerend hinzu kommt das vollständige Fehlen medizinischer Versorgung. Die nord-koreanische Praxis Häftlinge gezielt verhungern zu lassen und medizinische Versorgung vorzuenthalten, könnte aufgrund ihrer systematischen Ausprägung unter dem Tatbestand der Ausrottung gefasst werden. Darunter fällt auch das Fortpflanzungsverbot, das mit Zwangsabtreibungen und Exekutionen durchgesetzt wird. [vii]

Zudem sind die Lager teilweise in Gebieten gelegen, in denen im Winter die Temperaturen auf bis zu -20 °C sinken, ohne dass ausreichend Decken oder Kleidung zur Verfügung gestellt werden. Die Häftlinge müssen unter erschwerten Bedingungen, etwa mit schlechten Werkzeugen, Zwangsarbeit leisten. Die gesamte Arbeit muss manuell verrichtet werden. Neuere Sattelitenaufnahmen weisen daraufhin, dass die Produkte der Lager einen nicht unbeachtlichen Teil der nationalen Versorgung ausmachen.

Abschottung nach außen und Bestrafung zurückgeführter Flüchtlinge

Die Regierung Nordkoreas versucht jeden Kontakt zu anderen Ländern zu unterbinden. So ist es strengstens verboten, ausländische Medien zu konsumieren und Kontakt zu Ausländern aufzunehmen. Letzteres gilt insbesondere für Südkorea und zeigt sich z.B. in der Hinrichtung von 30 Beamten, die an interkoreanischen Gesprächen beteiligt waren.[viii] Eine Ausreise ist nur mit Erlaubnis der Regierung und der Partei möglich. Die Grenzbeamten haben einen Schießbefehl.

Die Flüchtlinge, die es bis nach China geschafft haben, werden von der chinesischen Regierung als illegale Wirtschaftsflüchtlinge zurückgeschickt. Es sind Fälle bekannt, in denen gefasste Nordkoreaner an Chinesen zwangsverheiratet wurden. Nach ihrer Rückkehr sehen sich die Flüchtlinge Misshandlungen oder auch Inhaftierung in einem der Lager ausgesetzt. Kinder, bei denen angenommen wird, dass sie mit Han-Chinesen gezeugt wurden, werden getötet bzw. zwangsabgetrieben. Wie häufig dies heute vorkommt ist nicht klar, aber für den Zeitraum 1998 bis 2004 sind 60 Fälle bekannt.[ix]

Künstlich erzeugte Lebensmittelknappheit

Nach der Hungerkatastrophe 1995-1997, bei der vermutlich 5% der Bevölkerung ums Leben gekommen sind, hatte sich die Lage zunächst etwas entspannt, doch das System ist weiterhin extrem anfällig für Naturkatastrophen und saisonale Schwankungen. In den sogenannten mageren Jahreszeiten haben 82% der Menschen nicht ausreichend Lebensmittel zur Verfügung.[x]Schätzungsweise ein Drittel der Kinder sind aufgrund chronischer Mangelernährung zu klein für ihr Alter. Die Situation verschlechterte sich 2010 erneut: Das staatliche Lebensmittelverteilungssystem sieht für jeden Einwohner 200g Getreide pro Tag vor, das entspricht etwa einem Drittel des Tagesbedarfs.

Die nordkoreanische Regierung macht für die Hungersnöte die klimatischen Bedingungen verantwortlich. Zwar sind diese durchaus problematisch, doch geht die Regierung zu langsam und nur mit unzureichenden Reformen gegen die Situation vor.[xi]

Kontext

Die Demokratische Volksrepublik Korea ist ein zentralisierter, planwirtschaftlich organisierter Staat und wurde nach marxistisch-leninistischen Prinzipien aufgebaut. Die Autokratie gilt als die restriktivste der Welt und ist international weitestgehend isoliert. Mit dem Koreakrieg 1953 wurden in der Demokratischen Volksrepublik Korea erste Gefangenenlager errichtet. Das Lagersystem wurde seitdem immer weiter ausgebaut.

Die Verletzung von Menschenrechten ist in Nordkorea grundlegend im System verankert. Auch über die drei oben genannten Bereiche hinaus werden Bürgerrechte systemimmanent verletzt. So fehlt es an Rechtsstaatlichkeit: Es kommt zu Verschleppung und Exekution fernab von gerichtlichen Verhandlungen. Findet eine Verhandlung statt, so ist die Todesstrafe ein fester Bestandteil der Rechtsprechung. Dies gilt seit 2007 auch für nicht gewaltsame Verbrechen.

Außerdem sind Diskriminierung und Verfolgung durch das Klassensystem „Songbu“ fest mit den gesellschaftlichen Strukturen verwoben. Nach dem „Songbu“-System wird die Gesellschaft in die drei Klassen „Hauptschicht“, „unsichere Schicht“ und „feindliche Schicht“ eingeteilt. Zur „feindlichen Schicht“ gehören alle, die Verwandte in Südkorea haben. Sie sind von vornherein von bestimmten Posten innerhalb des Staates ausgeschlossen.

Zusätzlich wird durch den Zusammenschluss von 20-50 Haushalten zu Einwohnergruppen sozialer Druck aufgebaut. In jeder Einwohnergruppe gibt es einen Vorsteher, dem die Verantwortung für das Verhalten der ganzen Gruppe übertragen wird. Er hat im Gegenzug zusätzliche Befugnisse und kann u.a. Hausbesuche durchführen. Die soziale und staatliche Struktur ist damit auf die Kontrolle der Bevölkerung ausgelegt.

Akteure

Der Staat Nordkorea verfügt über komplexe, hoch institutionalisierte Strukturen, in denen verschiedene hochrangige Familien um Posten und Einfluss konkurrieren. Während die staatlichen Institutionen wenig Einfluss haben, ist die Machtverteilung zwischen dem Militär und der Partei schwerer zu bestimmen.

Die Herrscherfamilie

Kim Jong-un übernahm 2011 nach dem Tod seines Vaters Kim Jong-il die Herrschaft. Hoffnungen auf eine Öffnung des Landes haben sich bisher nicht bestätigt. Das Regime war auf einen stabilen Übergang bedacht und nahm im Zuge der Machtübergabe über 200 als unsicher betrachtete Beamte fest.[xii] Obwohl Kim Jong-un als Präsident Nordkoreas gesehen werden kann, hat er streng genommen diesen Posten nicht inne. Sein Großvater und Begründer Nordkoreas Kim Il-sung wurde nach seinem Tod zum ewigen Präsidenten erklärt, so dass niemand diesen Posten besetzen kann. Kim Jong-un ist daher der erste Sekretär der Partei und Vorsitzender der Verteidigungskommission, dem faktischen Regierungsorgan Nordkoreas. Die Ideologie Nordkoreas basiert auf einem starken Familienkult und insbesondere auf der Verehrung des Begründer Nordkoreas Kim Il-sung. Im vierten Jahr der Amtszeit von Kim Jong-UN werden weiterhin politische Säuberungsaktionen zur Machtkonsolidierung durchgeführt.

Die Partei

Die Partei der Arbeit Koreas (PdAK) durchdringt die gesamte staatliche Struktur und gilt als wichtigstes Machtorgan. Sie besteht aus vielen kleinen Basisorganisationen, die jeweils zu größeren Einheiten zusammengefasst werden und gleicht damit in ihrem Aufbau anderen Parteien sozialistischer Länder. Geleitet wird sie durch ein auf den Parteitagen gewähltes Zentralkomitee bzw. durch das Politbüro, das ständige Komitee des Zentralkomitees. Die Parteitage finden allerdings nur unregelmäßig statt. Zwischen 1993 und 2010 wurde keiner veranstaltet und seit 2010 zwei sogenannte Delegiertenkonferenzen, die als Äquivalent gesehen werden können. Auf diesen Konferenzen wurde die Machtübergabe an Kim Jong-Un geregelt. Im Oktober 2015 feierte die DPRK Arbeiterpartei ihren 70. Jahrestag.

Das Militär

Nordkorea verfügt mit 1,2 Millionen Soldaten (Stand 2013[xiii]; Bevölkerungsgröße insgesamt ca. 25 Mio.) über eine der größten Armeen Asiens. Die herausragende Stellung des Militärs ist in der „Militär-Zuerst“ - Ideologie begründet. Nach dieser ist nicht die Arbeiterklasse, sondern die Volksarmee die treibende Kraft der Revolution. Trotz der mit Südkorea vereinbarten Waffenstillstände befindet sich Nordkorea offiziell permanent im Kriegszustand und so dient die gesamte Wirtschaft dem Erhalt einer fähigen Armee.

Die internationale Gemeinschaft

Beim Umgang mit Nordkorea stehen meist das Atomprogramm und die als Reaktion darauf verhängten Wirtschaftssanktionen im Vordergrund. International ist das Land weitestgehend isoliert und von seinen Beziehungen zu China abhängig. Solange die Sanktionen bestehen bleiben, lehnt Nordkorea jegliche Kooperation ab. So kam u.a. der mit der EU begonnene Menschenrechtsdialog wieder zum Erliegen. Bei akuter Lebensmittelknappheit bittet Nordkorea international um Hilfe, doch die Reaktionen fallen gemischt aus. Während sich die USA nicht beteiligen, stellte die EU z.B. 10 Mio. Euro zur Verfügung. Das World Food Programm (WFP) der Vereinten Nationen implementiert seit 2013 ein Notfallprogramm in Höhe von 210 Mio. US-Dollar.

Das in Bezug auf die extremen Menschenrechtsverletzungen wenig unternommen wird, ist nicht zuletzt der schützenden Hand Chinas geschuldet. Ein erster Schritt im Kampf gegen Massenverbrechen war die Etablierung einer Kommission zur Untersuchung der Menschenrechte in Nordkorea durch das Human Rights Council der UN. Offen bleibt, welche Konsequenzen aus der Feststellung, dass Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorliegen, gezogen werden. Die hohe Kommissarin für Menschenrechte der UN Navi Pillay äußerte im Februar 2014, dass die Zustände in Nordkorea ohnegleichen in der jetzigen Welt sind und es keine Entschuldigung für eine weitere Untätigkeit gebe.[xiv]

Am 18. Dezember 2014 verurteilte auch die UN-Generalversammlung diese Verletzungen und empfahl, die Verantwortlichen vor dem Internationalen Strafgerichtshof anzuklagen. Am 21. September 2015 tagte im Rahmen der 30. Sitzung des Menschenrechtsrates ein Panel für die Lage der Menschenrechte in Nordkorea, der die Situation erneut verurteilte.[xv] Im Juni 2015 wurde von United Nations High Commissioner Zeid Ra'ad Al Hussein einUN Human Rights Büro in Seoul eröffnet. Ausgestattet mit einem Mandat der Menschenrechtsrats und der Commission of Inquiry (COI), unterstützt es direkt die Arbeit des UN-Sonderberichterstatters für die Menschenrechtslage in Nordkorea[xvi]. Ziele des Feldbüros sind unter anderem die Stärkung des Monitoring und der Dokumentation der Menschenrechtssituation in Nordkorea. Im März 2015 wurde die Resolution 2207 angenommen und somit das Mandat der Expertenkommisison verlängert, die das 1718 DPRK Sanctions Committee bis 5 April 2016 unterstützt.[xvii]

Quellen

[i] UN Human Rights Council 2014: Report of the commission of inquiry on human rights in the Democratic People’s Republic of Korea. Zuletzt aufgerufen am 11.10.14 über http://www.ohchr.org/EN/HRBodies/HRC/CoIDPRK/Pages/Documents.aspx.

[ii] Hawk, David 2012: The Hidden Gualg. Second Edition. The Lives and Vioces of „Those who were sent to the mountains“, Washington, S. 14.

[iii] Amnesty International 2012: Annual Report 2012. North Korea. Zuletzt aufgerufen am 11.10.14 über http://www.amnesty.org/en/region/north-korea/report-2012.

[iv] Human Rights Watch 2014: World Report 2014. Events of 2013, S. 362. Zuletzt aufgerufen am 11.10.14 über http://www.hrw.org/sites/default/files/wr2014_web_0.pdf.

[v] Amnesty International 2011: North Korea. Political Prison camps. Zuletzt aufgerufen am 05.11.14 über http://www.amnesty.org/en/library/asset/ASA24/001/2011/en/ded49c83-f9ed-4ecb-83ae-122df9ebb1fd/asa240012011en.html.

[vi] The Telegraph 2014: Inside a North Korean prison camp. Satellite analysis reveals prison life and death. Zuletzt aufgerufen am 05.11.14 über http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/asia/northkorea/10878729/Inside-a-North-Korean-prison-camp-satellite-analysis-reveals-prison-life-and-death.html.

[vii] Hawk, David 2012: The Hidden Gualg. Second Edition. The Lives and Vioces of „Those who were sent to the mountains“, Washington, S. 162.

[viii] Amnesty International 2012: Annual Report 2012. North Korea. Zuletzt aufgerufen am 11.10.14 über http://www.amnesty.org/en/region/north-korea/report-2012.

[ix] Hawk, David 2012: The Hidden Gualg. Second Edition. The Lives and Vioces of „Those who were sent to the mountains“, Washington, S. 167.

[x] World Food Programm 2014: Korea, Democratic People’s Republic. WFPActivities. Zuletzt aufgerufen am 11.10.14 über http://www.wfp.org/countries/korea-democratic-peoples-republic-dprk/operations.

[xi] Haggard, Stephan/ Noland, Marcus (2005): Hunger and Human Rights. The Politics of Famine in North Korea, Washingtion, S. 8.

[xii] Amnesty International 2012: Annual Report 2012. North Korea. Zuletzt aufgerufen am 11.10.14 über http://www.amnesty.org/en/region/north-korea/report-2012.

[xiii] Bpb 2013: Sorge vor Eskalation des Korea-Konflikts. Zuletzt aufgerufen am 11.10.14 über http://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/157467/korea-konflikt.

[xiv] United Nations Human Rights 2014: Pillay calls for urgent action on „historic“ DPRK report. Zuletzt aufgerufen am 11.10.14 über http://www.ohchr.org/EN/NewsEvents/Pages/DisplayNews.aspx?NewsID=14258&LangID=E.

[xv] United Nationes Human Rights Council 2015: High Commissioner for Human Rights Provides Oral Update on the Role of his Office, including on the Field-based Structure in Seoul. Zuletzt abgerufen am 20.03.2016 über http://www.ohchr.org/en/NewsEvents/Pages/DisplayNews.aspx?NewsID=16475&LangID=E#sthash.EOSJsEKq.dpuf

[xvi] United Nations Office of the High Commissioner for Human Rights 2015: Report of the Commission of Inquiry on Human Rights in the Democratic People's Republic of Korea. . Zuletzt aufgerufen am 20.03-2016 über http://www.ohchr.org/EN/HRBodies/HRC/CoIDPRK/Pages/ReportoftheCommissionofInquiryDPRK.aspx

[xvii] UN Sicherheitsrat 2015: Resolution 2207. Zuletzt abgerufen am 20.03.2016 über: http://www.securitycouncilreport.org/atf/cf/%7B65BFCF9B-6D27-4E9C-8CD3-CF6E4FF96FF9%7D/s_res_2207.pdf.

  • Zusammenfassung
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Die Bewohner Syriens leiden seit Beginn der Revolution im März 2011 im extremen Ausmaß unter der immer weiter eskalierenden Gewalt. Seit über fünf Jahren werden Zivilisten in dem aktuell blutigsten Bürgerkrieg weltweit durch nahezu alle an den Kämpfen beteiligten Parteien attackiert und teils verfolgt, gefoltert oder gezielt getötet. Während vor allem die grauenhaften Verbrechen des IS – auch durch die eigene Dokumentierung – international Aufmerksamkeit und Bestürzung hervorrufen, ist das syrische Regime selbst durch den illegalen Einsatz von Fassbomben, chemischen Waffen, Artilleriebeschuss und Streumunition sowie der Anwendung grausamer Foltertechniken für die Mehrheit der getöteten Zivilisten verantwortlich.[i] Die Bevölkerung Syriens ist zerrüttet und zunehmend in verfeindete Lager entlang religiöser, kultureller und ethnischer Linien aufgeteilt. Es kommt regelmäßig zu systematischer sexueller Gewalt gegenüber Mädchen und Frauen. Ordnungsstrukturen und jedwede Rechtstaatlichkeit sind zusammengebrochen. Die humanitäre Hilfe internationaler Organisationen, auch der UN, wurde aufgrund der massiven Gewalt ausgesetzt und konnte erst in Folge eines am 27. Februar 2016 in Kraft getretenen Waffenstillstandes wieder teilweise aufgenommen werden. Bereits im 2. Quartal 2016 wurden Hilfslieferungen erneut behindert; die syrische und russische Offensive gegen von den Rebellen gehaltene Stadtteile Aleppos forderte allein zwischen dem 22. und dem 30. April 2016 über 250 Tote und führte zu einem Abbruch der Verhandlungen in Genf.[ii]

Söldner und Kämpfer aus zahlreichen Nationen, etwa aus dem Iran und Libanon, sind direkt an den Kämpfen und den Massenverbrechen beteiligt. Die militärische Auseinandersetzung zwischen dem Regime Bashar al-Assads und den oppositionellen Gruppierungen hat sich in den vergangenen Jahren zunehmend zu einem komplexen, internationalen Konflikt unter Beteiligung Russlands, der USA und weiteren Staaten entwickelt. Auch zwischen den unterschiedlichen Widerstandsgruppen finden militärische Auseinandersetzungen statt. Die in mehreren Ländern aktive islamistische Gruppierung des sogenannten Islamischen Staats (IS) hatte in den ersten Jahren des Konflikts enorm an Bedeutung gewonnen, ist allerdings wie im Irak auch in Syrien durch den Eingriff der Anti-IS-Koalition zunehmend auf dem Rückmarsch. Das für die Massenverbrechen hauptverantwortliche Assad-Regime wurde durch die russische Intervention unterdessen weiter gestärkt.

Bislang forderte der Konflikt laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) bis zum 30. Juni2016 insgesamt über 282.866 Tote, darunter mindestens 82.041 Zivilisten.[iii] Mitte März 2016 schätzte die SOHR zudem, dass weitere 95.000 Tote nicht dokumentiert wurden.[iv] Auch die UN sprachen im Dezember 2015 von mehr als 250.000 Toten.[v] Über 4,8 Millionen Syrer sind laut UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) bis zum 30. Juni 2016 ins Ausland geflüchtet – hauptsächlich in die Nachbarstaaten Türkei, Libanon und Jordanien und mittlerweile auch zu einem nicht geringen Anteil nach Deutschland und weitere Staaten der EU.[vi] 6,6 Millionen Syrer befinden sich laut dem UN-Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UNOCHA) innerhalb Syriens auf der Flucht.[vii] Der UN-Sicherheitsrat sprach von der „größten humanitären Krise“ weltweit.[viii]

Todesopfer

Tote insgesamt
Tote pro Monat



© Genocide Alert; Daten: SOHR*

* Wir haben beim Syrian Observatory for Human Rights angefragt und hoffen, bald einen detallierteren Datensatz zu erhalten.

Analyse

Notstand: Massenverbrechen finden statt

Seit Beginn des Syrischen Bürgerkrieges vor vier Jahren kommt es in großem Ausmaß zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. Verbrechen werden von einer Vielzahl der Akteure begangen, Massenverbrechen jedoch durch den Islamischen Staat und das Syrische Regime.

Angriffe gegen Zivilisten

Grundsätzlich ist die Datenlage über die zivilen Opfer des Konflikts sehr eingeschränkt, da die meisten unabhängigen Beobachter und Berichterstatter die Region verlassen haben. Einzig syrische Menschenrechtsorganisationen liefern Daten, die vorsichtig behandelt werden müssen. Die SOHR zählt für den gesamten Konflikt bis Ende März 2016 über 79.585 Zivilisten. Allein für das Jahr 2015 dokumentiert das Syrian Human Rights Committee (SHRC) über 20.068 zivile Todesopfer, das Syrian Network for Human Rights (SNHR) hingegen spricht von knapp über 16.575 getöteten Zivilisten. Beide Organisationen sind sich einig, dass mindestens 73% der Opfer durch Luftangriffe des syrischen Regimes getötet wurden. Der IS ist für etwa 8% der zivilen Todesopfer verantwortlich.[ix] Nicht bei allen dieser Todesopfer lässt sich von vorsätzlichen Tötungen sprechen. Durch eine flächendeckende Bombardierung ziviler Wohngegenden mit Fassbomben sowie den nachgewiesenen Einsatz chemischer Waffen nimmt das syrische Militär zivile Todesopfer aber bewusst in Kauf.[x]

Vorsätzliche Exekutionen von Zivilisten und Kriegsgefangenen werden in der Mehrheit durch die IS-Gruppierung durchgeführt. Human Rights Watch (HRW) berichtet von einem Massaker in der nordsyrischen Stadt Kobanê Ende Juni 2015. Hier wurden mindestens 233 Zivilisten nachweislich durch IS-Extremisten hingerichtet.[xi] Im April 2016 wurde zudem ein Massengrab mit mehr als 45 Leichen, darunter viele Frauen und Kinder, in der vom IS zurückeroberten Stadt Palmyra entdeckt.[xii] Enthauptungen und Steinigungen sind regelmäßige Strafmaßnahmen in den vom IS kontrollierten Regionen.[xiii] Das Ausmaß und die Intensität der Gewalt haben sich im 2. Quartal 2016 wieder erhöht. Grund hierfür ist vor allem der intensive Kampf um Aleppo. Der auf der UNSC Resolution 2268 basierende Waffenstillstand vom Februar 2016 bleibt somit enorm brüchig

Sexuelle Sklaverei und Vergewaltigung

Syrische Menschenrechtsorganisationen und das UN-Menschenrechtskommissariat verweisen seit dem Ausbruch des Konflikts kontinuierlich auf massive sexuelle Gewalt gegenüber Mädchen und Frauen.[xiv] Sowohl regimetreue Truppen als auch oppositionelle Gruppierungen vergehen sich den Berichten zufolge regelmäßig an weiblichen Gefangenen oder zivilen Opfern. Während vor allem islamistische Gruppierungen wie der IS sexuelle Gewalt einsetzen, nennt die International Federation for Human Rights auch mehrere Fälle von Vergewaltigungen durch Mitglieder der durch den Westen unterstützten Freien Syrischen Armee (FSA).[xv] Die UN dokumentieren Zwangsverheiratungen von Mädchen ab 13 Jahren sowie die Existenz von Märkten für Zwangsprostitution, insbesondere in der von IS kontrollierten al-Raqqah Region.[xvi] Zuletzt wurden Massenvergewaltigungen an weiblichen Mitgliedern des Jesiden-Stammes bekannt.

Freiheitsentzug

Willkürliche Festnahmen gehören zum Alltag in Syrien.[xvii] Häftlinge sitzen in der Regel ohne Gerichtsverfahren und ohne Zugang zu Wasser, Nahrungsmitteln und Medikamenten dauerhaft in den völlig überfüllten Gefängnissen. Genaue Daten zur Anzahl von Inhaftierten sind nicht bekannt, dürften jedoch insbesondere in den durch das Regime oder den IS besetzten Gebieten in einem sehr hohen Bereich liegen. Folter und sexuelle Übergriffe sind durch Berichte der UN dokumentiert.[xviii]

Folter

Das vorsätzliche Zufügen von physischem oder psychischem Leid gehört zur regelmäßigen Praxis aller an den Kampfhandlungen beteiligten Parteien. SNHR und SHRC zufolge, wird Folter hauptsächlich in den Gefängnissen des syrischen Regimes angewendet. Aber auch Fälle durch die FSA sowie kurdische Widerstandsgruppen sind dokumentiert. In den vom IS kontrollierten Gebieten gehört Folter zu den gängigen Strafmaßnahmen. In den vom IS kontrollierten Gebieten gehört Folter zu den gängigen Strafmaßnahmen. Allein für das Jahr 2015 spricht SNHR von über 1.592 Folterungen mit Todesfolge.[xix]

Vertreibung

Die Gewalt in Syrien führt weiterhin zu großen Flüchtlingsströmen innerhalb und außerhalb des Landes. Die Verfolgung von Minderheiten sowie andauernde Kampfhandlungen sorgen dafür, dass seit Ausbruch des Konfliktes bis Ende März 2016 mehr als 11 Millionen Syrer vertrieben wurden.[xx] Die UN sprechen von der schlimmsten Flüchtlingskrise seit dem Genozid in Ruanda.[xxi] Laut UNHRC sind bereits über 4,8 Millionen Syrer ins Ausland geflüchtet, hauptsächlich in die Nachbarstaaten Türkei, Libanon und Jordanien, aber auch nach Deutschland und in weitere Staaten der EU. Davon wurden allein im Jahr 2015 über 877.197 neue Flüchtlinge im Ausland registriert.[xxii] Die Dunkelziffer der Flüchtlinge innerhalb Syriens dürfte weitaus höher als die angegeben 6,6 Millionen liegen. Zudem führen einzelne Akteure Zwangsumsiedelungen durch. Im Oktober 2015 veröffentlichte Amnesty International den Bericht einer Untersuchungskommission, dem zufolge zahlreiche Fälle von Zwangsumsiedelungen in den kurdischen Gebieten im Norden des Landes dokumentiert wurden. Die internationale Menschenrechtsorganisation warf der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD) Kriegsverbrechen vor.[xxiii]

Zerstörung von zivilen Einrichtungen

Die Zerstörung ziviler Einrichtungen ist Teil der Strategie des syrischen Regimes als auch oppositioneller und radikaler Gruppierungen wie des IS. Insbesondere Heiligtümer der religiösen Minderheiten liegen im Visier der radikalen islamistischen Organisation. So zerstörte der IS Ende Februar 2015 religiöse Stätten assyrischer Christen im Nordosten des Landes.[xxiv] SNHR dokumentiert zahlreiche Angriffe der syrischen Armee und Luftwaffe auf zivile Einrichtungen in den von Rebellen kontrollierten Gebieten. Dabei wurden religiöse und medizinische Einrichtungen sowie Schulen und Märkte zerstört.[xxv]

Kindersoldaten

Die Vereinten Nationen dokumentierten und bestätigten im Juni 2015 über 2100 Fälle minderjähriger Soldaten, wobei die Dunkelziffer deutlich höher liegen dürfte. In 77% dieser Fälle wurden Kinder gezielt bewaffnet und in Kämpfen eingesetzt. Bei nahezu einem Fünftel der bestätigten Fälle handelte es sich um Kinder unter 15 Jahren.[xxvi] Der Einsatz von Kindersoldaten ist nicht auf eine der beteiligten Gruppierungen zu beschränken: HRW nennt die Freie Syrische Armee, die al-Nusra Front, den IS unddie Yekîneyên Parastina Gel (YPG) sowie militärische und asayish Kräfte in den Kurdengebieten im Norden. Militärische Verbände der Freien Syrischen Armee versuchen Aufnahmebedingungen strenger zu prüfen, während der IS gezielt Kindersoldaten anwirbt.[xxvii]

Kontext

Die Arabische Republik Syrien steht seit dem Jahr 1963 unter dem Notstandsgesetz und befindet sich seit 1970 unter der Kontrolle der al-Assad Familie. Das autoritäre Regime der alawitischen Elite bildet seit vielen Jahren kontinuierlich den Gegenstand der Kritik internationaler Menschenrechtsorganisationen. Insbesondere die sunnitisch-dominierte Bevölkerung Syriens leidet unter dem autoritären System und verfügt nur über wenige Freiheiten. Demonstrationen und Aufstände gegen die politische und wirtschaftliche Situation, mehrheitlich initiiert durch die Muslimbruderschaft, wurden gewaltsam niedergeschlagen. Bei einem Massaker des Regimes in der mittelsyrischen Stadt Hama starben 1982 zwischen 10.000 und 30.000 sunnitische Zivilisten.

Mit der Machtübernahme Baschar al-Assads im Jahre 2000 wuchs die Hoffnung auf eine Verbesserung der Situation. Der sogenannte Damaszener Frühling initiierte eine revolutionäre Debatte und resultierte in der Bildung oppositioneller Gruppierungen innerhalb der Bevölkerung. Trotz der anfänglichen Bereitschaft al-Assads zur Durchführung von demokratischen Reformen, verfiel das Regime nach nur einem Jahr in die alten Verhaltensmuster der Unterdrückung und Gewaltanwendung.

Als mit dem Arabischen Frühling 2011 eine Protestwelle durch Nordafrika und den Nahen Osten zog, forderte auch die syrische Bevölkerung politische Rechte und Freiheiten. Das Regime antwortete mit extremer Härte und beendete friedliche Demonstrationen mit gewaltsamen Mitteln. Oppositionelle Führer wurden verfolgt und verhaftet. Teile des syrischen Machtapparates wechselten daraufhin in das Lager der Freien Syrischen Armee. Mit der Bewaffnung dieser Miliz und der Bildung der Islamischen Front steigerte sich die Gewaltspirale weiter, so dass seit Sommer 2011 von einem Bürgerkrieg gesprochen werden kann.

Akteure

Seit Beginn des Bürgerkrieges hat sich eine Vielzahl an Akteuren herausgebildet, die unterschiedliche Interessen verfolgen. Das Institute for the Study of War listet allein in einer Übersicht der oppositionellen Gruppierungen bis zu 162 militante Rebellenorganisationen, deren Einsatzgebiete jedoch in der Regel lokal begrenzt sind.[xxviii] Die Darstellung hier beschränkt sich auf die wesentlichsten Akteure, die teilweise als Dachorganisationen verschiedener lokaler Gruppierungen agieren.

Regierung und regimetreue Truppen

Baschar al-Assad ist seit dem Jahr 2000 Generalsekretär der panarabischen Baath-Partei und Staatsoberhaupt Syriens. Mit dem Ausbruch des Arabischen Frühlings 2011 geriet sein alawitisches Regime zunehmend unter Druck. Die gewaltsame Niederschlagung der anfänglichen Massenproteste oppositioneller Bewegungen führte bereits früh zu einer Verurteilung durch den UN-Sicherheitsrat.[xxix] Der Bürgerkrieg gegen die oppositionellen Truppen wird mit aller Härte geführt, wobei zahlreiche Quellen zumindest auf eine teilweise Kooperation mit dem IS hindeuten.[xxx] Besonders Fassbomben, aber auch chemischen Waffen, wurden ohne Rücksicht auf zivile Opfer eingesetzt. Das Regime ist für den Großteil der Opferzahlen verantwortlich. Unterstützt werden die regimetreuen Truppen durch Hisbollah-Kämpfer aus dem benachbarten Libanon, Kämpfer aus dem Iran und zumindest indirekt durch russische Luftunterstützung.[xxxi]

Freie Syrische Armee (FSA)

Die unter anderem aus ehemaligen Offizieren und Soldaten des syrischen Regimes bestehenden Kampfverbände sind das Produkt der Revolution gegen al-Assad im Frühjahr 2011. Die sunnitisch dominierte Armee steht in enger Koordination mit dem Syrischen Nationalrat und kooperiert mit den kurdischen Volksverteidigungseinheiten sowie teilweise mit der Dschaisch al Fatah. Die Kampfverbände sind im Zuge des Bürgerkriegs im Vergleich zu den besser ausgerüsteten und finanzierten islamistischen Rebellengruppierungen, wie der Dschaisch al Fatah, ins Hintertreffen geraten und seit Ende 2014 zunehmend marginalisiert worden.

Islamischer Staat (IS)

Der Islamische Staat, zuvor Islamischer Staat im Irak und Syrien (al-Dawlah al-Islāmīyah fi al-Irāq wa al-Shām), ist eine seit 2003 operierende militante salafistische Bewegung. Die Gruppierung begann 2011 den Kampf gegen Baschar al-Assad aufzunehmen, kämpft aber auch gegen die Freie Syrische Armee sowie die kurdischen Truppenverbände im Norden. Der IS kontrolliert den Nordosten Syriens und rief am 29. Juni 2014 einen eigenen Staat aus. Die islamistische Organisation hat durch ihre skrupellose und gewaltverherrlichende Ideologie internationale Aufmerksamkeit erlangt. Seit dem 13. März 2015 bezichtigt das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte den IS des Begehens von Völkermord (im Irak), Kriegsverbrechen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit.[xxxii]

Dschabhat Fatah al-ShamDie seit 2012 aktive, militante salafistische Gruppierung (urspr. al-Nusra Front) ist der syrische Ableger der internationalen Terrororganisation al-Kaida. Sie kämpft in erster Linie gegen das Regime und verfolgt die Errichtung eines unabhängigen Kalifats. Trotz ähnlicher Ziele kam es zu zahlreichen Konfrontationen und Kämpfen zwischen der al-Nusra Front und dem IS, welche in militärischen Auseinandersetzungen im Mai 2014 ihren Höhepunkt fanden – die der IS für sich entscheiden konnte.

Dschaisch al-Fatah

Die Allianz zahlreicher islamistischer Rebellengruppierungen existiert seit dem 24. März 2015. Dominiert wird der militärische Verband von der Miliz Ahrar al-Sham, die den Kampf gegen das syrische Regime bereits 2011 aufgenommen hatte. In Kooperation mit der FSA gelangen der Dschaisch al-Fatah zuletzt wichtige Geländegewinne in der Provinz Idlib. Insbesondere der Ahrar al-Sham wird von internationalen Menschenrechtsorganisationen vorgeworfen, dass sie an mehreren Massakern an der Zivilbevölkerung beteiligt waren.[xxxiii]

Kurdische Volksverteidigungseinheiten (YPG)

Die bewaffnete Miliz dient dem Schutz der kurdischen Gebiete in Nordsyrien. Offiziell existieren die Einheiten seit Sommer 2012, nachdem sich die regimetreuen Truppen aus dem Norden zurückgezogen hatten. Die YPG gelten als bewaffneter Arm der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD) mit Verbindungen zur türkisch-kurdischen Arbeiterpartei PKK.[xxxiv] In jüngster Zeit erlangten die Kämpfe zwischen der YPG und dem IS um die Grenzstadt Kobanê hierzulande mediale Präsenz. Unterstützt werden die Truppen durch kurdische Peschmerga-Kämpfer aus dem Irak.

Internationale Gemeinschaft

Ein diplomatisches Patt im UN-Sicherheitsrat dominierte die internationale Politik gegenüber dem syrischen Regime. Während die USA, die EU und die Arabische Liga strengere Sanktionen forderten und eine militärische Intervention nicht ausschließen wollten, verhinderten Russland und China nahezu jegliche Resolutionen gegenüber der Situation in Syrien. Die Golfstaaten, USA, Großbritannien und Frankreich unterstützten daraufhin Rebellengruppen mit Waffenlieferungen. Zusätzlich begann Washington mit der Ausbildung von Milizen, die jedoch inzwischen eingestellt wurde.[xxxv] Erst der Vormarsch des IS in Syrien und dem Irak führte dazu, dass die USA und die Golfstaaten seit Ende September 2014 aktiv mit Luftschlägen in den Kampf gegen den IS in Syrien eingreifen. Mittlerweile ist auch Deutschland mit Tornado-Aufklärungsflugzeugen beteiligt. Das syrische Regime, das noch immer für die meisten Massenverbrechen in Syrien verantwortlich ist, wird davon allerdings nicht betroffen – und indirekt gestärkt. Diese Problematik wird durch die aktuelle Intervention des regimetreuen Russlands weiter verschärft. Seit Ende September 2015 fliegt die russische Luftwaffe offiziell Angriffe auf militante Organisationen in Syrien,[xxxvi] wobei der IS, entgegen den Angaben Moskaus, bislang nicht das Hauptziel der Luftschläge darstellt.[xxxvii] Am 14. März 2016 ordnete Russlands Präsident Putin den Abzug eines Großteils der russischen Truppen aus Syrien an.[xxxviii]

Quellen

[i] Lahidji, Karim 2015: Syria: ISIS‘ brutality must not overshadow the crimes of the Syrian regime, 16.03.2015, https://www.fidh.org/en/region/north-africa-middle-east/syria/syria-isil-s-brutality-must-not-overshadow-the-crimes-of-the-syrian (05.10.2015).

[ii] International Crisis Group 2016: Crisis Watch, Syria, April 2016, https://www.crisisgroup.org/crisiswatch/database?location[]=85&date_range=custom&from_month=04&from_year=2016&to_month=04&to_year=2016 (25.09.2016).

[iii] SOHR 2016: About two millions and half killed and wounded since the beginning of the Syrian Revolution, 15.03.2016, http://www.syriahr.com/en/2016/03/15/about-2-millions-and-half-killed-and-wounded-since-the-beginning-of-the-syrian-revolution/ (13.04.2016); die weiteren Daten stamen aus den aktuellen monatlichen Berichten des SOHR, etwa unter: http://www.syriahr.com/en/?p=46284, http://www.syriahr.com/en/?p=48094 und http://www.syriahr.com/en/?p=46665 (25.09.2016).

[iv] Ebd.

[v] UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs 2015: 2016 Syrian Arab Republic Humanitarian Response Plan: January - December 2016, 29.12.2015, http://reliefweb.int/report/syrian-arab-republic/2016-syrian-arab-republic-humanitarian-response-plan-january-december (31.01.2016).

[vi] UNHCR 2016: Syria Regional Refugee Response, Inter-agency Information Sharing Portal, http://data.unhcr.org/syrianrefugees/regional.php (25.09.2016).

[vii] UNOCHA 2016: Syrian Arab Republic, http://www.unocha.org/syria (25.09.2016).

[viii] United Nations Security Council 2015: Security Council backs UN special envoy’s plan to move Syrian political process forward, 17.08.2015, http://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=51659&utm_source=Al-Monitor+Newsletter+[English]&utm_campaign=09a6da00c8-Week_in_review_August_24_2015&utm_medium=email&utm_term=0_28264b27a0-09a6da00c8-102421793#.VdZ2yrJViko (zuletzt abgerufen am 05.10.2015).

[ix] Syrian Network for Human Rights 2015: The Killing of 21179 individuals in 2015 amongst which were killed in December 1793, 29.12.2015, http://sn4hr.org/wp-content/pdf/english/21179_people_were_killed_in_2015_en.pdf (31.01.2016).

[x] United Nations 2015: Report of the Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic, A/HRC/30/48, 13.08.2015, S. 6.

[xi] Human Rights Watch 2015: Syria: Deliberate Killing of Civilians by ISIS, 03.07.2015, https://www.hrw.org/news/2015/07/03/syria-deliberate-killing-civilians-isis (10.10.2015).

[xii] Barrington, Lisa 2016: Mass grave found in Palmyra after recapture from Islamic State: military, in: Reuters online, 02.04.2016, http://www.reuters.com/article/us-mideast-crisis-syria-graves-idUSKCN0WZ0BK (13.04.2016).

[xiii] International Business Times 2015: IS Executes Two Men For 'Being Gay' By Stoning Them In Deir Ezzor, 25.11.2015, http://www.ibtimes.com/IS-executes-two-men-being-gay-stoning-them-deir-ezzor-1729433 (17.01.2015).

[xiv] United Nations 2015: Report of the Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic, A/HRC/30/48, 13.08.2015, S. 8.

[xv] International Federation for Human Rights 2012: Violence against Woman in Syria: Breaking the Silence, 12/2012, https://www.fidh.org/IMG/pdf/syria_sexual_violence-web.pdf (17.01.2015).

[xvi] United Nations 2014: Report of the Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic, 14.11.2014.

[xvii] Syrian Network for Human Rights 2015: 322 Arbitrary Arrest Cases Were Recorded during December, http://sn4hr.org/blog/2015/01/07/2335/ (17.01.2015).

[xviii] United Nations 2015: Report of the Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic, A/HRC/30/48, 13.08.2015, S. 12f.

[xix]Syrian Network for Human Rights 2015: Under Torture, http://sn4hr.org/blog/category/report/monthly-reports/under-torture/ (31.01.2016).

[xx] UNOCHA 2015: Syrian Arab Republic, http://www.unocha.org/syria (18.05.2016).

[xxi] Vgl. Der Spiegel 2014: Neun Millionen Syrer sind auf der Flucht vor dem Krieg, 01.12.2014, http://www.spiegel.de/politik/ausland/syrien-schlimmste-fluechtlingskrise-seit-zwanzig-jahren-a-950510.html (20.01.2015).

[xxii] UNHCR 2015: Syria Regional Refugee Response, Inter-agency Information Sharing Portal, http://data.unhcr.org/syrianrefugees/regional.php (18.05.2016).

[xxiii] Amnesty International (2015): Syria: US ally’s razing of villages amounts to war crimes, 13.10.2015, https://www.amnesty.org/en/latest/news/2015/10/syria-us-allys-razing-of-villages-amounts-to-war-crimes/ (14.10.2015).

[xxiv] Auswärtiges Amt 2015: Foreign Minister Steinmeier on the abduction of Assyrian Christians, http://www.auswaertiges-amt.de/EN/Infoservice/Presse/Meldungen/2015/150226_assyrischeChristen.html (24.03.2015).

[xxv] Syrian Network for Human Rights 2015: Destruction archives, http://sn4hr.org/blog/category/daily_news/destruction/ (24.03.2015).

[xxvi] United Nations 2015: Children and armed conflict. Report of the Secretary-General, A/69/926-S/2015/409, 05.06.2015.

[xxvii] Human Rights Watch 2015: Syria: Kurdish Forces Violating Child Soldier Ban, 15.07.2015, https://www.hrw.org/news/2015/07/10/syria-kurdish-forces-violating-child-soldier-ban-0 (10.10.2015).

[xxviii] Cafarella, Jennifer/Casagrande, Genevieve: Syrian Opposition Guide, 07.10.2015, Institute for the Study of War, http://www.understandingwar.org/sites/default/files/Syrian%20Opposition%20Guide_0.pdf (15.10.2015).

[xxix]United Nations Security Council 2011: Condemns Syrian Authorities for ‘Widespread Violations of Human Rights, Use of Force against Civilians', 03.08.2011, http://www.un.org/press/en/2011/sc10352.doc.htm (21.01.2015).

[xxx] Bar’el, Zvi: Assad’s Cooperation With ISIS Could Push U.S. Into Syria Conflict, in: Ha’aretz, 03.06.2015, http://www.haaretz.com/news/middle-east/1.659340 (15.10.2015).

[xxxi] United Nations 2015: Report of the Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic, A/HRC/30/48, 13.08.2015, S. 4.

[xxxii] UN Human Rights Council 2015: Report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights on the human rights situation in Iraq in the light of abuses committed by the so-called Islamic State in Iraq and the Levant and associated groups, A/HRC/28/18, 13.03.2015, http://docs.dpaq.de/8711-ohchr_report_iraq_-_18.03.2015_embargoed.pdf (15.10.2015).

[xxxiii] Human Rights Watch 2013: Syria: Executions, Hostage Taking by Rebels, 10.10.2013, https://www.hrw.org/news/2013/10/10/syria-executions-hostage-taking-rebels (15.10.2015).

[xxxiv]GlobalPost 2014: YPG: The Kurdish militia battling IS jihadists for Syria town, 10. Oktober 2014, http://www.webcitation.org/6TMuZOk3h (17.01.2015).

[xxxv] Die Zeit 2015: USA beenden Ausbildung syrischer Rebellen, 09.10.2015, http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-10/syrien-usa-rebellen-ausbildung (15.10.2015).

[xxxvi] Muir, Jim 2015: Syria conflict: Russia’s intervention lifts crisis to new level, BBC online, 01.10.2015, http://www.bbc.com/news/world-middle-east-34418849 (10.10.2015).

[xxxvii] U.S. Department of State: Daily Press Briefing, 05.10.2015, http://www.state.gov/r/pa/prs/dpb/2015/10/247890.htm#SYRIA (15.10.2015).

[xxxviii] MacFarquhar, Neil/Barnard, Anne 2016: First Russian Jets Leave Syria After Putin’s Withdrawal Order, The New York Times, 15.03.2016, http://www.nytimes.com/2016/03/16/world/europe/russia-syria.html (18.05.2016).

  • Zusammenfassung
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  • Nordkorea
  • Sudan
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  • Afghanistan
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Hintergrundbericht: Burundi

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Seit der verfassungsrechtlich strittigen Wiederwahl des Präsidenten Pierre Nkurunziza im Juli 2015 nehmen Gewalt, schwere Menschenrechtsverletzungen und Spannungen in der burundischen Gesellschaft zu. Die burundischen Sicherheitskräfte verfolgen, töten, verschleppen und foltern gezielt vermeintliche Oppositionelle, kritische Journalisten und Menschenrechtsaktivisten. Während die Brutalität der Polizei, des Militärs, der Geheimdienste und der Jugendorganisation der Regierungspartei, den Imbonerakure, zunahm, wurden auch vermehrt Rebellengruppen aktiv und griffen Ende 2015 Militärstützpunkte an. Auch Führungspersönlichkeiten der Regierung werden vermehrt attackiert. Am 23. Dezember 2015 gaben Rebellen die Gründung der Republican Forces of Burundi (FOREBU) mit dem Ziel bekannt, Präsident Nkurunziza zu stürzen. Auf Angriffe reagierten die burundischen Sicherheitskräfte immer wieder mit Strafaktionen gegen Zivilisten in eher oppositionellen Stadtvierteln Bjumburas.[i] Allein am 12. Dezember 2015 töteten Regierungstruppen über 79 Menschen in Bjumbura, von denen viele eindeutig keiner Miliz angehörten und hingerichtet wurden.[ii] In Folge der Hinrichtungen diskutierte die Afrikanische Union die Entsendung einer Peacekeeping Mission mit 5.000 Soldaten, auch entgegen des Willens der burundischen Regierung.[iii] Am 31. Januar 2016 stimmten die afrikanischen Staats- und Regierungschefs im African Peace and Security Council aufgrund von Drohungen der burundischen Regierung allerdings mehrheitlich gegen einen solchen Einsatz.[iv]

Nkurunzizas Hutu-dominierte Regierungspartei Conseil National pour la défense de la démocratie- Forces de défense de la démocratie (CNDD-FDD) hat zudem kritische Radio- und Fernsehsender geschlossen und Menschenrechtsorganisationen verboten. Zivile Rechte werden zunehmend eingeschränkt. Einzelne Anhänger der Hutu-dominierten Regierung und der Opposition schüren Hass und rufen zumindest indirekt zu Gewalt auf.[v] Viele der Reden von einflussreichen Politikern erinnern sprachlich stark an Hassreden im Vorfeld des Völkermordes in Ruanda 1994.[vi] Präsident Nkurunziza drohte nach seiner Wiederwahl etwa der Opposition: “They will be scattered like flour thrown into the air.”[vii] Die Mehrheit der Oppositionsführer ist ins Ausland geflohen. Auch hunderte Soldaten setzten sich nach einem gescheiterten Putschversuch des ehemaligen Generals und Geheimdienstchefs Godefroid Niyombare am 13. Mai 2015 ins benachbarte Ruanda ab.

Während sich die internationale Gemeinschaft und insbesondere die Afrikanische Union um eine Schlichtung des Konfliktes bemühen, drohen die Kompromisslosigkeit Nkurunzizas und die Brutalität der Sicherheitskräfte gegen die zivile Opposition, Burundi in eine Gewaltspirale zu stürzen. In einem Bürgerkrieg bestünde ein ernsthaftes Risiko für Massenverbrechen. Die politisch motivierte Gewalt droht sich zudem entlang ethnischer Linien zwischen Hutu und Tutsi auszurichten, auch wenn bislang sowohl Huti als auch Tutsi gegen Nkurunziza demonstrieren.[viii] Der letzte burundische Bürgerkrieg, der im Jahr 2000 mit dem Arusha-Abkommen beendet wurde, prägt die burundische Gesellschaft weiterhin stark. Der Krieg forderte rund 300.000 Menschenleben und zwang 1,2 Millionen zur Flucht – bei einer Gesamtbevölkerung von sechs Millionen. Die von Hutu und Tutsi begangenen Massenverbrechen wurden weder gesellschaftlich noch gerichtlich aufgearbeitet. In Bezug auf die aktuellen Gewalttaten nahm der Internationale Strafgerichtshof am 25. April 2016 angesichts möglicher Verbrechen Vorermittlungen auf.

Zwischen Januar 2015 und Juni 2016 wurden 867 Menschen, darunter mindestens 397 Zivilisten, laut Zählungen des Armed Conflict Location & Event Data Projekt (ACLED) getötet.[ix] Seit April 2015 flüchteten fast 272.000 Rundi in die Nachbarstaaten, fast 100.000 befnden sich innerhalb des Landes auf der Flucht.[x]

Todesopfer

Tote insgesamt
Tote pro Monat



© Genocide Alert; Daten: ACLED Africa Data

Analyse

Krise: Unmittelbare Eskalation droht

Politische Gewalt

Nachdem der Präsident am 26. April 2015 bekannt gab, verfassungswidrig für eine dritte Amtszeit antreten zu wollen, trat sein kleiner Koalitionspartner, die Unité et Progrès National (die Tutsi-orientierte UPRONA), aus der Regierung aus. Auf Proteste reagierte die CNDD-FDD Regierung unter Nkurunziza mit systematischen Repressionen. Seit Ende 2014 und verstärkt seit April 2015 kommt es zu Verhaftungen, Folter und Erschießungen vonseiten der Sicherheitskräfte und zu gezielten Tötungen von Vertretern beider Lager.[xi] In Folge dessen flohen mehrere oppositionelle Politiker, der Vizepräsident, der Parlamentschef und ein Richter des Verfassungsgerichtes.[xii] Seit Dezember 2015 kommt es vermehrt zu Verschleppungen bekannter Oppositioneller.[xiii]

Im April und erneut im September 2015 äußerten die Vereinten Nationen ihre Besorgnis bezüglich der ansteigenden politischen Gewalt in Burundi und den systematischen Einschränkungen grundlegender Freiheite.[xiv] Während eines Treffens des UN-Sicherheitsrates machte der Untergeneralsekretär für politische Angelegenheiten, Jeffrey Feltman, insbesondere die Jugendorganisationen der Regierungspartei, die Imbonerakure, für diesen Gewaltanstieg verantwortlich.[xv] Die allgemeine Sicherheitssituation hat sich in der Hauptstadt und in den südlichen Provinzen seit dem Sommer 2015 stark verschlechtert.[xvi] Aber auch in der Grenzregion zur DR Kongo kommt es zu Kämpfen zwischen der burundischen Armee und von der FNL unterstützten Milizen und zu gezielten Tötungen-[xvii]

Der burundische Sicherheitsminister Alain Guillaume Bunyoni stellte zwischen Juli und September 2015 insgesamt 130 politische Mordanschläge fest. Entgegen der Ankündigung Nkurunzizas wird hierzu nicht systematisch ermittelt und Verantwortliche werden regelmäßig gerichtlich nicht bestraft.[xviii]

Ivan Šimonović, Assistant Secretary-General for Human Rights, berichtete am 22. März 2016 in einem Brief an das UN Human Rights Office of the High Commissioner von insgesamt 4.951 Verhaftungen seit Beginn der politischen Krise im April 2015. 3.117 Menschen sollen davon mittlerweile wieder freigelassen worden sein, 1.834 Personen sind allerdings weiterhin in Haft. In 496 Fällen berichteten die Freigelassenen von Folter und grober Misshandlung.[xix]

Vorgehen gegen Menschenrechtsorganisationen und kritische Medien

Die Regierung geht seit Mitte 2015 auch offen gegen kritische Medien und Menschenrechtsorganisationen vor und unterdrückt somit systematisch eine unabhängige Berichtserstattung. Die Regierung ließ sämtliche private Radiosender schließen, droht kritischen Journalisten regelmäßig mit Klagen und warf etwa Antoine Kaburahe, dem Direktor der unabhängigen Zeitung Iwacu, eine Verbindung zum gescheiterten Putschversuch im Mai 2015 vor. Innenminister Pascal Barandagiye verbot im November 2015 zehn burundische Nichtregierungsorganisationen, darunter unter anderem die Association for the Protection of Human Rights and Detained Persons.[xx]Am 3. August 2015 wurde der bekannte burundische Menschenrechtler Pierre Claver Mbonimpa angeschossen und schwer verletzt.[xxi] Aufgrund der offiziellen Repression und zunehmender Morddrohungen und Anschlägen, ist die Mehrheit der kritischen Journalisten und Menschenrechtsaktivisten ins Ausland geflohen.

Ethnische Spannungen

Nachdem sämtliche früheren Bürgerkriegsmilizen als politische Parteien anerkannt wurden und auch am politischen Prozess aktiv teilnehmen, schien die ethnische Identität für die politischen Eliten nicht mehr den primären Bezugspunkt darzustellen.[xxii] Das Arusha-Abkommen und die 2005 angenommene Verfassung legten eine Machtteilung und Kriterien für eine Repräsentation der Ethnien in allen politischen Institutionen und im Sicherheitssektor fest, mit denen Präsidenten Nkurunziza im April 2015 jedoch brach. Innerhalb der Bevölkerung ist die ethnische Identifikation weiterhin von großer Bedeutung und aktuelle Konfliktlinien zwischen Hutu und Tutsi, zum Beispiel innerhalb der Armee, deuten darauf hin, dass ethnische Zuschreibungen wieder an Relevanz und Konfliktpotenzial gewinnen.[xxiii] Das Potential, Bevölkerungsgruppen mittels ethnischer Argumente für politisch-militärische Zwecke zu instrumentalisieren, ist hoch, auch wenn die öffentliche politische Artikulation diesem Muster bisher nicht folgt.

Im vergangenen Bürgerkrieg von 1993 bis 2000 nahmen die Mitglieder der jeweiligen ethnischen Gruppen ihren Kampf als reinen Überlebenskampf wahr. Dadurch entstand eine ethnische Loyalität, die schlimmste Gräueltaten vermeintlich zu rechtfertigen schien.[xxiv] Im Jahr 1999 wurde etwa die Existenz von „Regroupment Camps“ bekannt, in denen die Tutsi-dominierten Sicherheitskräfte rund 350.000 Menschen, vor allem Hutu, einsperrten. Offiziell sollten die Lager die Bevölkerung vor Angriffen der Hutu-Miliz Forces nationales de libération (FNL) schützen. Die Gefangenen wurden aber katastrophalen Lebensumständen ausgesetzt. Soldaten der burundischen Armee nutzen Vergewaltigungen und Folter, um Informationen zu bekommen und rekrutierten Kinder als Spione innerhalb der Lager. Nelson Mandela nannte diese Einrichtungen Konzentrationslager.[xxv] Derartige Gräueltaten, zahlreiche Massaker und Morde beider Seiten traumatisierten die burundische Gesellschaft. Auch nach dem offiziellen Ende des Bürgerkrieges kam es immer wieder zu Gewalttaten.[xxvi] Die ethnisch motivierte Gewalt konnte nach dem Bürgerkrieg deutlich eingedämmt werden. Die gewaltsamen politischen Auseinandersetzungen in diesem Jahr polarisieren die Bevölkerung aber erneut. Zeid Ra’ad Al Hussein, UN High Commissioner for Human Rights, warnte am 15. Januar 2016 in einem Bericht vor der zunehmend ethnischen Dimension der Krise.[xxvii]

Unaufgearbeitete Massenverbrechen in der Vergangenheit

Die Geschichte der Massenverbrechen zwischen Hutu und Tutsi in Burundi ist eng mit der Geschichte Ruandas verbunden. Im Gegensatz zu Ruanda, wurden die Massenverbrechen in Burundi allerdings weder vom Staat noch von den Gesellschaften als Ganzes aufgearbeitet. Auch wenn Burundi bis April 2015 signifikante Fortschritte bei der Demobilisierung und Reintegration erreichte, wurde erst im Dezember 2014 eine Truth Commission zur Aufklärung von Gräueltaten zwischen 1962 und 2008 gewählt. Da die Initiative und die Einsetzung der Kommission allein von der CNDD-FDD veranlasst wurden, boykottierte die politische Opposition die Wahl der Vertreter der Wahrheitskommission. Die aus vier Hutu-Vertretern, vier Tutsi-Vertretern und zwei Twa-Vertretern zusammengesetzte Kommission soll Massengräber identifizieren, ein Reparationsprogramm entwickeln und Versöhnung und Vergebung fördern.

Mit der Entwicklung im April 2015 wurde der Kommission weder genug Zeit zur Aufarbeitung verschafft, noch wurden gerichtliche Verfahren angestrebt, die aktuelle Täter von Straftaten abschrecken könnten. Stattdessen kamen Diskussionen über eine strafrechtliche Aufarbeitung von Massenverbrechen zu einem Stillstand. Die Regierung bricht auch im aktuellen Konflikt nicht mit der Kultur der Straflosigkeit. Verbrechen von Mitgliedern der verschiedenen Ethnien und Gruppierungen werden nicht gleichermaßen verfolgt. Historisch bedingte Vorurteile und selektive Geschichtswahrnehmung können weiterhin benutzt und verbreitet werden. Es ist kein dominantes und gesellschaftsübergreifendes Bewusstsein für die Notwendigkeit eines friedlichen Miteinanders vorhanden.[xxviii]

Kontext

Belgien bekam 1916 die ehemalige deutsche Kolonie Ruanda-Urundi vom Völkerbund übertragen, übernahm und verstärkte das zuvor durch das Deutsche Reich etablierte indirekte Herrschaftssystem, welches die Bevölkerung von Burundi politisch in Hutu, Tutsi und Twa aufteilte. In diesem System wurden die Tutsi von den Kolonialmächten zum administrativen Rückgrat der Kolonialverwaltung ausgebildet, obwohl sie mit rund 15% eine Minderheit darstellten. Infolgedessen wurde den Hutu systematisch der Zugang zu gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen verwehrt.[xxix] Verschärft wurde diese politische Ungleichheit durch die Tatsache, dass das Gebiet Burundis aufgrund seiner Gebirge nur begrenzt für die Landwirtschaft genutzt werden kann. Der konkrete Zugang zu Machtressourcen entwickelte daher eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung durch die einhergehende Zuweisungsbefugnis von Land.

Eine weitere spürbare Teilung der Gesellschaft entlang ethnischer Kriterien entstand zu Beginn der 1960er Jahren, als rund 50.000 Flüchtlinge vor den Gewaltexzessen in Ruanda nach Burundi flüchteten. Sie waren politisch sehr aktiv und verfolgten das Interesse, die Machtposition der Tutsi in Burundi zu festigen, um erneute Massenverbrechen gegen sie zu verhindern. Trotz dieser Differenzen war die Gesellschaft Burundis zur Zeit der Unabhängigkeit 1962 deutlich weniger von ethnischen Spannungen geprägt, als es beispielsweise in Ruanda der Fall war. Dies lässt sich auch darauf zurückführen, dass die Herrschaft, auch während der Kolonialzeit, von der ursprünglichen Königsfamilie aufrechterhalten wurde. Sie bilden eine eigene Klasse innerhalb der Gesellschaft und wirkten damit extremistischen Tendenzen entgegen Die ersten Wahlen 1961 gewann die von der Königsfamilie gegründete Partei UPRONA. Hierdurch hatte keine der beiden Hauptbevölkerungsgruppen die endgültige Herrschaft inne, auch wenn die Tutsi in der Administration und damit in der praktischen Politikumsetzung deutlich dominierten.

Vergangene Massenverbrechen

Nach dem ersten Massenmord im benachbarten Ruanda, bei dem 1963 ungefähr 20.000 Tutsi getötet wurden, verschärfte sich die Situation. Bei den burundischen Wahlen 1965 erlangte die Hutu-Mehrheit in der Bevölkerung auch eine repräsentative Mehrheit im Parlament. Der amtierende König Mwambutsa IV versuchte eine weitere Polarisierung innerhalb der Gesellschaft zu vermeiden und ernannte daher ein als neutral geltendes Mitglied der Königsfamilie zum Premierminister. Daraufhin versuchten Hutu-Offiziere der Armee einen Coup, um ihren Machtanspruch durchzusetzen. Hutu-Jugendmilizen begannen gezielt Tutsi in der Bevölkerung zu töten. Als Reaktion griffen Tutsi-Armeeangehörige, unter der Führung des späteren Präsidenten Michael Micombero, Hutu an. Den Unruhen fielen mehrere tausend Menschen zum Opfer und die Mehrheit der Hutu wurde aus ihren politischen Ämtern gedrängt.[xxx]

Es folgte ein dezentraler Aufstand von Hutu-Angehörigen, die in kleinen Gruppen in den südlichen Provinzen Burundis zahlreiche Tutsi und gemäßigte Hutu ermordeten. Unterstützt wurden sie von Tutsi-Flüchtlingen aus Ruanda, die von Burundi aus gegen die Hutu-Regierung in Ruanda kämpfen wollten, aber von der burundischen Regierung unter Micombero daran gehindert wurden.[xxxi] Dieser Feldzug kostete insgesamt rund 2.000 Menschen das Leben. Dem darauf folgenden "selektiven Genozid"[xxxii] seitens der burundischen, Tutsi-dominierten, Armee und verbündeter Milizen fielen 1972 zwischen 80.000 und 100.000 Menschen zum Opfer. Der Genozid dauerte mehrere Monate und zielte insbesondere auf bildungsnahe Hutu, vor allem Schüler und Jugendliche, ab. Unterstützung bekam Micombero durch Soldaten aus Zaire, Hubschraubern und Piloten aus Frankreich sowie Waffen und Munition aus Tansania, China und Nordkorea.[xxxiii]

1988 kam es erneut zu Massenverbrechen, als ein Streit zwischen Hutu und Tutsi in einem Kirchhof in Marangara eskalierte und 14 Tutsi getötet wurden. Als Reaktion tötete die Regierung in Angriffen große Teile der Bevölkerung von Marangara, Ntega und Kanyinya. Insgesamt wurden 20.000 Menschen, überwiegend Hutu, getötet.[xxxiv]

Die letzte Episode von Massenverbrechen war im Zuge des burundischen Bürgerkrieges zu beobachten. Dieser wurde im Jahr 2000 mit der Unterzeichnung des Arusha-Abkommens beendet. Der Bürgerkrieg begann mit Massenmorden an Tutsi durch die Hutu-Mehrheit und führte zu über 300.000 Toten zwischen 1993 und 2000. In Übereinstimmung mit dem Arusha-Abkommen wurden eine Übergangsregierung aus Hutu und Tutsi gebildet und Wahlen vorbereitet.

Burundi unter der CNDD-FDD und Nkurunziza

Seit der ersten Wahl nach dem Bürgerkrieg im Jahr 2005 regiert die Hutu-Partei CNDD-FDD unter Präsident Nkurunziza und dominiert die politische Sphäre.[xxxv] Auch wenn der Wiederaufbau und die Befriedung des Landes voranschritten, reichte auch die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft nicht aus, um der gesamten Bevölkerung ein dauerhaftes Auskommen zu ermöglichen und einen gesamtgesellschaftlichen Frieden aufzubauen. Das sehr arme Burundi blieb geprägt von wirtschaftlicher Stagnation, einer zunehmenden Anzahl an Banditen und einer korrupten Regierung.[xxxvi]

Bereits bei den vorherigen Wahlen im Jahr 2010 kam es zu Protesten, einem Boykott der Wahlen durch die oppositionellen Parteien und gezielte Tötungen von Oppositionellen und Regierungsvertretern. Auch damals konnte die CNDD-FDD eine absolute Mehrheit für sich gewinnen. Oppositionelle Kräfte sind teils daher bereits in den vergangenen Jahren ins Exil geflohen. Die Forderungen nach politischen und sozialen Rechten wie Meinungsvielfalt und die Entwicklung von politischen Alternativen nahmen fortwährend zu und die schlechte Lebenssituation großer Teile der Bevölkerung wirkten katalysierend auf die politischen Konflikte. Die wirtschaftliche Lage hat sich nun durch die Einstellung von internationaler Entwicklungshilfe weiter verschlechtert.[xxxvii]

Akteure

Regierung (CNDD-FDD) & Imbonerakure

Die Hutu-geprägte Partei des Präsidenten Nkurunziza, die Conseil National pour la défense de la démocratie- Forces de défense de la démocratie (CNDD-FDD), formierte sich früh im letzten Bürgerkrieg und war Teil der Hauptgegner der burundischen Armee. Ursprünglich handelte es sich bei der CNDD um eine politische Partei und bei der FDD um deren militärischen Zweig. Nachdem aber im Friedensvertrag parteizugehöriges Militär verboten wurde, integrierten sowohl die Sicherheitsinstitutionen des Landes als auch die CNDD Teile der FDD.[xxxviii] Die Wahlen 2005 gewann die Partei souverän. Seitdem nutzt die CNDD-FDD ihre politische Vormachtstellung und verfügbare Mittel aktiv, um ihre eigene Position zu festigen. Die Partei ist bereits mehrfach durch ein rigoroses Vorgehen gegen Regimekritiker aufgefallen.[xxxix]

Die Jugendorganisation der Partei, die Imbonerakure, gilt als zentraler Akteur bei der Destabilisierung der aktuellen Sicherheitslage im Land.[xl][xli] In der Zeit vor den Wahlen im Sommer 2105 übte die Regierung massiven Druck auf Oppositionelle und Kritiker aus.[xlii] Auch nach der umstrittenen Wahl agiert die Jugendorganisation als quasi-staatliche Sicherheitsinstitution und geht aktiv und gewaltsam gegen Oppositionelle vor. Bei den legislativen Wahlen im Sommer 2015 erlangte die CNDD-FDD 60,28% der Stimmen und damit 77 der 121 Sitze. Auch der zweite Vize-Präsident, Joseph Butore, ist Mitglied der CNDD-FDD.

Politische Opposition

Die Möglichkeiten der politischen Opposition wurden bereits in den vergangenen Jahren zunehmend eingeschränkt. Nach den Wahlen im Sommer 2015 kam es zu mehreren Anschlägen auf Oppositionsführer, welche inzwischen mehrheitlich aus dem Land geflüchtet sind. Aufgrund der inhaltlichen Zersplitterung der Opposition und den Boykottaufrufen vor den Wahlen sind viele der mehrheitlich kleinen Oppositionsparteien nicht im Parlament vertreten.

Die Forces nationales de libération (FNL)ist seit 2009 Teil der politischen Landschaft Burundis. Während des Bürgerkrieges von 1993 bis 2000 war sie als ursprünglich bewaffneter Arm der Party for the Liberation of the Hutu People (PALIPEHUTU) maßgeblich an Gräueltaten beteiligt. Obwohl viele Menschen vor der Wahl ihre Hoffnung auf die FNL setzten, bekam sie bei der Parlamentswahl lediglich 1,24% und bei den Präsidentschaftswahlen rund 19% der Stimmen. Es gilt als sicher, dass die FNL weiterhin eigene Milizen unterhält.

Die Partei Unité et Progrès National (UPRONA) ist eine der ältesten Parteien Burundis und stellte die Regierung zur Zeit der Unabhängigkeit. Ursprünglich eher Tutsi-orientiert, ist die Anhängerschaft inzwischen gestreut. Die Partei stellt seit 1993 immer ranghohe Regierungsvertreter. Bei den Wahlen 2010 ist sie als einzige Oppositionspartei zumindest bei den Parlamentswahlen angetreten und war bis zum Ende 2014 Teil der Regierung. Bei den Wahlen im Sommer bekam die Partei 2,5% der Stimmen. Obwohl laut Verfassung eine 5%-Hürde überwunden werden muss, um Teil der Regierung zu sein, stellt die Partei aktuell den Vizepräsidenten Gaston Sindimwo.[xliii]

Burundi's Hope Independent ist ein Parteienbündnis, das einen gemeinsamen Gegenkandidaten, Abigenga-Amizero y’Abarundi, für die Präsidentschaftswahlen 2015 aufstellte. Wenig Tage vor der Wahl wurde die Kandidatur jedoch zurückgezogen, da die politische Lage nicht bereit für eine faire und friedliche Wahl sei. Trotz des Boykotts der Parlamentswahlen erhielt das Parteienbündnis 11,2% aller Stimmen und damit 23 der 121 Sitze.

Zivilgesellschaft und Medien

Kritische Medienvertreter und Angehörige der Zivilgesellschaft wurden in den vergangenen Monaten von der Regierung zunehmend als politische Feinde eingestuft. Anschläge und mangelnde Strafverfolgung beschränken ihre demokratische Kontrollfunktion spürbar.[xliv]

Am 1. August 2015 gründete sich das National Council for the Restoration of the Arusha Accords and the Rule of Law (CNARED) in Addis Abeba. Es besteht aus Vertretern der politischen Opposition, Vertretern der Zivilgesellschaft und ehemaligen Präsidenten Burundis. Das Gremium wurde bereits offiziell von der Afrikanischen Union empfangen, um über Möglichkeiten der Überwindung der Krise in Burundi zu sprechen.[xlv]

Zahlreiche NGOs sind im Forum for the Strengthening of Civil Society (FORSC) zusammengeschlossen. Im Jahr 2009 wurde es verboten. Da es jedoch keine verfassungsrechtliche Grundlage für das Verbot gab, wurde es wieder zurückgezogen. Das FORSC ist auch regional eine starke Stimme der Zivilgesellschaft, sieht sich aber zunehmenden Repressionen ausgesetzt.[xlvi]

Oppositionelle Milizen

Insbesondere der militärische Arm der FNL hat sich, auch nach dem Ende des Bürgerkrieges und der Umwandlung der Organisation zu einer politischen Partei, weitere Kämpfe mit der burundischen Armee geliefert. Zu Beginn des Jahres 2015 gab es in der westlichen Grenzregion zur DR Kongo erneute schwere Kämpfe zwischen Milizen und der burundische Armee.[xlvii] Auch die Bevölkerung in den südlichen Provinzen der Grenzregion zu Tansania, einer Region, von der aus bereits in der Vergangenheit Milizen Burundi angriffen, fürchtet sich vor erneut aufflammenden Kämpfen.[xlviii] Seit der Wahl im Sommer 2015 wurde immer wieder über vereinzelte Kämpfe zwischen Milizen und der Armee und/oder der Polizei berichtet. Im Oktober 2015 kam es zu Kämpfen in der Hauptstadt Bujumbura.

Am 11. Dezember 2015 attackierten unbekannte Rebellen mehrere Militärstützpunkte in der Hauptstadt Bujumbura. Dieser erste koordinierte und signifikante Angriff auf das burundische Militär führte zu einer weiteren Eskalation des Konfliktes und zu einer brutalen Reaktion der Sicherheitskräfte, unter der vor allem die zivile Opposition leidet.[xlix] Mit der Gründung der Republican Forces of Burundi (FOREBU) am 23. Dezember 2015 sowie der Résistence pour un Etat de Droit au Burundi (RED-Tabara)[l] droht sich die Opposition zunehmend zu radikalisieren und das Risiko eines Bürgerkrieges steigt.[li]

Internationale Gemeinschaft

Bereits im Verlauf des Jahres 2014 wurden seitens der UN die zunehmenden Repressalien gegen die burundischen Oppositionsbewegungen kritisch angemerkt.[lii] Die Afrikanische Union initiierte eine Pre-election Mission, um die Situation in Burundi zeitnah einschätzen zu können und auf aufkommende Spannungen rechtzeitig reagieren zu können.[liii] Die USA hatten ihre Unterstützung für die Arbeit der UN bekundet und erachten die Wahlen als wichtigen Meilenstein auf dem Weg Burundis hin zu einer friedlichen und gerechten Gesellschaft.[liv]

Die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Sommer 2015 wurden weder von den Vereinten Nationen, der Afrikanischen Union, der East African Community noch von der Europäischen Union als fair und frei bewertet.[lv] [lvi] Die Europäische Union stellte im Vorfeld fest, dass Burundi nicht bereit für eine Wahl sei, woraufhin Belgien die finanzielle Unterstützung zur Vorbereitung und Durchführung der Wahl einstellte.[lvii] Die EU und die Afrikanische Union zogen ihre Wahlbeobachtungsmissionen vorzeitig noch vor dem Wahltermin zurück. Lediglich die Wahlbeobachter der UN blieben im Land. Die Bundesrepublik Deutschland hat die bilaterale Zusammenarbeit bis auf weiteres suspendiert.[lviii]

Sowohl die EU, die AU und der UN-Sicherheitsrat verurteilen die schweren Menschenrechtsverletzungen und die Repression durch die burundische Regierung.[lix] Die EU und AU verabschiedeten jeweils Sanktionen gegen Regierungsmitglieder in Burundi. Im Dezember 2015 diskutierte die AU die Entsendung einer peacekeeping mission nach Burundi mit 5.000 Soldaten, die notfalls auch ohne den Willen der burundischen Regierung stationiert werden sollte. Präsident Nkurunziza kündigte aber an, die Soldaten als feindliche Kräfte zu betrachten und der Vorschlag wurde zunächst fallen gelassen.[lx] Stattdessen wurde am 31. Januar durch die afrikanischen Staats- und Regierungschefs beschlossen, eine hochrangige Delegation nach Burundi zu entsenden, um dort mit der Regierung, sowie nicht weiter spezifizierten Vertretern der Zivilbevölkerung über einen Friedensprozess zu beraten.[lxi]

Quellen

[i] Human Rights Watch 2016: Burundi: President’s Speech Instills Fear as Killings Increase, https://www.hrw.org/news/2015/11/10/burundi-presidents-speech-instills-fear-killings-increase, 23.03.2016.

[ii] Amnesty International 2015: Burundi: Extrajudicial executions and systematic killings must be investigated, https://www.amnesty.org/en/latest/news/2015/12/burundi-extrajudicial-executions-and-systematic-killings-must-be-investigated/, 26.03.2015.

[iii] Wallis, William 2016: African Union pulls back from Burundi peacekeeping mission, http://www.ft.com/intl/cms/s/0/0f6269fc-c828-11e5-be0b-b7ece4e953a0.html#axzz44JKOjFQn, 29.03.2016.

[iv] African Union (2016): Peace and Security Council 517st Meeting at the Level of Heads of State and Government, http://www.peaceau.org/uploads/571-psc-com-burundi-29-1-2016.pdf, 28.05.2016.

[v] Global Centre for the Responsibility to Protect (2015): R2P Monitor Issue 23, Burundi, http://www.globalr2p.org/media/files/r2p_monitor_sept2015_final.pdf, 23.10.2015.

[vi] Human Rights Watch 2015: Burundi: President’s Speech Instills Fear as Killings Increase, https://www.hrw.org/news/2015/11/10/burundi-presidents-speech-instills-fear-killings-increase, 23.03.2015.

[vii] Laing, Aislinn (2015): Suspected Burundi protesters 'beaten with iron bars and forced to sit in acid', http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/africaandindianocean/burundi/11820847/Suspected-Burundi-protesters-beaten-with-iron-bars-and-forced-to-sit-in-acid.html, 23.10.2015.

[viii] Global Centre for the Responsibility to Protect (2015): R2P Monitor Issue 23, Burundi, http://www.globalr2p.org/media/files/r2p_monitor_sept2015_final.pdf, 23.10.2015.

[ix] Eigene Berechnungen nach: ACLED Version 6 (1997 – 2015) standard file, http://www.acleddata.com/data/ und ACLED Realtime 2016 All Africa File (updated 17th September 2016), http://www.acleddata.com/data/realtime-data-2016/, 12.06.2016.

[x] UNHCR 2016: Burundi Situation: Inter-agency Information Sharing Portal, http://data.unhcr.org/burundi/regional.php, 12.06.2016 und OCHA 2016: Burundi: Humanitarian Snapshot (1 July 2016), https://www.humanitarianresponse.info/fr/system/files/documents/files/snapshot_burundi_20160701.pdf, 21.09.2016.

[xi] Aljazeera (2015): At least eight people shot dead in Burundi capital vom 05.10.2015, aljazeera.com, http://www.aljazeera.com/news/2015/10/people-shot-dead-burundi-capital-151005011332552.html, 11.10.2015.

[xii]Al Jazeera (DOHA)/allafrica.com (2015): Burundi Court 'Forced' to Validate Leader's Third Term allafrica.com vom08.052015, http://allafrica.com/stories/201505081142.html, 20.09.2015.

[xiii] Human Rights Watch 2016: Burundi: Abductions, Killings, Spread Fea, https://www.hrw.org/news/2016/02/25/burundi-abductions-killings-spread-fear, 23.03.2016.

[xiv] VOA (2015): Un Investigator Warns of Mass Atrocities in Burundi, Voice of America vom 15.09.2015, http://www.voanews.com/content/un-investigator-warns-of-mass-atrocities-in-burundi/2965079.html, 11.10.2015.

[xv]Amnesty International (2014): Burundi in Crisis: Government Pursues Campaign of Intimidation, 9.09.2014, http://blog.amnestyusa.org/africa/burundi-in-crisis-government-pursues-campaign-of-intimidation/, 25.11.2014.

[xvi] Deutsche Welle (2015): Burundi: Fresh Clashes Erupt As EU Sanctions Regime Figures, allafrica.com vom 04.10.2015, http://allafrica.com/stories/201510040218.html, 12.10.2015.

[xvii] Manishatse, Lorraine Josiane (2015): Extrajudical Killing Cases AtCibitoke, allafrica.com vom 09.01.2015, http://allafrica.com/stories/201501090886.html, 09.01.2015.

[xviii] Human Rights Watch 2016 Burundi: President’s Speech Instills Fear as Killings Increase, https://www.hrw.org/news/2015/11/10/burundi-presidents-speech-instills-fear-killings-increase, 23.03.2015.

[xix] Šimonović, Ivan (2016): Remarks by the Assistant Secretary-General for Human Rights, at the Human Rights Council interactive dialogue on Burundi, Geneva, 22 May 2016, http://www.ohchr.org/en/NewsEvents/Pages/DisplayNews.aspx?NewsID=18526&LangID=E, 28.05.2016

[xx] Human Rights Watch 2016: Association for the Protection of Human Rights and Detained Persons (APRODH), https://www.hrw.org/news/2015/12/01/dispatches-fresh-attempts-muzzle-free-speech-burundi, 29.03.2016.

[xxi] Human Rights Watch 2015: Burundi: Leading Human Rights Defender Shot, https://www.hrw.org/news/2015/08/03/burundi-leading-human-rights-defender-shot, 20.03.2016.

[xxii] Homeier, Rolf (2010): Wahlen in Burundi: Rückschlag für die Demokratie, GIGA Focus Nummer 6/2010, http://www.giga-hamburg.de/de/system/files/publications/gf_afrika_1006.pdf, 28.11.2014.

[xxiii] Ssuuna, Ignatius (2015): Burundi: Cracks Widen Within Burundi's Army, allafrica.com vom 09.09.2015, http://allafrica.com/stories/201510130211.html, 13.10.2015.

[xxiv] United Nations Security Council (2002): International Commission of Inquiry for Burundi: Final Report, S/1996/682 vom 7.Juni 2002.

[xxv] Human Rights Watch (2000): Emptying the Hills: Regroupment Camps in Burundi, Human Rights Watch Report, http://www.hrw.org/legacy/reports/2000/burundi2/, 20.11.2014.

[xxvi] Mthembu-Salter, Gregory; Berger, Elana; Kikoler, Naomi (2011): Prioritizing Protection from Mass Atrocities: Lessons from Burundi, Global Center for the Responsibility to Protect Occasional Paper, http://www.globalr2p.org/media/files/prioritizing_protection_from_mass_atrocities.pdf, 20.11.2014.

[xxvii] UHCHR (2016): Alarming new patterns of violations emerging in Burundi, http://www.ohchr.org/en/NewsEvents/Pages/DisplayNews.aspx?NewsID=16953&LangID=E, 28.05.2016

[xxviii] UN General Assembly 2015: A/HRC/30/42Add.1, http://www.ohchr.org/EN/HRBodies/HRC/RegularSessions/Session30/Documents/A_HRC_30_42_Add_1_ENG_.docx, 23.10.2015.

[xxix] Krueger, Robert (2007): From Bloodshed to Hope in Burundi, University of Texas Press.

[xxx] Nindorera, Willy (2010): The CNDD-FDD in Burundi, Berghof Transitions Series Nummer 10, http://image.berghof-foundation.org/fileadmin/redaktion/Publications/Papers/Transitions_Series/transitions10_burundi.pdf, 06.01.2015.

[xxxi] Zolberg, Aristide; Suhrke, Astri, Aguayo, Sergio (1989): Escape from Violence: Conflict and the Refugee Crisis in the Developing World, Oxford University Press.

[xxxii] Lemachand, René; Martin, David (1974): Selective Genocide in Burundi, Minority Rights Group Report 20, http://www.burundi-agnews.org/agnews_selectgenobur.htm, 21.11.2014.

[xxxiii] Lemachand, René; Martin, David (1974): Selective Genocide in Burundi, Minority Rights Group Report 20, http://www.burundi-agnews.org/agnews_selectgenobur.htm, 21.11.2014.

[xxxiv] Krueger, Robert (2007): From Bloodshed to Hope in Burundi, University of Texas Press.

[xxxv]Bouka, Yolande (2014): Status and dynamics of the political situation in Burundi, Central Africa Report, Issue 1 vom Juli 2014, Institute for Security Studies, http://www.issafrica.org/publications/central-africa-report/status-and-dynamics-of-the-political-situation-in-burundi, 05.01.2015.

[xxxvi] Geneva Academy of International Humanitarian Law and Human Rights (2010): Rule of Law in Armed Conflicts Project: Burundi, http://www.geneva-academy.ch/RULAC/current_conflict.php?id_state=38, 21.11.2014.

[xxxvii] Bigirimana, Christian; Madirisha, Edouard und Mbazumutima, Abbas (2015): Burundi: An Empty Dialog, allafrica.com vom 01.10.2015, http://allafrica.com/stories/201510020326.html, 11.10.2015.

[xxxviii] Nindorera, Willy (2010): The CNDD-FDD in Burundi, Berghof Transitions Series Nummer 10, http://image.berghof-foundation.org/fileadmin/redaktion/Publications/Papers/Transitions_Series/transitions10_burundi.pdf, 06.01.2015.

[xxxix] Geneva Academy of International Humanitarian Law and Human Rights (2010): Rule of Law in Armed Conflicts Project: Burundi, http://www.geneva-academy.ch/RULAC/current_conflict.php?id_state=38, 21.11.2014.

[xl]Amnesty International (2014): Burundi in Crisis: Government Pursues Campaign of Intimidation, 9.09.2014, http://blog.amnestyusa.org/africa/burundi-in-crisis-government-pursues-campaign-of-intimidation/, 25.11.2014.

[xli] Human Rights Watch (2010): Closing Doors? The Narrowing of Democratic Space in Burundi, http://www.hrw.org/sites/default/files/reports/burundi1110WebVersion.pdf, 07.01.2015.

[xlii] Nimubona, Desire (2014): Burundi Opposition Says Leaders Face Threats Before 2015 Polls, bloomberg.com vom 17.Juli 2014, http://www.bloomberg.com/news/2014-07-17/burundi-opposition-says-leaders-face-threats-before-2015-polls.html, 07.01.2015.

[xliii] rpa (2015): Le du Nkurunziza-Sindimwo: nième violation de la Constitution, rpa.bi vom 21.09.2015, http://rpa.bi/index.php/component/k2/item/1234-le-duo-nkurunziza-sindimwo-nieme-violation-de-la-constitution, 12.10.2015.

[xliv] Manishatse, Lorraine Josiane (2014): UN Expert- Civil Society and Media Are Deemed Political Opponents, allafrica.com vom 01.12.2014, http://allafrica.com/stories/201412031343.html, 07.01.2015.

[xlv] Iwacu (2015): Création du CNARED á Addis-Abeba, iwacu-burundi.org vom 03.08.2015, http://www.iwacu-burundi.org/creation-du-cnared-a-addis-abeba/, 12.10.2015.

[xlvi] Madirisha, Edouard (2014): Avoid the worst in 2015, iwacu-burundi.org vom 18.11.2014, http://www.iwacu-burundi.org/blogs/english/avoid-the-worst-in-2015/, 20.3.2015.

[xlvii]ABC News (2015): 97 People Killed in Burundi Fighting Between Troops, Rebels, abcnews.com vom 05.01.2015, http://abcnews.go.com/International/wireStory/97-people-killed-burundi-fighting-troops-rebels-28008087, 08.01.2015.

[xlviii] Siboniyo, J. Berchmans (2014): People From Nyanza Lac Are Fleeing the Country, allafrica.com vom 09.12.2014, http://allafrica.com/stories/201412090782.html, 08.01.2015.

[xlix] BBC 2015: Burundi crisis: Military bases attacked in Bujumbura, http://www.bbc.com/news/world-africa-35070154, 23.03.2015.

[l] Global Security (2016): Resistance for a State of Law in Burundi, http://www.globalsecurity.org/military/world/para/red-tabara.htm, 28.05.2016

[li] Al Jazeera 2015: Burundi: New rebel group formed to oust president, http://www.aljazeera.com/news/2015/12/burundi-rebel-group-formed-oust-president-151223133950081.html, 23.03.2015.

[lii] UN News Centre (2014): Ban appoints envoy for UN Burundi office ahead of country's elections, 10.11.2014, http://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=49301#.VLGSpvkUGa0, 08.01.2015.

[liii] African Union (2014): The African Union to deploy a Pre-election assessment Mission in the Republic of Burundi, press release vom 02.12.2014,

http://pa.au.int/en/sites/default/files/Press%20Release%20for%20Burundi%20Pre%20election%20assessment%20Mission%20%2Bfinal.pdf, 08.01.2015.

[liv] US Department of State (2015): U.S. Welcomes Robust UN Electoral Observation Mission to Burundi, Press Statement vom 08.01.2015, https://www.modernghana.com/news/590761/1/us-welcomes-robust-un-electoral-observation-missio.html, 08.01.2015.

[lv] Dolman, Joshua (2015): Burundi's election results will not be recognised, says AU, justiceafrica.org vom 30.06.2015, http://justiceafrica.org/?p=2001, 13.10.2015.

[lvi] Analo, Trevor (2015): EAC observer team says Burundi presidential poll not free of fair, theeastafrica.co.ke vom 24.07.2015, http://www.theeastafrican.co.ke/news/EAC-observer-team-says-Burundi-poll-not-free-or-fair/-/2558/2806544/-/ub16bi/-/, 12.10.2015.

[lvii] Buchanan, Elsa (2015): Belgium suspends its assistance to the electoral process in Burundi, International Business Times vom 11.05.2015, http://www.ibtimes.co.uk/belgium-suspends-its-assistance-electoral-process-burundi-1500632, 12.10.2015.

[lviii] BMZ (2015): Burundi, bmz.de vom 18.09.2015, https://www.bmz.de/de/was_wir_machen/laender_regionen/subsahara/burundi/index.html, 12.10.2015.

[lix] Hatcher, Jessica 2015: UN ramps up pressure on Burundian government with resolution on violence, http://www.theguardian.com/global-development/2015/nov/12/un-to-vote-on-resolution-condemning-killings-torture-burundi-government, 29.03.2016.

[lx] Wallis, William 2016: African Union pulls back from Burundi peacekeeping mission, http://www.ft.com/intl/cms/s/0/0f6269fc-c828-11e5-be0b-b7ece4e953a0.html#axzz44JKOjFQn, 29.03.2016.

[lxi] African Union (2016): Peace and Security Council 517st Meeting at the Level of Heads of State and Government, http://www.peaceau.org/uploads/571-psc-com-burundi-29-1-2016.pdf, 28.05.2016.

  • Zusammenfassung
  • Irak
  • Nigeria
  • Nordkorea
  • Sudan
  • Syrien
  • Afghanistan
  • Burundi
  • Demokrat. Rep. Kongo
  • Jemen
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  • Pakistan
  • Zentralafrik. Rep.
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Während der vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) per Haftbefehl gesuchte Präsident Omar al-Bashir in 2015 Südafrika und China besuchen konnte, halten Gräueltaten im Sudan weiter an. Im östlichen Darfur und den südlichen Blue Nile- und South Kordofan-Staaten werden Massenverbrechen von der sudanesischen Regierung, der sudanesischen Armee (SAF) und beauftragten Milizen, u.a. den paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF), begangen. Auch Rebellenbewegungen, u.a. das Sudan People’s Liberation Movement-Northern Sector (SPLM-N), begehen Kriegsverbrechen, wenn auch in geringerem Ausmaß. Sie verüben Angriffe auf zivile Ziele, attackieren UN-Personal und rekrutieren Kindersoldaten.[i] Die Anklage gegen al-Bashir umfasst Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Völkermord in Darfur und damit sämtliche Straftatbestände des IStGH.

Die SAF zerstört bei ihrem Kampf gegen die Rebellen gezielt wichtige Lebensgrundlagen wie Brunnen, Viehbestände, Agrarflächen und zivile Infrastruktur. Sie bombardiert regelmäßig zivile Ziele und greift auf international geächtete Streumunition zurück. Sexuelle Gewalt wird offenbar strategisch zur Aufstandsbekämpfung eingesetzt. Darüber hinaus finden vorsätzliche Tötungen und die systematische Zerstörung von Eigentum statt. Öffentliche Proteste werden mit exzessiver Gewalt zurückgeschlagen und Demonstranten ohne faire Prozesse inhaftiert, gefoltert oder gezielt getötet. In Darfur, Blue Nile und South Kordofan behindert die Regierung die Arbeit der UN und internationaler Hilfsorganisationen.

In dem seit 2003 anhaltenden Darfurkonflikt wurden bis 2008 nach Schätzungen der UN zwischen 200.000 und 300.000 Menschen getötet.[ii] Seit 2013 intensiviert sich der ohnehin nie beigelegte Konflikt erneut. Zwischen Anfang 2008 und Ende Dezember 2015 wurden laut dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED) 28.200 Menschen im Sudan getötet, davon 13.066 in Darfur und 8.524 in South Kordofan und Blue Nile. Insgesamt befinden sich mindestens 4.557 Zivilisten unter den Opfern.[iii] Die Gesamtzahl der sudanesischen Flüchtlinge in den Nachbarstaaten des Sudans beträgt etwa 603.000, die Anzahl der Binnenvertriebenen im Sudan 3.200.000.[iv] Sie stammen hauptsächlich aus Darfur und dem Süden des Sudans.

Todesopfer

Tote insgesamt
Tote pro Monat



© Genocide Alert; Daten: ACLED Africa Data

Analyse

Notstand: Massenverbrechen finden statt

Systematische Zerstörung von Eigentum und Lebensgrundlagen

Neben den Bombenangriffen aus der Luft, mit denen die sudanesische Armee vielfach gezielt zivile Gebäude zerstört, wendet die SAF auch sogenannte „scorched earth“-Taktiken an. Diese beinhalten die gezielte und großflächige Zerstörung von Infrastruktur und wichtigen Lebensgrundlagen wie Brunnen, Viehbeständen und Agrarflächen, mit dem Ziel, dem Gegner jegliche Möglichkeit zum Kampf zu nehmen und so zur Aufgabe zu zwingen. So zerstörten Regierungstruppen im Januar 2015 im Rahmen einer Offensive durch Flächenbombardements und Verbrennung von Agrarboden eine Vielzahl an Dörfern in und um das Gebirgsplateau Jebel Marra im Zentrum Darfurs. Die SAF nutzte hierfür völkerrechtlich geächtete Streumunition.[v] Auf dem Boden setzte die sudanesische Regierung die paramilitärischen Rapid Support Forces ein. Diese plünderten, brannten Häuser und Hütten nieder und vergewaltigten und töteten Bewohner, die nicht fliehen konnte.[vi] Auch in South Kordofan setzte die SAF das erste Quartal 2015 über Streumunition ein.[vii] Zusätzlich begeht die sudanesische Regierung Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch die massive und vorsätzliche Behinderung von Hilfsmissionen, Nahrungslieferungen und medizinischer Hilfe an Zivilisten in den Nuba-Bergen in South Kordofan.[viii]

Sexuelle Gewalt

Augenzeugen und Überlebende aus dem Sudan berichten, dass die SAF und regierungsnahe Milizen sexuelle Gewalt gegen sie oder Verwandte bzw. Freunde ausgeübt haben. Laut Human Rights Watch (HRW) lässt das Ausmaß der sexuellen Gewalt vermuten, dass diese von der Regierung sowohl in Darfur als auch im Süden als Teil einer Strategie zur Aufstandsbekämpfung eingesetzt wird.[ix][x] Am 30. Oktober 2014 wurden innerhalb von 36 Stunden über 200 Mädchen und Frauen in Tabit, einer Stadt in Nord-Darfur, von Regierungssoldaten vergewaltigt.[xi] Darüber hinaus werden offenbar viele Flüchtlinge in Camps festgehalten, Frauen sowie Männer verschleppt und anschließend sexuell missbraucht oder gefoltert.[xii] Obwohl diese Vergewaltigungen in der Regel öffentlich und vor den Augen von Verwanden und teils mehrerer Armeeangehöriger stattfinden, werden die Täter durch die Regierung strafrechtlich nicht verfolgt.

Vertreibungen

Durch die Kämpfe zwischen den Rebellen und den sudanesischen Streitkräften sowie gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Stämmen wurden 2013 etwa 460.000 Menschen aus Darfur vertrieben. Im Jahr 2014 flohen 431.000 Menschen. Seitdem hat sich die Situation weiter verschlechtert. Neben den Vertriebenen gibt es zahlreiche Todesopfer. Im Süden des Sudan hat eine große Offensive der sudanesischen Armee in 2014 zahlreiche Todesopfer und vor allem im South-Kordofan massive Vertreibung zur Folge gehabt; zwischen April und September 2014 sind 25.900 Menschen aus ihrer Heimat im Süden des Sudan geflohen.[xiii]

Vorsätzliche Tötung

Sudanesische Flüchtlinge aus dem Bundesstaat Blue Nile, die hauptsächlich zur Ethnie der Ingessana gehören, berichteten HRW neben wahllosen Festnahmen und sexueller Gewalt auch von vorsätzlichen Tötungen durch Sicherheitskräfte der Regierung. Da der Kommandeur der im Süden des Sudans aktiven Rebellengruppe Sudan People's Liberation Army-North (SPLA-N) zu dieser Ethnie gehört, wird angenommen, dass die Menschen aufgrund ihrer vermuteten Unterstützung der Rebellen umgebracht wurden. Proteste gegen die sudanesische Regierung werden in der Regel mit exzessiver Gewalt und den Einsatz scharfer Munition zurückgeschlagen, oft offenbar mit gezielter Tötungsabsicht. Während der Protestwelle 2013 wurden etwa 180 Menschen von Sicherheitskräften getötet. Auch in den von der Regierung kontrollierten Gebieten im Süden des Sudan werden offenbar Menschen von Sicherheitskräften umgebracht.

Freiheitsentzug

Berichten zufolge wurden bzw. werden Menschen wahllos inhaftiert und lange ohne Anklage festgehalten. Vor allem zählen zu den Inhaftierten aber Mitglieder und Führungspersonen der parlamentarischen und außerparlamentarischen Opposition.[xiv] Insbesondere vor und nach der Präsidentschaftswahl im April 2015 wurden gezielt Oppositionelle festgenommen, während Demonstrationen blutig niedergeschlagen wurden. Auch viele Teilnehmende der Proteste im Jahr 2013 gegen die Aufhebung von Subventionen für Öl und Gas werden aber noch immer ohne fairen Prozess festgehalten.[xv] Medizinische Hilfe wird Inhaftierten regelmäßig verweigert.

Folter

Folter wird systematisch angewendet um Oppositionelle zu bestrafen, zu bedrohen und zu unterdrücken. Laut Amnesty International haben die sudanesische Polizei, der Geheimdienst und die Armee insbesondere im Rahmen der Proteste im September 2013 festgenommene Demonstranten gefoltert.[xvi] Es wird ebenfalls von gerichtlich angeordneten Amputationen im Rahmen des Strafvollzugs berichtet.[xvii] Darüber hinaus gibt es Berichte über brutale und teilweise tödliche Folter von hunderten Flüchtlingen aus Eritrea durch sudanesische Menschenhändler. Teilweise werden die Menschenhändler offenbar von Polizei und Militär unterstützt. Auch sudanesische Binnenvertriebene berichten von Folter und Misshandlungen durch Sicherheitskräfte.[xviii]

Kontext

Der Darfur-Konflikt

Der Bundessstaat Darfur ist seit Jahrzehnten durch Kämpfe um u.a. regionale Vorherrschaft, Ressourcen und ethnische Fragen geprägt. Im Februar 2003 lehnten sich das Sudan Liberation Movement (SLM) und die Justice and Equality Movement (JEM) gegen die sudanesische Zentralregierung in Karthum auf, die sie der Unterdrückung der nicht-arabischstämmigen Bevölkerung beschuldigten. Entsprechend rekrutierten sie vor allem nicht-arabischstämmige Kämpfern und Mitglieder der Stämme der Fur, Zaghawa und Masalit. Die Regierung reagierte mit einer Kampagne ethnischer Säuberungen, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord. Im Kampf gegen die Rebellen setzte die Regierung diverse, aber vor allem arabisch-stämmige, Milizen ein, die unter dem Begriff Dschandschawid (arabisch: dschinn „Geist, Dämon“; dschawad „Pferd“) bekannt wurden. Nach Schätzungen der UN fielen bis 2008 etwa 200.000-300.000 Menschen den Massenverbrechen und Kämpfen zum Opfer, genaue Zahlen sind jedoch nicht verfügbar.[xix]

Trotz regionaler und internationaler Verhandlungsbemühungen, der Stationierung einer der AU Mission in Sudan (AMIS) in 2004 und der African Union/United Nations Hybrid Operation in Darfur (UNAMID) in 2007, hielt die Gewalt in Darfur an, wenn auch in geringerer Intensität. Mehrere Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen seit 2006 scheiterten, so auch das erste, über zwei Jahre hinweg bis 2006 ausgehandelte Abkommen zwischen der Zentralregierung und Teilen der Sudan Liberation Movement/Army (SLA/M), die sich 2005 von der SLM abspaltete. Die diversen Rebellengruppen begannen, sich auch untereinander zu bekämpfen.[xx]

Die Situation in Darfur eskalierte erneut im Jahr 2013, als sich auch regierungstreue arabischstämmige Milizen aufspalteten und ihre Kämpfer sich teils den Rebellen anschlossen. Durch Bombardierungen aus der Luft, der Zerstörung von Eigentum sowie systematischen sexuellen Missbrauch, begehen die sudanesische Regierungen und die mit ihr verbündeten Milizen seit Jahren Massenverbrechen in Darfur. Zwischen Februar und August 2014 führten die neu eingerichteten paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) im Auftrag der Regierung Angriffe auf Dörfer in Süd- und Nord-Darfur durch. Aufgrund der ansteigenden Gewalt wurden fast eine halbe Million Menschen aus ihrer Heimat vertrieben, 3,2 Mio. Menschen benötigen humanitäre Hilfe.[xxi]

Konflikt in den Bundesstaaten South-Kordofan und Blue Nile

Im Süden des Sudans kämpften zwischen 1955 und 1972 sowie ab 1983 Rebellen für die Unabhängigkeit des Südsudans. Seit 1983 wurden die Separatisten von der Sudan People’s Liberation Army (SPLA) angeführt, die sich 2005 mit der sudanesischen Zentralregierung auf ein Friedensabkommen einigte. Trotz der Staatsgründung des Südsudans am 9. Juli 2011, der Unterzeichnung der UN Resolution 2046 zur Beendigung der Kämpfe und der Umwandlung der SPLA in die offizielle Armee des Südsudans, halten Konflikte im Grenzgebiet weiter an.[xxii]

Die Kämpfe konzentrieren sich seit Juni 2011 hauptsächlich auf Auseinandersetzungen zwischen der sudanesischen Armee, den paramilitärischen Popular Defence Forces (PDF) und den RSF auf der einen Seite, und der Sudan People’s Liberation Movement-Northern Sector (SPLM-N), dessen Mitglieder nach der Unabhängigkeit der südlich gelegenen Landesteile im Sudan verblieben. Die sudanesische Armee, unterstützt von den paramilitärischen Popular Defence Forces (PDF) und den RSF, gehen nicht nur gegen die bewaffneten Rebellen vor, sondern auch gegen dortige Zivilisten.[xxiii]

Der Konflikt im Süden des Sudan, welcher vor allem die Bundesstaaten South Kordofan und Blue Nile umfasst, dreht sich u.a. um Ressourcen, ethnische Fragen sowie um die von den Rebellengruppen verlangte Autonomie der Region.[xxiv] Vor allem Blue Nile ist tief gespalten zwischen einheimischen Sudanesen, arabischstämmigen Sudanesen und neueingewanderten Arabern. Politisch und wirtschaftlich wurde die Region von der Zentralregierung zudem vernachlässigt. Vorhandene Ressourcen werden von den Eliten aus Khartum ausgebeutet.[xxv]

Am 12. November 2011 schlossen sich unter anderem die SPLM-N aus dem Süden des Sudans und die JEM und die SLM zu einer gemeinsamen Allianz Namens Sudan Revolutionary Front (SRF) zusammen, um gemeinsam gegen die Regierung in Khartum zu kämpfen.[xxvi] Vor allem im Süden des Sudans wendeten sich außerdem zunehmend arabischstämmige Kämpfer von der Regierung ab und unterstützen die Rebellen, speziell die SPLM-N.[xxvii]

2014 diagnostizierte das Satellite Sentinel Project einen massiven Anstieg militärischer Offensiven seitens der Regierung gegen Ziele in South-Kordofan.[xxviii] Darunter fallen vor allem Luftangriffe im Zuge einer Sommeroffensive seit April 2014. Das SPLM-N hat eine Gegenoffensive mit wahllosen Bombardierungen ziviler Ziele durchgeführt und damit ebenfalls gegen humanitäres Völkerrecht verstoßen.[xxix] Die Regierung verhindert weiterhin den Zutritt der UN oder internationaler Hilfsorganisationen zu der Region. Auch internationale Vereinbarungen und Resolutionen werden missachtet.[xxx] Im Januar 2015 muss die Hilfsorganisation Médicines sans Frontières (Ärzte ohne Grenzen) aufgrund der gefährlichen Lage ihre Mission im Sudan aussetzen.[xxxi] Laut der United States Agency for International Development (USAID) werden 2015 in Blue Nile und South-Kordofan zwei Mio. Menschen vertrieben oder bedroht sein.[xxxii]

Konflikte im Osten des Sudan

Im Osten des Sudan fand seit 2006 kein tödlicher Konflikt mehr statt, jedoch ist der Frieden dort fragil. Auch wegen der Ausbeutung der regionalen Ressourcen durch die Regierung haben viele Splittergruppen im Osten im Jahr 2013 zum Sturz der Regierung und zum Schulterschluss mit der SRF aufgerufen. Ein erneuter Anstieg der Gewalt gilt wegen der Kämpfe in South Kordofan und Blue Nile als möglich.[xxxiii]

Akteure

Sowohl auf Seite der Regierung als auch auf Seite der diversen Oppositionsgruppen, kämpfen eine Vielzahl an Milizen. Nur die wichtigsten werden im Folgenden aufgeführt.

Regierung und regierungstreue Truppen

Mitglieder der sudanesischen Regierung, dabei vor allem die Regierungspartei National Congress Party (NCP) und ihr Vorsitzender und Präsident des Sudan Omar al-Bashir werden vom Internationalen Strafgerichtshof für Massenverbrechen verantwortlich gemacht.[xxxiv] Am 16. April wurde Präsident Omar al-Bashir bei geringer Wahlbeteiligung mit etwa 95% der Stimmen wiedergewählt. Die EU und die USA stuften die Wahl als nicht frei und nicht repräsentativ ein und lehnten das Ergebnis ab. Die Sudanese Armed Forces (SAF), die staatliche Armee, wird von der Regierung umfangreich gegen die eigene Zivilbevölkerung eingesetzt. Darüber hinaus kämpfen die Rapid Support Forces (RSF), ein Zusammenschluss aus Teilen der SAF und paramilitärischen Milizen, auf Seiten der Regierung. Sie haben ihre Wurzeln in den Janjaweed-Milizen, einer bewaffneten und berittenen Rebellengruppe mit vornehmlich beduinischem Hintergrund. Auch einem ihrer Anführer wirft der Internationale Strafgerichtshof Massenverbrechen vor. Die RSF, und die ehemaligen Janjaweed-Milizen, sind berüchtigt für ihre Angriffe auf Zivilpersonen.[xxxv] Die RSF werden vom National Intelligence and Security Service(NISS), dem Geheimdienst des Sudan, verwaltet. Der NISS verfügt über umfangreiche Befugnisse und ist vor strafrechtlicher Verfolgung immun.[xxxvi] Eine weitere paramilitärische Miliz sind die Popular Defence Forces (PDF), welche sich als Streitkraft aus Mujahedin (islamische „Kämpfer des heiligen Kriegs“) versteht. Die Kämpfer unterstehen den Weisungen der Regierung, dienen offiziell als Reservisten und sind in den Konfliktgebieten im Süden und teils im Osten aktiv.[xxxvii]

Opposition

Sudanesische Oppositionsparteien haben sich zur Koalition National Consensus Forces (NCF)zusammengeschlossen. Zu den insgesamt 19 zusammengeschlossenen, politischen Parteien zählen u.a. die National Umma Party, die Popular Congress Party unddie Sudanese Communist Party. Die Mitglieder haben die Democratic Alternative Charter (DAC) erarbeitet unterschrieben, welche auf die friedliche Beseitigung er aktuellen Regierung abzielt und zur Einführung demokratischer Prinzipien aufruft. Oppositionelle werden systematisch unterdrückt und immer wieder verhaftet. Auch Monate nach der Wahl, wurden im August 2015 mindestens 17 Oppositionelle inhaftiert.

Rebellengruppen

Ungeachtet des friedlichen Anspruchs des NCF, erklärte die Rebellenvereinigung Sudan Revolutionary Front (SRF) der Koalition ihre Unterstützung. Die SRF wurde am 12. November 2011 als Zusammenschluss diverser etablierter Rebellengruppen aus Darfur, Blue Nile und South Kordofan gegründet, welche größtenteils unabhängig, teils aber auch gemeinsam operieren.[xxxviii]

Aus Darfur stammen das Justice and Equality Movement (JEM) - deren Vorsitzender für Kriegsverbrechen verantwortlich gemacht wird - und assoziierte Splittergruppen, wie dieSudan Liberation Movement/Army-Abdul Wahed (SLM-AW/SLA-AW) und die Sudan Liberation Movement/Army – Minni Minnawi (SLM-MM/SLA-MM). Eine weitere Rebellengruppe, welche hauptsächlich in Darfur aktiv ist, ist die United Resistance Front (URF). Auch ihr Vorsitzender wird für Kriegsverbrechen verantwortlich gemacht. Zudem zählt die in South-Kordofan und Blue Nile aktive Rebellengruppe Sudan People’s Liberation Movement/Army-Northern Sector (SPLM-N/SPLA-N) zur SRF. Vor der Unabhängigkeit des Südsudans zählten ihre Mitglieder zu den Separatisten der Sudan People’s Liberation Army (SPLA), die inzwischen die offizielle Armee des Südsudans bildet. Es gilt als sicher, dass der Südsudan die SPLM-N bei ihrem Kampf im Sudan unterstützt.

Die Eastern Front (EF)ist ein Zusammenschluss von Rebellen im Osten des Sudan, die sich maßgeblich an Stammeszugehörigkeiten orientiert und der zeitweise u.a. die SPLA und das JEM angehören. Die EF kämpfte um die regionale Vorherrschaft. Sie unterzeichnete 2006 mit der al Bashir-Regierung das Eastern Sudan Peace Agreement. Seitdem fanden keine größeren Konflikte im Osten des Sudans statt.

Stämme und Gemeinschaften

Im Sudan herrscht eine Vielzahl an Konflikten zwischen lokalen Stämmen und Gemeinschaften, die sich teils auch in den Strukturen der Rebellengruppen ausdrückt. Außerhalb der bewaffneten Oppositionsgruppierungen, treten vor allem die Stämme Rezeigat und Ma’aliain Erscheinung, welche sich aufgrund von Landes- und Vieheigentumsfragen bekämpfen.

Die internationale Gemeinschaft

Die Vereinten Nationen sind mit zwei Peacekeeping-Missionen im Sudan präsent: Seit Juli 2007 mit der von UN und Afrikanischen Union geführten Mission African Union-United Nations Hybrid Operation in Darfur (UNAMID) in Darfur und seit Juni 2011 auch mit der UN Interim Security Force for Abyei, South-Kordofan (UNISFA). Beide sind mit dem Schutz der Zivilbevölkerung mandatiert. Darüber hinaus hat die UN seit 2011 56 Resolutionen bezüglich des Sudan erlassen. UNAMID beanstandete mehrmals – zuletzt Anfang Oktober 2015, dass die sudanesische Regierung die Umsetzung des Mandats der Mission, den Schutz der Zivilbevölkerung, behindere.[xxxix] Auf vielfältige internationaler Kritik reagierte UNAMID im März 2015 für eine vermeintliche Effektivitätssteigerung mit der Kürzung der Mission um 770 Stellen.[xl]

Unter dem Dach des African Union High-Level Implementation Panel on Sudan (AUHIP) werden Verhandlungen zwischen der Regierung des Sudan und der SPLM-N geführt. Verhandlungsführer ist der ehemalige südafrikanische Präsident Thabo Mbeki. Darüber hinaus existiert eine „Troika“ aus den USA, Großbritannien und Norwegen, welche Friedensverhandlungen im Sudan, den National Dialogue, zu unterstützen versucht.[xli]

Der Internationalen Strafgerichtshof

Der Internationale Strafgerichtshof hat 2007 mehrere Anklagen gegen Regierungsmitglieder des Sudan wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Völkermord in Darfur erhoben und Rebellenführern erlassen. Dazu zählt neben dem amtierenden Verteidigungsminister Abdel Raheem Muhammad Hussein und dem Gouverneur von North Kordofan, Ahmed Haroun, bekannterweise auch der Staatspräsident Omar al-Bashir. Gegen Bashir wurde 2007 ein Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit und 2010 zusätzlich wegen Völkermordes erlassen. Abdallah Banda, der ehemalige Anführer der JEM, wartet zusammen mit Saleh Jerbo (SLA) auf ein Urteil in Den Haag.[xlii] Sämtliche Mitglieder der sudanesischen Regierung entzogen sich den Haftbefehlen bislang erfolgreich.[xliii]

Quellen

[i] Global Center for the Responsibility to Protect 15.11.2015: R2P Monitor 2015 Issue 24, 28.11.2015 at http://www.globalr2p.org/media/files/r2p_monitor_nov2015_final.pdf

[ii] BBC 23.04.2008: Darfur deaths 'could be 300,000', 28.11.2015 at http://news.bbc.co.uk/2/hi/7361979.stm

[iii] Eigene Berechnungen nach: ACLED Version 6 (1997 – 2015) standard file, 14.06.2016 at http://www.acleddata.com/data/ und ACLED Realtime 2016 All Africa File (updated 17th September 2016), 21.09.2016 at http://www.acleddata.com/data/realtime-data-2016/.

[iv] ACAPS 2016: Global Emergency Overview March 2016, S. 45-46, 14.06.2016 at http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Global%20Emergency%20Overview%20Snapshot%2C%2023-30%20March%202016.pdf; Die Zahlen decken sich weiterhin mit aktuellen Einschätzzungen, etwa auf: http://www.refworld.org/country,COI,UNHCR,,SDN,,573ad3274,0.html.

[v] Radio Darfur 22.01.2015, Start of major offensive against rebel stronghold in Darfur’s East Jebel Marra, 19.03.2015 at https://www.dabangasudan.org/en/all-news/article/start-of-major-offensive-on-darfur-s-east-jebel-marra-rebel-stronghold

[vi] Human Rights Watch 09.11.2015: “Men With No Mercy”.Rapid Support Forces Attacks against Civilians in Darfur, Sudan, 28.11.2015 at https://www.hrw.org/report/2015/09/09/men-no-mercy/rapid-support-forces-attacks-against-civilians-darfur-sudan

[vii] Human Rights Watch 03.09.2015: Cluster Munitions Used in 5 Countries in 2015, 28.11.2015 at https://www.hrw.org/news/2015/09/03/cluster-munitions-used-5-countries-2015

[viii] Satellite Sentinel Project 20.11.2015: Extermination By Design: The Case for Crimes Against Humanity In Sudan's Nuba Mountains, 28.11.2015 at http://www.satsentinel.org/report/extermination-design-case-crimes-against-humanity-sudans-nuba-mountains

[ix] Human Rights Watch 14.12.2014: Sudan: Soldiers, Militias Killing, Raping Civilians, 28.11.2015 at http://www.hrw.org/news/2014/12/14/sudan-soldiers-militias-killing-raping-civilians

[x] Human Rights Watch 09.11.2015: “Men With No Mercy”.Rapid Support Forces Attacks against Civilians in Darfur, Sudan, 28.11.2015 at https://www.hrw.org/report/2015/09/09/men-no-mercy/rapid-support-forces-attacks-against-civilians-darfur-sudan

[xi] Human Rights Watch 11.02.2015: Mass Rape in North Darfur, 28.11.2015 at https://www.hrw.org/report/2015/02/11/mass-rape-north-darfur/sudanese-army-attacks-against-civilians-tabit

[xii] Human Rights Watch 11.02.2014: "I wanted to lie down and die", 28.11.2015 at http://www.hrw.org/node/122893/section/3

[xiii] UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs 15.03.2015, Sudan: Humanitarian Bulletin Issue 11 | 9 - 15 March 2015, 19.03.2015 at http://reliefweb.int/report/sudan/sudan-humanitarian-bulletin-issue-11-9-15-march-2015

[xiv] Human Rights Watch 25.06.2014, Sudan: End Arbitrary Detention of Activists, 04.01..2015 at http://www.hrw.org/news/2014/06/25/sudan-end-arbitrary-detention-activists

African Centre for Justice and Peace Studies 10.12.2014, Sudan detains political activists and human rights defenders to silent criticism, 04.01.2015 at http://www.acjps.org/sudan-detains-political-activists-and-human-rights-defenders-to-silence-political-opposition/

[xv] Amnesty International & African Centre for Justice and Peace Studies 2014, Excessive and Deadly, 29.12.2014 at http://www.amnesty.org/en/library/asset/AFR54/020/2014/en/f1387d3b-fd44-4517-83ff-c530f7b3bfb1/afr540202014en.pdf

[xvi]Amnesty International & African Centre for Justice and Peace Studies 2014, Excessive and Deadly, 29.12.2014 at http://www.amnesty.org/en/library/asset/AFR54/020/2014/en/f1387d3b-fd44-4517-83ff-c530f7b3bfb1/afr540202014en.pdf

[xvii] African Centre for Justice and Peace Studies, 27.02.2013, Sudan: Doctors Perform Amputations for Courts, 29.12.2014 at http://www.acjps.org/sudan-doctors-perform-amputations-for-courts/

[xviii] Human Rights Watch 11.02.2014: "I wanted to lie down and die", 28.11.2015 at http://www.hrw.org/node/122893/section/3

[xix] BBC 23.04.2008: Darfur deaths 'could be 300,000', 28.11.2015 at http://news.bbc.co.uk/2/hi/7361979.stm

[xx] ICG 27.01.2014: Sudan’s Spreading Conflict (III): The Limits of Darfur’s Peace Process, 28.11.2015 at http://www.crisisgroup.org/en/regions/africa/horn-of-africa/sudan/211-sudan-s-spreading-conflict-iii-the-limits-of-darfur-s-peace-process.aspx

[xxi] Global Centre for the Responsibility to Protect 15.11.2014, R2P Monitor, Issue 18, 15 November 2014, 10.12.2014 at http://www.globalr2p.org/publications/345

[xxii] ICG 14.02.2013: Sudan’s Spreading Conflict (I): War in South Kordofan, 28.11.2015 at http://www.crisisgroup.org/en/regions/africa/horn-of-africa/sudan/198-sudans-spreading-conflict-i-war-in-south-kordofan.aspx

[xxiii] ICG 18.06.2013: Sudan’s Spreading Conflict (II): War in Blue Nile, 28.11.215 at http://www.crisisgroup.org/en/regions/africa/horn-of-africa/sudan/204-sudans-spreading-conflict-ii-war-in-blue-nile.aspx

[xxiv] Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung 2014, Conflict Barometer 2013, 28.12.2014 at http://www.hiik.de/de/konfliktbarometer/index.html

[xxv] International Crisis Group 18.06.2013, Sudan’s Spreading Conflict (II): War in Blue Nile, 15.12.2014 at http://www.crisisgroup.org/en/regions/africa/horn-of-africa/sudan/204-sudans-spreading-conflict-ii-war-in-blue-nile.aspx

[xxvi] AlJazeera 13.11.2011: Sudan rebels form alliance to oust president, 28.11.2015 at http://www.aljazeera.com/news/africa/2011/11/2011111313442277256.html

[xxvii] ICG 14.02.2013: Sudan’s Spreading Conflict (I): War in South Kordofan, 28.11.2015 at http://www.crisisgroup.org/en/regions/africa/horn-of-africa/sudan/198-sudans-spreading-conflict-i-war-in-south-kordofan.aspx

[xxviii] Satellite Sentinel Project 20.11.2014, Life Under Siege: South Kordofan Needs Assessment, 28.12.2014 at http://www.satsentinel.org/report/life-under-siege-south-kordofan-needs-assessment

[xxix] Global Centre for the Responsibility to Protect 15.07.2014, R2P Monitor, Issue 16, July 2014, 28.12.2014 at http://www.globalr2p.org/publications/316

[xxx] Global Centre for the Responsibility to Protect 15.01.2014, R2P Monitor, Issue 13, 15 January 2014, 28.12.2014 at http://www.globalr2p.org/publications/280

[xxxi] Devex 23.01.2015, News, 21.03.2015 at https://www.devex.com/news/bombing-forces-msf-suspension-in-sudan-85329

[xxxii] US Agency for Development 16.12.2014, Sudan – Complex Emergency Fact Sheet #1, Fiscal Year 2015, 28.12.2014 at http://reliefweb.int/report/sudan/sudan-complex-emergency-fact-sheet-1-fiscal-year-2015

[xxxiii] International Crisis Group 26.11.2014, Sudan: Preserving Peace in the East, 15.12.2014 at http://www.crisisgroup.org/en/regions/africa/horn-of-africa/sudan/209-sudan-preserving-peace-in-the-east.aspx

[xxxiv] International Criminal Court. (2005 - 2012). Situations and Cases - Situation in Darfur, Sudan, 28,11,2015 at http://www.icc-cpi.int/en_menus/icc/situations%20and%20cases/situations/situation%20icc%200205/Pages/situation%20icc-0205.aspx

[xxxv] Reeves, E. 2014: Sudan Tribune: Janjaweed in Darfur Reconstituted as the "Rapid Response Force", at 11.08.201, from http://www.sudantribune.com/spip.php?article50134

[xxxvi] Human Rights Watch 09.11.2015: “Men With No Mercy”.Rapid Support Forces Attacks against Civilians in Darfur, Sudan, 28.11.2015 at https://www.hrw.org/report/2015/09/09/men-no-mercy/rapid-support-forces-attacks-against-civilians-darfur-sudan

[xxxvii] ICG 22.04.2015: The Chaos in Darfur, 28.11.2015 at http://www.crisisgroup.org/~/media/Files/africa/horn-of-africa/sudan/b110-the-chaos-in-darfur.pdf

[xxxviii] AlJazeera 13.11.2011: Sudan rebels form alliance to oust president, 28.11.2015 at http://www.aljazeera.com/news/africa/2011/11/2011111313442277256.html

[xxxix] Louis Charbonneau 14.10.2015: UPDATE 2-Sudan accused of withholding rations for Darfur peacekeepers, 28.11.2015 at www.reuters.com/article/2015/10/14/sudan-darfur-britain-idUSL1N12E1C220151014

[xl] TheGuardian 11.03.2015: Darfur peacekeeping force to be cut back amid accusations of incompetence, 28.11.2015 at http://www.theguardian.com/global-development/2015/mar/11/darfur-peacekeeping-force-cut-back-accusations-incompetence?CMP=aff_1432

[xli] ICG 22.04.2015: The Chaos in Darfur, 28.11.2015 at http://www.crisisgroup.org/~/media/Files/africa/horn-of-africa/sudan/b110-the-chaos-in-darfur.pdf

[xlii] International Criminal Court. (2005 - 2012). Situations and Cases - Situation in Darfur, Sudan, 28,11,2015 at http://www.icc-cpi.int/en_menus/icc/situations%20and%20cases/situations/situation%20icc%200205/Pages/situation%20icc-0205.aspx

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Nachdem Regierungschef Salva Kiir und Riek Machar am 26. August 2015 einen Friedensvertrag zur Beendigung des Bürgerkriegs unterzeichneten, nahm die Gewalt zunächst ab. Beide Seiten verstießen jedoch mehrmals gegen den Friedensvertrag. Am 22. Januar 2016 verstrich die Deadline zur Einberufung der gemeinsamen Übergangsregierung, die im Friedensvertrag vorgesehen war. Mitte 2016 eskalierte die Gewalt erneut.[i][ii] Trotz der formellen Beendigung des am 15. Dezember 2013 ausgebrochenen Machtkampfes zwischen Präsident Kiir, einem Dinka, und seinem ehemaligen Vize-Präsidenten Machar, einem Nuer, werden Zivilisten nun erneut zum Opfer gezielter Übergriffe. Auch humanitäres Personal wird weiterhin von einzelnen Milizen gezielt attackiert.

Der von der ostafrikanischen Regionalorganisation Intergovernmental Authority on Development und internationalen Unterstützern (IGAD-Plus) vermittelte, Friedensvertrag bleibt fragil und droht, komplett hinfällig zu werden. Es wurden jedoch auch Fortschritte erreicht: Wie im Vertrag ausgehandelt, wurde Machar erneut zum Vizepräsidenten ernannt – ein Status, der auch trotz der jüngsten Konflikte nicht aufgehoben wurde. Auch wurden Regierungstruppen aus der Hauptstadt abgezogen, um den Einzug der ersten SPLM/-IO Truppen zu ermöglichen und Machars Ankunft vorbereiten.[iii] Die erneut ausgebrochene Gewalt macht deutlich, dass Juba wie auch der Rest des Landes jedoch weiter in einem militarisierten Zustand gehalten wurde. Die fehlende Einberufung einer Übergangsregierung und der Konflikt um die von Kiir einseitig betriebene Aufteilung des Südsudans in 28 statt zehn Bundesstaaten blieben ernstzunehmende Hindernisse, die noch nicht überwunden wurden. Der Konflikt um die Bundesstaaten soll von einer durch IGAD geleiteten "Gemeinsamen Grenzkommission" gelöst werden.[iv] Die Regierung drängt insbesondere im Süden jedoch weiterhin auf ihren militärischen Vorteil und versucht mit Gewalt die Kontrolle über die Region zu erlangen.[v] Die seit dem 9. Juli 2011 stationierte United Nations Mission in South Sudan (UNMISS) versucht mit 13.490 Angestellten (davon 12.109 Truppen)[vi] den Konflikt zu beruhigen, wird dabei jedoch auch häufig selbst zum Ziel der Gewalt.

Der Machtkampf zwischen Kiir und Machar hatte sich in 2014 zunehmend zu einem ethnisch geprägten Bürgerkrieg zwischen den beiden bevölkerungsreichsten Gruppen der Dinka und Nuer entwickelt. Sowohl die südsudanesische Regierungsarmee (SPLA; engl. Sudan People's Liberation Army) unter Kiir, als auch diverse Milizen, darunter die von Machar angeführte größte Rebellengruppe SPLM/A in opposition (SPLM/-IO), begingen systematische Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Dazu zählen unter anderem Angriffe auf die Zivilbevölkerung und humanitäre Einrichtungen, Folter, Verschleppungen und sexuelle Gewalt.[vii] Anfang April 2016 sprach ein anonymer UN-Offizieller von 50.000 Bürgerkriegstoten.[viii] Das Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED) listet 13.321 Tote zwischen dem 15. Dezember 2013 und dem 31. März 2016, darunter mindestens 5.206 Zivilisten.[ix] Nicht alle wurden bei mit Massenverbrechen verbundenen Gewalttaten getötet. Ende Juni 2016 waren 836.000 außerhalb und 1.700.000 Südsudanesen innerhalb des Landes auf der Flucht laut Daten der UNHCR.[x]

Todesopfer

Tote insgesamt
Tote pro Monat



© Genocide Alert; Daten: ACLED Africa Data

Analyse

Krise: Unmittelbare Eskalation droht

Im Kontext des Bürgerkriegs spaltete sich Ende 2013 die südsudanesische Regierungspartei sowie die Armee SPLM/A (Sudanese People’s Liberation Movement/Army) auf. Daraus gingen neben der SPLM/A in opposition (SPLM/-IO) auch die South Sudan Liberation Army (SSLA), die South Sudan Democratic Movement/Army (SSDM/A) und die South Sudan Defence Force (SSDF) hervor. Diese Milizen kämpften teils auf Seiten der Regierung, teils gegen sie und begingen wie die Regierung Massenverbrechen. Seit der Unterzeichnung des Friedensvertrags am 26. August 2015 hat die Anzahl der Auseinandersetzungen zunächst abgenommen, ist jedoch zuletzt wieder deutlich angestiegen. Nicht alle Milizen, z.B. die SSLA, haben sich zum Friedensvertrag bekannt und die SPLM/-IO zerfällt zunehmend in Splittergruppen. Vor allem in den südlichen Equatoria-Gebieten kommt es zu Kämpfen zwischen der Armee und Milizen, die sich zu einem neuen Bürgerkrieg ausweiten könnten. Nicht zuletzt bedrohen schwindende Öleinkünfte den Zusammenhalt der Regierungsarmee und behindern etwa Geldzahlungen an oder die Integration von Milizen.[xi]

Im Norden des Land führt die unübersichtliche Grenzsituation zu zusätzlichen Konflikten: Das nicht nur wegen seines Ölreichtums umkämpfte Grenzgebiet Abyei wird sowohl vom Südsudan als auch vom Sudan beansprucht.[xii] Seit Juli 2011 verhindert eine Eingreiftruppe (aktuell 4.398 Soldaten) der United Nations Interim Security Force for Abyei (UNISFA) eine weitere Eskalation in Abyei, die Lage dort bleibt jedoch angespannt.[xiii][xiv]

Angriffe auf Zivilisten

Die Gewalt der staatlichen SPLA-Truppen und Rebellen richtete sich im Bürgerkrieg nicht nur gegen Kämpfer, sondern auch gegen Zivilisten, die aufgrund ihres ethnischen Hintergrundes gezielt getötet, ausgeraubt oder vertrieben wurden.[xv][xvi] Doch auch nach dem Bürgerkrieg halten Angriffe auf Zivilisten an: Am 17. Februar 2016 kam es im Flüchtlingscamp Malakal zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen der Dinka und Shilluk. In der Folge drangen SPLA-Truppen in das Camp ein und griffen Zivilisten an. 25 Menschen starben, darunter drei humanitäre Helfer.[xvii] Laut dem Bericht der JMEC kam es auch nach dem Friedensvertrag zu Angriffen gegen Zivilisten, zuletzt vermehrt im Bundesstaat Unity. So werden Regierungstruppen für das Ersticken von 50 Menschen in einem Container im Dezember 2015 verantwortlich gemacht. Ein Bericht des Panel of Experts on South Sudan klagte am 22. Januar 2016 an, dass die "gravierende humanitäre Situation im Staat Unity die zerstörerische Regierungspolitik gegen die eigenen Bürger widerspiegelt".[xviii]

Vertreibungen und Fluchtbewegungen

Insgesamt 1,69 Millionen Binnenvertriebene sind innerhalb des Südsudans auf der Flucht. Rund 193.000 von ihnen haben in den sechs UNMISS Lagern im Südsudan Schutz gesucht. 826.000 Südsudanesen sind seit dem 15. Dezember 2013 in die angrenzenden Staaten geflohen.[xix] Eine neue Dynamik erhält die Flüchtlingsbewegung durch Kämpfe im Bundesstaat Western Equatoria. Etwa 30.000 Menschen ergriffen dort seit Dezember 2015 die Flucht.[xx] Kämpfe am 21. Januar in Yambio County führten zur Vertreibung von weiteren 30.000 Menschen.[xxi] Die Lage der Geflüchteten ist trotz des Friedensvertrags weiterhin dramatisch.

Angriffe auf Schule und Krankenhäuser

Während des Bürgerkrieges wurden auch öffentliche Einrichtungen wie Schulen oder Krankenhäuser wurden von Oppositionellen und in einem geringeren Ausmaß von regierungsnahen Gruppen angegriffen. Laut dem Bericht des UN-Generalsekretärs an den Sicherheitsrat vom 5. Juni 2015 kam es zu sieben Angriffe auf Schulen und 27 Angriffen auf medizinische Einrichtungen und Gesundheitszentren.[xxii]

Verschleppungen und sexuelle Gewalt

Im Südsudan sind Verschleppungen, Zwangsarbeit (v.a. von Minderjährigen) und Zwangsprostitution weit verbreitet.[xxiii] Aufgrund des nur rudimentär ausgeprägten Justizsystems werden Verschleppungen kaum verfolgt. Am 11. März 2016 stellte das UN Büro des Hohen Kommissars für Menschenrechte in einem Bericht fest, dass insbesondere Regierungstruppen systematisch Vergewaltigung als Kriegstaktik und als "Gehalt" für ihre Kämpfer einsetzten.[xxiv] So sei Vergewaltigung bei Regierungstruppen eine "allgemein akzeptierte Praktik", während Frauen und Mädchen als "Waren" angesehen würden. Weiterhin habe es dem Bericht zufolge 2015 einen deutlichen Anstieg von Gewalt gegen Kinder gegeben. Der JMEC Bericht dokumentierte für Anfang November vier Fälle von Vergewaltigungen, bei denen die Täter nicht identifiziert werden konnten. [xxv] Human Rights Watch verzeichnete elf Fälle von außergerichtlichen Tötungen und Verschleppungen zwischen November 2015 und Februar 2016 in Yambio County, Western Equatoria.[xxvi]

Folter

Staatliche Sicherheitskräfte der SPLA verübten Folter und Misshandlungen gegenüber Zivilisten wie auch gegenüber UN- und NGO-Angehörigen.[xxvii] Zuletzt berichtete Human Rights Watch im März 2016 von Entführungen und Folter durch Regierungstruppen in Western Equatoria, wo sie im Januar eine Offensive starteten. SPLA-Soldaten gossen Öl über Gefangene und zündeten sie an.[xxviii]

Umgang mit politisch Andersdenkenden

Oppositionelle werden im Südsudan häufig ohne Anklage inhaftiert.[xxix] Darüber hinaus findet im Südsudan die Todesstrafe Anwendung.[xxx] Da nur wenigen Gefangenen eine rechtliche Vertretung vor Gericht zur Seite gestellt wird, kann nicht von fairen Prozessen ausgegangen werden. Ende Januar 2016 nahmen Mitglieder des staatlichen Geheimdiensts NSS den Radiojournalisten Silvester Ruati fest und drohten ihn umzubringen.[xxxi] Im Jahr 2015 wurden insgesamt sieben Morde an Journalisten im Südsudan verzeichnet.[xxxii]

Kriegsverbrechen im Zusammenhang zu Grenzkonflikten mit dem Sudan

Die ungeklärte Frage der Zugehörigkeit der Grenzregion Abyei führte wiederholt zu Auseinandersetzungen zwischen dem Sudan und Südsudan. Bemühungen, ein Referendum zur Klärung der Zugehörigkeit Abyeis durchzuführen, scheiterten bislang. Die UNISFA als Friedensmission der UN versucht zwischen den verfeindeten Volksgruppen der südsudanesischen Ngok Dinka und der arabisch-stämmigen sudanesischen Misseryia zu vermitteln. Da sowohl Kämpfer der Sudanese Armed Forces (SAF, die offizielle Armee des Sudans) wie auch der südsudanesischen SPLA in Abyei aktiv sind, ist die Situation angespannt.[xxxiii] Für das Bestreben der UN, die Region Abyei zu befrieden, starben zwischen Juli 2011 und März 2016 20 Angehörige von UNISFA. [xxxiv]

Kontext

Entwicklung seit dem Friedensvertrag vom 26. August 2015

Neun Tage nach Machar unterzeichnete Präsident Kiir am 26. August 2015 den Friedensvertrag, dem beide Konfliktparteien nur unter unter starkem Druck von IGAD zustimmten. IGAD, die internationalen Gemeinschaft und insbesondere die USA hatten zuvor ein Waffenembargo und Sanktionen angedroht.[xxxv] Bereits am 13. August 2015 haben die Rebellenmilizenführer General Peter Gadet und Ganoth Gathkuoth jedoch der SPLM-IO ihre Unterstützung entzogen und sich gegen den Friedensvertrag ausgesprochen. Der Trend zur Zersplitterung der SPLM-IO hat sich seitdem weiter verstärkt, was koordinierte Verhandlungen zwischen Regierung und Rebellen erschwert und die Anreize zum bewaffneten Kampf für abtrünnige Gruppen erhöht - eine Entwicklung, die zuletzt in Equatoria und Western Bahr El Ghazal zu beobachten war. Anhaltende Verbrechen der Regierungstruppen werden zunehmend auch im Westen verübt.[xxxvi] Vor allem der Plan Kiirs, den Südsudan in 28 statt zehn Bundesstaaten einzuteilen, befeuert mögliche Landkonflikte und ethnische Spannungen. Am 21. Februarsetzte die Regierung die Verfassungsänderung zur Schaffung von 28 Bundesstaaten zunächst aus. Eine "Gemeinsame Grenzkommission" der IGAD sollte die Klärung der umstrittensten Fragen übernehmen. Die Umsetzung des Friedensvertrags kommt nur in Teilen langsam voran: Ein wichtiges Zeichen wurde gesetzt, als SPLM/-IO Truppen in die Hauptstadt Juba zogen um die Ankunft ihres Anführers Riek Machar vorzubereiten. Gleichzeitig zog Salva Kiir die Regierungstruppen im Umkreis von 25km um Jubas ab.[xxxvii][xxxviii][xxxix] Am 2. März 2016 wurde der Südsudan in die Ostafrikanische Gemeinschaft (EAC) aufgenommen.[xl]

Hintergrund

Der Südsudan wurde aufgrund eines mit rund 99% angenommenen Referendums am 9. Juli 2011 vom Sudan unabhängig und ist seitdem der jüngste Staat der Welt. Allerdings trog die Hoffnung, dass die Teilung des Staates in den mehrheitlich muslimisch-arabischen Sudan und den mehrheitlich christlich-afrikanischen Südsudan dazu führen könnte, dass Konflikte in Zukunft abnehmen würden.

Auch wenn der UN Human Development Index aufgrund der unsicheren Datenlage für den Südsudan nicht offiziell berechnet werden kann[xli], zählt der Südsudan nach Einschätzung der Weltbank zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt.[xlii] So weist der Südsudan die höchste Muttersterblichkeit weltweit auf.[xliii] Untergewicht (besonders bei Kindern) ist ein großes Problem und die Analphabetenrate liegt bei rund 75%.[xliv]

Dazu kommt, dass bis ins 21. Jahrhundert hinein Volksgruppen aus dem Norden des Sudan im Südsudan Sklaven genommen und sich somit große Ressentiments zwischen Norden und Süden gebildet haben.[xlv] Ein weiteres Konfliktfeld ist religiöser Natur: Innerhalb der verschiedenen muslimischen und christlichen Glaubensrichtungen im Südsudan herrschen diverse Auslegungen vor, deren Anhängern untereinander zum Teil verfeindet sind.[xlvi] Zusätzlich sind die Ethnien der Dinka und Nuer zwar die einflussreichsten Volksgruppen im Südsudan, aber auch Abkommen zwischen ihnen garantieren keine Stabilität, da etwa die Ethnie der Dinka in mehr als 25 heterogene Sub-Gruppen untergliedert ist, die wiederum untereinander im Konflikt stehen.[xlvii] Im Kontext einer weitestgehend fehlenden Gerichtsbarkeit sowie Staatsgewalt ergibt dies eine Situation, die Massenverbrechen begünstigt.[xlviii]

Akteure

Sudan People's Liberation Army (SPLA)

Die offizielle Staatsarmee SPLA ist für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich – vor allem gegenüber Angehörigen der Nuer.[xlix] Aufgrund der menschenrechtswidrigen Praktiken der SPLA wird diese Organisation seit 2003 kontinuierlich jedes Jahr von der UN auf der sogenannten „list of shame“ geführt.[l]

Die SPLA entstand im Jahr 1983 während des Zweiten Sudanesischen Bürgerkriegs (1983-2005) als Widerstandbewegung gegen die (nord-)sudanesische Regierung und bildet als offizielle Armee mit ihrem politischen Arm, der Partei SPLM, seit 2011 die Regierung Südsudans. Die SPLM zerfiel infolge des Südsudanesischen Bürgerkriegs ab Dezember 2013 wiederum in verschiedene Untergruppierungen wie die SPLM-Juba unter Präsident Salva Kiir und die oppositionelle SPLM-IO unter dem damaligem Vizepräsident Riek Machar. Anführer der SPLA blieb der Präsident und Dinka Salva Kiir, der am 26. August 2015 den Friedensvertrag unterzeichnete.

Sudan People's Liberation Movement- In Opposition (SPLM-IO)

Die SPLM-IO ist die größte der Rebellenmilizen und wird von dem Nuer Machar angeführt. Die Miliz besteht zum größten Teil aus Nuer, die sich im Anschluss an ein Massaker an Nuern durch Regierungstruppen im Dezember 2013 zusammenschlossen. Viele der Kämpfer hatten zuvor der Regierungsarmee angehört. Einen großen Teil der SPLM-IO Kommandanten machen zudem ehemalige Mitglieder der Rebellengruppe South Sudan Defense Forces (SSDF) aus, die im zweiten Sudanesischen Bürgerkrieg bis 2005 von der sudanesischen Regierung aus Khartoum unterstützt wurde.

Das Hauptziel vieler Angehöriger der SPLM-IO ist die Entmachtung von Salva Kiir. Daher ist es unwahrscheinlich, dass sich die SPLM-IO – vor allem die Mitglieder, die auf Rache sinnen - geschlossen hinter den von Machar unterzeichneten Friedensvertrag stellen. Zwei Kommandanten (s.u.) haben sich bereits von der SPLM-IO abgespalten.[li] Zuletzt öffneten sich weitere, tiefe Risse innerhalb der SPLM-IO, die sich zwischen Hardlinern und Kompromissbereiten abzeichnen.[lii]

South Sudan Liberation Army (SSLA)

Die South Sudan Liberation Army (SSLA) unter Peter Gadet kämpft gegen die SPLM-dominierte Regierung. Die Miliz wird vermutlich weiterhin durch den Sudan finanziell unterstützt.[liii] Am 13. August entzog Gadet, gemeinsam mit dem Milizenanführer Gathoth Gathkuoth, der SPLM-IO seine Unterstützung und richtete sich damit gegen den Friedensvertrag. Die SSLA bedroht daher weiterhin Zivilisten in Upper Nile und Unity.[liv]

Die Nuer White Army

Die sogenannte „Weiße Armee“ ist eine Rebellengruppe, die sich hauptsächlich aus Angehörigen der Nuer zusammensetzt. Sie hat sich 1991 von der SPLA abgespalten und kämpft nun in erster Linie gegen die SPLA.[lv] Die „Weiße Armee“ hat es sich dabei seit Dezember 2011 als Ziel gesetzt, die Ethnie der Murle auszulöschen, da sie dieser Mord und den Diebstahl von Weidetieren vorwirft.[lvi] Die Miliz kämpft gegen den südsudanesischen Präsidenten Salva Kiir[lvii] und besteht aus etwa 50.000. Soldaten.[lviii] Seit Dezember 2013 kämpfte sie auf Seite der SPLM-IO.

Agwelek-Armee

Noch bis Mai 2015 war die sogenannte Agwelek-Armee, die sich insbesondere aus Mitgliedern der Ethnie der Shilluk zusammensetzt, mit der SPLA verbündet. Doch Präsident Kiirs Plan das Land in 28 Bundesstaaten aufzuteilen, weckte bei den Shilluk Ängste um den Verlust ihres Landes im ölreichen Upper Nile Bundesstaaat, weswegen sie zum Rebellenbündnis SPLM-IO wechselte. Im November 2015 überfielen Bewaffnete der Agwelek-Armee drei Lastkähne der UN. Zahlreich, schwer bewaffnet und auf die Wahrung ihres Territoriums fixiert, erscheint der Einbezug der Shilluk und ihre Agwelek-Armee für das Gelingen des Friedensvertrags unerlässlich.[lix]

United Nations Mission in the Republic of South Sudan (UNMISS)

Die internationale Staatengemeinschaft reagierte auf die Gewalt im Südsudan mit der Einrichtung der United Nations Mission in the Republic of South Sudan (UNMISS) durch die UN Resolution 1996 vom 8. Juli 2011, die die Entsendung von knapp 14.000 UN-Sicherheitskräften in den Südsudan legitimierte.[lx] Aktuell sind 13.490 UNMISS Angestellte im Südsudan stationiert, darunter 12.109 Soldaten.[lxi] Am 15. Dezember entschied der Sicherheitsrat in der Resolution 2252, das Mandat bis zum 31. Juli 2016 zu verlängern und das Mandat auf insgesamt 13.000 Einsatztruppen und 2.000 Polizisten zu erhöhen.[lxii] Auch Deutschland beteiligt sich an UNMISS mit einem Mandat von bis zu 50 Soldaten.[lxiii]

Intergovernmental Authority on Development (IGAD) / IGAD-Plus

Die ostafrikanische Regionalorganisation Intergovernmental Authority on Development (IGAD) hat seit 1996 unter anderem das Mandat, als Vermittler in regionalen Konflikten einzugreifen. Nachdem sie im Südsudan-Konflikt 15 Monate erfolglos zu vermitteln suchte, wurde sie im März 2015 zur IGAD-PLUS umgeformt, zu der neben den ostafrikanischen Staaten China, Afrikanische Union, UN, USA, Norwegen und EU gehören. Dieser gelang es im August 2015, die beiden wichtigsten Konfliktparteien SPLA und SPLA-IO zur Unterzeichnung eines Waffenstillstandes zu bewegen. Die im Vermittlungsprozess aktivsten ostafrikanischen Mitglieder sind Kenia, Äthiopien, Sudan und Uganda. Insbesondere Sudan und Uganda nehmen mit Blick auf ihre vergangene Einmischung im Südsudan eine ambivalente Rolle ein.[lxiv] Während Uganda die Regierung Kiirs militärisch unterstützte, finanzierte der Sudan Teile der SPLM-IO.[lxv] Anfang November zogen sich die ugandischen Truppen aus dem Südsudan zurück.[lxvi]

Quellen

[i] Global Center for the Reponsibility to Protect, South Sudan, http://www.globalr2p.org/regions/south_sudan(zuletzt aufgerufen am 28.05.2016)

[ii] Crisis Group, 17.12.2015, South Sudan: On the Brink of Renewed War, http://www.crisisgroup.org/en/publication-type/media-releases/2015/africa/south-sudan-on-the-brink-of-renewed-war.aspx (zuletzt aufgerufen am 05.02.2016)

[iii] Crisis Group, 01.04.2016, http://www.crisisgroup.org/en/publication-type/crisiswatch/crisiswatch-database.aspx?CountryIDs=%7b8B313EA2-534B-4421-B78C-776E93632115%7d - results(zuletzt aufgerufen am 28.05.2016)

[iv] Crisis Group, 01.04.2016, http://www.crisisgroup.org/en/publication-type/crisiswatch/crisiswatch-database.aspx?CountryIDs=%7b8B313EA2-534B-4421-B78C-776E93632115%7d - results(zuletzt aufgerufen am 28.05.2016)

[v] Crisis Group, 25.05.2016, South Sudan's South: Conflict in the Equatorias, http://www.crisisgroup.org/en/regions/africa/horn-of-africa/south-sudan/236-south-sudan-s-south-conflict-in-the-equatorias.aspx(zuletzt aufgerufen am 05.06.2016)

[vi] UNMISS, 30.06.2015, UMISS Facts and Figures, http://www.un.org/en/peacekeeping/missions/unmiss/facts.shtml(zuletzt aufgerufen am 28.05.2016)

[vii] African Union Commission of Inquiry on South Sudan, 15.10.2014 (am 27.10.2015 veröffentlicht), Final Report of the African Union Commission of Inquiry on South Sudan

[viii] Reuters, 02.03.2016, UN official says at least 50,000 dead in South Sudan war, http://www.reuters.com/article/us-southsudan-unrest-un-idUSKCN0W503Q (zuletzt aufgerufen am 28.05.2016)

[ix] Eigene Berechnungen nach: ACLED Version 6 (1997 – 2015) standard file: www.acleddata.com/data/ (letzter Zugriff 03.06.2016) und ACLED Realtime 2016 All Africa File (updated 17th September 2016): http://www.acleddata.com/data/realtime-data-2016/ (letzter Zugriff 21.09.2016)

[x] UNHCR 2016: South Sudan Situation. Information Charing Portal, http://data.unhcr.org/SouthSudan/regional.php (zuletzt aufgerufen am 21.09.2016)

UNHCR 2016: South Sudan UNHCR Operational Update 12/2015, http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/UNHCR%20SSD%20Operational%20Update%20No%2012%20-%2015-30%20June%202016.pdf (zuletzt aufgerufen am 21.09.2016)

[xi] Alex de Waal, 24.03.2016, A Political Marketplace Analysis of South Sudan's Peace, http://fletcher.tufts.edu/~/media/Fletcher/Microsites/World Peace Foundation/Publications/Occasional Paper on South Sudan.pdf (zuletzt aufgerufen am 05.06.2016)

[xii] Crisis Group, 01.04.2016, http://www.crisisgroup.org/en/publication-type/crisiswatch/crisiswatch-database.aspx?CountryIDs=%7b8B313EA2-534B-4421-B78C-776E93632115%7d - results(zuletzt aufgerufen am 28.05.2016)

[xiii] Report of the Secretary-General on the situation in Abyei, 11.09.2015

[xiv] UNISFA, 30.06.2015, UNISFA Facts and Figures, http://www.un.org/en/peacekeeping/missions/unmiss/facts.shtml(zuletzt aufgerufen am 28.05.2016)

[xv] UNMISS, Conflict in South Sudan – A Human Rights Report, 08.05.2014, zuletzt aufgerufen am 26.12.2014 unter: http://www.unmiss.unmissions.org/Portals/unmiss/Human Rights Reports/UNMISS Conflict in South Sudan - A Human Rights Report.pdf, page 17

[xvi] Human Rights Division UNMISS, 04.12.2016, The State of Human Rights in the Protracted Conflict in South Sudan

[xvii] Global Center for the Responsibility to Protect, 15.03.2016, R2P Monitor, Issue 26, http://www.globalr2p.org/media/files/r2p-monitor-march-2016-final.pdf(zuletzt aufgerufen am 28.05.2016)

[xviii] Global Center for the Responsibility to Protect, 15.03.2016, R2P Monitor, Issue 26, http://www.globalr2p.org/media/files/r2p-monitor-march-2016-final.pdf(zuletzt aufgerufen am 28.05.2016)

[xix] UNHCR, 27.05.2016, South Sudan Situation, Regional Overview, http://data.unhcr.org/SouthSudan/regional.php(zuletzt aufgerufen am 28.05.2016)

[xx] Radio Tamazuj, 09.01.2016, Thousands flee Equatoria fighting to Uganda, DRC, https://radiotamazuj.org/en/article/thousands-flee-w-equatoria-fighting-uganda-drc, (zuletzt aufgerufen am 05.02.2016)

[xxi] Global Center for the Responsibility to Protect, 15.03.2016, R2P Monitor, Issue 26, http://www.globalr2p.org/media/files/r2p-monitor-march-2016-final.pdf(zuletzt aufgerufen am 28.05.2016)

[xxii]Office of the Special Representative of the Secretary-General for Children and Armed Conflict, South Sudan, https://childrenandarmedconflict.un.org/countries/south-sudan/(aufgerufen am 03.10.2015)

[xxiii] OHCHR, 11.03.2016, South Sudan: UN report contains “searing” account of killings, rapes and destruction, http://www.ohchr.org/SP/NewsEvents/Pages/DisplayNews.aspx?NewsID=17207&LangID=E (zuletzt aufgerufen am 28.05.2016)

[xxiv] OHCHR, 11.03.2016, South Sudan: UN report contains “searing” account of killings, rapes and destruction, http://www.ohchr.org/SP/NewsEvents/Pages/DisplayNews.aspx?NewsID=17207&LangID=E(zuletzt aufgerufen am 28.05.2016)

[xxv] Joint Monitoring and Evaluation Commission, 29.01.2016, Report from the Chairperson of the Joint Monitoring and Evaluation Commission (JMEC) for the Agreement on the Resolution of the Conflict in the Republic of South Sudan to the African Union Peace and Security Council (PSC), http://jmecsouthsudan.org/uploads/AUPSCreport.pdf(zuletzt aufgerufen am 05.02.2016)

[xxvi] Human Rights Watch, 06.03.2016, South Sudan: Army Abuses Spread West, https://www.hrw.org/news/2016/03/06/south-sudan-army-abuses-spread-west (zuletzt aufgerufen am 28.05.2016)

[xxvii] African Union Commission of Inquiry on South Sudan, 15.10.2014 (am 27.10.2015 veröffentlicht), Final Report of the African Union Commission of Inquiry on South Sudan

[xxviii] Human Rights Watch, 06.03.2016, South Sudan: Army Abuses Spread West, https://www.hrw.org/news/2016/03/06/south-sudan-army-abuses-spread-west(zuletzt aufgerufen am 28.05.2016)

[xxix] Amnesty International, 2015, Amnesty International Report 2014/15.

[xxx] UN News Center, South Sudan: UN urges death penalty moratorium following reported executions, 29.11.2013, zuletzt aufgerufen am 21.03.2015 über http://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=46616#.VQ1zIuFSrew

[xxxi] Human Rights Watch, 06.03.2016, South Sudan: Army Abuses Spread West, https://www.hrw.org/news/2016/03/06/south-sudan-army-abuses-spread-west (zuletzt aufgerufen am 28.05.2016)

[xxxii] Roy Greenslade, South Sudan reporter murdered, the seventh journalist killed this year, 21.08.2015, http://www.theguardian.com/media/greenslade/2015/aug/21/south-sudan-reporter-murdered-the-seventh-journalist-killed-this-year(aufgerufen am 20.09.2015)

[xxxiii] Salman, Salman M. A. 2013: The Abyei territorial dispute between North and South Sudan: Why has its resolution proven difficult?, in: Unruh, Jon/Williams, Rhodri 2013: Land and Post-Conflict Peacebuilding. Post-Conflict Peacebuilding and Natural Resource Management, London, Seite 65f

[xxxiv] http://www.un.org/en/peacekeeping/fatalities/documents/stats_4.pdf(aufgerufen am 05.10.2015)

[xxxv] Alex de Waal, South Sudan: Why a political crackdown accompanies a peace agreement, 11.09.2015, http://africanarguments.org/2015/09/11/south-sudan-why-a-political-crackdown-accompanies-a-peace-agreement/ (zuletzt aufgerufen am 19.09.2015)

[xxxvi] Human Rights Watch, 06.03.2016, South Sudan: Army Abuses Spread West, https://www.hrw.org/news/2016/03/06/south-sudan-army-abuses-spread-west(zuletzt aufgerufen am 28.05.2016)

[xxxvii] Crisis Group, 17.12.2015, South Sudan: On the Brink of Renewed War, http://www.crisisgroup.org/en/publication-type/media-releases/2015/africa/south-sudan-on-the-brink-of-renewed-war.aspx(zuletzt aufgerufen am 05.02.2016)

[xxxviii] Crisis Group, 01.04.2016, http://www.crisisgroup.org/en/publication-type/crisiswatch/crisiswatch-database.aspx?CountryIDs=%7b8B313EA2-534B-4421-B78C-776E93632115%7d - results (zuletzt aufgerufen am 28.05.2016)

[xxxix] Joint Monitoring and Evaluation Commission, 29.01.2016, Report from the Chairperson of the Joint Monitoring and Evaluation Commission (JMEC) for the Agreement on the Resolution of the Conflict in the Republic of South Sudan to the African Union Peace and Security Council (PSC), http://jmecsouthsudan.org/uploads/AUPSCreport.pdf (zuletzt aufgerufen am 05.02.2016)

[xl] Crisis Group, 01.04.2016, http://www.crisisgroup.org/en/publication-type/crisiswatch/crisiswatch-database.aspx?CountryIDs=%7b8B313EA2-534B-4421-B78C-776E93632115%7d - results (zuletzt aufgerufen am 28.05.2016)

[xli] United Nationals Development Programme, 24.07. 2014, zuletzt aufgerufen am 21.03.2015 über http://www.undp.org/content/undp/en/home/presscenter/pressreleases/2014/07/24/Human-Development-Index-shows-overall-slowdown-in-growth.html

[xlii] Worldbank, 05.03.2015, http://www.worldbank.org/en/country/southsudan/overview (zuletzt aufgerufen am 16.03.2015)

[xliii] CIA Factbook, Maternal Mortality Rate, zuletzt aufgerufen am 21.03.2015 über https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/rankorder/2223rank.html?countryname=South%20Sudan&countrycode=od&regionCode=afr&rank=1#od

[xliv] CIA Factbook, South Sudan, zuletzt aufgerufen am 21.03.2015 über https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/od.html

Siehe auch: Süddeutsche Zeitung, 03.07.2014, zuletzt aufgerufen am 21.03.2015 über http://www.sueddeutsche.de/politik/unruhen-im-suedsudan-ein-land-droht-zu-zerbrechen-1.1847157

[xlv] Natisos, Andrew S., Sudan, South Sudan and Darfur – What everyone needs to know, Oxford University Press, New York, 2012, page 35

[xlvi] Hagan, John; Rymond-Richmord, Wonona, Darfur and the Crime of Genocide, Cambridge University Press, New York, page 6

Siehe auch: Thielke, Thilo, Krieg in Darfur, In: Chiari, Bernhard; Kollmer, Dieter H., Wegweiser zur Geschichte – Sudan, Ferdinand Schöningh Verlag, Paderborn, 2008, Seite 65

[xlvii] Weitere zu nennende Ethnien sind die der Ja’aliyiin, der Shaiqiyya und der Danagla (auch bekannt als die Three Tribes), die vor allem im Sudan vertreten sind. Nach: Natisos, Andrew S., Sudan, South Sudan and Darfur – What everyone needs to know, Oxford University Press, New York, 2012, page 10f

[xlviii] Zwan, Joost van der, Evaluating the EU’s role and challenges in Sudan and South Sudan – Initiative for Peacebuilding (EU), September 2011, zuletzt aufgerufen am 21.03.2015 über http://www.ifp-ew.eu/pdf/092011IfPEWSudan.pdfpage 14

Siehe auch: Thielke, Thilo, Krieg in Darfur, In: Chiari, Bernhard; Kollmer, Dieter H., Wegweiser zur Geschichte – Sudan, Ferdinand Schöningh Verlag, Paderborn, 2008, Seite 65

[xlix] UNMISS, Conflict in South Sudan – A Human Rights Report, 08.05.2014, zuletzt aufgerufen am 26.12.2014 unter: http://www.unmiss.unmissions.org/Portals/unmiss/Human Rights Reports/UNMISS Conflict in South Sudan - A Human Rights Report.pdf, page 2

[l] Human Rights Watch, South Sudan: Child Soldiers Thrust into Battle, 20.08.2014, zuletzt aufgerufen am 26.12.2014 unter: http://www.hrw.org/news/2014/08/20/south-sudan-child-soldiers-thrust-battle

[li] HBSA, The SPLM-in-Opposition, http://www.smallarmssurveysudan.org/facts-figures/south-sudan/conflict-of-2013-14/splm-in-opposition.html(aufgerufen am 03.10.2015)

[lii] Crisis Group, 17.12.2015, South Sudan: On the Brink of Renewed War, http://www.crisisgroup.org/en/publication-type/media-releases/2015/africa/south-sudan-on-the-brink-of-renewed-war.aspx (zuletzt aufgerufen am 05.02.2016)

[liii] BBC South Sudan Profile, 22.01.2015, zuletzt aufgerufen am 21.03.2015 über http://www.bbc.com/news/world-africa-14069082

[liv]Global Center for the Responsibility to Protect, http://www.globalr2p.org/regions/south_sudan (zuletzt aufgerufen am 03.10.2015)

[lv] Welt.de, Wer kämpft im Südsudan eigentlich gegen wen?, 19.01.2014, zuletzt aufgerufen am 26.12.2014 unter: http://www.welt.de/politik/ausland/article123997561/Wer-kaempft-im-Suedsudan-eigentlich-gegen-wen.html

[lvi] News24, 27.12.2011, zuletzt aufgerufen am 21.03.2015 über http://www.news24.com/Africa/News/S-Sudan-youth-planning-to-attack-tribe-20111226

[lvii] BBC News, 24.01.2014, zuletzt aufgerufen am 21.03.2015 über http://www.bbc.com/news/world-africa-25872951

[lviii] Bloomberg, 01.04.2014, zuletzt aufgerufen am 21.03.2015 über http://www.bloomberg.com/news/articles/2014-03-31/south-sudan-ethnic-hatred-spurs-rebel-leader-machar-s-white-army

[lix] Amanda Sperber, 22.01.2016, South Sudan'S Next Civil War is Starting, http://foreignpolicy.com/2016/01/22/south-sudan-next-civil-war-is-starting-shilluk-army/?utm_content=buffere8190&utm_medium=social&utm_source=facebook.com&utm_campaign=buffer(zuletzt aufgerufen am 05.02.2016)

[lx] UNMISS Homepage, zuletzt aufgerufen am 21.03.2015 über http://www.un.org/en/peacekeeping/missions/unmiss/mandate.shtml)

[lxi] UNMISS, 30.06.2015, UMISS Facts and Figures, http://www.un.org/en/peacekeeping/missions/unmiss/facts.shtml (zuletzt aufgerufen am 28.05.2016)

[lxii] Global Center for the Reponsibility to Protect, South Sudan, http://www.globalr2p.org/regions/south_sudan (zuletzt aufgerufen am 05.02.2016)

[lxiii] Deutsche Bundeswehr, 13.11.2015, Die Unterstützungsmission in der Republik Südsudan, http://www.einsatz.bundeswehr.de/portal/a/einsatzbw/!ut/p/c4/04_SB8K8xLLM9MSSzPy8xBz9CP3I5EyrpHK9pPKU1PjUzLzixJIqIDcxu6Q0NScHKpRaUpWqV5qXm1lcrJeZl5avX5DtqAgAet3TxQ!!/ (zuletzt aufgerufen am 05.02.2016)

[lxiv] International Crisis Group, South Sudan: Keeping Faith with the IGAD Peace Process, 27.07.2015, Africa Report N°228

[lxv] Global Center for the Responsibility to Protect, http://www.globalr2p.org/regions/south_sudan (zuletzt aufgerufen am 03.10.2015)

[lxvi] Crisis Group, 17.12.2015, South Sudan: On the Brink of Renewed War, http://www.crisisgroup.org/en/publication-type/media-releases/2015/africa/south-sudan-on-the-brink-of-renewed-war.aspx zuletzt aufgerufen am 05.02.2016)

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Hintergrundbericht: Zentralafrikanische Republik

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» 1.-3. Quartal 2015

Das Risiko für Massenverbrechen ist angesichts der weitgehend friedlichen Wahl des neuen Präsidenten Faustin Archange Touadéra am 14. Februar 2016 sowie der erfolgreichen Parlamentswahlen und der Vereidigung des neuen Premierministers Simplice Sarandji am 2. April 2016 massiv gesunken. Bemühungen um Stabilität, Abrüstung und Friedensabkommen durch die Interimsregierung und die internationale Gemeinschaft zeigen jedoch nur langsamen Erfolg. Christliche Anti-Balaka Milizen, die sich in Reaktion auf den Putsch und die Gewalttaten von Séléka-Kämpfern ab März 2013 bildeten, sind ebenso wie die ex-Séléka Kämpfer weiterhin aktiv. Da der neuen Regierung keine Mitglieder der muslimischen ex-Séléka-Milizen angehören, drohten einzelne Mitglieder der Ex-Séléka Ende Mai gar mit einer Wiederaufnahme des Kampfes.

Durch die hohe internationale Truppenpräsenz sowie die Zersplitterung der ex-Séléka in diverse Subgruppen mit unterschiedlichen Interesse, erscheint ein erneuter Ausbruch des Konfliktes jedoch als unwahrscheinlich. Nichtsdestotrotz kommt es immer wieder zu einzelnen Gewalttaten zwischen Christen und Muslimen, insbesondere in ländlichen Regionen, und gezielten Angriffen auf Mitarbeiter humanitärer Hilfsorganisationen. Die internationale Untersuchungskommission International Commission of Inquiry on the Central African Republic (CAR-CoI) macht die Anti-Balaka-Milizen und die ex-Seleka-Milizen, sowie deren Unterstützer, verantwortlich für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die CAR-CoI schätzt, dass mindestens 80 Prozent der muslimischen Bevölkerung der Zentralafrikanischen Republik aus dem Land vertrieben wurden und folgerten, dass die von den Anti-Balaka verübten Verbrechen eine "Politik der ethnischen Säuberung" gegen die Muslime der Zentralafrikanischen Republik darstellen.[i] Während derartige Gewalttaten massiv zurückgingen, wurde die aus Uganda stammende Lord‘s Resistance Army (LRA) in den östlichen und südlichen Präfekturen aktiver: Sie verübte zwischen Januar und März 2016 sporadische Angriffe, tötete mindestens neun und entführte über 150 Zivilisten.[ii]

Seit dem Putsch im März 2013 wurden bis Ende September 2015 laut dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED) 6.337 Zentralafrikaner getötet, darunter mindestens 3.458 Zivilisten.[iii] Über die Hälfte der 4,6 Millionen Zentralafrikaner ist dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen[iv], 380.000 Zentralafrikaner leben noch immer als Binnenvertriebene in provisorischen Unterkünften und weitere 450.000 als Flüchtlinge in den ebenfalls instabilen Nachbarstaaten.[v] Grundlegende soziale Konflikte sind trotz der zügig durchgeführten Wahl nach wie vor nicht geklärt. Angestrebte Entwaffnungsprogramme wurden noch nicht umgesetzt. Unzureichende Reintegrationsprogramme und die anhaltende Diskriminierung von Muslim lassen Gewalttaten der diversen Ex-Séléka-Gruppierungen und Gräueltaten von christlichen Milizen weiterhin als möglich erscheinen.

Todesopfer

Tote insgesamt
Tote pro Monat



© Genocide Alert; Daten: ACLED Africa Data

Analyse

Warnung: Massenverbrechen sind zu befürchten

Die weitgehend friedlich verlaufenden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen stellen einen wichtigen Fortschritt dar, doch sie lösen nicht den zugrunde liegenden Konflikt. Die nationalen Sicherheitskräfte sind nach wie vor nicht in der Lage, Angriffe von den verschiedenen Gruppen ohne Hilfe von internationalen Truppen abzuwenden. Extrem schwache staatliche Sicherheitsorgane und eine unzureichende UN-Truppenpräsenz führen angesichts der räumlichen Größe der Zentralafrikanischen Republik dazu, dass bewaffnete Gruppen insbesondere im Norden und im Westen weiterhin ungestraft tätig bleiben können. Landesweit kommt es weiterhin zu einzelnen Angriffen gegen Zivilisten, humanitäre Helfer und UN-Friedenstruppen.

Selbst in Bangui, wo das größte UN-Truppenkontingent stationiert ist, kam es wiederholt zu brutalen Auseinandersetzungen. Große Teile der muslimischen Bevölkerung der ZAR wurden durch die brutale Verfolgung von Anti-Balaka-Milizen aus ihrer Heimat vertrieben, was religiöse Ressentiments schürt und tiefe Narben in der zentralafrikanischen Gesellschaft hinterlässt. Durch die anhaltende Fragmentierung der Ex-Séléka und Anti-Balaka in diverse kleinere und oftmals lokale Gruppierungen werden Programme zur Entwaffnung, Demobilisierung, Reintegration und Repatriierung (DDRR) zu einer großen Herausforderung.

Angriffe gegen die Zivilbevölkerung

Feindseligkeiten zwischen Anti-Balaka-Milizen, Ex-Séléka und anderen bewaffneten Gruppen, sowie zwischen den internationalen Friedenstruppen und diesen Gruppen, stellen weiterhin eine Bedrohung für die Zivilbevölkerung dar. Auch die Gewalt zwischen nomadisierenden Viehzüchtern und sesshaften landwirtschaftlichen Gemeinschaften hält weiter an. Von Januar bis März 2016 kam es außerdem immer wieder zu Angriffen durch die Lord‘s Resistance Army (LRA), die Zivilisten tötete und verschleppte.

Ethnische Säuberungen: Systematische Verfolgung von Muslimen

Durch die beidseitige Stigmatisierung und gruppenspezifische Gewalt - darunter besonders die systematische Verfolgung von Muslimen durch die Anti-Balaka - mündet die oft als "religiös motiviert" beschriebene Gewalt zwischen Christen und Muslimen zunehmend in einen Konflikt um die Frage, wer Teil der ZAR sein darf.[vi] Vermeintliche Racheakte der nur lose organisierten christlichen Anti-Balaka[vii] an der unbeteiligten muslimischen Zivilbevölkerung, führten im Dezember 2013 zu über 1.000 Toten und zu Befürchtungen über einen drohenden Genozid.[viii]

Die Anti-Balaka, die sich zunächst im Norden in der Stadt Bossangoa formierten, brannten systematisch muslimische Dörfer nieder. Innerhalb Banguis zerstörten sie die muslimischen Viertel und vertrieben, ermordeten und verstümmelten die Bewohner.[ix] Seitdem nahmen auch die gezielten Angriffe der muslimischen Ex-Séléka auf die christliche Bevölkerung zu.[x] Die besonders systematische Verfolgung von Muslim durch die Anti-Balaka konstituiert ethnische Säuberungen. Am 19. Dezember 2014 berichtete die UN, dass 99 Prozent der muslimischen Bevölkerung Banguis durch die Anti-Balaka gewaltsam vertrieben oder getötet wurden. Landesweit waren 80 Prozent der muslimischen Bevölkerung auf der Flucht.[xi]

Angriffe gegen humanitäre Hilfsmissionen

Mitglieder der Ex-Séléka und der Anti-Balaka attackieren regelmäßig Mitarbeiter der UN und Krankenhäuser. Die humanitäre Organisation Ärzte ohne Grenzen wurden bereits mehrmals, etwa in Batangafo, Kabo, Bambari und Boguila, gewaltsam an ihrer Arbeit gehindert. Mehrere Mitarbeiter wurden getötet.[xii] Anti-Balaka-Milizen haben zudem mehrmals UN-Flüchtlingskonvois angegriffen, die die muslimische Bevölkerung Banguis retten und in den Nordosten des Landes umsiedeln sollten.[xiii] Sowohl zwischen Ex-Séléka-Milizen und MINUSCA-Truppen als auch zwischen Anti-Balaka-Mitgliedern und MINUSCA kommt es häufig zu Feuergefechten.[xiv][xv] In 2015 wurden mehr als 200 Angriffe auf humanitäre Organisationen dokumentiert.[xvi]

Rekrutierung von Kindersoldaten

Kinder wurden sowohl von den Anti-Balaka als auch den Ex-Séléka angeworben oder zwangsrekrutiert. Im Januar 2014 schätzte UNICEF die Anzahl der Kindersoldaten in der ZAR auf über 6.000. Sie werden angelockt durch mangelnde Perspektiven, verbreiteter Armut, Verzweiflung und Rachegedanken.[xvii] Ein Jahr später hat sich diese Anzahl der Kindersoldaten laut Save the Children auf bis zu 10.000 erhöht. Teils kämpften sogar achtjährige Kinder in den Reihen der Milizen. Sie wurden häufig Opfer physischer und mentaler Gewalt und sexuellem Missbrauchs.[xviii] Darüber hinaus wurden zahlreiche Kinder als Haussklaven und/oder für sexuelle Dienste missbraucht.[xix]

Im Zuge des im Mai abgehaltenen Bangui National Forum on Reconciliation unterzeichneten die bewaffneten Gruppen eine Erklärung, Kindersoldaten sowie zu anderen Zwecken gefangen genommene Kinder frei zu lassen. Im Sinne dieses Abkommens wurden bisher in zwei Etappen über 500 Kinder aus der Gefangenschaft entlassen.[xx]

Auswirkung der Wahlen

Die befürchtete Eskalation der Gewalt durch übereilte Wahlen ist nicht eingetreten. Die erste Runde der Präsidentschaftswahlen und das Verfassungsreferendum sind im Dezember 2015 ohne große Gewaltexzesse verlaufen. Auch die zweite Runde der Präsidentschaftswahl, sowie die erste und zweite Runde der Parlamentswahl verliefen weitgehend friedlich. Am 14. Februar gewann Faustin Archange Touadéra die Stichwahl der Präsidentschaftswahl mit 62% der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von 61%. Touadéra war Regierungschef unter dem im März 2013 geputschten Präsident François Bozizé. Sein Herausforderer Anicet George Dologuelé, ebenfalls ein früherer Premierminister, akzeptierte das Wahlergebnis.[xxi] Am 14. Februar wurde auch ein neues Parlament gewählt, nachdem die Parlamentswahl vom 30. Dezember 2015 wegen Unregelmäßigkeiten vom Verfassungsgericht für ungültig erklärt wurde. Da das Verfassungsgericht in zehn Bezirken Unregelmäßigkeiten feststellte, fand am 31. März bei niedriger Wahlbeteiligung die zweite Runde der Parlamentswahl statt.[xxii]

Wie die International Crisis Group (ICG) kritisierte, bargen die rasch angestrebten Wahlen ein hohes Risiko für eine erneute Gewalteskalation. Das auf dem Bangui National Forum von Vertreter der Bürgerkriegsparteien unterzeichnete Entwaffnungsabkommen wurde noch nicht umgesetzt. Vielfach wurde der Dialog von lokalen Gruppen offen abgelehnt. Zudem mangelt es bisher an einem einheitlichen Ansatz, der vor allem den jugendlichen Mitgliedern der Milizen alternative Einnahmequellen und somit eine Reintegration in die Gesellschaft ermöglicht. Viele der Muslime befinden sich noch immer auf der Flucht und Probleme mit der Wählerregistrierung wurden nicht gelöst, worauf auch die niedrige Wahlbeteiligung bei den Präsidentschaftswahlen hinweisen kann. Muslime in der ZAR werden im Alltag vielfältig diskriminiert und wagen sich häufig kaum aus ihren Häusern, geschweige ihren Wohnvierteln, hinaus. Sie werden häufig als Ausländer stilisiert. Trotz dieses schwierigen Hintergrundes scheinen die Ergebnisse der Wahl bislang zumindest mehrheitlich akzeptiert zu werden.[xxiii]

Kontext

Die ZAR ist Zeit ihres Entstehens in den 1950er bis 1960er Jahren chronisch instabil, wofür vor allem die zahlreichen Putsche kennzeichnend sind, die teils durch die ehemalige Kolonialmacht Frankreich mitgetragen wurden.[xxiv] François Bozizé, der durch die Séléka am 24. März 2013 gestürzte Präsident, erlangte das Präsidentenamt als General im März 2003 selbst durch einen Putsch gegen den amtierenden Präsidenten Ange-Felix Patasse – dem ersten demokratisch gewählten Präsidenten der ZAR.[xxv] An dem nach dem Putsch Bozizés 2004 ausgebrochenem "Central African Republic Bush War" zwischen der Regierung und Rebellengruppen beteiligten sich bereits die Hauptakteure der späteren Séléka.

Der jüngste Konflikt in der Zentralafrikanischen Republik begann Ende 2012 mit dem Zusammenschluss mehrerer nord-östlicher, muslimischer Rebellengruppen zur Séléka. Sie forderten ursprünglich die Implementierung von Ergebnissen des Inclusive Political Dialoge von 2008.[xxvi] Die Rebellengruppen versprachen sich Kompensationsleistungen und die Freilassung von politischen Gefangenen. Sie forderten außerdem Ermittlungen zu vermeintlichen Verbrechen der Regierung, etwa bezüglich des Verschwindens des ehemaligen CPJP-Anführers Charles Massi, und eine größere Unterstützung des Nordostens, in dem Sicherheit und Sozialleistungen des Staates praktisch nicht existent waren. Das im Januar 2013 zwischen den Séléka und der Regierung von regionalen Akteuren vermittelte Libreville Abkommen, das eine Übergangsregierung unter Inklusion der Rebellenführer errichtete und eine politische Transition bewirken sollte, scheiterte im Februar 2013, als Michel Djotodia zusätzlich das Amt des Verteidigungsministers übernahm.[xxvii]

Nach diversen Zusammenstößen mit Regierungstruppen der ZAR, des Tschads und Südafrikas eroberten die Séléka, unter denen teils auch Milizen aus dem Sudan und dem Chad kämpften, die Hauptstadt Bangui.[xxviii] Im März 2013 nahmen sie den Präsidentenpalast ein und stürzten den amtierenden Präsidenten François Bozizé. Durch den Putsch brachen Staatsgewalt und Sicherheitsorgane in der ohnehin extrem fragilen ZAR vollends zusammen.[xxix]

Im Schatten des Zusammenbruchs der ZAR verübten sowohl Séléka bzw. Ex-Séléka als auch christlich-animistische Anti-Balaka-Milizen seit Ende 2013 Massenverbrechen.[xxx] Zwar lösten sich die Séléka im September 2013 formell auf, die fortan als Ex-Séléka betitelten Milizen blieben aber weiterhin aktiv, plünderten und mordeten. Während der temporären Machtübernahme des ehem. Sélékaführers Michel Djotodia von März 2013 bis Januar 2014 bildeten sich christlich-animistische Anti-Balaka-Milizen, die spätestens seit Oktober 2013 nicht nur die Séléka bekämpften, sondern auch systematische Angriffe auf muslimische Zivilisten verübten. Ein Fünftel der Bevölkerung ergriff die Flucht, darunter nahezu die gesamte muslimische Bevölkerung der Hauptstadt Bangui.[xxxi] Von den Séléka, aber insbesondere von den Anti-Balaka, begangene Racheakte gegenüber Zivilisten, Plünderungen, gezielte Tötungen, Angriffe auf Krankenhäuser, humanitäre Hilfsmissionen sowie Kulturgüter konstituieren Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie Kriegsverbrechen.[xxxii]

Ökonomische Faktoren

Wie die International Crisis Group (ICG) bereits 2010 berichtete, sicherte sich Bozizé die Kontrolle über den Diamantensektor, um seine Gefolgschaft zu bereichern, während die Bevölkerungsmehrheit unter großer Armut litt. Ein parasitärer Staat, Armut, Korruption und größtenteils nichtverfolgte Kriminalität erleichterten bewaffneten, kriminellen Gruppen und Rebellen das Anwerben neuer Rekruten zur Eroberung von Diamantengebieten erheblich.[xxxiii] Die ICG spricht bezüglich des Minensektors von einer traditionellen „the winner takes all“-Mentalität und konstatiert: „The government’s refusal to distribute national wealth fairly has led jealous individuals and disenfranchised groups to take up arms for a bigger slice of the cake.”[xxxiv]

Die Sélékagruppen haben im Laufe ihrer Tätigkeit bereits vor dem Bürgerkrieg entsprechende Netzwerke mit Akteuren im Chad und Sudan zur Finanzierung aufgebaut, u.a. über den illegalen Handel mit Gold und Diamanten.[xxxv] Dabei ist es auch zwischen ihnen zu Konflikten um die Kontrolle von Diamantengebieten im Nordosten gekommen.[xxxvi]

Zudem haben sich im Laufe des Bürgerkrieges Auseinandersetzungen zwischen mehrheitlich muslimischen Viehbesitzern und Landwirten verschärft. Bei der Eskalation der Kämpfe in ländlichen Gebieten der ZAR beteiligen sich auf Seite der Viehhalter auch Ex-Séléka-Kämpfer.[xxxvii] Die mehrheitlich muslimischen Viehhalter, von denen manche auch aus dem Sudan und dem Tschad stammen, werden wiederum von den Landwirten und der Anti-Balaka mit den Séléka assoziiert.[xxxviii]

Waffenstillstandsabkommen

Waffenstillstandsabkommen, wie das am 23. Juli 2014 in Brazzaville unter Anwesenheit von dutzenden Mitgliedern bewaffneter Gruppen und von über 170 Vertretern des Staates und der Zivilgesellschaft der ZAR unterzeichnete, konnten keine übergreifenden Ergebnisse erzielen.[xxxix] Zwar gelang es kurzfristig, dass sich die anwesenden Séléka-Vertreter von der Forderung nach der Teilung des Staates entlang religiöser Trennlinien distanzierten, allerdings kam es bereits am folgenden Tag wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen in der ZAR.[xl] Zudem wurden Fragen der Entwaffnung und Integration bewaffneter Gruppierungen und konkrete Abkommen zur Umsetzung des Waffenstillstands ausgeklammert. Trotz der hohen Personenanzahl bei den Verhandlungen waren viele der Kämpfer zudem nicht repräsentiert: Die Unterzeichner des Abkommens, der Séléka-Vertreter Mohamed Moussa Dhaffane und der Anti-Balaka national coordinator Patrice-Edouard Ngaissona sind nicht in der Lage, die bewaffneten Gruppen vor Ort zu kontrollieren.[xli]

Obwohl im Mai auf dem Bangui National Forum eine weitere Übereinkunft zur Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration (DDRR) unterzeichnet wurde, hatte die ZAR kaum Zeit, sich von der Vergangenheit zu erholen und auf die Wahlen vorzubereiten. Das Abkommen wurde noch nicht implementiert, die Gruppen somit noch nicht entwaffnet.[xlii] Wiederholt kommt es zu Zusammenstößen zwischen MINUSCA, ex-Séléka und Anti-Balaka-Milizen - selbst innerhalb der Gruppierungen bekämpfen sich einzelne Fraktionen.[xliii]

Akteure

Zentralafrikanische Regierung

Unter der Übergangspräsidentin Catherine Samba-Panza, die am 20. Januar 2014 vom Parlament als Interimspräsidentin gewählt wurde, sollte die ZAR stabilisiert und auf Wahlen vorbereitet werden, die ursprünglich für August 2015 geplant waren. Die ehemalige Bürgermeisterin Banguis besaß weder unter Djotodia ein politisches Amt, noch besaß sie Verbindungen zum Militär, den Séléka oder den Anti-Balaka-Milizen. Insofern wurde die Chance gesehen, über international unterstützte und inklusive Friedensverhandlungen eine Befriedigung der Situation zu erreichen. Die Übergangsregierung wurde vom Transitional National Council (TNC), dem Übergangsparlament der ZAR, mehrmals umgebildet, um Vertreter der verschiedenen Parteien stärker zu integrieren.[xliv] Allen Mitgliedern der Übergangsregierung wurde es verboten, sich bei der Präsidentschaftswahl Ende 2015 zur Wahl zu stellen.

Am 14. Februar 2016 wurde Archange Touadéra, früherer Regierungschef unter dem im März 2013 geputschten Präsident François Bozizé, zum neuen Präsidenten gewählt. Touadéras Schwerpunkte liegen nach Aussage seines Wahlmanagers Simplice Sarandji auf Disarmament, Demobilisation, Reintegration and Repatriation (DDRR), sowie der Umstrukturierung der Streitkräfte.[xlv] Die neue Regierung wird im April gebildet.

Ex-Séléka

Die diversen und oftmals nur sehr lose organisierten Ex-Séléka-Milizen kontrollieren vor allem den Nordosten des Landes. Die Koalition verschiedener hauptsächlich muslimischer Rebellengruppen aus dem Nordosten der ZAR entstand zwischen September und Dezember 2012.[xlvi] Ihre Forderungen bestanden zunächst aus einer Implementierung von Ergebnissen des Inclusive Political Dialoge von 2008.[xlvii] Sie waren somit eher politischer und wirtschaftlicher Natur.

Schon bei ihrer Gründung stellten die Séléka kaum zusammenhängende Verbände dar. Nach ihrem erfolgreichen Putsch befahl ihr ehemaliger Anführer Djotodia im September 2013 ihre Auflösung. Die fortan als Ex-Séléka bezeichneten Kämpfer missachteten diese Forderung. Ende 2014 spalteten sich die Ex-Séléka offiziell in drei Bewegungen auf, die miteinander konkurrieren: In die Unité pour la Centrafrique (UPC), die Front Populaire pour la Renaissance en Centrafrique (FPRC) und die Démocratiques pour le Rassemblement (UFDR).[xlviii] Seitdem mangelt es nicht nur an einem zentralen Ansprechpartner, es besteht auch kaum Verlässlichkeit bei getroffenen Abkommen, wie dem von Vertretern unterzeichneten Abrüstungsabkommen DDRR. Die militärischen Flügel der Fraktionen missachten regelmäßig durch ihre politischen Führer getroffene Vereinbarungen. Verschiedene Séléka-Kommandeure äußerten ihr Bestreben, im Norden einen unabhängigen muslimischen Staat errichten zu wollen, wenn auch weiterhin unklar blieb, wo diese Trennlinie gezogen werden solle.[xlix]

Anti-Balaka

Die christlichen Anti-Balaka begingen im Konflikt die Mehrheit der Massenverbrechen: Die sich selbst als „Selbstverteidigungstruppen“ bezeichnende Miliz bildete sich ursprünglich in Reaktion auf die Angriffe der Séléka-Rebellen auf die Zivilbevölkerung. Seit Oktober 2013 attackieren sie gezielt und systematisch muslimische Zivilisten in der ZAR. Ihre systematischen Übergriffe, Tötungen und Vertreibungen muslimischer Zivilisten konstituieren ethnische Säuberungen. Die einzelnen vor allem im Zentrum des Landes verteilten Gruppen operieren weitgehend unkontrolliert und ohne zentrale Struktur.[l] Koordinatoren der Anti-Balaka unterzeichneten zwar das DDRR-Abkommen zur Entwaffnung im Rahmen des Bangui Reconciliation Forum, sehen sich ohne eine zentrale Kommandostruktur im Feld und der sehr unterschiedlichen Interessen der diversen militanten Gruppen aber immer wieder außer Stande, das Abkommen auch umzusetzen.[li]

UN-Mission MISCA/MINUSCA

Angesichts der Gräueltaten baten die zentralafrikanische Regierung unter dem damaligen Präsidenten und ehemaligen Séléka-Führer Michel Djotodia, die Economic Community of Central African States (ECCAS) und die Afrikanische Union am 25. November 2013 vor dem UN-Sicherheitsrat um Unterstützung.[lii] Am 5. Dezember 2013 autorisierte die UN-Sicherheitsratsresolution 2127 die International Support Mission in the Central African Republic (MISCA) der Afrikanischen Union und die französische Operation Sangaris zum Schutz von Zivilisten.

MINUSCA, die UN-Nachfolgemission von MISCA, startete am 15. September 2014. Sie ersetzt die MISCA Mission der AU und übernahm große Teile der Truppen. Die französische Operation Sangaris läuft zunächst unterstützend zu MINUSCA weiter. Momentan befinden sich rund 13.000 internationale Soldaten im Land, was angesichts der Tatsache, dass die ZAR ungefähr so groß wie Frankreich ist, mitnichten ausreicht, um das gesamte Land zu sichern. MINUSCA ist zudem stark abhängig von den französischen Truppen, da die UN-Soldaten oft deutlich schlechter ausgebildet sind. Am 27. Januar 2016 verlängerte der UN-Sicherheitsrat die Sanktionen und Waffenembargos bis zum 31. Januar 2017.[liii] Am 30. März 2016 verkündete Frankreich die Operation Sangaris bis zum Ende des Jahres zurückzufahren. Das Kontingent schrumpft von rund 900 auf 300 Soldaten, welche in die bestehende UN-Truppe integriert werden sollen.[liv] Als die Gewalt 2013 ausbrach, hatte Frankreich 2.000 Soldaten stationiert, vor der Krise waren es 300 französische Soldaten.

In 2016 wurden zahlreiche Missbrauchs- und Vergewaltigungsvorwürfe gegenüber UN-Soldaten erhoben. In größerem Umfang seien teilweise minderjährige Kinder zu sexuellen Handlungen gezwungen geworden. Bereits im April 2016 wurde ein interner Bericht der UN veröffentlicht, der französische Soldaten anklagt. Auch gegen UN-Soldaten aus Kongo-Brazzaville und der Demokratischen Republik Kongo wurden Vergewaltigungsvorwürfe erhoben. Als Konsequenz der wiederkehrenden Vorwürfe, entließ Ban Ki-Moon den Leiter der Mission, Babacar Gaye, und kündigte eine Sondersitzung des Sicherheitsrats an.[lv] Das schwindende Vertrauen der Bevölkerung in MINUSCA wurde durch die Vorwürfe nochmals erheblich erschüttert.

Quellen

[i] UN 2014: Final report of the International Commission of Inquiry on the Central African Republic, auf: http://www.un.org/ga/search/viewm_doc.asp?symbol=S/2014/928; 29.05.2016.

[ii] Global Centre for the Responsibility to Protect 2016: R2P Monitor 15. Mai 2016, auf: http://www.globalr2p.org/publications/431; zuletzt abgerufen am 29.05.2016.

[iii] Eigene Berechnungen nach: ACLED Version 6 (1997 – 2015) standard file, auf: http://www.acleddata.com/data/; zuletzt abgerufen am: 05.06.2016.
ACLED Realtime 2016 All Africa File (updated 17th September 2016), auf: http://www.acleddata.com/data/realtime-data-2016/, zuletzt abgerufen am: 21.09.2016.

[iv] Global Centre for the Responsibility to Protect 2015: R2P Monitor 15. November 2015, auf: http://www.globalr2p.org/media/files/r2p_monitor_nov2015_final.pdf; zuletzt abgerufen am: 04.12.2015.

[v] UNHCR 2016: Réponse Régionale à la crise des Réfugiés en République centrafricaine, auf: http://data.unhcr.org/car/regional.php; zuletzt abgerufen am: 21.09.2016.

[vi] Der Standard, 13.12.2015, Zentralafrika: "Spannungen sind nicht religiös motiviert", auf http://derstandard.at/2000027348545/Referendum-in-Zentralafrika-Mit-Gewalt-ist-zu-rechnen; zuletzt aufgerufen am 08.02.2016.

[vii] African Research Bulletin 2013: Central African Republic. Circle of Violence, in: African Research Bulletin: Political, Social and Cultural Series, 50 (10), S.19871-19873.

[viii] Human Rights Watch 2013: “I Can Still Smell the Dead”, The Forgotten Human Rights Crisis in the Central African Republic, auf: http://www.hrw.org/sites/default/files/reports/car0913_ForUploadWInsert_0.pdf; zuletzt abgerufen am: 25.02.2015.

[ix] Mudge, Lewis 2014: Central African Republic Cease-fire Ignores Justice, auf: http://www.hrw.org/news/2014/08/02/central-african-republic-cease-fire-ignores-justice; zuletzt abgerufen am: 25.02.2015.

[x] Human Rights Watch 2013: They Came to Kill. Escalating Atrocities in the Central African Republic, auf: http://www.hrw.org/sites/default/files/reports/car1213_web.pdf; zuletzt abgerufen am: 25.02.2015.

[xi] UN 2014: Final report of the InternationalCommission of Inquiry on the Central African Republic http://www.securitycouncilreport.org/atf/cf/%7B65BFCF9B-6D27-4E9C-8CD3-CF6E4FF96FF9%7D/s_2014_928.pdf; zuletzt abgerufen am: 01.05.2015.

[xii] Doctors Without Borders: Three MSF Staff Among 16 Civilians Killed at Central African Republic Hospital, auf: http://www.doctorswithoutborders.org/news-stories/press-release/three-msf-staff-among-16-civilians-killed-central-african-republic; zuletzt abgerufen am: 01.05.2015.

[xiii] United Nations Radio 2014: Attack on Central African Republic relocation convoy condemned, auf: http://www.unmultimedia.org/radio/english/2014/04/attack-on-central-african-republic-relocation-convoy-condemned/#.VYwuaEZkCYA; zuletzt abgerufen am: 01.05.2015.

[xiv] RJDH Centrafrique, 20.10.2015, La Minusca s'insurge contre les attaques des casques bleus par les Anti-Balaka, auf: http://rjdh.org/la-minusca-sinsurge-contre-lattaque-des-casques-bleus-par-les-anti-balaka/; zuletzt abgerufen 8.2.2016.

[xv] RJDH Centrafrique, 10.10.2015, Centrafrique: Combat entre les forces internationales et les ex-Séléka à Sibut, auf: http://rjdh.org/centrafrique-combat-entre-les-forces-internationales-et-les-ex-seleka-a-sibut/; zuletzt abgerufen am 8.2.2016.

[xvi] Global Centre for the Responsibility to Protect 2015: R2P Monitor 20. Januar 2016, auf http://www.globalr2p.org/publications/410; zuletzt abgerufen am 08.02.2016.

[xvii] UN News Centre 2014: Central African Republic: over 6,000 child soldiers may be involved in fighting, UN says, auf: https://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=46954&Cr=central+african+republic&Cr1; zuletzt abgerufen am: 01.05.2015.

[xviii] The Guardian: 2014: Child soldiers in Central African Republic more than doubled, says charity, auf: http://www.theguardian.com/world/2014/dec/18/-sp-child-soldiers-central-african-republic-doubled; zuletzt abgerufen am: 01.05.2015.

[xix] Süddeutsche Zeitung 2015: Kinder dürfen ihre Waffen niederlegen, auf: http://www.sueddeutsche.de/politik/zentralafrikanische-republik-kinder-duerfen-ihre-waffen-niederlegen-1.2480340; zuletzt abgerufen am 18.11.2015.

[xx] Reuters 2015: Central African Republic armed group frees enslaved children, auf: http://www.reuters.com/article/2015/08/28/us-centralafrica-violence-idUSKCN0QX29920150828#slR1JPihgdJT4XXH.97; zuletzt abgerufen am 18.11.2015.

[xxi] Süddeutsche Zeitung 2016: Zentralafrikanische Republik Friedlicher Wahlausgang, auf: http://www.sueddeutsche.de/politik/zentralafrikanische-republik-friedlicher-wahlausgang-1.2873269; zuletzt abgerufen am 29.05.2016.

[xxii] Deutsche Welle, 31.03.2016, Frankreich beendet Militärmission in Zentralafrika, auf: http://www.dw.com/de/frankreich-beendet-milit%C3%A4rmission-in-zentralafrika/a-19156771; zuletzt abgerufen am: 29.05.2016.

[xxiii] ICG 2015: Central African Republic: The Roots of Violence, auf: http://www.crisisgroup.org/~/media/Files/africa/central-africa/central-african-republic/230-central-african-republic-the-roots-of-violence.pdf; zuletzt abgerufen am 04.12.2015.

[xxiv] Coleman, Denise Youngblood 2014: Central African Republic, 2014 Country Review, S. 8-10, auf: http://www.countrywatch.com/Content/pdfs/reviews/B3M8MZML.01c.pdf; zuletzt abgerufen am: 25.02.2015.

[xxv] Vlavonou, Gino 2014: Understanding the ‘failure’ of the Séléka Rebellion, S. 319, in: African Security Review 23 (2), S. 318-326.

[xxvi] UN Peacebuilding Commission o.J.: Peacebuilding Commission. Country-specific configuration on the Central African Republic, auf: www.un.org/en/peacebuilding/cscs/car/key_docs/inclusive_political_dialogue.pdf; zuletzt abgerufen am: 25.02.2015.

[xxvii] Human Rights Watch 2013: “I Can Still Smell the Dead”, The Forgotten Human Rights Crisis in the Central African Republic, auf: http://www.hrw.org/sites/default/files/reports/car0913_ForUploadWInsert_0.pdf; zuletzt abgerufen am: 25.02.2015.

[xxviii] African Research Bulletin 2013: Central African Republic. Circle of Violence, in: African Research Bulletin: Political, Social and Cultural Series, 50 (10), S.19871-19873.

[xxix] International Crisis Group 2013: Central African Republic: Better Late than Never, Africa Briefing N°96, 2 Dec 2013, auf: http://www.crisisgroup.org/en/regions/africa/central-africa/central-african-republic/b096-central-african-republic-better-late-than-never.aspx; zuletzt abgerufen am: 25.02.2015.

[xxx] International Crisis Group 2013: Central African Republic: Better Late than Never, Africa Briefing N°96, 2 Dec 2013, auf: http://www.crisisgroup.org/en/regions/africa/central-africa/central-african-republic/b096-central-african-republic-better-late-than-never.aspx; zuletzt abgerufen am: 25.02.2015.

[xxxi] Käihkö, Ilmari/Utas, Mats 2014: The Crisis in CAR: Navigating Myths and Interests, in: Africa Spectrum 49 (1), S. 69-77.

[xxxii] Human Rights Watch 2013: They Came to Kill. Escalating Atrocities in the Central African Republic, auf: http://www.hrw.org/sites/default/files/reports/car1213_web.pdf; zuletzt abgerufen am: 25.02.2015.

[xxxiii] International Crisis Group 2010: Dangerous Little Stones: Diamonds in the Central African Republic, Africa Report N°167, auf: http://www.crisisgroup.org/en/regions/africa/central-africa/central-african-republic/167-dangerous-little-stones-diamonds-in-the-central-african-republic.aspx; zuletzt abgerufen am: 25.02.2015.

[xxxiv] Dalby, Ned 2011: Central African Republic: The Dark Side of Diamonds, auf: http://www.crisisgroup.org/en/regions/africa/central-africa/central-african-republic/op-eds/the-dark-side-of-diamonds-ned-dalby.aspx; zuletzt abgerufen am: 25.02.2015.

[xxxv] Human Rights Watch 2013: “I Can Still Smell the Dead”, The Forgotten Human Rights Crisis in the Central African Republic, S.29-30, auf: http://www.hrw.org/sites/default/files/reports/car0913_ForUploadWInsert_0.pdf; zuletzt abgerufen am: 25.02.2015.

[xxxvi] Matthysen, Ken/Clarkson, Iain 2013: Gold and diamonds in the Central African Republic. The country’s mining sector, and related social, economic and environmental issues, S.20-21, auf: http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Gold%20and%20diamonds%20in%20the%20Central%20African%20Republic.pdf; zuletzt abgerufen am: 25.02.2015.

[xxxvii] International Crisis Group 2014: The Central African Republic’s Hidden Conflict, Africa Briefing N°105, auf: http://www.crisisgroup.org/en/regions/africa/central-africa/central-african-republic/b105-the-central-african-republic-s-hidden-conflict.aspx; zuletzt abgerufen am: 25.02.2015.

[xxxviii] International Crisis Group 2013: Central African Republic: Priorities of the Transition, Africa Report N°203, 11 Juni 2013, S. 34, auf: http://www.crisisgroup.org/en/regions/africa/central-africa/central-african-republic/203-central-african-republic-priorities-of-the-transition.aspx; zuletzt abgerufen am: 25.02.2015.

[xxxix] Neill, Hanna Ucko 2014: What hope for an extended ceasefire in the CAR?, auf: http://africanarguments.org/2014/08/14/what-hope-for-an-extended-ceasefire-in-the-car-by-hanna-ucko-neill/; zuletzt abgerufen am: 25.02.2015.

[xl] Harding, Andrews 2014: Central African Republic factions announce ceasefire, auf: http://www.bbc.com/news/world-africa-28457599; zuletzt abgerufen am: 25.02.2015.

[xli] Neill, Hanna Ucko 2014: What hope for an extended ceasefire in the CAR?, auf: http://africanarguments.org/2014/08/14/what-hope-for-an-extended-ceasefire-in-the-car-by-hanna-ucko-neill/; zuletzt abgerufen am: 25.02.2015.

[xlii] ICG 2015: Central African Republic: The Roots of Violence, auf: http://www.crisisgroup.org/~/media/Files/africa/central-africa/central-african-republic/230-central-african-republic-the-roots-of-violence.pdf; zuletzt abgerufen am 04.12.2015.

[xliii] RJDH Centrafrique, 20.10.2015, La Minusca s'insurge contre les attaques des casques bleus par les Anti-Balaka, auf: http://rjdh.org/la-minusca-sinsurge-contre-lattaque-des-casques-bleus-par-les-anti-balaka/; zuletzt aufgerufen 8.2.2016.

[xliv] Neill, Hanna Ucko 2014: What hope for an extended ceasefire in the CAR?, auf: http://africanarguments.org/2014/08/14/what-hope-for-an-extended-ceasefire-in-the-car-by-hanna-ucko-neill/; zuletzt abgerufen am: 25.02.2015.

[xlv] Reuters, 23.02.2016, Central African Republic president aide says focus now on peace, auf: http://af.reuters.com/article/topNews/idAFKCN0VW0N5; zuletzt abgerufen am: 29.05.2016.

[xlvi] Human Rights Watch 2013: “I Can Still Smell the Dead”, The Forgotten Human Rights Crisis in the Central African Republic, S. 29-30, auf: http://www.hrw.org/sites/default/files/reports/car0913_ForUploadWInsert_0.pdf; zuletzt abgerufen am: 25.02.2015.

[xlvii] UN Peacebuilding Commission o.J.: Peacebuilding Commission. Country-specific configuration on the Central African Republic, auf: www.un.org/en/peacebuilding/cscs/car/key_docs/inclusive_political_dialogue.pdf; zuletzt abgerufen am: 25.02.2015.

[xlviii] International Crisis Group 2015: Crisis Watch Database, auf: http://www.crisisgroup.org/en/publication-type/crisiswatch/crisiswatch-database.aspx?CountryIDs={09F69924-3E63-461D-96FE-A0B25D54EFEB}#results; zuletzt abgerufen am: 25.02.2015.

[xlix] Harding, Andrews 2014: Central African Republic rebel chief rejects ceasefire, auf: http://www.bbc.com/news/world-africa-28487894; zuletzt abgerufen am: 25.02.2015.

[l] International Crisis Group 2015: Crisis Watch Database, auf: http://www.crisisgroup.org/en/publication-type/crisiswatch/crisiswatch-database.aspx?CountryIDs={09F69924-3E63-461D-96FE-A0B25D54EFEB}#results; zuletzt abgerufen am: 25.02.2015.

[li] ICG 2015: Central African Republic: The Roots of Violence, auf: http://www.crisisgroup.org/~/media/Files/africa/central-africa/central-african-republic/230-central-african-republic-the-roots-of-violence.pdf; zuletzt abgerufen am 04.12.2015.

[lii] UN Sicherheitsrat 2013: S/PV.70699, auf: http://www.securitycouncilreport.org/atf/cf/%7B65BFCF9B-6D27-4E9C-8CD3-CF6E4FF96FF9%7D/s_pv_7069.pdf; zuletzt abgerufen am: 01.05.2015.

[liii] UN Sicherheitsrat 2016: S/RES/2262, auf:http://www.un.org/depts/german/sr/sr_16/sr2262.pdf; zuletzt abgerufen am: 29.05.2016.

[liv] Deutsche Welle, 31.03.2016, Frankreich beendet Militärmission in Zentralafrika, auf: http://www.dw.com/de/frankreich-beendet-milit%C3%A4rmission-in-zentralafrik a/a-19156771; zuletzt abgerufen am: 01.05.2015.

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Hintergrundbericht: Demokrat. Republik Kongo

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Im Zusammenhang mit Protesten gegen eine Wahlrechtsänderung kommt es seit Anfang 2015 zu Hinrichtungen, Morddrohungen, willkürlichen Verhaftungen, unverhältnismäßiger Gewalt durch Sicherheitskräfte sowie Einschränkungen der Meinungsfreiheit und des Versammlungsrechts. Die Anfang 2015 durch die Nationalversammlung verabschiedete Änderung des Wahlrechts koppelte die Wahl an eine Aktualisierung des Wahlregisters. Erst im April 2016 kündigte die Independent National Electoral Commission (CENI) an, im Juli 2016 mit der Aktualisierung zu beginnen. Dieser Prozess könne laut der CENI bis zu drei Jahre dauern. Ob die eigentlich für November 2016 anstehende Präsidentschaftswahl tatsächlich stattfinden wird, bleibt sehr fraglich. Die Opposition vermutet hinter der Wahlrechtsreform eine Taktik von Präsident Joseph Kabila und wirft ihm vor, eine verfassungswidrige dritte Amtszeit anzustreben – entweder durch eine Aussetzung der Wahl oder durch eine Änderung der Verfassung im Laufe der Wahlverzögerung.[i] In der jüngsten Resolution 2277 äußerte der UN-Sicherheitsrat im März 2016 seine große Besorgnis über die Verschlechterung der menschenrechtspolitischen Lage und betonte die entscheidende Bedeutung friedlicher und fairer Wahlen für die Stabilisierung und Konsolidierung.[ii]

Die Gewalt im Kontext der Präsidentschaftswahl verschärft die ohnehin gravierende Lage der Zivilisten in der DR Kongo weiter: Blutige Auseinandersetzungen zwischen der Regierung, bewaffneten Gruppen und einigen Nachbarstaaten beherrschen seit über 20 Jahren den Alltag vieler Kongolesen. Diese Auseinandersetzungen und dabei begangene Massenverbrechen haben vier bis fünf Millionen Menschen das Leben gekostet und Millionen Zivilisten aus ihrer Heimat vertrieben. Das im Februar 2013 von der DR Kongo und mehreren afrikanischen Staaten unterzeichnete Rahmenwerk für Frieden, Sicherheit und Kooperation im Kongo und der Region (Framework for Peace, Security and Cooperation, kurz PSCF) und der Sieg über die im Nordosten wütende Miliz M23 führten zu einem deutlichen Rückgang der Gewaltintensität.[iii] Dennoch halten Gräueltaten im Nordosten der DR Kongo – insbesondere in den drei Provinzen Maniema, Katanga und Nord-Kivu - weiterhin an. Auch wenn sie nicht mehr die Intensität von Massenverbrechen besitzen, leidet die Zivilbevölkerung enorm unter den zahlreichen Kämpfen und Übergriffen von über 30 weiterhin aktiven Rebellenbewegungen. Zu den Hauptkonfliktparteien zählen u.a. die Democratic Forces for the Liberation of Rwanda (FDLR), die Allied Democratic Forces (ADF) und diverse kriminelle lokale Selbstverteidigungsmilizen, die als Mai-Mai-Milizen betitelt werden. Zusätzlich kam es zuletzt zu Gewalttaten zwischen Angehörigen der Volksgruppen der Yumilia und der Pygmy.

Laut Daten des Armed Conflict Location & Event Data Projects (ACLED) wurden seit der Unterzeichnung des PSCF-Abkommens im Februar 2013 bis Ende Juni 2016 über 5.358 Menschen in der DR Kongo getötet, darunter mindestens 2.475 Zivilisten.[iv] Etwa 1.740.000 Kongolesen befinden sich innerhalb und über 520.000 in den Nachbarstaaten auf der Flucht.[v]

Todesopfer

Tote insgesamt
Tote pro Monat



© Genocide Alert; Daten: ACLED Africa Data

Analyse

Krise: Unmittelbare Eskalation droht

Aufgrund der anhaltenden Gewalt, der Präsenz zahlreicher bewaffneter Milizen, der Schwäche der Regierung, mangelhafter Reformen im Sicherheitssektor, großer Instabilität, der prekären humanitären Situation und der mangelnden gesellschaftlichen und gerichtlichen Aufarbeitung vergangener Massenverbrechen sind erneute Massenverbrechen in der DR Kongo zu befürchten. Die zusätzliche Gewalt im Kontext der Präsidentschaftswahl verschärft die Lage weiter.

Schwäche und Brutalität der Regierung

Die Abwesenheit der kongolesischen Staatsgewalt im Nordosten des Landes erlaubt es bewaffneten Rebellengruppen weiterhin Angriffe auf Zivilisten zu verüben. Noch immer sind etwa 30 bewaffnete Milizen im Land aktiv. Die ruandische Armee (FARDC) leidet unter unzureichenden Ressourcen und mangelhafter Organisation. Dazu hat die überhastete Reintegration ehemaliger Rebellen in die FARDC zur Destabilisierung der Armee beigetragen. Begangene Menschenrechtsverletzungen durch Angehörige der FARDC sind exemplarisch für den fehlenden Grad an Professionalität unter den Streitkräften.[vi] Nach wie vor bestehen Forderungen nach einem kongolesischen Strafgerichtshof für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Aktuelle und potenzielle Straftäter können weitgehend mit Straflosigkeit rechnen. Zwar bieten die Regierung und MONUSCO den Milizen regelmäßig an, am Disarmament, Demobilization, Repatriation, Reintegration and Resettlement (DDRRR) Programm teilzunehmen, bevor sie größere Operationen starten, Konflikte um Rohstoffe und lang bestehende Feindschaft zwischen den kongolesisch und ruandisch geprägten Rebellengruppen dominieren das Entscheidungskalkül der Milizen aber weiterhin.[vii]

Nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen von 2011 ist es Kabila bis dato nicht gelungen, seine Regierung als effektiv und legitim zu etablieren. Die Bemühungen der Regierung sowie regionaler und internationaler Akteure beschränkten sich in den vergangenen Jahren hauptsächlich auf die Entschärfung der Konflikte im Nordosten des Landes, der aber höchst instabil blieb. Der Friedensprozess in der DR Kongo und der weiteren Region stagniert, Misstrauen und Konflikte zwischen der kongolesischen Regierung und Ruanda halten an. Ein konsensgetriebenes politisches System konnte unterdessen nicht etaliert werden.

Willkürliche Verhaftungen und Gewalt im Vorfeld der Wahlen 2016

Die Versuche Kabilas, länger als rechtlich vorgesehen im Amt zu bleiben, verstärken die Zerwürfnisse zwischen der Opposition und der Regierung und drohen, eine neue Gewaltspirale zu verursachen. Im Zuge landesweiter Proteste gegen eine unrechtmäßige Amtszeitverlängerung Kabilas kommt es immer wieder zu willkürlichen Verhaftungen und Misshandlungen Oppositioneller. Die Menschenrechtsverletzungen treten vor allem in jenen Provinzen zu Tage, in denen Oppositionsparteien und zivilgesellschaftliche Organisationen besonders populär sind. Dazu gehören Kinshasa, Nord- und Süd-Kivu und Ost-Kasai.[viii]

Auf Proteste gegen die Wahlrechtsreform der Regierung reagierte Präsident Kabila im Januar 2015 mit exzessiver Gewalt. Entgegen kongolesischen Rechts setzte er unter anderem seine Präsidentengarde zur Auflösung der Proteste ein und ließ in die Menge schießen. Mindestens 21 Menschen starben. Im März 2015 nahmen Polizeikräfte bei einem Treffen einer Bewegung junger, pro-demokratischer Aktivisten 26 Personen fest. Davon bleiben bisher 21 Personen ohne Anklage und ohne Kontakt zu einem Anwalt oder ihren Familie weiterhin inhaftiert. Ihr Aufenthaltsort bleibt unbekannt.

Am 16. Februar 2016 hatte die politische Opposition anlässlich des Jahrestages des Massakers an Demonstranten von 1992 (“Ville Morte”) landesweit Proteste angekündigt. Gleichzeitig galten die angekündigten Proteste auch der sehr wahrscheinlichen Verzögerung der Präsidentschaftswahlen sowie Vorfällen verfassungswidriger Handlungen durch die Regierung. Die Proteste wurden maßgeblich von der Front Citoyen 2016 angeführt - einer Gruppierung Dutzender politischer Parteien und zivilgesellschaftlicher Organisationen, der beiden größten Oppositionsgruppen im Parlament sowie der Group of Seven (G7). Im Vorfeld sowie während der Demonstrationen kam es zu zahlreichen willkürlichen Verhaftungen und Misshandlungen. Die Polizei schlug auf friedlich protestierende Demonstranten ein. Dutzende von ihnen, meist Studenten, wurden willkürlich festgenommen, einige galten vor ihrer Freilassung gar für mehrere Tage vermisst. Am Tag der Proteste wurde auch einer der populärsten Radiosender im Land für mehrere Stunden abgeschaltet.

Auch in Lubumbashi, die nach der Hauptstadt Kinshasa zweitgrößte Stadt in der DR Kongo, kommt es immer wieder zu Übergriffen gegen oppositionelle Kräfte und Parteibüros. Lubumbashi gilt als Hochburg oppositioneller Kräfte. Das brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen Anhänger des Präsientschaftskandidaten Moise Katumbi am 24. April 2016 verschärfte die Situation weiter. Katumbi selbst hält sich seit dem 20. Mai im Ausland auf; ein gegen ihn erlassener Haftbefehl wurde von einem Gericht am 19. Mai aufgehoben. Human Rights Watch sieht in den Übergriffen auf Oppositionskräfte und den Vorwürfen gegen Moise Katumbi eine deutliche politische Motivation und forderte ausländische Regierungen auf, den Druck auf Kabilas Regierung deutlich zu erhöhen, die Verfassung des Landes und die Menschenrechte zu achten.

Bewaffnete Konflikte im Nordosten der DR Kongo

Der Sieg über die Rebellengruppe M23 im November 2013 führte kurzfristig zu einer vergleichsweisen Stabilisierung der östlichen Regionen in der DR Kongo. Doch die anhaltenden Aktivitäten weiterer bewaffneter Gruppierungen im Nordosten haben zu neuen Unruhen und Vertreibungswellen geführt. Milizen wie die FDLR, die ADF und diverse Mai-Mai-Milizen – lokale, kriminelle Selbstverteidigungseinheiten, operieren teilweise seit mehr als 20 Jahren in der DR Kongo und verüben weiterhin sporadische Angriffe auf die verwundbare Zivilbevölkerung. Sie sind hauptsächlich in den nord-östlichen Provinzen Maniema, Katanga und Nord-Kivu aktiv, auf die sich auch die Mehrheit der Kampfhandlungen beschränkt.

Mit Unterstützung der United Nations Organization Stabilization Mission in the DR Congo (MONUSCO), konnten die kongolesischen Streitkräfte mehrere militärische Operationen gegen die Rebellengruppe ADF und ihre verbündete Alliance des patriotes pour un Kongo libre et souverain (APCLS) durchführen. Während die Schlagkraft der ADF dadurch 2015 zwar verringert wurde, bleibt die Gruppe vor allem im Distrikt Ituri in der Kasai-Oriental Provinz aktiv.[ix] Ende November 2015 kam es auch im Gebiet um Beni zu schweren Übergriffen durch die Rebellengruppe ADF. Gegen die FDLR startete die Regierung im Februar 2015 eine erneute Offensive, nachdem einem Ultimatum zur Entwaffnung nicht nachgekommen worden war. Trotz einiger Erfolge der Regierungsarmee, bleibt die FDLR weiterhin zu Kämpfen in der Lage und beschießt auch immer wieder von der DR Kongo aus Ziele in Ruanda, wodurch sie Grenzkonflikte zwischen beiden Staaten anheizt. Gewalt bricht dabei auch öfters zwischen den Milizen aus. Hinzu kommen gelegentliche Gefechte mit Mai-Mai-Milizen, vor allem der Raia Mutomboki, die sich die generelle Instabilität im Osten zu Nutze machen und lokale, kriminelle Netzwerke etablierten. Sie finanzieren sich unter anderem über Raubzüge, illegalen Rohstoffhandel und Entführungen. Insgesamt sind über 30 bewaffnete Gruppen in der DR Kongo aktiv.[x]

Angriffe auf Zivilisten

Immer wieder werden im Zuge der Kämpfe zwischen kongolesischen Streitkräften und bewaffneten Rebellengruppen, aber auch bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Volksstämmen, vorsätzlich Zivilisten getötet. Vor allem in den nordöstlichen Provinzen Maniema, Katanga und Nord-Kivu sind Zivilisten regelmäßig Angriffen, Plünderungen und sexueller Gewalttaten der ADF, FDLR und Mai-Mai-Milizen ausgesetzt. Zwischen Oktober und Dezember 2014 massakrierte die ADF in Nord-Kivu über 350 Zivilisten und beging damit sehr wahrscheinlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Auch 2015 hat die ADF mindestens 130 Zivilisten getötet.

Hinzu kommt Gewalt zwischen verschiedenen Volksgruppen: Im April 2015 töteten Angehörige der ethnischen Gruppe der Luba etwa bei einem brutalen Angriff auf das Flüchtlingslager Vumilia I für Binnenvertriebene, mindestens dreißig Angehörige der Pygmy.[xi] Human Rights Watch (HRW) fand das Lager wenige Wochen später vollkommen niedergebrannt vor.

Vergewaltigungen und sexuelle Sklaverei

Vergewaltigungen wurden und werden durch nichtstaatliche Kämpfer und Angehörige der Streitkräfte als „Kriegswaffe“ angewendet.[xii] In den vergangenen zwanzig Jahren wurden zehntausende Frauen, Kinder und Männer Opfer sexueller Gewalt. Oft wurde sexuelle Gewalt von Rebellen und von Angehörigen der kongolesischen Streitkräfte dazu verwendet, Zivilisten für ihre Ethnie oder für die Unterstützung des „Feindes“ zu bestrafen. Im November 2012 kam es in der Nähe von Minova zu Massenvergewaltigungen durch Angehörige der kongolesischen Armee. Dabei wurden mehr als 130 Frauen im Alter von 13 bis 60 Jahren vergewaltigt. Die UN-MissionMONUSCO begann daraufhin im Februar 2013 mit der Suspension ihrer Unterstützung für die verantwortlichen Bataillone. Schließlich wurden 39 kongolesische Offiziere durch ein Militärgericht schuldig gesprochen.[xiii] Der Gerichtsbeschluss wurde als Testfall für die Fähigkeit der Staatsgewalt betrachtet, Straflosigkeit zu bekämpfen, begangene Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen zu verfolgen und eine Kultur der Rechtsstaatlichkeit zu schaffen.[xiv] Begangene Massenverbrechen werden in der DR Kongo allerdings noch immer nicht konsequent aufgearbeitet, sodass potenzielle Täter weiterhin größtenteils mit Immunität rechnen können.[xv]

Vertreibungen

In der DR Kongo leben derzeit rund zweieinhalb Millionen Binnenvertriebene.[xvi] Ursache für die Vertreibungen sind Kämpfe zwischen kongolesischen Streitkräften und bewaffneten Rebellengruppen sowie gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen den Angehörigen rivalisierender Volksstämme.[xvii] Der Sieg über die Rebellengruppe M23 im November 2013 führte zu einer vorläufigen Stabilisierung der östlichen Regionen in der DR Kongo und erweckte die Hoffnung, dass die Vertriebenen in ihre Heimat zurückkehren könnten. Und tatsächlich kehrten zwischen November 2013 und Mai 2014 fast zwei Millionen Binnenvertriebene zurück. Doch die anhaltenden Aktivitäten der etwa 30 Milizen und ethnische Konflikte führten zu neuen Unruhen und Vertreibungswellen. [xviii]Zwischen Ende März und Anfang April 2016 führten kämpferische Auseinandersetzungen zwischen der kongolesischen Armee und mehreren Rebellengruppen – darunter auch der FDLR – zu erneuten Vertreibungen von Zivilisten. Die kongolesische Armee vermutete, dass sich unter den Binnenvertriebenen in den Flüchtlingsunterkünften auch FDLR-Kämpfer versteckten. Insgesamt 36.000 Binnenvertriebene aus vier Unterkünften wurden erneut in die Flucht getrieben. Das UN-Hilfswerk äußerte sich zutiefst besorgt über die Situation der Binnenvertriebenen, von denen viele unter Hunger leiden und keinen Zugang zu gesundheitlicher Versorgung haben, und forderte die Behörden auf, Zivilisten in den Flüchtlingslagern zu schützen und ihren besonderen Status als Zivilisten zu achten. Ihre prekäre humanitäre Situation wird weiter verschärft, da sie immer wieder in die Kriegsfehden zwischen der kongolesische Armee unter der Rebellengruppe FDLR geraten. Von den 1,5 Millionen Binnenvertriebenen in der DR Kongo befinden sich mehr als 610.000 in Nord-Kivu.

Kontext

Präsidentschaftswahlen von 2016

Die zweite und damit nach Verfassung letzte Amtszeit Kabilas läuft im November 2016 aus. Doch Anfang 2015 verabschiedete die Nationalversammlung eine Änderung des Wahlrechts und koppelte die Wahl an eine Aktualisierung des Wahlregisters. Viele Beobachter sowie die politische Opposition vermuteten hinter diesen beiden Beschlüssen den Versuch Kabilas, aus Zeit zu spielen und eine verfassungswidrige dritte Amtszeit anzustreben – entweder durch eine Aussetzung der Wahl oder durch eine Änderung der Verfassung im Laufe der Wahlverzögerung.[xix] Zumindest bestätigte sich im Frühjahr 2016 die Annahme, dass die Wahlen kaum zeitgerecht durchgeführt werden: im April 2016 kündigte nämlich die Independent National Electoral Commission (CENI) an, erst im Juli 2016 mit der Aktualisierung zu beginnen und schätzte, dieser Prozess könne bis zu drei Jahre dauern.

Im April reagierte die AU auf die Situation und ernannte den ehemaligen Premierminister Togos, Edem Kodjo zum Vermittler für den Nationalen Politischen Dialog in der DR Kongo. Sein Mandat steht im Einklang mit dem gemeinsamen Communiqué der AU, UN, EU und der International Organisation of La Francophonie (IOF) vom Februar 2016, das den Kongo in seinen Bestrebungen unterstützt, friedliche, faire und zeitnahe Wahlen durchzuführen. Doch bis auf die Union for Democracy and Social Progress (UDPS) weigerten sich die Oppositionsparteien des Landes, an dem Dialog teilzunehmen.

Am 11. Mai entschied das kongolesische Verfassungsgericht, dass Präsident Kabila nach Ablauf seiner zweiten Legislaturperiode Ende Dezember rechtmäßig im Amt bleiben könnte, wenn bis dahin keine Wahlen abgehalten wurden. Am selben Tag bekräftigte der stellvertretende Leiter der UN Mission MONUSCO in der DR Kongo, David Gressly im Zusammenhang mit den repressiven Maßnahmen der Regierung gegen die oppositionellen Kräfte, das Mandat der Mission, Zivilisten zu schützen: "We have a mandate to protect civilians against violence. When there is a problem, as we now see civilians who are threatened, we have the obligation, with the Congolese authorities to respond to these threats. It is in this sense that we have an obligation in our mandate to respond to these threats" […] "But we can not serve as bodyguards for individuals".

Etienne Tshisekedi, Vorsitzender der Oppositionspartei Union of Democracy and Social Progress (UDPS), versammelte im Juni 2016 Vertreter der Oppositionsparteien und der Zivilgesellschaft der DR Kongo in Brüssel. Die Anwesenden lehnten den Nationalen Politischen Dialog für den Kongo ab. In einem Treffen zwischen Tshisekedi und Edem Kodjo, dem von der AU ernannten Vermittler für den Nationalen Politischen Dialog, äußerte Tshisekedi die Unterstützung eines Dialogs im Sinne der UN-Sicherheitsrat-Resolution 2277.

Die internationale Staatengemeinschaft, vertreten durch die AU, UN, EU und die International Organization of the Francophonie äußerte am 6. Juni in einer gemeinsamen Stellungnahme ihre Besorgnis über die zunehmenden Repressionen im Vorfeld der Wahlen. Dabei unterstrichen sie einmalmehr die Bedeutung des Nationalen Politischen Dialogs.

Die drei Kongokriege

1997 beendete Laurént Désire Kabila als Sieger des 1. Kongokrieg mit Unterstützung Ruandas und Ugandas die 30-jährige Diktatur Mobutu Sese Sekos. Kabilas Versuche, sich nach seiner Machtübernahme dem Einfluss Ruandas und Ugandas zu entziehen, führten zu neuen Kämpfen. Mehrere untereinander zerstrittene Rebellengruppen versuchten, Kabila zu stürzen. Während die Rebellengruppen unter anderem von Ruanda und Uganda unterstützt wurden, versuchte sich Kabila durch die Vergabe von Rohstoffkonzessionen die Unterstützung anderer afrikanischer Staaten zu sichern und unterstütze selbst ruandische Rebellengruppen auf kongolesischem Gebiet. Die Anzahl der beteiligten Akteure stieg sprunghaft an. Aufgrund der großen Anzahl der Beteiligten, wird in Bezug auf diesen Zweiten Kongokrieg auch von einem „afrikanischen Weltkrieg“ gesprochen. Der 1998 ausgebrochene Krieg wurde 2002 mit einem Friedensvertrag zumindest formell beigelegt. Schätzungsweise drei Millionen Menschen starben. Seit 1999 sind UN-Truppen in der DR Kongo stationiert. Das 2002 ausgehandelte Friedensabkommen Global and All-inclusive Agreement on the Transition in the Democratic Republic of the Congo zielte auf eine Wiedervereinigung der DR Kongo, nationale Versöhnung und die Vorbereitung allgemeiner Wahlen ab. Im Jahr 2006 wurde Kabila Junior, der zuvor das Amt seines bereits 2001 ermordeten Vaters Laurént Désire Kabila übernommen hatte, durch die ersten freien Wahlen als Präsident bestätigt.

Nichtsdestotrotz bekriegten sich lokale Akteure auch nach dem Ende des Zweiten Kongokrieges weiterhin untereinander und teils mit der Zentralregierung. wenn auch mit wechselnder Intensität und variierender externer Unterstützung. Insbesondere in den östlichen Teilen der DR Kongo, darunter Süd- und Nord-Kivu, Katanga und Kasai-Oriental, bildeten sich während des Zweiten Kongokrieges Enklaven rivalisierender Rebellengruppen, die teils bis heute bestehen. Im Dritten Kongokrieg, auch als Kuvi-Krieg bezeichnet, bekämpfte die Zentralregierung ab 2006 vor allem den Nationalkongress zur Verteidigung des Volkes (CNDP) in der östlichen Provinz Nord-Kivu. Die hauptsächlich aus Tutsi zusammengesetzte Miliz CNDP beschuldigten die kongolesische Regierung, die Hutu-dominierte Miliz Forces Démocratiques de Libération du Rwanda (FDLR) zu unterstützen. Die CNDP selbst wurde sehr wahrscheinlich von der ruandischen Regierung unterstützt, gab ihren Kampf 2009 aber nach internen Streitigkeiten auf.

Die Bewegung 23. März (M23)

Die Bewegung „23. März“ war eine von März 2012 bis zu ihrer Niederlage im November 2013 im Nordosten der DR Kongo aktive Rebellengruppierung unter Sultani Makenga und Jean-Marie Runiga Lugerero. Die M23 entstand aus früheren Mitgliedern der im Jahr 2009 aufgelösten CNDP, eine der Hauptkonfliktparteien im dritten Kongokrieg.Der Name der M23 bezieht sich auf den am 23. März 2009 abgeschlossenen Friedensvertrag zwischen der Regierung und der CNDP, dessen Vereinbarungen ihrer Ansicht nach durch die Regierung nicht eingehalten worden seien. Wie bei der CNDP gehörten die Mitglieder der M23 hauptsächlich der ethnischen Minderheit der Tutsi an und unterhielten enge Beziehungen zu Ruanda. Bei ihrem Kampf beging die M23 zahlreiche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, darunter gezielte Tötungen, sexuelle Gewalt und die gewaltsame Rekrutierung von Kindern.[xx] Im November 2012 gelang es der M23 die Stadt Goma zu erobern. Die M23 hielt große Gebiete im Osten des Landes.

Am 7. November 2013, einen Tag nach einem entscheidenden Angriff der Regierung auf M23-Stützpunkte im Osten der DR Kongo, verkündete die M23 ihre Rebellion einzustellen und ihre Ziele fortan auf politischem Wege zu verfolgen. Makenga ergab sich zusammen mit etwa 1.500 Kämpfern in Uganda.[xxi] Mehrere ihrer Mitglieder flohen nach Ruanda und Uganda, darunter zwölf in der DR Kongo für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesuchte Anführer. Ihre Verbrechen wurden in der DR Kongo bisher weder gesellschaftlich noch gerichtlich aufgearbeitet.[xxii]

Der Friedensprozess (PSCF)

Im November 2012 kam es nach der Besetzung Gomas durch die M23 zu einem seltenen Moment engagierter Kooperation zwischen der DR Kongo, den Nachbarstaaten sowie regionalen und internationalen Organisationen. Das Bestreben der DR Kongo und ihrer Nachbarstaaten nach Stabilität in der Region mündete unter Federführung der beiden subregionalen Organisationen ICGLR und der Southern African Development Community (SADC) in der Unterzeichnung des Framework for Peace, Security and Cooperation (PSCF). Das Rahmenwerk sieht politische Reformprozesse seitens Kinshasas für die Herstellung von Frieden und Sicherheit, eine Stärkung der MONUSCO durch die Erweiterung um eine Interventionsbrigade zur Grenzsicherung, eine Entwaffnung von Rebellen und zum Schutz von Zivilisten und eine verstärkte regionale Kooperation vor.

Seit dem Sieg über die M23 stagniert der nationale und regionale Friedensprozess. Neben einer unzureichenden Umstrukturierung und Disziplinierung der kongolesischen Sicherheitskräfte, mangelt es am Willen und an Ressourcen zur Umsetzung wichtiger Sicherheitsreformen. Im Nordosten der DR Kongo sind weiterhin über 30 Milizen aktiv. Auch das anhaltende Misstrauen zwischen der DR Kongo und Ruanda sowie die mangelnde Kooperation seitens des Kongos mit der VN-Interventionsbrigade behindern die weitere Umsetzung des PSCF.

In 2013 beschoss die FARDC-Miliz über 60 Male ruandisches Gebiet aus der DR Kongo. Als Reaktion darauf, verlegte Ruanda Armeeverbände direkt an die Grenze. Am 11. Juni 2014 kam es zu kämpferische Auseinandersetzungen zwischen Soldaten der DR Kongo und Ruandas an der Grenzregion bei Kibumba in Nord-Kivu. Diese militärische Konfrontation war die erste seit Jahren zwischen den beiden Parteien, die sich weiterhin gegenseitig verdächtigen, Rebellenbewegungen in der Region zu unterstützen oder zumindest nicht ausreichend gegen diese vorzugehen. Beide Staaten erbeten regelmäßig eine Untersuchung im Rahmen des Expanded Joint Verification Mechanism der subregionalen Organisation International Conference on the Great Lake Region (ICGLR).

Akteure

Kongolesische Regierung

Präsident Kabila regiert die DR Kongo seitdem sein Vater 2001 ermordet wurde und gewann die Wahlen 2006 und 2011. Unter ihm schritt der Friedensprozess voran. Die kongolesische Verfassung beschränkt die Amtszeit auf zwei Wahlen. Ein Gesetz zur Änderung des Wahlrechts, das die Wahl an eine Volkszählung koppelte, wurde aufgrund des engen Zeitplans für die Volkszählung von der Opposition als eine illegitime Verlängerung seiner Amtszeit gewertet. Proteste gegen das Gesetz ließ Kabila brutal niederschlagen. Dafür setzte er unter Verstoß gegen kongolesische Gesetzte auch seine Präsidentengarde ein, die aus 12.000 Soldaten besteht.

Die Regierung bemühte sich um die Aufnahme zahlreicher Kämpfer in die kongolesischen Sicherheitskräfte, die allerdings zur Destabilisierung der kongolesischen Armee (FARDC) beitragen und auch innerhalb ihrer neuen Funktion in der Armee weiterhin Menschenrechtsverletzungen begehen. Die Verbrechen der M23 und anderer Milizen wurden in der DR Kongo bisher weder gesellschaftlich noch gerichtlich aufgearbeitet.[xxiii] Forderungen nach einem kongolesischen Strafgerichtshof für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit wurde nicht nachgekommen. Neben unzureichenden Ressourcen zur Umsetzung wichtiger Sicherheitsreformen verhindern vor allem das anhaltende Misstrauen zwischen dem Kongo und Ruanda sowie die mangelnde Kooperation seitens der DR Kongo mit der VN-Interventionsbrigade die weitere Umsetzung der Beschlüsse aus dem PSCF.

Die politische Opposition

Im September 2015 bildeten sieben Parteien die neue parlamentarische Oppositionsgruppe G7 of parties. Sie wurden aus der Regierungskoalition ausgeschlossen, nachdem ihre Fraktionsführer einen Brief unterzeichnet hatten, in welchem sie Präsident Kabila dazu aufforderten, nicht an seinem Amt festzuhalten. Moise Katumbi, ehemaliger Gouverneur der rohstoffreichen Provinz Katanga und früherer Unterstützer Kabilas ist nunmehr eine der wichtigsten Figuren der politischen Opposition und größter Kontrahent des Präsidenten.[xxiv] Er ist Anführer der Bewegung Front Citoyen 2016, einer Gruppierung Dutzender politischer Parteien und zivilgesellschaftlicher Organisationen, der beiden größten Oppositionsgruppen im Parlament sowie der G7. Anfang Mai 2016einigte sich ein Bündnis aus 16 Parteien auf Katumbi als gemeinsamen Präsidentschaftskandidaten. Unmittelbar nach seiner Nominierung begann die Justiz mit Ermittlungen gegen ihn. Ihm wird vorgeworfen, ausländische Söldner für seine Leibwache angeheuert zu haben.

Allied Democratic Forces (ADF)

Die islamistischen Allied Democratic Forces bildeten sich 1996 als Bewegung verschiedener ugandischer Guerillagruppen unter Jamil Mukulu. Sie kämpften für einen islamistischen Staat und die Einführung ihrer Lesart der Scharia, verlagerten ihre Aktivitäten jedoch zunehmend in die DR Kongo. Seit 2013 führen sie im Osten der DR Kongo mit ihren etwa 1.200 bis 1.500 Kämpfern Angriffe gegen Zivilisten durch, trieben tausende in die Flucht und töteten oder entführten Bewohner des Gebiets. Ihre Mitglieder plündern, vergewaltigen und foltern. Im Dezember 2005 wurde die ADF weitestgehend durch die die kongolesische Armee zerschlagen. Ihre kriminellen Netzwerke und Finanzierungsstrukturen blieben aber intakt und die übrigen Mitglieder begehen weiterhin Gräueltaten.[xxv]

Forces Démocratiques de Libération du Rwanda (FDLR)

Die Forces Démocratiques de Libération du Rwanda sind eine ruandische Rebellengruppe, die hauptsächlich im Nordosten der DR Kongo operiert. Sie wurde von ruandischen Hutu, ehemaligen Armeeangehörigen und Mitgliedern der Interahamwe-Miliz gegründet, die nach dem von ihnen 1994 an den Tutsis begangenen Genozid in Ruanda aus dem Land flüchteten. Sie sammelten sich im Osten der DR Kongo neu und kämpfen für einen Umsturz in Ruanda. In den letzten zwei Jahrzehnten zählte die FDLR zu den aktivsten Gruppen im Ostkongo und begangen zahlreiche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, u.a. Massaker, Massenvergewaltigungen und die Rekrutierung von Kindersoldaten. Ihr Kommandeur, Sylvestre Mudacumura, wird vom Internationalen Strafgerichtshof per Haftbefehl gesucht.

Die Gruppe wurde 2004 vom UN-Sicherheitsrat zur Entwaffnung und zum sofortigen Verlassen des Landes aufgefordert. Das UN-Demobilisierungsprogramm für die FDLR hat seit 2002 knapp 10.000 Kämpfer entwaffnet und nach Ruanda zurückgebracht. Die UN schätzt, dass die Anzahl der verbleibenden Kämpfer seit 2009 von etwa 6.000 auf 1.000-1.500 gesunken ist.[xxvi]

Mai-Mai-Milizen

Bei den Mai-Mai-Milizen handelt es sich um diverse lokale, untereinander nicht zusammenarbeitende Gruppierungen, die sich zur Selbstverteidigung gegen die Angriffe anderer Rebellengruppen bildeten. Die Mai-Mai bildeten sich im Osten der DR Kongo hauptsächlich, um gegen Übergriffe ruandisch-stämmiger Rebellengruppen wie die FDLR zu kämpfen. Sie nutzen die politische Instabilität jedoch aus, um selbst andere Dörfer zu Plündern und Gewalttaten zu begehen. Viele der Mai-Mai Gruppen benennen sich nach ihren Anführern, etwa die Mai-Mai Sheka und die Mai-Mai Kifauafua. Ntaberi Sheka wird in der DR Kongo für Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesucht.[xxvii]

Auch die Raia Mutomboki (übersetzt: „Verärgerte Bürger“) bildeten sich 2011 als Selbstverteidigungsmiliz in Reaktion auf eine Reihe von Angriffen der FLDR. Erste Erfolge in der Stadt Bunyakiri, in der Provinz South Kivu, führten zu einer schnellen Stärkung der lokalen Gruppierung, die zunehmend auf Anfrage auch in Landkonflikte und andere lokale Rechtsstreitigkeiten innerhalb der Bevölkerung eingriff. Als Ausgleich sendeten viele Familien ihre Jugendlichen zu der Miliz. Für ihre Erfolge verlangen die Raia Mutomboki von der Regierung als legitime Sicherheitskraft anerkannt zu werden. Ein Bericht des United Nations Joint Human Rights Office von 2012 belegt, dass die Miliz für die Hinrichtung von bis zu 246 Zivilisten verantwortlich ist. Gruppen von bis zu 250 Kämpfern der Raia Mutomboki attackierten dem Bericht nach mehrere Dörfer und verlangten die Vertreibung aller Hutu.[xxviii]

Die Vereinten Nationen beteiligen sich seit 1999 mit der FriedensmissionMONUSCO (bis 2010: United Nations Organization Mission in Democratic Republic of the Congo; MONUC). Ihre Truppenstärke von knapp 20.000 Soldaten wurde im März 2013 angesichts der verschärften Sicherheitslage im Ostkongo um eine Interventionsbrigade (FIB) erweitert. Die Mandate der MONUSCO und der FIB wurden im März 2015 um ein weiteres Jahr verlängert.[xxix]

Die Organisation International Conference on the Great Lake Region (ICGLR) und die Southern African Development Community (SADC) brachten sich während des Konfliktverlaufes fortwährend in Friedensverhandlungen ein. Das unter ihrer Federführung 2013 ausgehandelte Rahmenwerk für Frieden, Sicherheit und Kooperation in der DR Kongo und der Region gilt als wichtiger Meilenstein für die Region.[xxx]

In Anlehnung an die UN-Sicherheitsratsresolution 2277 entsandte die Afrikanische Union im Januar 2016 den ehemaligen togolesischen Premier, Edem Kodjo als Sondergesandten zur Unterstützung des nationalen Dialogs in die DR Kongo.[xxxi]

Internationaler Strafgerichtshof (IStGH)

Der IStGH hat im Juni 2004 Ermittlungen zu den seit Juli 2002 in der DR Kongo begangenen Verbrechen aufgenommen und gegen sechs ehemalige Führer von Rebellenbewegungen Anklagen erhoben. Thomas Lubanga Dyilo, ehemaliger Anführer der Patriotic Force for the Liberation of Congo (FPLC) wurde der Kriegsverbrechen für schuldig befunden. Germain Katanga, ehemaliger Kommandant der Force de résistance patriotique en Ituri (FRPI) wurde für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt. Gegen Callixte Mbarushimana, von den Forces Démocratiques pour la Libération du Rwanda - Forces Combattantes Abacunguzi (FDLR-FCA, FDLR), wurden die Ermittlungen eingestellt. Sylvestre Mudacumura, weiterhin Kommandeur der Forces Démocratiques pour la Libération du Rwanda (FDLR) wird für Kriegsverbrechen gesucht und befindet sich auf der Flucht. Mathieu Ngudjolo Chui, der ehemalige Anführer der Front des nationalistes et intégrationnistes (FNI), wurde von den Anklagen der Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit freigesprochen.

Im September 2015 begann das Verfahren gegen Bosco Ntaganda. Ntanga wird beschuldigt, in den Jahren 2002 und 2003 als Anführer der CNDP in der Region Ituri Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben, darunter die Rekrutierung von Kindersoldaten, gezielte Angriffe auf Zivilisten, Tötungen, Vergewaltigung, sexuelle Gewalt, Vertreibungen und Angriffe auf zivile Ziele. Das Verfahren ist für tausende Menschen im Ostkongo, die unter den ihm vorgeworfenen Verbrechen gelitten haben, von enormer Bedeutung. Es gilt darüber hinaus als Signal an straftätige Angehörige der kongolesischen Armee. Viele von ihnen sind ehemalige Mitglieder von Rebellengruppen, die später für ihre Verbrechen durch die Regierung mit gehobenen Ämtern faktisch belohnt wurden.

Quellen

[i] Clowes, William 28.01.2016: DRC's opposition pushes for elections in 2016, auf: http://www.aljazeera.com/indepth/features/2016/01/drc-opposition-pushes-elections-2016-160126064334721.html; aufgerufen am: 11.06.2016.

[ii] UN Security Council 30.03.2016: S/RES/2277, Resolution 2277 (2016), auf: http://www.securitycouncilreport.org/atf/cf/%7B65BFCF9B-6D27-4E9C-8CD3-CF6E4FF96FF9%7D/s_res_2277.pdf; aufgerufen am 1.06.2016.

[iii] Peace, Security and Cooperation Framework for the Democratic Republic of the Congo and the region, auf: http://www.un.org/wcm/webdav/site/undpa/shared/undpa/pdf/SESG%20Great%20Lakes%20Framework%20of%20Hope.pdf, zuletzt aufgerufen am 26.03.2015.

[iv] Eigene Berechnungen nach: ACLED Version 6 (1997 – 2015) standard file, auf: http://www.acleddata.com/data/ und ACLED Realtime 2016 All Africa File (updated 17th September 2016), auf: www.acleddata.com/data/realtime-data-2016/; aufgerufen am: 11.06.2016.

[v] UNHCR 30.06.2016: RD Congo Factsheet 30 June 2016, auf: http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/UNHCR%20DRC%20Factsheet%20as%20of%2030%20June%202016.pdf; aufgerufen am: 21.09.2016.

[vi] S2014/956.

[vii] Global Centre for the Responsobility to Protect 15.11.2015: R2P Monitor Nov. 2015, auf: http://www.globalr2p.org/media/files/r2p_monitor_nov2015_final.pdf, aufgerufen am: 05.12.2015.

[viii] OHCHR 2015: http://www.ohchr.org/EN/NewsEvents/Pages/DisplayNews.aspx?NewsID=16853&LangID=E, zuletzt aufgerufen am 18.02.2016.

[ix] UN Security Council 30.12.2014: Report of the Secretary-General in the United Nations Organization Stabilization Mission in the Democratic Republic of the Congo, 30 December, S2014/956, auf: http://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2014/957, aufgerufen am 24.03.2015.

[x] Global Centre for the Responsobility to Protect 15.11.2015: R2P Monitor Nov. 2015, auf: http://www.globalr2p.org/media/files/r2p_monitor_nov2015_final.pdf, aufgerufen am: 05.12.2015.

[xi] The Times, 11.08.2015: Pygmies killed and mutilated by rival Congo tribe, auf: http://www.unhcr.org/cgi-bin/texis/vtx/refdaily?pass=52fc6fbd5&id=55cadcfd5, aufgerufen am 29.11.2015.

[xii] HRW 17.11.2014: Operation Likofi, auf: http://www.hrw.org/reports/2014/11/17/operation-likofi-0 , aufgerufen am 26.03.2015 und UN Security Council 29.09.2014: Report of the implementation of the Peace, Security and Cooperation Framework for the Democratic Republic of the Congo and the Region, S2014/697, auf: http://www.un.org/en/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2014/697, aufgerufen am 24.03.2015.

[xiii] Human Rights Watch: Democratic Republic of Congo: Ending Impunity for Sexual Violence, 6. Juni 2014, auf: http://www.hrw.org/news/2014/06/10/democratic-republic-congo-ending-impunity-sexual-violence, aufgerufen am 01.04.2015.

[xiv] S2014/697.

[xv] HRW 11.12.2014: Dispatches: Still Awaiting Justice for M23 Abuses, auf: https://www.hrw.org/news/2014/12/11/dispatches-still-awaiting-justice-m23-abuses, aufgerufen am 04.12.2015.

[xvi] HRW 06.06.2014: Democratic Republic of Congo: Ending Impunity for Sexual Violence, auf: http://www.hrw.org/news/2014/06/10/democratic-republic-congo-ending-impunity-sexual-violence, aufgerufen am 01.04.2015.

[xvii] UN Security Council 30.12.2014: Report of the Secretary-General in the United Nations Organization Stabilization Mission in the Democratic Republic of the Congo, 30 December, S2014/956, auf: http://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2014/957, aufgerufen am 24.03.2015.

[xviii] Aljazeera 7.12.2014, Civilians attacked with axes in eastern DRC, auf: http://www.aljazeera.com/news/africa/2014/12/many-dead-dr-congo-massacre-201412785151582543.html, aufgerufen am: 24.03.2015.

[xix] Clowes, William 28.01.2016: DRC's opposition pushes for elections in 2016, auf: http://www.aljazeera.com/indepth/features/2016/01/drc-opposition-pushes-elections-2016-160126064334721.html; aufgerufen am: 11.06.2016.

[xx] HRW 22.07.2013: DR Congo: M23 Rebels Kill, Rape Civilians, auf: https://www.hrw.org/news/2013/07/22/dr-congo-m23-rebels-kill-rape-civilians, aufgerufen am 04.12.2015.

[xxi] BBC 07.11.2015: DR Congo's M23 rebel chief Sultani Makenga 'surrenders', auf: http://www.bbc.com/news/world-africa-24849814, aufgerufen am 04.12.2015.

[xxii] HRW 11.12.2014: Dispatches: Still Awaiting Justice for M23 Abuses, auf: https://www.hrw.org/news/2014/12/11/dispatches-still-awaiting-justice-m23-abuses, aufgerufen am 04.12.2015.

[xxiii] HRW 11.12.2014: Dispatches: Still Awaiting Justice for M23 Abuses, auf: https://www.hrw.org/news/2014/12/11/dispatches-still-awaiting-justice-m23-abuses, aufgerufen am 04.12.2015.

[xxiv] Patel, Romil 29.01.2016: DRC: Who is Moise Katumbi, the Congo’s most popular man? auf: http://www.ibtimes.co.uk/drc-who-moise-katumbi-congos-most-popular-man-1540839, aufgerufen am 01.06.2016.

[xxv] Buchanan, Elsa 29.10.2015: Battle for control of the DRC: Who are the Allied Democratic Forces (ADF/NALU)?, auf: http://www.ibtimes.co.uk/battle-control-drc-who-are-allied-democratic-forces-adf-nalu-1526272, aufgerufen am 06.12.2015.

[xxvi] Buchanan, Elsa 29.10.2015: Battle for control of the DRC: Who are the Democratic Forces for the Liberation of Rwanda (FDLR)?, auf: http://www.ibtimes.co.uk/battle-control-drc-who-are-democratic-forces-liberation-rwanda-fdlr-1526271, aufgerufen am 06.12.2015.

[xxvii] Buchanan, Elsa 29.10.2015: Battle for control of the DRC: Who are the Mai-Mai groups?, auf: http://www.ibtimes.co.uk/battle-control-drc-who-are-mai-mai-groups-1526276, aufgerufen am: 06.12.2015.

[xxviii] Buchanan, Elsa 29.10.2015: Battle for control of the DRC: Who are the Raia Mutomboki?, auf: http://www.ibtimes.co.uk/battle-control-drc-who-are-raia-mutomboki-1526287, aufgerufen am 06.12.2015.

[xxix] UN Peacekeeping Missions 2015: MONUSCO, auf: http://www.un.org/en/peacekeeping/missions/monusco/, aufgerufen am 04.12.2015.

[xxx] UN, Security Council 27.02.2013: S/2013/119, Special Report of the Secertary-General on the Democratic Republic of the Congo and the Great Lakes region, auf: http://www.un.org/en/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2013/119, aufgerufen am 24.03.2015.

[xxxi] UN Security Council 30.03.2016: S/RES/2277, Resolution 2277 (2016), auf: http://www.securitycouncilreport.org/atf/cf/%7B65BFCF9B-6D27-4E9C-8CD3-CF6E4FF96FF9%7D/s_res_2277.pdf; aufgerufen am 1.06.2016.

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Im Chaos des Bürgerkrieges zwischen den schiitischen Huthi, Präsident Hadi, einer internationalen Koalition unter Führung Saudi-Arabiens und zahlreichen lokalen Stammesmilizen begehen nahezu sämtliche an den Kämpfen beteiligten Parteien schwere Verstöße gegen das das humanitäre Völkerrecht; unter anderem Angriffe auf zivile Gebiete, die Kriegsverbrechen darstellen könnten. Die Anzahl der zivilen Todesopfer ist enorm. Luftangriffe der Koalition unter Saudi-Arabien treffen regelmäßig Zivilisten und ausschließlich zivile Ziele.[i] Auch Luftabwehrgeschosse und Mörserangriffe der Huthi sowie Mörserangriffe der südlichen Koalition unter Präsident Hadi zerstören immer wieder zivile Einrichtungen. Die Bürgerkriegsparteien griffen wiederholt gezielt Krankenhäuser und andere zivile Einrichtungen an. 21 Millionen Menschen, ca. 80 % der Bevölkerung Jemens, benötigen dringend humanitäre Hilfe. Die Angriffe auf Krankenhäuser und Hilfsorganisationen, die Zerstörung von Infrastruktur sowie die Blockade von Importen durch die Koalition tragen zur weiteren Verschlechterung der Lage bei.[ii] Selbst kurzzeitige Waffenstillstände, um eine Versorgung der Bevölkerung zu ermöglichen, scheiterten nach kürzester Zeit. Bestehende ethnische und religiöse Spannungen eskalieren zunehmend und werden durch die Bürgerkriegsparteien aber auch durch Saudi-Arabien weiter angeheizt.[iii]

Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP) ist unterdessen zum Hauptprofiteur des Bürgerkrieges geworden und konnte in 2015 ein beträchtliches Gebiet zu erobern. In den von ihnen kontrollierten Gebieten im Süden, aus denen sich das Militär zum Kampf gegen die Huthi zurückzog, setzen sie Kritiker unter Hausarrest und führen Hinrichtungen durch. Statt wie der im Jemen 2015 ebenfalls aktiv gewordene IS, der vor allem auf brutale Anschläge setzt um Gefolgschaft zu erpressen, konzentriert sich AQAP bisher hauptsächlich auf die Rekrutierung und Ausbildung von Kämpfern, die Bildung von strategischen Allianzen mit südlichen Stämmen und die Ausübung verwaltungstechnischer und wirtschaftlicher Tätigkeiten. [iv] Durch die Kontrolle der Häfen an dem 600 Kilometer langen südlichen Küstenstreifen belaufen sich die Einnahmen von AQAP auf bis zu zwei Millionen US-Dollar pro Tag. Bei der Einnahme von Mukallah konnten sie über 100 Millionen US-Dollar erobern. Für den Kampf gegen die Huthi koordiniert AQAP ihre Angriffe laut Berichten zum Teil mit Offensiven der staatlichen Sicherheitskräfte und Stammesmilizen unter Präsident Hadi, etwa beim Kampf um das von den Huthi besetzte Taiz.[v] Durch ihr zunehmendes Erstarken besteht im Jemen ein unmittelbares Risiko für Massenverbrechen.

Die UN-Sonderbeauftragte für das Recht auf Nahrung sprach zudem von drohenden, absichtlichen herbeigeführten Hungertoden, die Kriegsverbrechen darstellen würden.[vi] Todeszahlen werden für den Jemen nicht systematisch erhoben. Der UN High Commissioner for Human Rights (OHCHR) bezifferte die Opferzahl zwischen dem Beginn der internationalen Intervention am 26. März 2015 und Ende März 2016 auf etwa 6.000. Über die Hälfte der Opfer seien Zivilisten.[vii] Fast 180.000 Jeminiten sind seit März 2015 in die Nachbarstaaten geflohen, weitere 2.000.000 sind innerhalb des Jemens auf der Flucht.[viii]

Analyse

Krise: Unmittelbare Eskalation droht

In Jemen besteht angesichts der eskalierenden Gewalt gegenüber Zivilisten, der zunehmenden Fragmentierung des Landes und der Radikalisierung der Konfliktparteien entlang religiöser und stammesgeprägter Konfliktlinien bei einem Fortgang der Entwicklungen ein hohes Risiko für Massenverbrechen. Auch Adama Dieng und Jennifer Welsh, Special Adviser of the UN Secretary-General on the Prevention of Genocide and on the Responsibility to Protect, brachten diese Befürchtung in mehreren Erklärungen zum Ausdruck.[ix] Diese Entwicklung äußert sich vor allem in dem wachsenden Einfluss von Al-Qaida. Während auch Huthi, Stammesmilizen oder der mit Al-Qaida konkurrierende Islamische Staat erhebliche Angriffe auf Zivilisten verüben, besteht das Risiko für Massenverbrechen vor allem im massiven Erstarken der radikal-islamistischen Terrororganisation AQAP, die zunehmend große Teile des Landes kontrolliert, Kämpfer rekrutiert und indoktriniert.[x]

Unterschiedslose Luftangriffe

Die Luftangriffe der von Saudi-Arabien angeführten Koalition fordern hunderte Menschenleben in ganz Jemen. UN OCHA zählt über 2.682 verwundete oder getötete Zivilisten durch Luftangriffe zwischen Januar und August 2015.[xi] Unter den Bombardierungen waren 2015 laut Amnesty International mindestens 30 Angriffe zu zählen, die gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen. Obwohl sich die meisten Luftschläge gegen militärische Ziele gerichtet haben, sind sie aufgrund der hohen Opferzahlen unter der Zivilbevölkerung und der großflächigen Zerstörung der zivilen Infrastruktur als unverhältnismäßig und rücksichtslos zu bezeichnen.[xii] Die Rücksichtslosigkeit gegenüber der Zivilbevölkerung wird anhand der Angriffe gegen die Stadt Saada im Nordjemen deutlich, die als Huthi-Hochburg ein Hauptziel der Luftangriffe darstellt und großflächig bombardiert wurde. Am 8. Mai gab ein Sprecher der Koalition bekannt, dass die gesamte Stadt als militärisches Ziel behandelt würde[xiii]. Dieses wissentlich unterschiedslose Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung kann als Kriegsverbrechen gewertet werden. Die Koalition setzte zudem nach Angaben von Human Rights Watch in mindestens sieben Luftangriffen von April bis Mitte Juli 2015 Streumunition ein.[xiv] Streumunition ist international geächtet, da sie großflächigen Schaden anrichtet und oftmals nicht direkt beim Aufprall detoniert. Als Blindgänger wird sie, ähnlich wie Landminen, zu einer langjährigen Gefährdung für die Zivilbevölkerung.

Angriffe auf die Zivilbevölkerung und humanitäre Einrichtungen

Kriegsverbrechen werden in Jemen auch von den Huthi-Rebellen und assoziierten Milizen begangen. Nach Berichten von Amnesty International ist ein großer Teil der zivilen Todesopfer und Verletzten in Jemen auf die Detonation von Flugabwehrraketen der Huthi zurückzuführen, die ihr Ziel verfehlt haben und stattdessen bei Aufprall meist in besiedelten Gebieten explodierten. Die Huthi verwenden zur Abwehr der Luftangriffe Munition, die erst bei Aufprall detoniert und daher sehr gefährlich für die Zivilbevölkerung ist.[xv] Durch derartige Angriffe wurden laut UN OCHA zwischen Januar und August 2015 1.037 Zivilisten getötet oder verwundet.[xvi] Zu starken Gefechten mit zivilen Opfern kam es vor allem in der südlichen Hafenstadt Aden, die als Bastion des Widerstands gegen die Huthi gilt. Dabei haben die Huthi-Rebellen dicht besiedelte Stadtteile Adens sowie fliehende Zivilisten im Hafen Adens beschossen. Beim Rückzug aus Aden im Juli 2015 legten Huthi international geächtete Landminen aus, die zu zahlreichen toten und verwundeten Zivilisten führten.[xvii] Außerdem wurden mehrere Überfälle von Huthi und assoziierten Milizen auf Krankenhäuser, Hilfsorganisationen und deren Personal verzeichnet, wodurch viele Krankenhäuser geschlossen und humanitäre Hilfe weiter erschwert wurde.[xviii] Die Huthi-Miliz geht in den eroberten Gebieten brutal gegen Oppositionelle, unter anderem gegen friedliche Demonstranten der landesweiten Anti-Huthi-Proteste, vor. Die Yemeni Central Security Forces, loyal zu den Huthi, töteten zum Beispiel acht Demonstranten in Ta’iz und verwundeten über 119 weitere.[xix]

Einsatz von Kindersoldaten

Human Rights Watch berichtet seit 2009 über die Rekrutierung von Kindern durch die Huthi-Rebellen. Im November 2014 versprach der Anführer der Huthi, Abdul Malik Badr al-Deen al-Huthi, dies zu stoppen. Stattdessen hat sich diese Praxis im Bürgerkrieg intensiviert: Kinder werden sowohl von den Huthi als auch von Al-Qaida in großem Umfang rekrutiert, ausgebildet und für Botengänge, Auskundschaftungen, Bewachung von Waffenlagern, als auch direkt in Kämpfen eingesetzt. Auch die Streitkräfte des Jemen und Stammesmilizen nutzen Kinder als Kämpfer.[xx] Die UN schätzt, dass Kindersoldaten etwa 1/3 aller Kämpfer im Jemen ausmachen.[xxi]

Indikatoren für eine Ausweitung zu Massenverbrechen

In Jemen besteht eine unmittelbare Gefahr, dass sich die bereits schweren Kriegsverbrechen zu Massenverbrechen ausweiten. Es kommen verschiedene Risikofaktoren zusammen: Das bisherige Vorgehen der Akteure zeigt eine fehlende Achtung der beteiligten Akteure vor der Zivilbevölkerung und vor fundamentalen Prinzipien des humanitären Völkerrechts. Begangene Verbrechen werden trotz mehrerer Aufrufe seitens Teilen der UN sowie internationaler NGOs nicht untersucht, sodass die Täter mit Straflosigkeit rechnen können. Zudem sind eine zunehmende Fragmentierung des Landes und eine Radikalisierung der Konfliktparteien entlang religiöser und stammesgeprägter Konfliktlinien zu beobachten. Durch die zunehmende Eskalation zwischen Huthi und der Hadi-Regierung bzw. der von Saudi-Arabien angeführten Koalition birgt zudem die unmittelbare Gefahr, Akteuren wie Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP) und dem Islamischen Staat (IS) weiteren Auftrieb zu verschaffen.

Zur Durchsetzung ihrer politisch-militärischen Ziele im anhaltenden Konflikt instrumentalisieren Hadi, die internationale Koalition und die Huthi religiöse Spaltungen innerhalb der Bevölkerung. Verbrechen der schiitischen Milizen, Anhänger Hadis und sunnitischer Kämpfer und Extremisten sind Resultat und Antreiber eskalierender Stammeskonflikte und religiös motivierter Gewalttaten. AQAP beteiligt sich als eigene Partei an den Kämpfen gegen die Huthi und eroberte im März 2015 die südliche Provinzhauptstadt al-Houtha und kontrolliert Ende 2015 nahezu den gesamten südlichen Küstenstreifen. Durch Hassreden gegen Schiiten und die unmittelbare Bedrohung der Jemeniten im Süden des Landes durch die Huthi gelingt es Al-Qaida zahlreiche Kämpfer anzuwerben. Über ihre großflächig angelegten Sozialprojekte und den finanziellen Zustrom durch den Handel mit Erdöl integrieren sie zunehmend auch gemäßigte Jemeniten. Erstmals wurde 2015 auch der Islamische Staat (IS) im Jemen aktiv: Ein Ableger des IS tötete am 20. März bei Anschlägen auf zwei schiitisch-zaidistische Moscheen in Sanaa über 137 und verwundete weitere 357 Menschen. Unter den Toten befindet sich auch der schiitisch-zaidistische Geistliche al-Murtada al-Mansouri und zwei Führer der Huthi-Miliz. Ein zeitgleicher Anschlag auf eine Moschee in Saada, eine Huthi-Hochburg im Norden des Landes, scheiterte. Am 8. April 2015 riefen religiöse Führer in Aden ihre Anhänger zu einem „Heiligen Krieg“ gegen die Huthi auf.

Kontext

Seit dem Sturz der über tausendjährigen Herrschaft zaidistisch-schiitischer Imame im Jahr 1962 wurde der Norden Jemens von der Zentralregierung wirtschaftlich vernachlässigt und ignoriert. Auch blieb der politische Einfluss der Zentralregierung sehr gering. Die Spaltung nahm zu, als die saudi-arabischen Wahhabiten die Zentralregierung in Sanaa im Bürgerkrieg 1994 gegen sezessionistische Stämme im Süden unterstützte und dadurch die sunnitische Prägung der Regierung verstärkte.

Konflikte zwischen der Zentralregierung und den Huthi hielten auch unter der Regierungszeit von Präsident Ali Abdullah Saleh an. Nach elf Monaten anhaltender Proteste während des Arabischen Frühlings, unterzeichnete der damalige Präsident Saleh im November 2011 die Gulf Cooperation Council Initiative. Sie versprach ihm im Ausgleich für seinen Rücktritt Immunität und verhinderte einen Bürgerkrieg. Auf der zehnmonatigen National Dialogue Conference (NDC) wurde eine Roadmap sowie Prinzipien für eine neue Verfassung ausgearbeitet und damit ein politischer Transitionsprozess eingeleitet. Drei Jahre später wurde jedoch offensichtlich, dass sich die neue Regierung des Jemen den zu Grunde liegende Faktoren der Krise im Land nicht annahm: Rivalitäten innerhalb der Elite des Staates, Korruption, wirtschaftliches Elend und weiter bestehende Sezessionsbestrebungen im Süden wurden nicht überwunden, sondern einem Kampf um politische Kontrolle und Einfluss geopfert. Sowohl die wirtschaftliche als auch die sicherheitspolitische Situation verschlechterten sich und der Transitionsprozess wurde zunehmend unpopulärer. Die verbreitete Frustration im Jemen stärkte den Einfluss des ehemaligen Präsidenten Salehs.

Durch eine überraschende Allianz mit dem ehemaligen Präsidenten Ali Abdullah Saleh loyal gesinnten Teilen der Sicherheitskräfte, gelang es den schiitisch-zaiidistischen Huthi-Rebellen aus dem Norden des Landes Ende 2014 unerwartet ins Zentrum des Landes vorzustoßen. Am 20. Januar 2015 übernahmen sie die Kontrolle über die Hauptstadt Sanaa. Saleh-loyale Sicherheitskräfte und regionale politische Führer duldeten den Einmarsch und schritten nicht ein. Nach der Übernahme Sanaas bemühte sich die internationale Gemeinschaft ein Friedensabkommen zwischen Huthi und Präsident Hadi zu vermitteln, das jedoch von beiden Seiten nicht eingehalten wurde. Nachdem sich beide Parteien auf keinen Verfassungsentwurf einigen konnten, übernahmen die Huthi im Januar 2015 die Kontrolle und setzten den amtierenden Präsident bed Rabbo Mansur Hadi und dessen Minister unter Hausarrest.[xxii] Hadi trat am 22. Januar 2015 zurück, floh zunächst nach Aden, wo er seinen Rücktritt wiederrief, und am 21. Februar 2015 weiter ins saudi-arabische Riad.

Seit dem 26. März 2015 interveniert auf Anforderung Hadis eine Koalition aus zehn Staaten unter der Führung Saudi-Arabiens. Mit massiven Luftangriffen und Bodenoffensiven diverser Stammeskoalitionen wird versucht, die Huthi-Rebellen zurück zu drängen. Neben den Vereinigten Arabischen Emiraten stationierte auch der Sudan Bodentruppen in der Umgebung von Aden zum Kampf gegen die Huthi. Mit der offenen finanziellen und militärischen Unterstützung Saudi-Arabiens für Präsident Hadi und der finanziellen Unterstützung der Huthi durch den Iran, droht der Konflikt sich in einen Kampf um die regionale Vorherrschaft zwischen Saudi-Arabien und dem Iran auszuweiten. Zudem verschärft er auch die Positionen der Bürgerkriegsparteien, die zunehmend kompromissloser auftreten und sich verstärkt über ihre religiösen Differenzen definieren.

Akteure

Huthi

Die Huthi nutzten die Schwäche des Staates und vergrößerten die Gebiete unter ihrer Kontrolle sowohl während der National Dialogue Conference als auch im Anschluss. Die Übernahme der Hauptstadt Sanaa im September 2014 wurde durch ein taktisches Abkommen mit dem ehemaligen Präsidenten Saleh möglich: Dem Präsidenten Saleh loyale Sicherheitskräfte beteiligten sich entweder auf Seite der Huthi oder weigerten sich einzugreifen. Diese taktische Allianz ist insofern bemerkenswert, als das Saleh und die Huthi über sechs Kriege gegeneinander führten: Seit 2004 führten die Huthi einen Aufstand unter dem regierungskritischen geistlichen Oberhaupt Hussein Badreddin al-Huthi gegen die Zentralregierung unter Saleh.

Sicherheitskräfte loyal zu Ali Abdullah Saleh

An dem Putsch der Huthi war der ehemalige Präsident Saleh im Hintergrund maßgeblich beteiligt. Er bereitete anscheinend entweder seine eigene Rückkehr oder die Machtübernahme seines Sohnes vor. Die neu erstarkte Popularität Salehs bei politischen und militärischen Führern in Jemen resultiert maßgeblich aus der Schwäche der Nachfolgeregierung im Anschluss an den Arabischen Frühling. Ungeachtet der aktuellen Kooperation mit den Huthi besteht nach sechs Kriegen kein Vertrauen zwischen beiden Gruppierungen. Anhänger Salishs und Huthi ringen nach der Machtübernahme in Sanaa miteinander um politischen Einfluss. Eine von den Huthi einseitig deklarierte neue Verfassung wiesen neben sämtlichen politischen Parteien des Jemen auch die Anhänger Salehs zurück.

Regierung unter Präsident Hadi

Nachdem die Huthi Präsident Hadi in Sanaa zunächst unter Hausarrest stellten, floh er am 21. Februar ins südliche Aden. Von dort aus beanspruchte er seine Autorität als Präsident zurück und bezichtigte die Huthi eines Coups. Nach der Eroberung Adens durch die Huthi agierte er aus Saudi-Arabien heraus. Präsident Hadi stellte eine Anti-Huthi-Allianz zusammen, die Teile der südlichen Unabhängigkeitsbewegung (Hiraak) sowie Stämme und politische Führer aus dem Süden und Sunniten aus dem Norden mit einbezieht. Die Koalition ist intern extrem gespalten: Ihr einziges gemeinsames Ziel besteht aus einem Sieg gegen die Huthi. Darüber hinaus kämpfen die Hiraak größtenteils weiter für eine Sezession oder Autonomie, während die Sunniten des Nordens und Saleh selbst zu den stärksten Unterstützern eines vereinten Jemen zählen. Sowohl Salehs Sicherheitskräfte als auch die Stammesmilizen begehen Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht. Ihre zunehmende Radikalisierung sowie Sympathie für AQAP – zumindest solange diese ebenfalls die Huthi bekämpft – stellen ein großes Risiko für die weitere Entwicklung dar.

Saudi-Arabien

Die Machtübernahme der Huthi wird von Saudi-Arabien als Bedrohung in der unmittelbaren Nachbarschaft wahrgenommen: Der regionale Machtkampf zwischen dem sunnitischen Saudi-Arabien und dem schiitischen Iran, der trotz vereinzelter Dialoge weiterhin u. a. in Syrien, im Irak, aber auch in Bahrain, ausgetragen wird, dringt mit der Entwicklung im Jemen direkt an dessen Grenze vor. Auch erhöht sich das Anschlagsrisiko in Saudi-Arabien durch Instabilität in der Al-Qaida-Hochburg Jemen enorm.

Saudi-Arabien besitzt ein intensives Interesse an Entwicklungen im Nachbarstaat, für dessen Durchsetzung es auch eng mit den USA kooperierte. Die jemenitische Regierung wurde über lange Zeit finanziell und militärisch offen unterstützt. Seit dem Rücktritt Salehs litt die Intensivität der Beziehungen zu Saudi-Arabien, die mit der Machtübernahme der Huthi komplett in Frage gestellt wurden.[xxiii] Die seit dem 26. März auf Anforderung Haids intervenierende internationale wird von Saudi-Arabien geleitet. Die Luftangriffe und ebenfalls durch die Koalition koordinierten Bodenoffensiven konnten die Huthi zwar aus Aden zurückdrängen, zahlreiche Städte wie Taiz oder Sanaa werden aber noch von den Huthi gehalten.

Al-Qaida

Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP) konnte aufgrund der Staatskrise ihren Einfluss im Jemen massiv auszuweiten. Nach einem Rückgang der US-Drohnenangriffe gelang es ihnen im Zuge des Bürgerkrieges den Hafen von al-Mukallah einzunehmen und über 300 Militante aus dem lokalen Gefängnis zu befreien. Auch in weiteren Gebieten im Süden, aus denen sich die Regierungstruppen zum Kampf gegen die Huthi zurückzogen, übernahm AQAP die Kontrolle. Ende 2015 kontrollierte AQAP den 600 Kilometer langen Küstenstreifen zwischen Aden und Ash Shihr, nördlich von al-Mukallah. Allein in Mukallah sind etwa 1.000 AQAP-Kämpfer aktiv, die sich hauptsächlich aus der örtlichen Bevölkerung rekrutieren.[xxiv] AQAP und ihr lokaler Ansar-al-Sharia-Ableger beteiligten sich am Kampf gegen die Huthi in Aden, kämpften anschließend aber auch gegen die Truppen Hadis und diverse Stammesmilizen. Beim anhaltenden Kampf um Taiz koordinieren AQAP ihre Aktivitäten mit den Regierungstruppen.[xxv] Durch die Kontrolle der Häfen erwirtschaftet AQAP unter anderem mit dem Handel mit Erdöl bis zu zwei Millionen US-Dollar pro Tag. Bei der Übernahme von Mukallah eroberte AQAP zudem über 100 Millionen US-Dollar. Damit kann Al-Qaida, die im Vorfeld des Bürgerkrieges zunehmend marginalisiert wurde, ihre Aktivität in Jemen massiv ausbauen. In den eroberten Gebieten wurden der Bevölkerung die Steuern erlassen. AQAP investiert zudem massiv in lokale Infrastruktur- und Hilfsprojekte und versucht sich auch über taktische Allianzen mit lokalen Stämmen die Gunst der Bevölkerung zu sichern. Vor dem Kontext der Huthi-Offensive verbündeten sich zahlreiche südliche Stämme mit der radikal-islamistischen Terrororganisation.[xxvi][xxvii]

Islamischer Staat

Der IS wurde am 20. März 2015 mit den verheerenden Anschlägen auf schiitisch-zaidistische Moscheen in Sanaa erstmals im Jemen aktiv. Er hat außerdem ein Video veröffentlicht, in dem zwei IS-Kämpfer 15 jemenitische Soldaten hinrichten, die am 12. April 2015 in der Shabwa-Provinz entführt wurden.[xxviii] Ende 2015 besitzt der IS Stützpunkte in Hadramout, Aden, Lahj und Abyan. Ähnlich wie im Irak und Syrien zeichnet sich der IS im Jemen durch seine besondere Brutalität aus. Sie rekrutieren vor allem desillusionierte Jugendliche im Süden des Jemen und werfen Al-Qaida vor, sich mit Präsident Hadi verbündet und verkauft zu haben. Sie fordern, dass Al-Qaida ihrem Führer Baghdadi die Gefolgschaft schwört. Da sie kaum Wert auf lokale Koalitionen und Werte legen, scheint ein Konflikt zwischen beiden Gruppierungen insbesondere in Abyan als wahrscheinlich.[xxix]

Iran

Die Huthi werden von Saudi-Arabien und dem jemenitischen Staat seit langem einer Allianz mit dem Iran verdächtigt. Im aktuellen Bürgerkrieg kündigte der Iran angesichts der Saudi-Arabischen Unterstützung Hadis offen ökonomische Unterstützung für die Huthi-Regierung an.[xxx]

Bereits zuvor unterstütze der Iran über dessen Al-Quds-Eliteinheit die Huthi und rüstete diese mit Waffen aus. Im März 2012 wurde eine umfangreiche Waffenlieferung des Irans an die Huthi abgefangen. Im Januar 2013 wurden auf einem Schiff mutmaßlich iranische Waffen entdeckt, unter anderem Boden-Luft-Raketen und C4-Sprengstoff.[xxxi]

Internationale Gemeinschaft

Die internationale Gemeinschaft, insbesondere die UN, bemühte sich um eine Aufrechterhaltung des Transitionsprozesses und vermittelte ein, allerdings erfolgloses, Friedensabkommen zwischen Huthi und Hadi. Am 14. April 2015 verhängte der UN-Sicherheitsrat mit der Resolution 2216 ein Waffenembargo gegen die Huthi-Rebellen sowie Kontosperrungen und Reisebeschränkungen gegen Abdul-Malik al-Huthi sowie Ahmed Ali Abdullah Saleh. Zudem forderte der UN-Sicherheitsrat einen Rückzug der Huthi. Ab Mitte Mai 2015 unternahmen die UN mehrere Anläufe, Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien zu initiieren. Bei Verhandlungen im Dezember 2015 trafen sich Vertreter der Huthi und Präsident Hadis zu Gesprächen in der Schweiz. Sie endeten ohne konkretes Ergebnis, sollen aber 2016 fortgeführt werden.[xxxii]

Quellen

[i] Human Rights Watch 26.08.2016: , auf: https://www.hrw.org/news/2016/08/26/un-create-international-inquiry-yemen; zuletzt abgerufen am: 27.09.2016.

[ii] United Nations 11.08.2015: Yemen: amid food crisis, UN expert warns of deliberate starvation of civilians, auf: http://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=51605#.VhEZn3rtmko; zuletzt abgerufen am: 04.10.2015.

[iii] ICG 2016: Yemen: Is peace possible?, auf: http://www.crisisgroup.org/~/media/Files/Middle%20East%20North%20Africa/Iran%20Gulf/Yemen/167-yemen-is-peace-possible.pdf; zuletzt abgerufen am: 20.04.2016.

[iv] ICG 2016: Yemen: Is peace possible?, auf: http://www.crisisgroup.org/~/media/Files/Middle%20East%20North%20Africa/Iran%20Gulf/Yemen/167-yemen-is-peace-possible.pdf; zuletzt abgerufen am: 20.04.2016.

[v] Bayoumy, Yara/Browning, Noah/Ghobari, Mohammed 2016: How Saudi Arabia's war in Yemen has made al Qaeda stronger – and richer, auf: http://www.reuters.com/investigates/special-report/yemen-aqap/; zuletzt abgerufen am: 20.04.2016.

[vi] United Nations 11.08.2015: Yemen: amid food crisis, UN expert warns of deliberate starvation of civilians, auf: http://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=51605#.VhEZn3rtmko, zuletzt abgerufen am: 04.10.2015.

[vii] BBC 2016: Yemen war: Saudi coalition 'causing most civilian casualties', auf: http://www.bbc.com/news/world-middle-east-35842708; zuletzt abgerufen am: 10.07.2016.

[viii] UNHCR 27.07.2016: Yemen Situation, UNHCR Regional Update #40, auf: http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/UNHCR%20Yemen%20Situation%20Update%20_40.pdf; zuletzt abgerufen am: 10.07.2016.

[ix] United Nations Press Release 2015: Statement by Adama Dieng, Special Adviser of the Secretary-General on the Prevention of Genocide, and Jennifer Welsh, Special Adviser of the Secretary-General on the Responsibility to Protect, on the situation in Yemen, auf: www.un.org/en/preventgenocide/adviser/pdf/2015-09-04_Statement on the situation in Yemen.pdf; zuletzt abrufen am: 01.06.2015.

[x] Bayoumy, Yara/Browning, Noah/Ghobari, Mohammed 2016: How Saudi Arabia's war in Yemen has made al Qaeda stronger – and richer, auf: http://www.reuters.com/investigates/special-report/yemen-aqap/; zuletzt abgerufen am: 20.04.2016.

[xi] UNHCR 2016: Yemen Situation: Regional Refugee and Migrant Response, auf: http://data.unhcr.org/yemen/download.php?id=129; zuletzt abgerufen am: 22.04.2016.
UNHCR 2016: Yemen Situation. Emergency Response, January-December 2015, auf: http://www.unhcr.org/56b0cd019.html; zuletzt abgerufen am: 22.04.2016.

[xii] Amnesty International 01.09.2015: The UN Human Rights Council must address abuses against civilians in Yemen conflict, auf: https://www.amnesty.org/en/documents/mde31/2357/2015/en/; zuletzt abgerufen am: 04.10.2015.

[xiii] Human Rights Watch 30.06.2015: Targeting Saada, auf https://www.hrw.org/report/2015/06/30/targeting-saada/unlawful-coalition-airstrikes-saada-city-yemen, zuletzt abgerufen am: 04.10.2015.

[xiv] Human Rights Watch 26.08.2015: Yemen: Cluster Munition Rockets Kill, Injure Dozens, auf: https://www.hrw.org/news/2015/08/26/yemen-cluster-munition-rockets-kill-injure-dozens; zuletzt abgerufen am: 04.10.2015.

[xv] Amnesty International 28.05.2015: Yemen: Scores of civilians killed and injured by anti-aircraft fire and airstrikes on weapons depots, auf: https://www.amnesty.org/en/latest/news/2015/05/yemen-scores-of-civilians-killed-and-injured-by-anti-aircraft-fire-and-airstrikes-on-weapons-depots/, zuletzt abgerufen am: 04.10.2015.

[xvi] UN OCHA/AOAV 2015: State of Crisis, Explosive Weapons in Yemen, auf: https://docs.unocha.org/sites/dms/Documents/Yemen%20EWIPA%20report.pdf; ; zuletzt abgerufen am: 08.10.2015.

[xvii] Amnesty International 27.08.2015: The Human Carnage of Saudi Arabia’s War in Yemen, auf: https://www.amnesty.org/en/latest/news/2015/08/the-human-carnage-of-saudi-arabias-war-in-yemen/; zuletzt abgerufen am: 04.10.2015.

[xviii] Human Rights Watch 2015: Yemen: Huthis, Southern Fighters Endanger Aden Hospital, auf: http://www.hrw.org/news/2015/06/17/yemen-Huthis-southern-fighters-endanger-aden-hospital; zuletzt abrufen am: 01.06.2015.

[xix] Amnesty International 2015: Yemen: Huthi-loyal armed forces kill peaceful protesters as country descends into chaos, auf: https://www.amnesty.org/en/latest/news/2015/03/yemen-huthi-loyal-armed-forces-kill-peaceful-protesters-as-country-descends-into-chaos/; zuletzt abrufen am: 01.06.2015.

[xx] Office of the Special Representative of the Secretary for children and armed conflict 2015: Yemen, auf: https://childrenandarmedconflict.un.org/countries/yemen/; zuletzt abrufen am: 01.06.2015.

[xxi] The Guardian 2015: Third of fighters in Yemen are children, says Unicef, auf: http://www.theguardian.com/world/2015/apr/09/third-of-fighters-yemen-children-unicef; zuletzt abrufen am: 01.06.2015.

[xxii] International Crisis Group 2015: Yemen at War, Crisis Group Middle East Briefing N°45, auf: http://www.crisisgroup.org/~/media/Files/Middle%20East%20North%20Africa/Iran%20Gulf/Yemen/b045-yemen-at-war.pdf; zuletzt abrufen am: 01.06.2015.

[xxiii] Raerdon, Martin 2015: Saudi Arabia, Iran and the 'Great Game' in Yemen, auf: http://www.aljazeera.com/indepth/opinion/2014/09/saudi-arabia-iran-great-game-ye-201492984846324440.html; zuletzt abrufen am: 01.06.2015.

[xxiv] Bayoumy, Yara/Browning, Noah/Ghobari, Mohammed 2016: How Saudi Arabia's war in Yemen has made al Qaeda stronger – and richer, auf: http://www.reuters.com/investigates/special-report/yemen-aqap/; zuletzt abgerufen am: 20.04.2016.

[xxv] BBC 2016: Yemen conflict: Al-Qaeda joins coalition battle for Taiz, auf: http://www.bbc.com/news/world-middle-east-35630194; zuletzt abgerufen am: 20.04.2016.

[xxvi] ICG 2016: Yemen: Is peace possible?, auf: http://www.crisisgroup.org/~/media/Files/Middle%20East%20North%20Africa/Iran%20Gulf/Yemen/167-yemen-is-peace-possible.pdf; zuletzt abgerufen am: 20.04.2016.

[xxvii] Bayoumy, Yara/Browning, Noah/Ghobari, Mohammed 2016: How Saudi Arabia's war in Yemen has made al Qaeda stronger – and richer, auf: http://www.reuters.com/investigates/special-report/yemen-aqap/; zuletzt abgerufen am: 20.04.2016.

[xxviii] The Independent 2015: Yemen crisis: Terrified citizens caught between Saudi Arabia and Iran as air strikes and blockade threaten humanitarian disaster for millions, auf: http://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/yemen-crisis-terrified-citizens-caught-between-saudi-arabia-and-iran-as-air-strikes-and-blockade-threaten-humanitarian-disaster-for-millions-10220087.html; zuletzt abrufen am: 01.06.2015.

[xxix] ICG 2016: Yemen: Is peace possible?, auf: http://www.crisisgroup.org/~/media/Files/Middle%20East%20North%20Africa/Iran%20Gulf/Yemen/167-yemen-is-peace-possible.pdf; zuletzt abgerufen am: 20.04.2016.

[xxx] International Crisis Group 2015: Yemen at War, Crisis Group Middle East Briefing N°45, auf: http://www.crisisgroup.org/~/media/Files/Middle%20East%20North%20Africa/Iran%20Gulf/Yemen/b045-yemen-at-war.pdf; zuletzt abrufen am: 01.06.2015.

[xxxi] Schmitt, Eric/Worth, Robert F. 2012: With Arms for Yemen Rebels, Iran Seeks Wider Mideast Role, auf: http://www.nytimes.com/2012/03/15/world/middleeast/aiding-yemen-rebels-iran-seeks-wider-mideast-role.html?pagewanted=all&_r=0; zuletzt abrufen am: 01.06.2015.

[xxxii] ICG 2016: Yemen: Is peace possible?, S. 27ff., auf: http://www.crisisgroup.org/~/media/Files/Middle%20East%20North%20Africa/Iran%20Gulf/Yemen/167-yemen-is-peace-possible.pdf; zuletzt abgerufen am: 20.04.2016.

  • Zusammenfassung
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Mit Hilfe der 2011 von den USA, Frankreich, Großbritannien, anderen NATO-Staaten und ihren arabischen Verbündeten durchgeführten Luftschlägen gegen das Regime von Muammar al-Gaddafi, konnte die libysche Opposition innerhalb eines halben Jahres das alte Regime stürzen. Doch nach der UN-Intervention machte sich Ernüchterung breit: Die Opposition spaltete sich nach der Revolution schnell in viele kleine Milizen auf, die sich entlang ihrer Stammes-, Regions-, oder Religionszugehörigkeit organisierten. Nach dem Bürgerkrieg gegen Gaddafi kämpften das zunächst international anerkannte House of Representatives (HoR) in östlichen Tobruk und der islamisch geprägte General National Congress (GNC) im westlichen Tripolis sowohl gegeneinander als auch mit islamistischen Terrororganisationen und zahlreichen lokalen Milizen.

Islamistischen Terrororganisationen wie Ansar al-Sharia und dem 2014 gegründeten lybischen Ableger des sog. „Islamischen Staates“ (IS) gelang es im Zuge des Bürgerkrieges zahlreiche Gebiete in Libyen zu erobern. Insbesondere der IS konnte einen enormen Zuwachs an Kämpfern verzeichnen, die vor allem aus Syrien und dem Irak zurückkehrten und ein hohes Risiko für Massenverbrechen darstellen. Innerhalb eines Jahres erhöhte sich die Zahl der Kämpfer von 2.000-3.000 auf bis zu 6.000.[i] Nach langen Vermittlungsbemühungen der internationalen Gemeinschaft konnte der Bürgerkrieg beendet und eine Einheitsregierung, das Government of National Accord (GNA) gebildet werden, die am 30. März 2016 ihre Arbeit in Tripolis aufnahm.[ii] Seitdem die islamische Schattenregierung im April 2016 zurücktrat, scheinen sich sowohl die Militärs der beiden ehemaligen Regierungen sowie mehrere Milizen auf den Kampf gegen den IS zu konzentrieren.[iii] Im Juni 2016 umzingelten sie die IS-Hochburg Sirte, die einzige größere lybische Stadt, die vom IS gehalten wird.[iv]

Trotz dieser Fortschritte kommt es weiterhin regelmäßig zu gezielten Übergriffen auf Zivilisten, die Kriegsverbrechen darstellen. Auch die beiden ehemaligen innerlibyschen Regierungen sind für gezielte Tötungen, unrechtmäßige Haft und Folter, Plünderung und Zerstörung ziviler Gebäude verantwortlich.[v] Hunderte von Aktivisten, Journalisten und Politikern wurden getötet.[vi] Insgesamt wurden in dem im Mai 2014 eskalierten Konflikt bis Ende Juni 2016 laut dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED) über 6.323 Libyer getötet, darunter mindestens 525 Zivilisten.[vii] Über 150.000 Libyer befinden sich im Ausland und 425.000 Libyer im Inland auf der Flucht.[viii]

Todesopfer

Tote insgesamt
Tote pro Monat



© Genocide Alert; Daten: ACLED Africa Data

Analyse

Warnung: Massenverbrechen sind zu befürchten

Angriffe auf die Zivilbevölkerung

Die Bewohner aus Gaddafis Heimatstadt Sirte, die im Juni 2015 vom IS erobert wurde und seither als dessen inoffizielle Hauptstadt gilt, lehnten sich im August 2015 gegen den IS auf. Der Aufstand wurde brutal niedergeschlagen und zwischen 70 und 200 Menschen vom IS getötet.[ix] Im Falle einer weiteren Eskalation der Gewalt und einer Schwächung moderater Kräfte, könnten derartige Übergriffe von radikalen Islamisten schnell in eine systematische Verfolgung münden. Dies gilt insbesondere vor dem Kontext, dass der IS in Libyen bereits seine Entschlossenheit zu Gräueltaten demonstriert hat. Als Nutznießer des Konfliktes zwischen den beiden Regierungen, löste der IS Ansar al-Sharia als die dominante radikal-islamistische Terrororganisation ab und ist bestrebt, ein eigenes Kalifat zu etablieren.[x] So tötete der IS im verheerendsten Selbstmordanschlag der Geschichte Libyens über 50 Menschen in einem Ausbildungslager der Polizei.[xi]

Doch nicht nur der IS verübte Kriegsverbrechen, sondern auch die beiden ehemaligen Teilregierungen deren Vertreter weiterhin um Einfluss konkurrieren. Im Laufe ihrer Auseinandersetzung bombardierten sowohl das HoR als auch der GNC zivile Gebiete. Amnesty International legte einen Bericht vor, in dem die Organisation beiden Seiten vorwirft, Zivilisten auf Basis ihrer Zugehörigkeit zu politischen Lagern zu attackieren.[xii] Auch die UNSMIL-Mission und das UN-Menschenrechtsbüro sprechen von Kriegsverbrechen sowie gezielten Entführungen von Menschen auf Basis ihrer Religions-, Stammes- oder Familienzugehörigkeit.[xiii] Vor allem der IS und Ansar al-Sharia entführten Christen[xiv] und attackierten andere ethnische Minderheiten im Land.[xv]

Human Rights Watch dokumentierte über 250 Fälle von politisch motivierten, gezielten Tötungen von ehemaligen Mitgliedern von Sicherheitsorganisationen, Richtern und Gerichtsangestellten in Derna und Bengasi zwischen Januar und November 2014 sowie mehrere öffentliche Hinrichtungen durch Mitglieder des IS.[xvi] Sowohl das HoR als auch der GNC sind für gezielte Tötungen, unrechtmäßige Haft und Folter, Plünderung und Zerstörung ziviler Gebäude verantwortlich.[xvii]

Drohende Radikalisierung

Lange war keine der Konfliktparteien bereit, sich an den Verhandlungstisch zu setzen.[xviii] Friedens- oder Waffenstillstandsverhandlungen libyscher Politiker wurden von bewaffneten Fraktionen immer wieder unterbrochen.[xix] Vermittlungsbemühungen der UN kamen entsprechend nur stockend voran. Da die internationale Gemeinschaft nur das House of Representatives in Tobruk als legitime Regierung anerkennte, sahen die Muslimbrüder und ihr General National Congress in Tripolis wenig Anreize, eine militärische Auseinandersetzung zu vermeiden. Ein militärischer Sieg hätte ihnen zumindest theoretisch zur alleinigen Herrschaft verhelfen können. Auf der anderen Seite schien General Haftar zu keinerlei Zugeständnissen an die Muslimbrüder bereit, was in seiner mangelnden Unterscheidung zwischen Muslimbrüdern und Terroristen zum Ausdruck kam.[xx]

Unterdessen gewann die religiöse Komponente vor allem durch das Erstarken radikal-islamistischer Terrororganisationen wie Ansar al-Sharia und den sog. Islamischen Staat an Bedeutung. Mit ihr stieg auch das Risiko von Massenverbrechen in dem Bürgerkrieg. Nicht zuletzt, da General Haftar, der den Kampf für die international anerkannte Regierung in Tobruk führte, zunehmend auch moderate Kräfte als zu vernichtendes Übel betrachtete. Während sich Haftar als letztes Bollwerk gegen den islamistischen Terrorismus sah, rechtfertigten die Muslimbrüder und mit ihnen verbündete Milizen ihr Handeln damit, Libyen vor einer Rückkehr vermeintlicher Gaddafi-Anhänger schützen zu wollen. Dafür kooperierten sie zumindest teilweise auch mit der radikal-islamistischen Terrororganisation Ansar al-Sharia. Während die aktuelle politische Lösung, die Bildung einer Einheitsregierung, sowie der gemeinsame Gegner zu einer Einstellung des Bürgerkrieges führten, besteht gerade nach einem Sieg über den IS weiterhin das Risiko zu einem Rückfall zur Gewalt.

Straflosigkeit für Gräueltaten

Im Land herrscht weiterhin eine Kultur der Gewalt und der Straflosigkeit. Kaum jemand wird für Verletzungen des humanitären Völkerrechts zur Verantwortung gezogen. Der UN-Sicherheitsrat betonte, dass der Internationale Strafgerichtshof auch die aktuellen Geschehnisse untersuche und existierende Sanktionen ausweitetet werden könnten.[xxi] Angesichts der Einflusslosigkeit des IStGHs beim Verfahren gegen Gaddafis Sohn Saif al-Islam, vermögen derartige Perspektiven es aber kaum, die Konfliktdynamik abzumildern.[xxii]

Die Verbrechen des ehemaligen Regimes wurden nicht aufgearbeitet. Saif al-Islam al-Gaddafi, der Sohn des ehemaligen Diktators, wurde nicht an den Internationalen Strafgerichtshof ausgeliefert und stattdessen am 28. Juli 2015 mit 31 weiteren Vertretern des Gaddafi-Regimes in Tripolis in einem unfairen Gerichtsverfahren gerichtet.[xxiii] Saif al-Islam Gaddafi wurde zum Tode verurteilt und im Vorfeld gefoltert.[xxiv] Neuen Berichten zufolge wurde er allerdings freigelassen; was wiederum die Straflosigkeit und mangelnde Gültigkeit von Gerichtsverfahren demonstriert.[xxv] Dem IS gelang es unterdessen zunehmend, sich als Verteidiger der nationalen Integrität gegen ausländische Einflüsse in Libyen zu etablieren.[xxvi]

Konfliktverstärkende Faktoren

Die Spaltung Libyens spiegelt sich auch in einschlägigen Indices, wie dem Fragile States Index, wieder. Libyen ist nach dessen Maßstäben nicht mehr weit von einem staatlichen Zusammenbruch entfernt. Je höher die Punktzahl (zwischen 0 und 120), die ein Staat in diesem Index erhält, desto instabiler ist er. Der Index zählt Libyen mit 87,8 Punkten (2014) noch nicht offiziell zu den gescheiterten Staaten – wie etwa den Südsudan, Somalia oder die Zentralafrikanische Republik. Der Trend deutet aber auf eine sich verschlechternde Entwicklung hin und die jüngsten Ereignisse sind noch nicht in der Datengrundlage erfasst.

Das Parlament in Tobruk schien die Armee unter Haftars Führung nicht kontrollieren oder von Gräueltaten abhalten zu können. Auch die Hardliner im Übergangsparlament in Tobruk waren nicht an den Friedensverhandlungen interessiert.[xxvii] Sie suchten stattdessen eine militärische Lösung des Konflikts. Ebenso sahen sich die Muslimbrüder der konkurrierenden Regierung als potentielle Sieger einer militärischen Auseinandersetzung. Das Government of National Accord in Tunis erhielt von Hardlinern beider Lager keine Unterstützung. Der Einfluss der neuen Einheitsregierung blieb daher innerhalb Libyens zunächst gering.[xxviii] Doch nur durch eine einheitliche militärische Führung ist ein effektiver Kampf gegen den IS möglich. So haben mehrere internationale Regierungen eine Einheitsregierung in Libyen als Bedingung für erfolgreiche Offensiven gegen den IS genannt.[xxix]

Während diese die Kräfte gegen den IS nun zu einen scheint, konnten beide Seiten des libyschen Bürgerkrieges auf externe Unterstützung setzen, der im Konfliktfall erneut ausbrechen könnte..[xxx] General Haftar, das Parlament in Tobruk und verbündete Milizen (Operation Würde), erhielten Hilfe aus Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die Muslimbrüder und verbündete Milizen (Operation Libysche Morgendämmerung) fanden dagegen Unterstützung in Katar, im Sudan und in der Türkei.[xxxi] Ansar al-Sharia und die dem islamischen Staat nahestehenden Milizen erhalten weiterhin Unterstützung von anderen verbündeten Terrororganisationen in Nordafrika und dem Nahen Osten.[xxxii] Durch ihre Finanzierung aus dem Ausland sind sie von der Unterstützung der lokalen Bevölkerung weitgehend unabhängig, was Gräueltaten an der Zivilbevölkerung begünstigen kann.

Kontext

Als der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine militärische Intervention in Libyen mandatierte, geschah dies erstmals in der Geschichte der Vereinten Nationen mit einem expliziten Verweis auf die sogenannte Schutzverantwortung. Gegen den Willen der amtierenden Regierung Gaddafis, der Gräueltaten an Zivilisten und der Opposition angedroht hatte, autorisierte der UN-Sicherheitsrat die Intervention mit dem Ziel, die Zivilbevölkerung vor Ort zu schützen. Dies wurde von vielen zunächst als Erfolg für die sogenannte Schutzverantwortung, die Responsibility to Protect, gefeiert.

Die Schutzverantwortung wurde in Libyen nach der Intervention und den Luftschlägen der internationalen Gemeinschaft gegen das Gaddafi-Regime nicht aufrechterhalten. Als Resultat einer nicht erfolgten Entwaffnung der zahlreichen Milizen, blieben Waffen nahezu unbegrenzt verfügbar. Sie erschweren nicht nur die Herausbildung eines staatlichen Gewaltmonopols innerhalb Libyens. Bereits 2012 konnte die destabilisierende Wirkung Libyens auf die regionale Nachbarschaft in Mali beobachtet werden. Aktuell heizen Waffenlieferungen aus Libyen auch den Konflikt auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel an.

Seit der ersten gewählten Regierung sind die diversen libyschen Regierungen auf die unterschiedlichen Milizen angewiesen gewesen und noch immer nehmen Milizen quasi-staatliche Aufgaben, unter anderem etwa die Führung von zahlreichen Flüchtlingslagern entlang der Küste, wahr. Von 2012 bis Juni 2014 wurden der General National Congress (GNC) und die gewählte Regierung von der Muslimbruderschaft und Islamisten dominiert. Im Dezember 2013 stimmte der GNC für die Einführung einer Variation der Scharia. General Haftar forderte am 14. Februar 2014 die Auflösung des GNCs und verlangte Neuwahlen, bevor er im Mai 2014 eigenmächtig seine Offensive „Operation Würde“ gegen Islamisten in Bengasi startete. Im Juni setzte der GNC Neuwahlen an, bei denen die Muslimbrüder und Islamisten unterlagen. Da sich jedoch nur 18 % der Bevölkerungen an den Wahlen beteiligten, lehnten sie das Ergebnis ab.[xxxiii]

Der anschließend eskalierende Bürgerkrieg zwischen radikal-islamistischen, moderat-islamistischen und säkularen Milizen[xxxiv], darf nicht als eindimensional religiös motiviert verstanden werden: Es ging nicht ausschließlich um einen Kampf zwischen Säkularen und Islamisten. Der Konflikt legt vielmehr die tief liegende regionale Spaltung des Landes offen.[xxxv] Zum einen unterstützte die libysche Bevölkerung die verschiedenen Milizen vorrangig aus Gründen der Sicherheit im direkten privaten Umfeld.[xxxvi] Zum anderen sieht sich der wirtschaftlich starke und ölreiche Osten schon lange vom Westen des Landes ausgenutzt, in dem die Mehrheit der Bevölkerung lebt. Die Bevölkerung spaltete sich bereits vor dem Bürgerkrieg zunehmend anhand ihrer regionalen Herkunft auf. Das Misstrauen wuchs unterdessen weiter: Wer im Osten des Landes lebt und Wurzeln im Westen hat, sah sich immer häufiger dazu gezwungen zu migrieren, entsprechend erhöhte sich die Zahl an Binnenflüchtlingen.

Akteure

Islamistische Milizen und Terrorgruppen

Ähnlich wie in Syrien konnten extreme islamistische Gruppierungen die Instabilität nutzen, um im Land Fuß zu fassen. Bereits im Widerstand gegen Gaddafi spielten islamistische Milizen eine wichtige Rolle, doch nach dessen Sturz konnten radikal-islamistische Milizen wie Ansar al-Sharia die Kontrolle über ganze Städte übernehmen.[xxxvii] Ansar al-Sharia und andere radikal-islamitische Milizen wie die February 17th Martyrs Brigade kooperierten etwa im Shura Council of Benghazi Revolutionaries und konnten im Laufe des Bürgerkrieges wichtige Stellungen Benghazis einnehmen. Über ein Viertel der Bevölkerung Bengasis wurde durch die Kämpfe vertrieben.[xxxviii]

Der „Islamische Staat“ in Libyen

Eine besondere Gefahr für Massenverbrechen ging und geht jedoch durch den lybischen Ableger des Islamischen Staates aus, der sich im Herbst 2014 bildete.[xxxix] Ähnlich wie in anderen Staaten konkurrierte der IS auch in Libyen mit anderen islamistischen Milizen und warb vor allem Mitglieder von Ansar al-Sharia ab.[xl] Besonders im Zentrum und im Osten des Landes, im Umfeld von Bengasi und Sirte wurden Waffenlager und Trainingsbasen aufgebaut, auch um Kämpfer für den Kampf in Syrien auszubilden. Der IS kämpfte gegen die beiden ehemaligen Regierungen wie auch weiterhin gegen die neue Einheitsregierung, die er als unislamisch ablehnt. Die Beziehung zwischen Ansar al-Sharia und dem IS ist wechselhaft. Es bleibt abzuwarten, ob es zum Konflikt zwischen oder zur Vereinigung der beiden Organisationen kommt. Aufgrund der Aktivität der islamistischen Terrorgruppen und des Zuzugs weiterer ausländischer Islamisten verbot das House of Representatives im Jahr 2015 die Einreise von Menschen aus diversen Ländern wie Bangladesch oder Syrien.[xli]

Government of National Accord

Im tunesischen Exil wurde am 6. Dezember 2015 auf Bestreben der UN nach langen Vermittlungsbemühungen zwischen dem House of Representatives (HoR) und dem General National Congress (GNC) schließlich eine Einheitsregierung gegründet. Dieses Government of National Accord in Tunis blieb zunächst umstritten und der Einfluss innerhalb Libyens gering.[xlii] Hardliner in beiden innerlybischen Regierungen lehnten die neue Regierung ab. Besonders kritisiert wurde die Zusammenstellung des Kabinetts, welches letzten Endes unerwünschte Minister enthielt, wie auch intransparent und zu groß war.[xliii] Erst im März 2016 nahm die Einheitsregierung schließlich ihre Arbeit in Tripolis auf.

House of Representatives (HOR) & die „Libysche Nationalarmee“

Die international anerkannte, nach Tobruk geflüchtete Regierung des HoR unter Präsident Aguila Saleh Issa unterstützte den Feldzug des ehemaligen Generals Khalifa Haftar. Haftar überwarf sich Ende der 1980er nach dem Scheitern seiner Operation im Tschad mit Gaddafi und versuchte seitdem, ihn zu stürzen. Während des Bürgerkrieges gegen Gaddafi kehrte Haftar aus seinem Exil in den USA zurück und stieg zu einer der Hauptpersonen im Kampf gegen Gaddafi auf. Nach dem Bürgerkrieg verfiel jedoch in die Bedeutungslosigkeit bis er am 16. Mai 2014 zunächst auf eigene Faust die sogenannte „Operation Würde“, eine bis heute andauernde Offensive gegen islamistische Milizen, startete, die sich zunächst gegen Ansar al-Sharia richtete.[xliv]

Haftar vereinte in seiner „Libyschen Nationalarmee“ große Truppenverbände, die jedoch hauptsächlich aus vergleichsweise schlecht ausgerüsteten Milizen bestehen.[xlv] Bis Ende August 2015 befanden sich nach Aussage Hafters etwa 90 Prozent von Bengasi unter seiner Kontrolle.[xlvi] Inwiefern Haftar tatsächlich für das HoR kämpfte oder selbst nach der Macht greifen will, ist offen.[xlvii] Bedroht von den Islamisten sehen sich moderate und liberale Politiker dazu gezwungen, auf einer Seite mit ehemaligen Anhängern Gaddafis zu stehen, die in Anbetracht des wachsenden Einflusses der Islamisten ebenfalls Haftar unterstützen. Haftar attackierte dabei zunehmend auch moderate Muslime.[xlviii]Mehrere Anhänger Haftars sind der Einheitsregierung gegenüber negativ eingestellt, da sie Haftars Position als militärische Machthaber in Gefahr sehen. Die Kontrolle über das Militär erhält der Ministerpräsident der Einheitsregierung.[xlix]

General National Congress (GNC) & “Libysche Morgendämmerung”

Nachdem die islamistischen Muslimbrüder und mit ihnen verbündete Milizen aus Misrata im Juni 2014 die Wahl zum zuvor von ihnen dominierten Übergangsparlament verloren, erkannten sie das Ergebnis nicht an. Die Muslimbrüder zogen sich aus dem neuen Parlament zurück und starteten im Juli 2014 ihrerseits die „Libysche Morgendämmerung“ genannte Offensive mit dem Ziel, die Kontrolle über das Staatsgebiet zu erlangen. Ende August eroberten sie den internationalen Flughafen und Anfang September 2015 Hauptstadt Tripolis. Dort riefen sie eine Gegenregierung, den General National Congress unter Premierminister Omar al Hassi, aus, welche sich über die Reste des abgewählten Übergangsparlaments zu legitimieren versucht. Die übrigen Parlamentarier flohen mit der Übergangsregierung in ein Hotel in der ostlibyschen Stadt Tobruk. Viele der Mitglieder des GNC sehen sich eher als moderate Islamisten.[l]

Zu ihren unter „Libysche Morgendämmerug“ zusammengeschlossenen Milizverbänden zählten u.a. lokale Milizen aus Tripolis, Zawiya und Gheryan. Auch islamistische Gruppierungen im Osten Libyens werden mit der Operation Libysche Morgendämmerung assoziiert, welche sich aber zumindest formell von Ansar al-Sharia und anderen Extremisten distanziert.[li] Die zur „libyschen Morgendämmerung“ zusammengeschlossenen Milizverbände kooperierten aber zumindest zum Teil mit dem Shura Council of Benghazi Revolutionaries, zu dem auch die radikal-islamistische Terrororganisation Ansar al-Sharia zählt. Spannungen zwischen eher moderaten und radikalen Islamisten innerhalb der „Libyschen Morgendämmerung“ führten regelmäßig zu Kämpfen – auch mit Ansar al-Sharia, selbst während Gefechten gegen die „Lybische Nationalarmee“.[lii]

Internationale Gemeinschaft

Nach den 2011 durchgeführten Luftangriffen gegen das Regime von Muammar al-Gaddafi hat die internationale Staatengemeinschaft es versäumt, ihrer Verantwortung in Libyen im vollen Umfang nachzukommen. Die Responsibility to Protect beinhaltet nicht nur die Prävention und Bekämpfung von Massenverbrechen, sondern auch eine Verantwortung zur Konsolidierung und Konfliktnachsorge.[liii] Eine im Land stationierte UN-Unterstützungsmission UNSMIL ist zwar mit etwas mehr als 200 zivilen Mitarbeitern in Libyen aktiv, eine bewaffnete UN-Friedensmission zur Absicherung der Übergangsphase wurde aber nie ernsthaft diskutiert.[liv] Die UNSMIL-Mission wurde im September 2015 bis zum 15. März 2016 verlängert.[lv]

Das angestrebte Verfahren des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) gegen Führungspersonen des ehemaligen Regimes, darunter nur noch Gaddafis Sohn Saif al-Islam, verläuft ergebnislos. Libyen stellte die Kooperation mit dem Gerichtshof ein. Eine Verteidigerin des IStGHs für Saif al-Islam wurde in Libyen festgehalten und einen Monat lang an einer Weiterreise gehindert.[lvi] Im März 2015 wurden in Brüssel Pläne für eine Intervention diskutiert.[lvii] Am 10. Juni 2015 trafen sich Vertreter der konkurrierenden libyschen Regierungen und des UNO-Sicherheitsrates in Berlin. Dabei stand vor allem der sog. Islamischen Staat als gemeinsamer Feind im Vordergrund.

Die am 6. Dezember 2016 auf Druck der UN gebildete Einheitsregierung in Tunis sieht sich weiterhin dem Widerstand von Vertretern der ehemaligen innerlybischen Regierungen ausgesetzt, die kaum Interesse an einer Machtteilung besitzen. Dessen bewusst besuchten die Außenminister Deutschlands und Frankreichs die neugebildete Regierung, was der Stärkung der neuen Regierung dienen sollte.[lviii] Die Bundesregierung hat die Einheitsregierung in Libyen nach dem Besuch anerkannt.[lix] Die USA intensivierten ihre Angriffe auf Stellungen des IS in Libyen und töteten etwa am 19. Februar 2016 bei einem Luftangriff auf ein Ausbildungslager des IS über 40 Kämpfer.[lx] Berichten zufolge sollen auch us-amerikanische und britische Spezialeinheiten im Land gegen den IS kämpfen.[lxi] [lxii]

Quellen

[i] Nichols, Michelle 2016: „Islamic State greatly expands control in Libya: U.N. report” Zuletzt abgerufen am 27.03.2016 über http://www.reuters.com/article/us-libya-security-islamic-state-un-idUSKCN0WC2LIj

[ii] Zeit Online (2015): „Verfeindete Regierungen beschließen Friedensplan“ Zuletzt abgerufen am 26. März 2016 über http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-12/libyen-einigung-verfeindete-regierungen
NNC (2016): „Libya conflict: Tunis-based unity government claims power” Zuletzt abgerufen am 26. März 2016 über http://www.bbc.com/news/world-africa-35796482

[iii] Spiegel Online (2016): „Schattenregierung gibt zugunsten der Einheitsregierung auf“ Zuletzt abgerufen am 20. September 2016 über http://www.spiegel.de/politik/ausland/libyen-islamistische-schattenregierung-gibt-auf-a-1085644.html

[iv] BBC (2016): „What next for Islamic State in Libya after Sirte?” Zuletzt abgerufen am 20. September 2016 über http://www.bbc.com/news/world-africa-37188226

[v] Human Rights Watch (2015): “Libya: Widespread Torture in Detention” Zuletzt abgerufen am 06. November 2015 über https://www.hrw.org/news/2015/06/17/libya-widespread-torture-detention

[vi] The National Interest (2015): “The Real Benghazi Scandal Everyone Is Missing” Zuletzt abgerufen am am 06. November über http://nationalinterest.org/feature/the-real-benghazi-scandal-everyone-missing-14185

[vii] Eigene Berechnungen nach: ACLED Version 6 (1997 – 2015) standard file über http://www.acleddata.com/data/ und ACLED Realtime 2016 All Africa File (updated 17th September 2016) über http://www.acleddata.com/data/realtime-data-2016/; zuletzt abgerufen am 20.09.2016.

[viii] ACAPS 2016: “Libya Crisis Profile June 2016” Zuletzt abgerufen am 20. September 2016 über http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/libyacrisisprofile22062016.pdf

[ix] Sydow, Christoph (2015): „Bürgerkrieg in Libyen: IS schlägt Aufstand in Sirte nieder“ Zuletzt abgerufen am 07. November 2015 über http://www.spiegel.de/politik/ausland/libyen-islamischer-staat-schlaegt-aufstand-in-sirte-nieder-a-1048397.html

[x] Zelin, Aaron Y. (2015): „The Rise and Decline of Ansar al-Sharia in Libya” Zuletzt abgerufen am 07. November 2015 über http://www.hudson.org/research/11197-the-rise-and-decline-of-ansar-al-sharia-in-libya

[xi] International Crisis Group (2016): „How Much of Libya Does the Islamic State Control?“ Zuletzt aufgerufen am 27. März 2016 über http://www.crisisgroup.org/en/regions/middle-east-north-africa/north-africa/libya/op-eds/how-much-of-libya-does-the-islamic-state-control.aspx

[xii] Amnesty international (2015): „Libya: Benghazi’s Descent into Chaos: Abductions, Summary Killings And Other Abuses” Zuletzt aufgerufen am 6. Februar 2015 über http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE19/001/2015/en

[xiii] United Nations Support Mission in Libya (2014): “Persistent fighting kills hundred, causes mass displacement across Libya – UN report” Zuletzt aufgerufen am 6. Februar 2015 über http://unsmil.unmissions.org/Default.aspx?tabid=3543&ctl=Details&mid=6187&ItemID=1992682&language=en-US

[xiv] Zeit Online (2015): „Gewalt in Libyen eskaliert“ Zuletzt aufgerufen am 6. Februar 2015 über http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-01/libyen-buergerkrieg-krise-aegypten

[xv] Global Centre for the Responsibility to Protect (2015): “Libya” Zuletzt aufgerufen am 6. Februar 2015 über http://www.globalr2p.org/regions/libya

[xvi] Human Rights Watch (2014): „Libya: Extremists Terrorizing Derna Residents” Zuletzt abgerufen am 07. November 2015 über https://www.hrw.org/news/2014/11/27/libya-extremists-terrorizing-derna-residents

[xvii] Human Rights Watch (2015): “Libya: Widespread Torture in Detention” Zuletzt abgerufen am 06. November 02015 über https://www.hrw.org/news/2015/06/17/libya-widespread-torture-detention

[xviii] Kadlec, Amanda (2015): „The Problem with Libya’s Peace Talks“Zuletzt aufgerufen am 6. Februar 2015 über http://foreignpolicy.com/2015/01/16/the-problem-with-libyas-peace-talks/

[xix] Bosalum, Feras/ Elumami, Ahmet (2015): „Libya parties agree to more talks; two factions call ceasefire” Zuletzt aufgerufen am 6. Februar 2015 über http://www.reuters.com/article/2015/01/16/us-libya-security-idUSKBN0KP0VL20150116

[xx] Hackensberger, Alfred (2015): „Libyen: Der General, der über dem Gesetz steht“ Zuletzt abgerufen am 06. November 2015 über http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4652207/Libyen_Der-General-der-uber-dem-Gesetz-steht?_vl_backlink=/home/index.do

[xxi] United Nations (2014): „Security Council, Adopting Resolution 2174 (2014), Calls for Immediate Ceasefire in Libya, Inclusive Political Dialogue, Prior Notice for Weapons Transfers” Zuletzt aufgerufen am 6. Februar 2015 über http://www.un.org/press/en/2014/sc11537.doc.htm

[xxii] International Criminal Court (2015): “Libya” Zuletzt aufgerufen am 6. Februar 2015 über http://www.icc-cpi.int/en_menus/icc/situations%20and%20cases/situations/icc0111/Pages/situation%20index.aspx

[xxiii] Human Rights Watch (2015): „Libya: Flawed Trial of Gaddafi Officials” Zuletzt abgerufen am 06. November 2015 über https://www.hrw.org/news/2015/07/28/libya-flawed-trial-gaddafi-officials

[xxiv] Human Rights Watch (2015): “Libya: Jail Video Alleges Gaddafi Son Abused” Zuletzt abgerufen am 06. November 2015 über https://www.hrw.org/news/2015/08/03/libya-jail-video-alleges-gaddafi-son-abused

[xxv] Stephen, Chris 2016: „Gaddafi son Saif al-Islam 'freed after death sentence quashed'“ Zuletzt abgerufen am 20. September 2016 über https://www.theguardian.com/world/2016/jul/07/gaddafi-son-saif-al-islam-freed-after-death-sentence-quashed.

[xxvi] Nichols, Michelle 2016: „Islamic State greatly expands control in Libya: U.N. report” Zuletzt abgerufen am 27.03.2016 über http://www.reuters.com/article/us-libya-security-islamic-state-un-idUSKCN0WC2LIj

[xxvii] Zeit Online (2015): „Parlament auf der Flucht“ Zuletzt aufgerufen am 6. Februar 2015 über http://www.zeit.de/2015/02/libyen-wahl-islamisten-parlament-flucht-hotel/seite-5

[xxviii] Zeit Online (2015: „Verfeindete Regierungen beschließen Friedensplan“ Zuletzt abgerufen am 26. März 2016 über http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-12/libyen-einigung-verfeindete-regierungen
NNC (2016): „Libya conflict: Tunis-based unity government claims power” Zuletzt aufgerufen am 26. März 2016 über http://www.bbc.com/news/world-africa-35796482

[xxix] Tagesschau (2016): „Einheitsregierung nimmt Arbeit in Tripolis auf“ Zuletzt aufgerufen am 26. März 2016 über https://www.tagesschau.de/ausland/libyen-255.html

[xxx] Wehrey, Frederic/ Lacher, Wolfram (2014): „Libya’s Legitimacy CrIS“ Zuletzt aufgerufen am 6. Februar 2015 über http://www.foreignaffairs.com/articles/142138/frederic-wehrey-and-wolfram-lacher/libyas-legitimacy-crIS

[xxxi] Tharoor, Ishan/ Taylor, Adam (2014): “Here are the Key Players Fighting the War for Libya, all over again” Zuletzt aufgerufen am 6. Februar 2015 über http://www.washingtonpost.com/blogs/worldviews/wp/2014/08/27/here-are-the-key-players-fighting-the-war-for-libya-all-over-again/

[xxxii] Hackensberger, Alfred (2013): “Die Islamisten sind schlimmer als Assad”. Zuletzt aufgerufen am 6. Februar 2015 über http://www.welt.de/politik/ausland/article122939894/Die-Islamisten-sind-schlimmer-als-Assad.html

[xxxiii] Al Jazeera (2014): “Libyans mourn rights activist amid turmoil”, Zuletzt abgerufen am 07. November 2015 über http://www.aljazeera.com/news/middleeast/2014/06/libyans-mourn-rights-activist-amid-turmoil-2014626161436740827.html

[xxxiv] DW (2014): “Libya: Who’s fighting whom?” Zuletzt aufgerufen am 6. Februar 2015 über http://www.dw.de/libya-whos-fighting-whom/a-17894115

[xxxv] Bauer, Wolfgang (2015): „Parlament auf der Flucht“ Zuletzt aufgerufen am 6. Februar 2015 über http://www.zeit.de/2015/02/libyen-wahl-islamisten-parlament-flucht-hotel/seite-4

[xxxvi] Cumming Bruce, Nick (2015): „Libyan Peace Talks to Resume, U.N. Says“ Zuletzt aufgerufen am 6. Februar 2015 über http://www.nytimes.com/2015/01/24/world/africa/libyan-peace-talks-to-resume-un-says.html?_r=0

[xxxvii] Hackensberger, Alfred (2013): “Die Islamisten sind schlimmer als Assad” Zuletzt aufgerufen am 6. Februar 2015 über http://www.welt.de/politik/ausland/article122939894/Die-Islamisten-sind-schlimmer-als-Assad.html

[xxxviii] Mannocchi,, Francesca (2015): „Hope drains in Libya's Benghazi, as Haftar's men struggle to win control” Zuletzt abgerufen am 06. November 2015 über http://www.middleeasteye.net/news/libyas-government-struggles-secure-benghazi-659079368

[xxxix] Zeit Online (2014): „IS baut Stützpunkte in Libyen auf“ Zuletzt aufgerufen am 6. Februar 2015 über http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-12/is-libyen

[xl] Zelin, Aaron Y.: „The Rise and Decline of Ansar al-Sharia in Libya” Zuletzt abgerufen am 06. November 2015 über http://www.hudson.org/research/11197-the-rise-and-decline-of-ansar-al-sharia-in-libya

[xli] al-Warfalli, Ayman 2015: „Libya's official government bans Yemenis, Iranians, Pakistanis from entry „ Zuletzt abgeruen am 27.03.2015 über http://www.reuters.com/article/us-libya-security-ban-idUSKCN0R14PZ20150901

[xlii] Zeit Online (2015: „Verfeindete Regierungen beschließen Friedensplan“ Zuletzt abgerufen am 26. März 2016 über http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-12/libyen-einigung-verfeindete-regierungen
NNC (2016): „Libya conflict: Tunis-based unity government claims power” Zuletzt abgeruen am 26. März 2016 über http://www.bbc.com/news/world-africa-35796482

[xliii] Spiegel Online (2016): „Libyen: Einheitsregierung vorgestellt“ Zuletzt abgerufen am 26. März 2016 über http://www.spiegel.de/politik/ausland/libyen-neue-einheitsregierung-vorgestellt-a-1077539.html

[xliv] Madi, Mohamed (2014): „Profile: Libyan ex-General Khalifa Haftar” Zuletzt abgerufen am 06. November 2015 über http://www.bbc.com/news/world-africa-27492354

[xlv] DW (2014): “Libya: Who’s fighting whom?” Zuletzt aufgerufen am 6. Februar 2015 über http://www.dw.de/libya-whos-fighting-whom/a-17894115

[xlvi] Mannocchi,, Francesca (2015): „Hope drains in Libya's Benghazi, as Haftar's men struggle to win control” Zuletzt abgerufen am 06. November 2015 über http://www.middleeasteye.net/news/libyas-government-struggles-secure-benghazi-659079368

[xlvii] Hackensberger, Alfred (2015): “Libyen. Der General der über dem Gesetz steht” Zuletzt aufgerufen am 6. Februar 2015 über http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4652207/Libyen_Der-General-der-uber-dem-Gesetz-steht?_vl_backlink=/home/index.do

[xlviii] Hackensberger, Alfred (2015): „Libyen: Der General, der über dem Gesetz steht“ Zuletzt abgerufen am 06. November 2015 über http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4652207/Libyen_Der-General-der-uber-dem-Gesetz-steht?_vl_backlink=/home/index.do

[xlix] Tagesschau (2016): „Parlament lehnt Einheitsregierung ab“ Zuletzt abgerufen am 26. März 2016 über https://www.tagesschau.de/ausland/libyen-einheitsregierung-101.html

[l] Dpa/AFP (2014): “Acht Tote bei Angriff auf Hotel in Tripolis” Zuletzt aufgerufen am 6. Februar 2015 über http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/libyen-is-milizionaere-attackieren-hotel-in-tripolis-13393099.html

[li] AFP (2014): “Libya Dawn Islamists ‘reject Ansar al-Sharia Terror’” http://news.yahoo.com/libya-dawn-islamists-reject-ansar-al-sharia-terror-110335904.html

[lii] Stephen, Chris (2015): “Ban Ki-moon calls for Libya peace deal as factions miss ceasefire deadline” Zuletzt abgerufen am 07. November 2015 über http://www.theguardian.com/world/2015/oct/02/united-nations-ban-ki-moon-libya-peace-deal-ceasefire-deadline-miss

[liii] International Commission on Intervention and State Sovereignty, ICISS (2011): The Responsibility to Protect. Ottawa: International Development Research Centre) Zuletzt aufgerufen am 20. Februar 2015 über https://web.archive.org/web/20110428034609/http:/www.iciss.ca/menu-en.asp

[liv] United Nations Support Mission in Libya (o.J.) Zuletzt aufgerufen am 6. Februar 2015 über http://unsmil.unmissions.org/

[lv]United Nations News Centre 2015: „Security Council extends UN mission in Libya, urges parties to finalize political accord” Zuletzt aufgerufen am 27. März 2016 über http://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=51848#.VsXdkObh5x8

[lvi] Spiegel Online (2015): „Prozesse in Libyen: Gaddafis Sohn droht die Todesstrafe“ Zuletzt aufgerufen am 20. Februar 2015 über http://www.spiegel.de/politik/ausland/prozess-in-libyen-gaddafi-sohn-saif-al-islam-droht-todesstrafe-a-923029.html

[lvii] Zeit Online (2015): „EU bereitet Militäreinsatz in Libyen vor“ Zuletzt aufgerufen am 20. Februar 2015 über http://www.zeit.de/politik/2015-03/libyen-eu-friedensmission

[lviii] FAZ Online (2016): „Steinmeier zu Überraschungsbesuch in Tripolis“ Zuletzt aufgerufen am 27. April 2016 über http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/libyen-steinmeier-zu-ueberraschungsbesuch-in-tripolis-14182530.html

[lix] Auswärtiges Amt (2016): „Deutschland fördert Wiederaufbau in Libyen“ Zuletzt aufgerufen am 27. April 2016 über https://www.auswaertigesamt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Aktuelle_Artikel/Libyen/160412-LBY_Gebertreffen.html

[lx] Elumani, Ahmed; Lewis, Aidan (2016): „U.S. air raid hits Islamic State in Libya, 43 dead“ Zuletzt abgerufen am 27. April 2016 über http://www.reuters.com/article/libya-security-idUSKCN0VS1A5

[lxi] Nichols, Michelle 2016: „Islamic State greatly expands control in Libya: U.N. report” Zuletzt abgerufen am 27.03.2016 über http://www.reuters.com/article/us-libya-security-islamic-state-un-idUSKCN0WC2LIj

[lxii] The Guardian (2016): „British special forces 'blew up Isis suicide truck in Libya“ Zuletzt aufgerufen am 27. April 2016 über http://www.theguardian.com/world/2016/may/26/british-special-forces-blew-up-isis-suicide-truck-in-libya

  • Zusammenfassung
  • Irak
  • Nigeria
  • Nordkorea
  • Sudan
  • Syrien
  • Afghanistan
  • Burundi
  • Demokrat. Rep. Kongo
  • Jemen
  • Südsudan
  • Libyen
  • Myanmar
  • Pakistan
  • Zentralafrik. Rep.
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2012 eskalierten Spannungen zwischen buddhistischen Nationalisten und den muslimischen Rohingya im Westen Myanmars derart, dass es laut Berichten von Human Rights Watch zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit an den Rohingya kam, insbesondere zu Zwangsumsiedlungen, Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und ethnische Säuberungen. Dabei wurden etwa 180 Menschen getötet und über 110.000 Rohingya vertrieben. An den Massenverbrechen beteiligten sich neben den buddhistischen Nationalisten auch verschiedene Angehörige der staatlichen Sicherheitskräfte, insbesondere der NaSaKa, den Grenztruppen Myanmars. Seit 2012 ist die Gewalt zurückgegangen. Da sich die Regierung Myanmars in Richtung einer weiteren demokratischen Öffnung bewegt, erfährt der mehrheitlich buddhistisch geprägte Staat zunehmende internationale Anerkennung. Zuvor verhängte Sanktionen werden gelockert oder aufgehoben.

Für die Minderheit der muslimischen Rohingya, die im Rakhine-Staat im Westen des buddhistisch geprägten Myanmars leben, hat sich die Lage trotz der scheinbaren demokratischen Fortschritte aber nicht wesentlich gebessert. Die 2012 begangenen Massenverbrechen wurden weder gesellschaftlich noch justiziell aufgearbeitet und die Rohingya sind weiterhin staatlicher Diskriminierung und Übergriffen von Angehörigen der buddhistischen Nationalen Bewegung und der Sicherheitskräfte ausgesetzt. Noch immer werden an Muslimen begangenen Verbrechen in Myanmar nicht oder nur unzureichend strafrechtlich verfolgt. Bei den ersten freien Wahlen seit 25 Jahren am 8. November 2015, durften die Rohingya nicht teilnehmen. Über 140.000 Rohingya leben noch immer in überfüllten Lagern für Binnenflüchtlinge, die sie nicht verlassen dürfen und in denen sich vermeidbare Krankheiten ausbreiten.[i] Die 2015 verabschiedeten und offen muslimfeindlichen Protection of Race and Religion Gesetze und die anhaltende Diskriminierung trieben 2015 tausende von Rohingya zur Flucht. Allein bis Ende Juni 2015 flohen nach einem Bericht der UNHCR mindestens 31.000 Rohingya aus Myanmar. Etwa 1.100 von ihnen starben auf der Reise, durch Misshandlungen oder mangelnde Versorge.[ii] Insgesamt befinden sich etwa 660.000 Menschen innerhalb und 415.000 außerhalb des Landes auf der Flucht.[iii] Zwischen Anfang Januar 2015 und Ende März 2016 wurden laut dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED) in Myanmar insgesamt 1026 Menschen durch politisch motivierte Gewalt getötet, darunter mindestens 141 Zivilisten. 57 der in ACLED verzeichneten Opfer starben in Rakhine.[iv] Daten zu früheren Ereignissen sind nicht verfügbar.

Die Regierung unter der Union Solidarity and Development Party (USDP) und Staatspräsident Thein Sein verlor im November 2015 die Wahlen. Die neue Regierung unter der National League for Democracy (NLD) hat am 1. April 2016 die Regierungsgeschäfte übernommen. Aung San Suu Kyi, die Vorsitzende der NLD, Friedensnobelpreisträgerin und langjährige Oppositionsführerin, konnte aufgrund der Verfassung Myanmars das Präsidentenamt nicht übernehmen, da ihre Kinder die britische Staatsbürgerschaft besitzen. Sie erhielt am 6. April 2016 das neu geschaffene Amt des State Councelor. Während diese demokratische Transition einen bedeutenden Schritt in der Demokratisierung Myanmars darstellt, kontrolliert das Militär weiterhin einen Viertel des Parlaments über nicht gewählte Abgeordnete und behält einen bestimmenden Einfluss auf die Politik Myanmars, vor allem in den für Sicherheitsfragen entscheidende Gremien.[v] Die am 7. April 2016 angekündigte Amnesie für politische Gefangene stellt einen großen Fortschritt dar, dennoch bleiben weitere Schritte zur Wahrnehmung der Schutzverantwortung gegenüber der Bevölkerung, inklusiver aller Minderheiten, offen.

Analyse

Warnung: Massenverbrechen sind zu befürchten

Trotz der sehr unterschiedlichen Kontexte und Dynamiken von Massenverbrechen lassen sich Indikatoren identifizieren, die auf ein zukünftiges Auftreten von Massenverbrechen als ein mögliches Szenario hinweisen. Dazu zählen in Myanmar, neben dem Vorliegen von Massenverbrechen in der Vergangenheit und deren mangelnden gesellschaftlichen und justiziellen Aufarbeitung:

Ethnische und religiöse Spannungen/Gewalt

Zwischen den Rakhine-Buddhisten und den Rohingya oder auch anderen muslimischen Minderheiten bestehen massive ethnische und religiöse Spannungen, die in den Ausschreitungen 2012 deutlich zu Tage traten. Die aus ethnisch-religiösen Spannungen resultierte Gewalt setzt sich seitdem in kleineren Zusammenstößen fort. So kam es 2013 in Meiktila nach einer Uneinigkeit zwischen einer Buddhistin und einem muslimischen Goldhändler zu gewaltsamen Zusammenstößen[vi]. Anfang Juli 2014 wurden in Mandalay mindestens zwei Personen getötet, als ein Mob von Buddhisten mehrere muslimische Läden[vii]. Durch derartige, immer wieder auftretende, Vorfälle und deren mangelnde Aufarbeitung und Bestrafung durch die Regierung vergrößern sich die Spannungen zwischen den Gruppen erneut.

Mangelnde Rechtstaatlichkeit

Im Rahmen der Gewalt 2012 zeigten sich auch grundlegende systemische Schwächen Myanmars wie die fehlende Rechtsstaatlichkeit. Die Verfolgung von Verbrechen gegen die Rohingya erfolgte, und erfolgt weiterhin, nur nachlässig oder oft gar nicht[viii]. Als positive Entwicklung wird in diesem Zusammenhang oft auf die fortschreitende Demokratisierung Myanmars verwiesen, doch diese schließt die Rohingya nicht mit ein. Zwar liberalisiert sich das Militärregime seit 2011 zunehmend, doch da die Rohingya nicht als Staatsbürger anerkannt werden, sind sie von diesen Fortschritten ausgeschlossen.

Politische Diskriminierung

Die Diskriminierung der Rohingya manifestiert sich in der Grundsatzfrage ihrer Staatsbürgerschaft. Das Staatsbürgerschaftsgesetz von 1982 unterscheidet drei Arten von Bürgern, je nachdem, wie lange die Vorfahren in Myanmar gelebt haben. Um eingebürgert zu werden, müssen mindestens drei Generationen nachgewiesen werden. Da die Rohingya dies nicht können und die Regierung ihnen unterstellt bengalische Einwanderer zu sein, werden ihnen entsprechend der fehlenden Staatsbürgerschaft jegliche politische und soziale Rechte entzogen. Eine Verbesserung der Situation erhofften sich viele, als die Regierung ankündigte, beim ersten Zensus seit 1983 eine Selbstidentifizierung als Rohingya zuzulassen. Doch die Regierung zog dies in letzter Sekunde zurück, sodass bis heute nur Mutmaßungen über die Zahl von Rohingya in Myanmar gemacht werden können.

Wirtschaftliche Diskriminierung

Mit der Liberalisierung des myanmarischen Regimes ging auch eine wirtschaftliche Öffnung einher. Doch diese verschlechtert die Position der Rohingya zusätzlich, da dies den Konkurrenzkampf um Ressourcen wie Land vergrößert hat. So werden Rohingya von ihrem Land vertrieben, um den Bau von Fabriken zu ermöglichen[ix]. Sie sind zudem wirtschaftlich benachteiligt, da sie kaum Zugang zu Bildung haben (80 % sind Analphabeten) und ihre Bewegungsfreiheit und damit auch ihre Möglichkeit zu handeln durch die Regierung eingeschränkt wird. Zusätzlich wird durch Boykottaufrufe wie die „969“-Kampagne des buddhistischen Mönches Wirathu (vgl. „Akteure“) gezielt versucht den Muslimen wirtschaftlich zu schaden.[x]

Die Situation ist damit seit dem Ende der erstmaligen Eskalation 2012 nicht nur unverändert, sondern hat sich tendenziell durch die Zuspitzung des wirtschaftlichen Wettbewerbs und die fehlende Aufarbeitung der Gewalt noch verschärft. Es ist wahrscheinlich, dass sich die aufgebaute Spannung schon durch einen an sich unbedeutenden Zwischenfall erneut in gewaltsamen Übergriffen entlädt.

Kontext

Rakhine ist einer von 15 Staaten in Myanmar und grenzt im Westen an den Golf von Bengalen und im Norden an Bangladesch. Nach einer Studie des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen von 2011 ist Rakhine der zweiärmste Staat Myanmars. Obwohl die muslimische Bevölkerung schon seit dem Staatsstreich 1962 durch die Zentralregierung diskriminiert wird und es auch schon 1977 nach Streitigkeiten über die Klassifizierung der Rohingya zu einer Flüchtlingswelle nach Bangladesch kam, lebten die Gruppen bis 2012 weitgehend friedlich nebeneinander. Erst durch die Radikalisierung der buddhistischen Nationalisten und eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation in den Jahren 2011 und 2012 spitzten sich die Spannungen derart zu, dass es schließlich zu einer massiven Gewalteskalation kam.

Der Gewaltausbruch 2012 und seine Folgen

Als im Juni und Oktober 2012 im Rakhine-Staat die Gewalt gegen Muslime und dort speziell gegen die Rohingya erstmals in einem großen Maß ausbrach, erhielt der Konflikt große mediale Aufmerksamkeit. Anschließend kam es auch in anderen Landesteilen immer wieder zu Übergriffen auf Muslime. Dies betrifft sowohl die Randgebiete der Hauptstadt Naypyitaw, als auch die Staaten Bago und Yangon. Bei den Vorfällen im Juni und Oktober 2012 wurden in Rakhine um die 180 Menschen getötet und über 110.000 Rohingya vertrieben[xii]. Ausgelöst wurden die Unruhen durch die Vergewaltigung und Ermordung einer Rakhine-Buddhistin in Ramri Ende Mai, für die drei muslimische Männer verantwortlich gemacht wurden. In einer Racheaktion wurden sechs Tage später 10 Muslime aus Yagon in einem Bus in Toungop, Rakhine, überfallen und getötet. Während für den ersten Vorfall die drei beschuldigten Männer zum Tode verurteilt wurden, kam es bezüglich der Ermordung der zehn Muslime zu keiner strafrechtlichen Verfolgung.[xiii] In Folge dieser Vorfälle breiteten sich Zusammenstöße zwischen den beiden Gruppen in ganz Rakhine aus. Teilweise wurden ganze Dörfer zerstört. Die Regierung verhängte Ausgangsperren und rief den Notstand aus. Nichtsdestotrotz setzte sich die Gewalt bis in den August fort und flammte im Oktober 2012 erneut auch in anderen Städten auf, als ein buddhistischer Händler in Mrauk-U getötet worden war. In Kyaukpyu etwa zerstörten Buddhisten ein hauptsächlich muslimisches Wohnviertel.

Der Notstand verschlechterte die Situation der Rohingya noch weiter, da sie so von der Außenwelt abgeschnitten und ihre bürgerlichen Freiheiten wie das Versammlungsrecht eingeschränkt wurden. Journalisten dürfen nicht in das Gebiet einreisen und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) wie Ärzte ohne Grenzen durften ihre Arbeit nicht mehr fortsetzen[xiv].

Die vertriebenen Rohingya suchten in anderen Gebieten Myanmars oder in Bangladesch Zuflucht. In beiden Ländern leben sie häufig unter unmenschlichen Bedingungen in Flüchtlingscamps. Die hygienischen Bedingungen dort sind katastrophal und es fehlt an sauberem Trinkwasser und Lebensmitteln. Die Bewegungsfreiheit wird eingeschränkt und die Kinder in diesen Camps haben keinen Zugang zu Bildung[xv].

Die zweifelhafte Position der Regierung während der Unruhen

Umstritten ist zudem die Rolle der staatlichen Sicherheitskräfte während der Unruhen. Diesen wird vorgeworfen, selbst Massenverbrechen an den Rohingya verübt zu haben. Insbesondere der NaSaKa, der Grenztruppe Myanmars, werden außergerichtliche Exekutionen und Vergewaltigungen von Rohingya zugeschrieben. Rohingya seien massenweise verhaftet und gefoltert worden. Die Regierung weist diese Vorwürfe zurück und stufte die Vorfälle als lokale Unruhen aufgrund religiöser Differenzen ein. Die NGO Human Rights Watch hingegen bezeichnet die Vorfälle als Verbrechen gegen die Menschlichkeit und führt die Tatbestände Zwangsumsiedlung, Einschränkung der Bewegungsfreiheit und ethnische Säuberungen an[xvi].

Im August 2012 etablierte die myanmarische Regierung eine Kommission, um die Vorwürfe zu untersuchen. Rohingya waren an dieser nicht beteiligt. NGOs kritisierten den Bericht der Kommission, der im Mai 2013 vorgelegt wurde. Es werde nur auf Fragen der inneren Sicherheit, nicht der Diskriminierung der Rohingya eingegangen und eine Beteiligung der Sicherheitskräfte an der Gewalt werde nicht berücksichtigt[xvii].

Akteure

Der Konflikt um die Rohingya manifestiert sich in drei verschiedenen Akteurskonstellationen auf lokaler, nationaler und regionaler Ebene. Die Rohingya sehen sich zum einem der Verfolgung durch radikale buddhistische Nationalisten des Rakhine-Staats und zum anderen der Diskriminierung durch die Zentralregierung ausgesetzt. Durch die Flüchtlingsbewegung nach Bangladesch und die Ablehnung durch die dortige Regierung, wird die Diskriminierung der Rohingya über die Landesgrenzen Myanmars hinaus relevant.

Rohingya

Die Rohingya sind eine Ethnie muslimischen Glaubens, die im Rakhine-Staat im Westen des buddhistisch geprägten Myanmars leben. Ihr Ursprung ist umstritten und inzwischen hoch politisiert. Während die Rohingya geltend machen, seit Generationen in Myanmar zu siedeln, werden sie von der Regierung und weiten Teilen der Bevölkerung als bengalische Einwanderer betrachtet. Derzeit leben schätzungsweise 800.000 Rohingya in Rakhine. Außerdem werden 200.000 bis 300.000 Flüchtlinge in Bangladesch vermutet[xvii]. Sie sind staatlicher Diskriminierung und vornehmlich ethnisch-religiös motivierten Übergriffen ausgesetzt.

Nationalistische Bewegung

Die buddhistische Nationalistische Bewegung des Rakhine-Staats gewann nach der Liberalisierung des Militärregimes 2011 an Stärke, da sie in den so entstandenen Freiräumen ihre Propaganda verbreiten konnte und den Parteien wie der „Rakhine Nationalities Development Party“ (RNDP) und der „Arakan League for Democracy“ (ALD) mehr Spielräume eingeräumt wurden. Inzwischen haben sich beide Parteien zur „Rakhine National Party“ (RNP) zusammengeschlossen. Die buddhistischen Bewohner des Rakhine-Distrikts betrachten sich als distinkte Ethnie, die sich auch von anderen burmesischen Einwohnern unterscheidet. Sie sehen den Ursprung des myanmarischen Buddhismus in Rakhine und sich selbst damit als dessen Beschützer.

Die Bewegung ist nicht nur auf den Rakhine-Staat und die Rohingya beschränkt, sondern ist auf eine landesweite islamfeindliche Kampagne angewachsen. Als mahnendes Beispiel wird von den Nationalisten Indonesien herangezogen, wo der Buddhismus durch den Islam verdrängt worden sei. In der Bewegung werden nationalistische und religiöse Elemente vermischt. Sie findet dadurch auch viel Unterstützung bei buddhistischen Mönchen. Beispielhaft hierfür ist die über die Landesgrenzen hinaus bekannte Kampagne „969“ des buddhistischen Mönchs Wirathu. Mit Stickern, Flugblättern und DvDs ruft dieser zum Boykott muslimischer Läden auf. Nach Unruhen wurden die drei Ziffern auf zerstörte muslimischen Läden gesprüht. 2003 wurde Wirathu wegen Anstachlung zu anti-muslimischer Gewalt zu 25 Jahren Haft verurteilt. Damals waren zehn Muslime durch einen Mob aus Buddhisten getötet worden. Allerdings wurde Wirathu 2012 im Rahmen einer Amnestie für politische Gefangene wieder freigelassen.[xviii] Auch an der jüngsten Eskalation der Gewalt im Juli 2014 war er indirekt beteiligt. Auslöser war ähnlich 2012 die Vergewaltigung einer buddhistischen Frau, für die ein muslimischer Mann verantwortlich gemacht wurde. Wirathu verbreitete diese Nachricht über Facebook und kündigte an, dass dem Beschuldigten Gerechtigkeit widerfahren werde[xix].

Regierung Myanmars

Die ehemalige Zentralregierung stellte sich hinter die Nationalisten. Sie haben bis dato völlige Organisationsfreiheit und können ihre Hetzreden ungehindert verbreiten. Auch wurden die von ihnen begangenen Verbrechen nicht geahndet. Hinzu kommen die Vorwürfe, dass die Sicherheitskräfte selbst Verbrechen an den Rohingya verübt haben. Auch bei den Unruhen in 2013, die sich gegen die Muslime in Meiktila, im Staat Mandalay richteten, tat die Polizei erneut zu wenig, um die Angreifer aufzuhalten.[xx] Hier zeigt sich, dass die alte Regierung, unabhängig von der Frage, ob sie fähig wäre, oftmals nicht willens war, Verbrechen an ihrer Bevölkerung systematisch zu verhindern und zu ahnden sowie präventiv tätig zu werden, um erneute Massenverbrechen zu vermeiden und ihre Schutzverantwortung wahrzunehmen. Hinzu kommt, dass das ausscheidende Parlament im Januar 2016 das „Former Presidents‘ Security Law“ erließ, das dem ehemaligen Präsidenten Amnestie für begangene Verbrechen wie schwere Menschenrechtsverbrechen gewährt. Ob mit der neuen Regierung unter der National League for Democracy (NLD), die am 1. April 2016 die Regierungsgeschäfte übernommen hat, ein Wechsel in Bezug auf die Rohingya eintreten wird, bleibt abzuwarten.

Regierung Bangladeschs

Um ihrer Situation in Myanmar zu entkommen, fliehen viele Rohingya nach Bangladesch. Doch die Regierung dort zeigt keine Bemühungen, sich dem Problem anzunehmen. Ganz im Gegenteil lehnt die Regierung Bangladeschs eine Verantwortung als vermeidliches Herkunftsland der Rohingya ab – die wiederum von der Regierung Myanmars gefordert wird. So werden die Grenzen dicht gemacht und Flüchtlingsboote zurückgeschickt. Hochzeiten mit Rohingya sollen nicht mehr anerkannt werden[xxi]. Ihre Staatenlosigkeit und Diskriminierung durch beide Staaten brachte den Rohingya den Ruf als meist verfolgte Ethnie ein.

Internationale Gemeinschaft

Die internationale Gemeinschaft zeigt bisher kaum Initiative. Zwar verlangten die Vereinten Nationen (UN) eine umfassende Aufklärung der Vorfälle von 2012, doch diese Forderungen rücken immer weiter in den Hintergrund. Stattdessen wird die fortschreitende Demokratisierung Myanmars gelobt und die internationale Isolierung beendet. Die meisten Länder haben mittlerweile ihre Sanktionen gegen Myanmar gelockert oder aufgehoben. Die internationale Anerkennung nimmt zu und dieses Jahr wurde Myanmar der Vorsitz beim Verband Südostasiatischer Staaten (ASEAN) zugesprochen. Die myanmarische Regierung lehnt dort eine Thematisierung der Rohingya ab, da es sich um eine innere Angelegenheit handle. Im Vorfeld der Wahlen 2015 wurde die Diskriminierung der Rohingya (auch vor und während der Wahlen) sowohl von Seiten der UN als auch des ASEAN kritisiert.

Quellen

[i] Kristof, Nicholas 2016: Myanmar’s Peace Prize Winner and Crimes Against Humanity, auf: http://www.nytimes.com/2016/01/10/opinion/sunday/myanmars-peace-prize-winner-and-crimes-against-humanity.html; zuletzt abgerufen am: 22.03.2016.

[ii]HRW 2015: Southeast Asia: Accounts from Rohingya Boat People, auf: https://www.hrw.org/news/2015/05/27/southeast-asia-accounts-rohingya-boat-people ; zuletzt abgerufen am: 06.1.2015.

[iii] ACAPS 2016: Global Emergency Overview January; auf: http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/geo%2026Jan2016_0.pdf; zuletzt abgerufen am: 21.09.2016. Zuverlässige Zahlen für das 2. Quartal 2016 waren nicht verfügbar; bereits jetzt lässt sich jedoch ein enormer Anstieg der Binnenvertriebenen aufgrund von Fluten im Juli beobachten.

[iv] Eigene Berechnungen nach: ACLED 2015 Realtime Running Asia File und ACLED 2016 Realtime Running Monthly Files May - June 2016, auf: http://www.acleddata.com/asia-data/ zuletzt abgerufen am 21.09.2016.

[v] Zengerle, Patricia/Wroughton, Lesley 2016: U.S. says Myanmar persecutes Rohingya, but not genocide, auf: http://uk.reuters.com/article/uk-myanmar-rights-usa-idUKKCN0WN26J; zuletzt abgerufen am: 22.03.2016.

[vi] Szep, Jason 2013: Special Report: Buddhist monks incite Muslim killings in Myanmar, auf: http://www.reuters.com/article/2013/04/08/us-myanmar-violence-specialreport-idUSBRE9370AP20130408, zuletzt aufgerufen am 16.09.14

[vii] BBC 2014: Mandalay in Myanmar under curfew as clashes continue, auf: http://www.bbc.com/news/world-asia-28140075, zuletzt aufgerufen am 16.09.14

[viii] Stoakes, Emanuel 2014: Patterns of impunity and deceit in Myanmar, auf: http://www.aljazeera.com/indepth/opinion/2014/01/patterns-impunity-deceit-myanm-2014124152347728535.html, zuletzt aufgerufen am 16.09.14

[ix] Masood, Asma 2013: Myanmar: Ethno-Resource conflict in Rakhine state?, auf: http://www.foreignpolicyjournal.com/2013/08/05/myanmar-ethno-resource-conflict-in-rakhine-state/, zuletzt aufgerufen am 16.09.14

[x] Vgl. Masood, Asma 2013: Myanmar. FDI, Local, Economy, and the Rohingya Conflict,, auf: http://www.ipcs.org/article/southeast-asia/myanmar-fdi-local-economy-and-the-rohingya-conflict-4030.html, zuletzt aufgerufen am 16.09.14

[xi] Fabian Pecht 2013: Myanmar (Buddhists – Rohingya / Rakhine State), in: Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung (Hrsg.): Conflict Barometer 2013, S. 87.

[xii] Tomás Ojea Quintana 2012: Report of the Special Rapporteur on the situation of human rights in Myanmar, United Nations General Assembly.

[xiii] Human Rights Watch 2013: „The Government Could Have Stopped This”. Sectarian Violence and Ensuing Abuses in Burma’s Arakan State, S. 40.

[xiv] Tomás Ojea Quintana 2012: ebd.

[xv] Human Rights Watch 2012: “All You Can Do is Pray”. Crimes Against Humanity and Ethnic Cleansing of Rohingya Muslims in Burma’s Arakan State.

[xvi] Biron, Carey L. 2013: Myanmar Rohingya violence report assailed, auf: http://www.aljazeera.com/indepth/features/2013/05/20135111126387968.html, zuletzt aufgerufen am 16.09.14

[xvii] Green, Penny 2013: Islamophobia. Burma’s Racist fault-line, in: Race and Class, Vol. 55, S. 93-98.

[xviii] Vgl. hierzu das Times-Magazine Juli 2013: The face of Buddhist Terror. How militant monks are fueling anti-muslim violence in Asia.

[xix] Mezzofiore, Gianluca 2014: Wirathu's 'Buddhist Woman Raped' Facebook Post Stokes Anti-Muslim Violence in Mandalay, auf: http://www.ibtimes.co.uk/wirathus-buddhist-woman-raped-facebook-post-stokes-anti-muslim-violence-mandalay-1455069, zuletzt aufgerufen am: 16.09.14

[xx] Szep, Jason 2013: ebd.

[xxi] Karr, Casey/ Kikoler, Naomi 2014: ASEAN has responsibility to protect the Rohingya from genocide, auf: http://www.thejakartapost.com/news/2014/08/22/asean-has-responsibility-protect-rohingya-genocide.html, zuletzt aufgerufen am 16.09.14

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14 Jahre nach ihrem Sturz kontrollieren die Taliban nicht nur erhebliche Gebiete in ihren traditionell starken Stützpunkten im Süden, etwa der Helmland Provinz, sondern auch in der nördlichen Provinzen Baghdis, Ghor, Faryab, Sar-i Pul und Kundus. .[i][ii] In dem andauernden Bürgerkrieg zwischen den Taliban, der Regierung und regierungstreuen Milizen werden Zivilisten hauptsächlich bei Kampfhandlungen getötet. Für 2015 zählte die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) insgesamt 3.545 getötete Zivilisten. Oppositionelle Milizen wie die Taliban waren mit 2.315 getöteten Zivilisten für die Mehrheit (65%) der zivilen Todesopfer verantwortlich.[iii] Am stärksten stieg die Opferzahl durch Kämpfe in Kundus, das kurzfristig von den Taliban erobert werden konnte.[iv] Die insgesamt hohe Opferzahl durch Bodenkämpfe, Artilleriebeschuss und Luftangriffe verdeutlicht die Brutalität des Bürgerkrieges. Sie stellen aber keine Massenverbrechen dar, für die eine systematische Verfolgung von Zivilisten in hohem Ausmaß vorliegen müsste.

In den von ihnen besetzten Gebieten gehen die Taliban jedoch gezielt gegen die Zivilbevölkerung vor. Während der Eroberung von Kundus zwischen dem 28. September und dem 13. Oktober 2015 verfolgten und ermordeten die Taliban Regierungsangestellte, Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen und Journalisten. Sie plünderten und zerstörten zivile und staatliche Einrichtungen sowie UN-Büros.[v] Auch außerhalb der von ihnen kontrollierten Gebiete verüben die Taliban gezielt Anschläge auf Juristen, Polizisten, Journalisten, Regierungsvertreter und Menschenrechtsaktivisten, welche sie regelmäßig zu legitimen Zielen erklären.[vi] Vor allem in der östlichen Nangarhar Provinz wurde 2015 zudem der sogenannte Islamische Staat (IS) aktiv. Er verfügt über etwa 3.000 Kämpfer, die sich hauptsächlich aus Taliban-Deserteuren und Ausländern zusammensetzten.[vii]

Sowohl die Taliban als auch der IS unterhalten extensive Trainingslager und setzten Kindersoldaten ein, die sie etwa in religiösen Schulen (Medresen) rekrutieren.[viii] Beide profitieren maßgeblich von der Schwäche der Afghanischen Nationalarmee (ANSF) und dem Truppenrückzug der internationalen Koalition. Aufgrund des Erstarkens der Taliban und spezifisch als Reaktion auf die Eroberung von Kundus kündigten die USA an, ihren Truppenrückzug zu stoppen. Auch Deutschland wird sich weiterhin an der Resolute Support Mission (RSM) der NATO beteiligen.[ix] Trotz dieser Trainingsmission kann ein wirksamer Schutz der Zivilbevölkerung angesichts der akuten Überforderung der afghanischen Sicherheitskräfte nicht gewährleistet werden.[x] Es besteht daher ein unmittelbares Risiko, dass die bereits sehr opferintensiven Angriffe auf die Zivilbevölkerung intensiviert und zu Massenverbrechen ausgeweitet werden können.

Seit UNAMA in 2009 systematisch die zivilen Opfer zu zählen begann, starben in dem Bürgerkrieg bis Ende März 2016 insgesamt 22.941 Zivilisten.[xi] Über 1,1 Millionen Afghanen befinden sich innerhalb und mindestens 2,6 Millionen außerhalb des Landes auf der Flucht. Angesichts der überwiegend inoffiziellen afghanischen Flüchtlinge im Iran und Pakistan wird die tatsächliche Anzahl der afghanischen Flüchtlinge jedoch auf über fünf Millionen geschätzt.[xii]

Zivile Todesopfer

Tote insgesamt
Tote pro Jahr


© Genocide Alert; Daten: UNAMA Annual Report 2015

Analyse

Krise: Unmittelbare Eskalation droht

Auch die afghanischen Sicherheitskräfte, insbesondere die regierungstreuen Milizen, begehen schwere Verstöße gegen das Menschenrecht. Ein Risiko für Massenverbrechen aber besteht alleine in den gezielten Angriffen auf Zivilisten durch die Taliban. Die folgende Analyse konzentriert sich entsprechend auf die Rolle der Taliban. Übergriffe der regierungstreuen Milizen erhöhen teils die lokale Unterstützung für die Taliban oder erschweren zumindest das Vorgehen gegen die Taliban signifikant und werden unter diesem Gesichtspunkt behandelt.

Auch die afghanischen Sicherheitskräfte, insbesondere die regierungstreuen Milizen, begehen schwere Verstöße gegen das Menschenrecht. Ein Risiko für Massenverbrechen aber besteht alleine in den gezielten Angriffen auf Zivilisten durch die Taliban. Die folgende Analyse konzentriert sich entsprechend auf die Rolle der Taliban. Übergriffe der regierungstreuen Milizen erhöhen teils die lokale Unterstützung für die Taliban oder erschweren zumindest das Vorgehen gegen die Taliban signifikant und werden unter diesem Gesichtspunkt behandelt.

Bewaffneter Konflikt

Der Rückzug der internationalen Streitkräfte seit dem Ende der Mission der internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe (ISAF) im Dezember 2014 und die Überforderung der intern zerstrittenen afghanischen Regierung ermöglichen es den Taliban erneut nahezu landesweit zu operieren. Das afghanische Militär (ANSF) ist außerstande entscheidende Offensiven gegen die Taliban durchzuführen und beschränkt sich hauptsächlich auf die Verteidigung der eigenen Stützpunkte. Ende 2015 eroberten die Taliban weite Teile im Süden und Norden Afghanistan zurück und können sich unter anderem im Umfeld von Lashkar Gah, der Hauptstadt der südlichen Helmland Provinz, wieder frei bewegen.[xiii] In den weitgehend rechtsfreien Räumen beginnen sich neben den Taliban erneut lokale Warlords und außerstaatliche Rechtsstrukturen zu etablieren. Zivilisten werden nicht ausreichend geschützt und sind zunehmend willkürlichen Angriffen und Racheakten ausgesetzt.

Exkludierende Ideologie

Während die Taliban zwar al-Qaida beherbergten, sind die ideologischen Unterschiede zwischen ihnen nicht unerheblich. Die Taliban verfolgen kein Interesse an einem grenzüberschreitenden islamischen Diskurs. Durch ihre sehr nationale Orientierung unterscheiden sich die Taliban stark von international ausgelegten Terrororganisationen wie al-Qaida oder dem sog. Islamischen Staat.[xiv] Mit letzterem liefern sie sich seit 2015 Kämpfe in der Nangarhar Provinz.[xv] Trotz dieser Unterschiede und der Verkoppelung von traditionellen paschtunischen Werten mit einer sehr individuellen, aber strikten Auslegung der Scharia, basiert die Ideologie der Taliban auf massiver Exklusion. Nicht nur die Hazara-Schiiten werden gezielt verfolgt. Wer die Vorstellung der Taliban von ihrem islamischen Emirat nicht unterstützt, wird zum Feind des Islams und legitimen Ziel erklärt. Dies breitet den Widerstandskampf der Taliban gegen die Regierung und die internationale Truppen auf eine Vielzahl an zivilen Zielen und unter dem humanitären Völkerrecht geschützte Personen und Gruppen aus.[xvi]

Gezielte Angriffe auf die Zivilbevölkerung

Die fundamental-islamistischen Taliban erklären oppositionelle Zivilisten regelmäßig zu legitimen Zielen. Sie verfolgen und ermorden gezielt vermeintliche Unterstützer und Mitglieder der afghanischen Regierung, Juristen, Journalisten, oppositionelle Stammesälteste und Mitarbeiter internationaler und lokaler Hilfsorganisationen.[xvii] In 2015 töteten regierungsfeindliche Milizen 790 Zivilisten bei gezielten Mordanschlägen, 711 Zivilisten bei Angriffen mit unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen (IEDs) und 308 Zivilisten bei Selbstmordanschlägen. Weitere 4.544 Zivilsten wurden von ihnen verletzt.[xviii] Während die Taliban sich zu vielen Angriffen bekannten, bleiben die Verantwortlichen bei der Mehrheit der Anschläge unklar. Die Selbstmordanschläge und IEDs richten sich im Zuge des Bürgerkrieges nicht gezielt gegen Zivilisten, können aufgrund ihrer Schwere und Systematik aber Kriegsverbrechen darstellen. Die gezielten Angriffe auf Zivilisten aber erfüllen den Tatbestand des Mordes und stellen eindeutige Kriegsverbrechen dar. Die Taliban bekannten sich zu 168 der 711 gezielten Tötungen. Auch diese gezielten Tötungen werden häufig mit IEDs verübt, die etwa in Autos oder sogar unter Fahrradsatteln platziert werden. [xix]

Spezifisch verfolgt wird zudem die schiitische und ethnische Minderheit der Hazara. Bereits 1998 massakrierten die radikal-sunnitischen Taliban 2.000 Zivilisten in der nördlichen Stadt Mazar-I Sharif. Die Mehrheit der Opfer waren Hazara. Nach dem Rückzug der sowjetischen Truppen hatten sich Hazara in eigenen Milizen organisiert. Mit den neuen Gebietsgewinnen der Taliban und der steigenden Konkurrenz der Taliban mit dem IS, werden sie erneut zum Ziel.[xx] Im Januar 2013 wurden an nur einem Tag bei mehreren Selbstmordanschlägen 120 Hazara ermordet. Im November 2015 wurden elf Hazara hingerichtet und verstümmelt.[xxi]

Entführung und Verschleppung von Zivilisten

UNAMA dokumentierte 410 Entführungen in 2015 von denen 400 von regierungsfeindlichen Akteuren ausgeführt wurden. Die Zahl der Entführungen stieg im Vergleich zu 2014 um 39%, was auf die generelle Verschlechterung der Sicherheitslage hinweist. Insgesamt 145 Zivilisten wurden bei den Entführungen getötet. Die Mehrheit der Entführten wurde für politische Zugeständnisse oder Lösegeldzahlungen wieder frei gelassen. Regierungstreue Milizen waren für acht Entführungen verantwortlich.[xxii] Auch die im November 2011 ermordeten Hazara waren zuvor entführt und über Monate hinweg gefangen gehalten worden.[xxiii]

Einsatz von Kindersoldaten

Die Taliban haben seit den 1990ern Kindersoldaten eingesetzt. Im Zuge ihrer Gebietsgewinne aber hat sich die Rekrutierung zuletzt seit Mitte 2015 wieder erhöht. Die Taliban rekrutieren die Kinder hauptsächlich in den, teils von den Taliban betriebenen, religiösen Schulen (Medresen). Die Medresen sind vor allem für ärmere Familien attraktiv, da die Taliban gegebenenfalls die Kosten der Ausbildung übernehmen und Essen und Kleidung zur Verfügung stellen. Die Kinder besuchen die Medresen ab einem Alter von etwa sechs Jahren und werden zwar in Religion, aber auch im Umgang mit Waffen und IEDs geschult. Mit etwa 13 Jahren treten sie dann Kampfverbänden der Taliban bei. Kindersoldaten wurden von den Taliban unter anderem massiv bei den Kämpfen um Kundus im September und Oktober 2015 eingesetzt. Die Taliban begehen damit Kriegsverbrechen. In der Kundusprovinz nahm nach Recherchen von Human Rights Watch auch die Rekrutierung zuletzt massiv zu.[xxiv]

Menschenrechtsverstöße der afghanischen Sicherheitskräfte

Laut UNAMA starben 2015 insgesamt 621 Zivilisten durch afghanische Sicherheitskräfte oder internationale Truppen. Die überwältigende Mehrheit der Zivilisten starb bei Militäroperationen.[xxv] Die afghanischen Sicherheitskräfte, insbesondere lokale regierungstreue Milizen, begehen jedoch schwere Verstöße gegen das Menschenrecht an der Zivilbevölkerung. Nach UNAMA stiegen in 2015 gezielte Tötungen, Übergriffe, Erpressungen, Einschüchterungsversuche und Diebstahl durch derartigen Milizen deutlich an. Mindestens 22 Zivilisten wurden von ihnen gezielt getötet. Ihre Verstöße werden regelmäßig juristisch nicht verfolgt. Die rechtlich formal illegalen paramilitärischen Milizen führen ihre Operationen oftmals in Koordination mit der Regierung aus, besitzen aber keine angemessene Ausbildung. Die Kommandostrukturen der lokalen Milizen sind uneinheitlich und Verantwortliche schwer zu identifizieren.

Die afghanische Regierung unterstützt die lokalen Milizen im Rahmen einer 2015 verabschiedeten National Uprising Support Strategy. Sie sollen helfen, Gebiete mit geringer Präsenz afghanischer Sicherheitskräfte gegen die Taliban zu schützen und werden vom Independent Directorate for Local Governance finanziell unterstützt und laut UNAMA vermutlich vom Innenministerium bewaffnet. Laut UNAMA wurden derartige lokale Milizen in 10 Provinzen aktiv und verfügen jeweils über zwischen 22 und 500 Mitgliedern. Sie rekrutieren sich aus lokalen Bewohnern und sollen zukünftig eventuell in die Polizeikräfte übernommen werden. Ihre Menschenrechtsverstöße erschweren den Kampf gegen die Taliban und tragen eher zu einer Stärkung der Akzeptanz der Taliban bei, indem sie das Ansehen der Regierung beschädigen und die lokale Zivilbevölkerung terrorisieren.[xxvi]

Aktivität des Islamischen Staates

Im Januar 2015 erklärte der IS zusammen mit Afghanistan und Pakistan zum Bestandteil seiner Provinz Khorasan und rief lokale Kämpfer und explizit auch Angehörige der Taliban auf, ihm zu folgen. Der IS konzentrierte seine Aktivitäten vor allem auf die südliche Nangarhar Provinz. Der stellvertretende Talibanführer Mullah Akhtar Mohammad Mansour sprach dem IS einen Anspruch auf Afghanistan ab. Seitdem bekämpfen sich der IS und die Taliban. In ihrem Konkurrenzkampf verfolgen beide verstärkt Zivilisten.[xxvii] Abtrünnige Taliban und ausländische Kämpfer führten im Namen des IS öffentliche Enthauptungen und Exekutionen mit IEDs durch, die sie anschließend über Internetvideos publizierten.[xxviii] Dabei attackierten sie auch gezielt Stammesälteste, die mit den Taliban kooperieren. Der sog. Islamischen Staat-Khorasan verfügt über etwa 3.000 Kämpfer.[xxix] Angesichts der sehr lokal ausgerichteten Ideologie der Taliban und der lokalen Bevölkerung, die im starken Gegensatz zum erklärten Ziel eines grenzüberschreitenden Kalifat des IS steht, wird der Islamische Staat in Afghanistan aber voraussichtlich nicht die gleiche Stärke wie im Irak oder Syrien entwickeln können.[xxx] Er droht aber die Brutalität innerhalb des Bürgerkrieges durch die gegenseitige Konkurrenz weiter zu intensivieren und das Risiko von Massenverbrechen durch die Taliban zu erhöhen.

Durch im Dezember 2015 von den USA bewilligte und durchgeführte Luftangriffe und einer Offensive der afghanischen Armee konnte der IS in Nangarhar zwar zuletzt zurückgeschlagen werden, der IS kann sich jedoch wie die Taliban frei über die pakistanische Grenze zurückziehen. Ähnlich wie die Taliban rekrutiert der IS zudem weitere Kämpfer, u.a. in Kabul.[xxxi]

Kontext

Ideologie und Ziele der Taliban

Nach dem Sieg der afghanischen Mudschaheddin über die sowjetischen Invasoren in 1989 stürzten die Warlords Afghanistan in internen Kämpfen um die Vorherrschaft ins Chaos. Angesichts der weitrechenden Korruption und Kriminalität gelang es den Taliban, sich als moralisch hochwertige Alternative zu vermitteln. Als die Taliban 1996 die Kontrolle über Afghanistan übernahmen, erhielten sie viel Unterstützung in der afghanischen Bevölkerung. Ihre Kämpfer rekrutierten sich hauptsächlich aus den Paschtunen im Süden Afghanistans und ihre Ideologie verband traditionelle paschtunische Werte mit einer individuellen, aber strikten Auslegung der Scharia. Ihr Anführer Mohammad Omar rief im Oktober 1997 das Islamisches Emirat Afghanistan aus. Ihren Kampf um die Vorherrschaft in Afghanistan begründeten die Taliban damals wie heute ausgiebig mit religiöser Hingabe, Einsatz für Frieden und hohen moralischen Standards. Die ulema, muslimische Gelehrte unter ihrem 2013 verstorbenen alim Mohammad Omar, portraitieren ihren Kampf als religiöse Pflicht eines jeden Moslems. Muslimische Afghanen, die sich dem Dschihad gegen die korrupten Warlords verweigerten, brachen aus Sicht der Taliban ihre muslimische Pflicht und konnten zu legitimen Zielen erklärt werden. Ethnische Minderheiten wie Tadschiken und Usbeken, die sich vor allem in der Nordallianz gegen die Taliban organisierten, und religiöse Minderheiten wie die Hazara-Schiiten, wurden unterdrückt und verfolgt.

Mit der Übernahme Afghanistans durch die Nordallianz im Zuge der internationalen Intervention 2001, weiteten die Taliban ihre Rhetorik gegen Ausländer und deren Unterstützer aus. Wer die ungläubigen Besatzer oder deren Marionettenregierung unterstütze, handle unislamisch und erkläre sich zum Feind des Islams. Der Regierung in Kabul wird folgend nicht nur jegliche demokratische Legitimität aberkannt. Demokratie selbst ist aus Sicht der Taliban unislamisch. Die Taliban portraitieren ihren Kampf für ein erneutes islamisches Emirat seither weiterhin als religiöse Pflicht, griffen aber auch die traditionell stark ausgeprägten nationalen Strömungen in Afghanistan auf und verstehen sich als Kämpfer für die Souveränität Afghanistans.[xxxii]

Aktuelle Herausforderungen

Die Interventen und die NATO unterschätzten die Überlebensfähigkeit und Bindungskraft der Taliban. Nachdem die Taliban durch Luftangriffe, dem Einsatz von CIA- und Spezialeinheiten und der Offensive der Nordallianz unter Führung der USA innerhalb von nur wenigen Wochen am 13. November 2001 gestürzt werden konnten, organisierten sie sich im Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan neu. Ihre seit Sommer 2003 anhaltenden Offensiven führten zu einer schrittweisen Erhöhung der Mission der Internationale Sicherheitsunterstützungstruppe (ISAF) auf bis zu 130.000 Soldaten in 2011.[xxxiii] Seit dem Ende der ISAF Mission im Dezember 2014 profitieren die Taliban maßgeblich von der Überforderung der afghanischen Sicherheitskräfte. Im Rahmen der NATO-geführten Resolute Support Mission (RSM) sind aktuell noch etwa 13.000 internationale Truppen stationiert, diese dienen aber der Ausbildung und Beratung der afghanischen Sicherheitskräfte. Angesichts der Fortschritte der Taliban wird momentan eine erneute Ausweitung der Unterstützung diskutiert.[xxxiv] Die Taliban erfuhren im Laufe ihrer Geschichte zudem Unterstützung durch den pakistanischen Militärgeheimdienst (ISI). Berichte über den Umfang dieser Unterstützung variieren stark und sind schwer überprüfbar. Während die pakistanische Regierung zwar zunehmend gegen die pakistanischen Taliban vorgehen, können sich die afghanischen Taliban weiterhin von den paschtunischen Stammesgebieten innerhalb Pakistans aus operieren.[xxxv] Die Beziehungen zwischen Afghanistan und Pakistan bleiben weiterhin angespannt.

Konflikte innerhalb der afghanischen Regierung, enorme Defizite in der Regierungsführung und weitreichende Korruption verliehen den Taliban weiteren Auftrieb. Die endgültigen Ergebnisse der 2014 durchgeführten Wahl etwa wurden erst mit 1,5 Jahren Verzögerung bekannt gegeben.[xxxvi] Schlüsselstellungen innerhalb der Regierung, etwa das Amt des Verteidigungsministers, werden seit Jahren von Interimsministern ohne Bestätigung durch das Parlament ausgeübt.[xxxvii] Transparency International führt Afghanistan in ihrem Korruptionsindex von 2015 auf Platz 166 von 168 Plätzen.[xxxviii] Auf dem Human Development Index nimmt Afghanistan Platz 171 von 188 Plätzen ein.[xxxix]

Gespräche der afghanischen Regierung mit den Taliban verliefen bisher ergebnislos. Sie sind intern auf beiden Seiten stark umstritten. Der erst im Juli 2015 bekannt gewordene Tod des Talibanführers Mullah Mohammad Omar in 2013 führte zu Konflikten innerhalb der Taliban und erschwerte Friedensverhandlungen erneut. Am 1. Dezember 2015 einigten sich der afghanische Präsident Ghani und der pakistanische Premierminister Sharif auf eine Wiederaufnahme der Gespräche mit den Taliban.[xl]

Akteure

Taliban

Die Taliban kontrollieren derzeit erhebliche Gebiete im Süden und Norden Pakistans. Durch den Einsatz von Kindersoldaten, landesweite Anschläge und gezielte Tötungen begehen sie Kriegsverbrechen. Sie bekannten sich zu 168 der 790 in 2015 gezielt durch regierungsfeindliche Milizen ermordeten Zivilisten, sind aber sehr wahrscheinlich für die Mehrheit der Toten verantwortlich.[xli] Angesichts der Gebietsgewinne der Taliban Ende 2015 und der bereits erheblichen zivilen Opferzahlen besteht durch sie ein unmittelbares Risiko für Massenverbrechen. Im Gegensatz zu Organisationen wie den Islamischen Staat oder Al-Qaida werden sie auf keiner Terrorliste westlicher Staaten geführt. Trotz der enormen Anzahl gezielter Tötungen verstehen sich die afghanischen Taliban im Gegensatz zu den von ihnen zu unterscheidenden pakistanischen Taliban vornehmlich als Bürgerkriegspartei, die aus religiöser Pflicht für die Errichtung eines islamischen Emirates und die Souveränität Afghanistans kämpft.[xlii]

Nach dem erst im Juli 2015 bekannt gewordenen Tod ihres Führers und Gründers Mullah Mohammad Omar brachen Kämpfe zwischen verschiedenen Fraktionen innerhalb der Taliban aus. Die islamistische Organisation erklärte Mullah Akhtar Mansoor zu ihrem neuen Führer, der vor allem von radikaleren Kämpfern abgelehnt wird.[xliii]

Islamischer Staat- Khorasan

Der im Januar 2015 ausgerufene Islamische Staat-Khorasan verfügt über etwa 3.000 Kämpfer, die sich hauptsächlich auf die Nangarhar Provinz konzentrieren.[xliv] Er verfolgt das Ziel Gebiete Afghanistans und Pakistans zu vereinen. Zum historischen Khorasan zählen darüber hinaus auch Teile des Irans, Usbekistans und Tadschikistans. Ähnlich wie auch in Syrien und im Irak verfolgt und attackiert der IS gezielt Zivilisten, wenn auch in maßgeblich geringerem Umfang. Nach UNAMA war der IS für mindestens 82 in 2015 getötete Zivilisten verantwortlich.[xlv] Der IS versucht Kämpfer der Taliban und ausländische Unterstützer anzuwerben und lieferte sich das gesamte Jahr 2015 über immer wieder Kämpfe mit den Taliban und der afghanischen Regierung.[xlvi]

Afghanische Regierung

Zwischen 2001 bis 2014 amtierte Hamid Karzai zunächst als Interimspräsident und zweimal als gewählter Präsident Afghanistans. Im Juni 2014 gewann der aktuelle Präsident Ashraf Ghani in einer stark umstrittenen Stichwahl überraschend gegen den ehemaligen Außenminister Abdullah Abdullah. Nach Vorwürfen des Wahlbetruges durch Abdullah nahmen Spannungen zwischen den sich eher mit Abdullah identifizierenden Tadschiken und den paschtunischen Anhängern Ghanis zu. Nach Vermittlungen durch die USA stimme Abdullah schließlich der Bildung einer Einheitsregierung mit Ghani als Präsidenten und ihm selbst als Chief Executive Officer (Ministerpräsidenten) zu. Das Konzept der Einheitsregierung ging jedoch bislang nicht auf: Die afghanische Regierung ist durch Spannungen zwischen den verschiedenen Ethnien und Stämmen nahezu paralysiert. Schlüsselpositionen im Staat, unter anderem die Ämter des Verteidigungsministers und des Leiter des Geheimdienstes, bleiben von Platzhaltern besetzt. Auch über die Vorgehensweise gegen die Taliban und die Beziehung zu Pakistan besteht keine Einigkeit. Die weit verbreite Korruption wurde ebenfalls bislang nicht angegangen. Die Schwäche der afghanischen Regierung trägt dadurch zum Aufstieg der Taliban bei.[xlvii]

Afghanische Sicherheitskräfte

Die afghanischen Sicherheitskräfte umfassen etwa 350.000 Soldaten und Polizisten.[xlviii] Im Kontext des Rückzugs der internationalen Truppen sind sie weitgehend überfordert. Statt gegen die Taliban vorzugehen, beschränken sich ihre Aktivitäten zunehmend auf die Verteidigung der eigenen Stützpunkte. Bislang gelingt es ihnen nicht, den Schutz von Zivilisten ausreichend zu gewährleisten. Um dem entgegenzuwirken finanziert die Regierung lokale Milizen im Rahmen einer 2015 verabschiedeten National Uprising Support Strategy. Diese lokalen Milizen sollen in Zukunft in die Polizeikräfte übernommen werden. Die afghanischen Sicherheitskräfte und insbesondere die lokalen Milizen sind für erhebliche Menschenrechtsverletzungen verantwortlich. Die Milizen erpressen teilweise Schutzgeld und sind selbst für gezielte Tötungen verantwortlich. Für ein effektives Vorgehen gegen die Taliban sind sie zudem zu schlecht ausgebildet.[xlix]

Internationale Gemeinschaft

Nach dem Sturz der Taliban Ende 2001 sollte eine UN-mandatierte Sicherheitsunterstützungstruppe (ISAF) die Absicherung von Kabul und Umgebung übernehmen und die Errichtung einer Übergangsregierung unter Hamid Karzai gewährleisten. Im August 2003 übernahm die NATO die Führung der ISAF. Im Oktober 2003 autorisierte der UN-Sicherheitsrat die Vergrößerung der Mission, die sich schließlich schrittweise über nahezu das gesamte Land ausdehnte. Zwischen 2006 und 2011 wurde ISAF massiv in den sich intensivierenden Bürgerkrieg mit den Taliban im Süden und Osten Afghanistans involviert. Von 9.000 stieg die Truppenzahl bis 2011 auf über 130.000 Soldaten. Über 51 NATO-Mitglieder und Partnerstaaten beteiligten sich an der Mission.[l] Im Juni 2013 wurde die Verantwortung offiziell an die afghanischen Sicherheitskräfte übertragen.[li] Ende 2014 lief die Mission aus und wurde durch die Resolute Support Mission (RSM) der NATO ersetzt, die afghanische Sicherheitskräfte trainieren und beraten, aber nicht mehr an Kampfeinsätzen teilnehmen soll. Das Mandat der RSM beinhaltet lediglich 13.000 Soldaten. An der Mission beteiligen sich unter anderem die USA, Deutschland, Italien und die Türkei. Ihren geplanten Abzug stoppten die USA Ende 2015 in Reaktion auf die erfolgreichen Talibanoffensiven. Zumindest bis Ende 2016 werden 9.800 US-Soldaten in Afghanistan stationiert bleiben. Nach dem Auslauf der RSM-Mission soll sich die Unterstützung auf zivile Kräfte beschränken. Zurzeit wird aber über eine erneute Ausweitung des Mandates diskutiert. Im Rahmen der Operation Freedom’s Sentinel (OSF), die am 1. Januar 2015 die Operation Enduring Freedom (OEF) ablöste, beteiligt sich die US-Regierung zudem am Kampf gegen den Terrorismus in Afghanistan.[lii] Die UN sind in Afghanistan u.a. mit der politischen Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) präsent.[liii]

Quellen

[i] Jungholt, Thorsten 2015: Nach Fall von Kundus: Bundeswehr soll länger in Afghanistan bleiben, auf: http://www.welt.de/politik/deutschland/article147026999/Bundeswehr-soll-laenger-in-Afghanistan-bleiben.html; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[ii] Institute for the Study of War 2016: Afghanistan Partial Threat Assessment: February 23, 2016, auf: http://www.understandingwar.org/backgrounder/afghanistan-partial-threat-assessment-february-23-2016; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[iii] UNAMA 2016: Afghanistan Annual Report 2015. Protection of Civilians in Armed Conflict, S.34, auf: https://unama.unmissions.org/sites/default/files/poc_annual_report_2015_final_14_feb_2016.pdf; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[iv] UNAMA 2016: Afghanistan Annual Report 2015. Protection of Civilians in Armed Conflict, auf: https://unama.unmissions.org/sites/default/files/poc_annual_report_2015_final_14_feb_2016.pdf; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[v] UNAMA 2016: Afghanistan Annual Report 2015. Protection of Civilians in Armed Conflict, S. 27, auf: https://unama.unmissions.org/sites/default/files/poc_annual_report_2015_final_14_feb_2016.pdf; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[vi] Zelin, Aaron Y. 2015: New statement from the Islamic Emirate of Afghanistan: “Regarding the Inauguration of Spring Operations Called ‘Azm’ (Resolve)”, auf: http://jihadology.net/2015/04/22/new-statement-from-the-islamic-emirate-of-afghanistan-regarding-the-inauguration-of-spring-operations-called-azm-resolve/; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

UNAMA 2016: Afghanistan Annual Report 2015. Protection of Civilians in Armed Conflict, S. 52, auf: https://unama.unmissions.org/sites/default/files/poc_annual_report_2015_final_14_feb_2016.pdf; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[vii] Kaplan, Michael 2016: ISIS In Afghanistan: US Airstrikes, Afghan Forces Target Islamic State Group In Eastern Nangarhar Province, auf: http://www.ibtimes.com/isis-afghanistan-us-airstrikes-afghan-forces-target-islamic-state-group-eastern-2319176; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[viii] Human Rights Watch 2016: Afghanistan: Taliban Child Soldier Recruitment Surges, auf: https://www.hrw.org/news/2016/02/17/afghanistan-taliban-child-soldier-recruitment-surges; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[ix] Zeit Online 2015: Nato-Mission in Afghanistan bis 2017 verlängert, auf: http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-11/bundeswehr-afghanistan-mission-ursula-von-der-leyen; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[x] Institute for the Study of War 2015: Afghanistan Threat Assessment: The Taliban and ISIS, auf: http://www.understandingwar.org/sites/default/files/Afghanistan%20Threat%20Assessment_The%20Taliban%20and%20ISIS_3.pdf; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xi] UNAMA 2016: Afghanistan Midyear Report 2016. Protection of Civilians in Armed Conflict, auf: https://unama.unmissions.org/sites/default/files/protection_of_civilians_in_armed_conflict_midyear_report_2016_final.pdf; zuletzt abgerufen am: 26.09.2016.
UNAMA 2016: UN chief in Afghanistan: Do more now to protect civilians - UNAMA releases civilian casualty data for the first quarter of 2016, auf: www.unama.unmissions.org/un-chief-afghanistan-do-more-now-protect-civilians-unama-releases-civilian-casualty-data-first; zuletzt abgerufen am: 1.08.2016.

[xii] ACAPS 2016: Global Emergency Overview April 2016, S. 98-99, auf: http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/geo_81.pdf ; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.
UNHCR 2015: 2015 UNHCR country operations profile – Afghanistan, auf: http://www.unhcr.org/pages/49e486eb6.html; zuletzt abgerufen am: 26.09.2016.

[xiii] Institute for the Study of War 2016: Afghanistan Partial Threat Assessment, February 23, 2016, auf: http://www.understandingwar.org/backgrounder/afghanistan-partial-threat-assessment-february-23-2016#sthash.y1d09ujN.dpuf; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xiv]Lekic, Slobodan 2016: Islamic State struggles to grow in Afghanistan, auf: www.stripes.com/news/islamic-state-struggles-to-grow-in-afghanistan-1.395337; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xv] Institute for the Study of War 2015: Afghanistan Threat Assessment: The Taliban and ISIS, auf: http://www.understandingwar.org/sites/default/files/Afghanistan%20Threat%20Assessment_The%20Taliban%20and%20ISIS_3.pdf; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xvi] Semple, Michael 2014: Rethoric, Ideology and Organizational Structure of the Taliban Movement, S. 8f., auf: http://www.usip.org/sites/default/files/PW102-Rhetoric-Ideology-and-Organizational-Structure-of-the-Taliban-Movement.pdf; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xvii] UNAMA 2016: Afghanistan Annual Report 2015. Protection of Civilians in Armed Conflict, S.44-48, auf: https://unama.unmissions.org/sites/default/files/poc_annual_report_2015_final_14_feb_2016.pdf; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xviii] UNAMA 2016: Afghanistan Annual Report 2015. Protection of Civilians in Armed Conflict, S. 33-35, auf: https://unama.unmissions.org/sites/default/files/poc_annual_report_2015_final_14_feb_2016.pdf; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xix] UNAMA 2016: Afghanistan Annual Report 2015. Protection of Civilians in Armed Conflict, S. 43, auf: https://unama.unmissions.org/sites/default/files/poc_annual_report_2015_final_14_feb_2016.pdf; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xx] Mühlmann, Sophie 2015: Seit Taliban den IS kopieren, eskaliert der Hass, auf: http://www.welt.de/politik/ausland/article148790837/Seit-Taliban-den-IS-kopieren-eskaliert-der-Hass.html; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xxi] Crowcroft, Orlando 2015: Kabul protests: Who are the Hazara and why do Isis and the Taliban hate them?, auf: http://www.ibtimes.co.uk/kabul-protests-who-are-hazara-why-do-isis-taliban-hate-them-1528243; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xxii] UNAMA 2016: Afghanistan Annual Report 2015. Protection of Civilians in Armed Conflict, S. 48-49,auf: https://unama.unmissions.org/sites/default/files/poc_annual_report_2015_final_14_feb_2016.pdf; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xxiii] Mühlmann, Sophie 2015: Seit Taliban den IS kopieren, eskaliert der Hass, auf: http://www.welt.de/politik/ausland/article148790837/Seit-Taliban-den-IS-kopieren-eskaliert-der-Hass.html; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xxiv] Human Rights Watch 2016: Afghanistan: Taliban Child Soldier Recruitment Surges, auf: https://www.hrw.org/news/2016/02/17/afghanistan-taliban-child-soldier-recruitment-surges; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xxv] UNAMA 2016: Afghanistan Annual Report 2015. Protection of Civilians in Armed Conflict, S. 58, auf: https://unama.unmissions.org/sites/default/files/poc_annual_report_2015_final_14_feb_2016.pdf; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xxvi] UNAMA 2016: Afghanistan Annual Report 2015. Protection of Civilians in Armed Conflict, S. 65-66, auf: https://unama.unmissions.org/sites/default/files/poc_annual_report_2015_final_14_feb_2016.pdf; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xxvii] Mühlmann, Sophie 2015: Seit Taliban den IS kopieren, eskaliert der Hass, auf: http://www.welt.de/politik/ausland/article148790837/Seit-Taliban-den-IS-kopieren-eskaliert-der-Hass.html; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xxviii] UNAMA 2016: Afghanistan Annual Report 2015. Protection of Civilians in Armed Conflict, S. 56-57, auf: https://unama.unmissions.org/sites/default/files/poc_annual_report_2015_final_14_feb_2016.pdf; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xxix] lan, Michael 2016: ISIS In Afghanistan: US Airstrikes, Afghan Forces Target Islamic State Group In Eastern Nangarhar Province, auf: http://www.ibtimes.com/isis-afghanistan-us-airstrikes-afghan-forces-target-islamic-state-group-eastern-2319176; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xxx] Lekic, Slobodan 2016: Islamic State struggles to grow in Afghanistan, auf: www.stripes.com/news/islamic-state-struggles-to-grow-in-afghanistan-1.395337; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xxxi] Institute for the Study of War 2016: Afghanistan Partial Threat Assessment, February 23, 2016, auf: http://www.understandingwar.org/backgrounder/afghanistan-partial-threat-assessment-february-23-2016#sthash.y1d09ujN.dpuf; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xxxii] Semple, Michael 2014: Rethoric, Ideology and Organizational Structure of the Taliban Movement, S. 6f., auf: http://www.usip.org/sites/default/files/PW102-Rhetoric-Ideology-and-Organizational-Structure-of-the-Taliban-Movement.pdf; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xxxiii] NATO 2015: Nato and Afghanistan, auf: http://www.nato.int/cps/en/natohq/topics_8189.htm#; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xxxiv] Zeit Online 2015: Nato plant wieder stärkeren Einsatz in Afghanistan, auf, http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-11/afghanistan-nato-bericht-geheim; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xxxv] Zur Beziehung zwischen den Taliban und Pakistan siehe unter anderem: Waldman, Matt 2010: The sun in the Sky: The relationship between Pakistan’s ISI and Afghan insurgents, auf: http://www.aljazeera.com/mritems/Documents/2010/6/13/20106138531279734lse-isi-taliban.pdf; zuletzt abgerufen am 05.04.2016.

[xxxvi] Khaama Press 2016: Afghanistan gets final vote results of presidential elections after a year and half, auf: www.khaama.com/afghanistan-gets-final-vote-results-of-presidential-elections-after-a-year-and-half-0159; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xxxvii] Donati, Jessica / Harooni, Mirwais 2015: Defense minister rejected as Taliban battle near Kabul, auf: http://www.reuters.com/article/us-afghanistan-politics-idUSKCN0PE08420150704; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xxxviii] Transparency International 2016: Corruption by Country / Territory, Afghanistan, auf: https://www.transparency.org/country/#AFG; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xxxix] UNDP 2015: Human Development Indicators, Afghanistan, auf: http://hdr.undp.org/en/countries/profiles/AFG; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xl] Stratfor 2016: Share No Peace Without Unity in Afghanistan, auf: https://www.stratfor.com/analysis/no-peace-without-unity-afghanistan; zuletzt abgerufen am: 05.0.2016.

[xli] UNAMA 2016: Afghanistan Annual Report 2015. Protection of Civilians in Armed Conflict, S. 43, auf: https://unama.unmissions.org/sites/default/files/poc_annual_report_2015_final_14_feb_2016.pdf; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xlii] Semple, Michael 2014: Rethoric, Ideology and Organizational Structure of the Taliban Movement, S. 6f., auf: http://www.usip.org/sites/default/files/PW102-Rhetoric-Ideology-and-Organizational-Structure-of-the-Taliban-Movement.pdf; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xliii] Stratfor 2016: Share No Peace Without Unity in Afghanistan, auf: https://www.stratfor.com/analysis/no-peace-without-unity-afghanistan; zuletzt abgerufen am: 05.0.2016.

[xliv] Lekic, Slobodan 2016: Islamic State struggles to grow in Afghanistan, auf: www.stripes.com/news/islamic-state-struggles-to-grow-in-afghanistan-1.395337; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xlv] UNAMA 2016: Afghanistan Annual Report 2015. Protection of Civilians in Armed Conflict, S. 56, auf: https://unama.unmissions.org/sites/default/files/poc_annual_report_2015_final_14_feb_2016.pdf; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xlvi] Semple, Michael 2014: Rethoric, Ideology and Organizational Structure of the Taliban Movement, S. 6f., auf: http://www.usip.org/sites/default/files/PW102-Rhetoric-Ideology-and-Organizational-Structure-of-the-Taliban-Movement.pdf; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xlvii] Katzman, Kenneth 2015: Afghanistan: Politics, Elections, and Government Performance, auf: https://www.fas.org/sgp/crs/row/RS21922.pdf; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xlviii] ACAPS 2016: Global Emergency Overview January 2016, S. 84, auf: http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/geo%205%20Jan%202016.pdf; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[xlix] UNAMA 2016: Afghanistan Annual Report 2015. Protection of Civilians in Armed Conflict, S. 65-66, auf: https://unama.unmissions.org/sites/default/files/poc_annual_report_2015_final_14_feb_2016.pdf; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[l] NATO 2015: NATO and Afghanistan, auf: http://www.nato.int/cps/en/natohq/topics_8189.htm; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[li] Zeit Online 2013: Afghanische Sicherheitskräfte übernehmen volle Verantwortung, auf: http://www.nato.int/cps/en/natohq/topics_8189.htm; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[lii] DPAP 2016: Operation Freedom’s Sentinel, auf: http://www.acq.osd.mil/dpap/pacc/cc/operation_freedoms_sentinel.html#OFS%20Authority%20/%20Class%20Deviations; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

[liii] UNAMA 2016: Mandate, auf: https://unama.unmissions.org/mandate; zuletzt abgerufen am: 05.04.2016.

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Tausende Angehörige ethnischer und religiöser Minderheiten wurden in dem letzten Jahrzehnt in Pakistan getötet. Die internationale Aufmerksamkeit konzentriert sich seit der Intervention in Afghanistan vor allem auf den Kampf der pakistanischen Regierung gegen die Pakistanische Bewegung der Taliban (TTP) in den Stammesgebieten unter Bundesverwaltung (FATA) und in Khyber Pakhtunkhwa im Nordwesten des Landes. Unterdessen töteten die radikal-sunnitischen TTP und mit ihnen verbündete Gruppierungen, vor allem aber die radikal-sunnitische Lashkar-e-Jhangvi (LeJ), landesweit zahlreiche Schiiten und in geringerem Ausmaß andere Minderheiten wie Ahmadis, Christen und Hindus. Vor allem in der süd-westlichen Provinz Belutschistan kam es immer wieder zu Terrorangriffen auf Schiiten durch die LeJ, während dort ansässige belutschische Separatisten ihren Unabhängigkeitskampf fortsetzten und ebenfalls Angriffe auf Zivilisten verübten.

Mehr als ein Jahr nach dem Anschlag der Pakistanischen Bewegung der Taliban (TTP) auf eine Schule in Peschawar mit 142 Toten[i] ist die Anzahl der Anschläge zurückgegangen, doch Terrorgruppen attackieren noch immer in großem Umfang Zivilisten, insbesondere Schiiten, und drohen Massenverbrechen zu begehen. Im Zuge des National Action Plan, der nach dem Massaker der TTP an der Schule in Peschawar verabschiedet wurde, intensivierte Pakistan seine Anti-Terrorbemühungen im Jahr 2015. Der Plan gibt dem pakistanischen Militär mehr Handlungsfreiheit um verstärkt gegen Terrorgruppen, ihre Finanzierung sowie gegen Hasspropaganda verbreitende Medien und religiöse Schulen (Medresen) vorzugehen. Einige Terrorgruppen wie das in Afghanistan tätige radikal-sunnitische Haqqani Netzwerk und die in Kaschmir aktive Lashkar e-Taiba (LeT) werden aber weiterhin mindestens toleriert und mutmaßlich von Teilen der pakistanischen Armee oder dem Inter-Services Intelligence (ISI), dem pakistanischen Geheimdienst, unterstützt.[ii] Auch die Mehrheit der mit Terroristen im Kontakt stehenden Medresen bleibt geöffnet und stellt für die radikal-sunnitischen Terrorgruppen weiterhin ein großes Rekrutierungspotenzial dar.[iii] Insbesondere durch die verbreiteten Hassreden und die anhaltenden Angriffe der terroristischen LeJ besteht ein ernsthaftes Risiko für Massenverbrechen an Schiiten.

Seit dem Ende der Militärdiktatur unter Pervez Musharraf am 19. Februar 2008 wurden bis Ende Juni 2016, laut Daten des South Asia Terrorism Portal des indischen Institute for Conflict Management insgesamt 53.348 Menschen in Pakistan getötet, darunter 17.960 Zivilisten.[iv] Das Armed Conflict & Event Data Project (ACLED) erfasst Todeszahlen seit dem 1. Januar 2015. Bis Ende Juni 2016 wurden laut ihrer Statistik 3.327 Menschen getötet, darunter mindestens 568 Zivilisten.[v] In Khyber Pakhtunkhwa und FATA sind etwa eine Million und in den Nachbarstaaten weitere 237.000 Pakistanis auf der Flucht.[vi]

Todesopfer

Tote insgesamt
Tote pro Monat



© Genocide Alert; Daten: ACLED Asia Data

Analyse

Warnung: Massenverbrechen sind zu befürchten

Angriffe auf Zivilisten

Radikal-sunnitische Terrororganisationen wie die TTP und mit ihnen verbündete Gruppierungen, wie Al-Qaida und Lashkar-e-Jhangvi (LeJ), töteten im letzten Jahrzehnt tausende pakistanische Zivilisten aufgrund ihrer vermeintlich religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit. Den bisher schwersten Angriff auf Zivilisten begingen die TPP im Dezember 2014 mit dem Angriff auf eine Schule in Peschawar mit 142 Toten.[vii] Zwischen 2012 und 2014 wurden laut einer auch von der International Crisis Group wiedergegebenen Liste 736 Schiiten bei 108 Angriffen, zwei Hindus bei 14 Angriffen, 135 Christen bei 54 Angriffen und 27 Ahmadis bei 50 Angriffen getötet. Zwischen 1989 und 2016 starben 5.239 Menschen bei 3025 ethnisch-religiös motivierten Angriffen.[viii] Im Jahr 2015 verzeichnet das South Asia Terrorism Portal 276 Tote bei 53 Angriffen. Für das Jahr 2016 sind bisher 12 Tote bei 9 Angriffen gelistet.[ix] Die Mehrzahl der Angriffe wurde von sunnitisch-radikalen Gruppen ausgeführt.[x] Andere Gruppierungen, u.a. die Balochistan Liberation Army (BLA) und die Baloch Liberation Front (BLF), griffen ebenfalls Zivilisten, etwa paschtunische Gastarbeiter innerhalb Belutschistan, an.[xi] Im Mai 2015 stoppte die United Baloch Army einen Bus und ermordete 23 Passagiere.[xii]

Besonders die pakistanischen Schiiten, die etwa 20% der Bevölkerung ausmachen, werden landesweit von radikal-sunnitischen Terroristen verfolgt. An ihnen begangene Gräueltaten drohen sich zu Massenverbrechen auszuweiten. Angriffe auf Schiiten konzentrieren sich besonders auf die Provinz Belutschistan. Im September 2011 stoppte die radikal-sunnitische Lashkar-e-Jhangvi (LeJ) dort in der Nähe der Stadt Mastung erstmals einen Bus, separierte Sunniten und Schiiten und tötete 26 Hazara (Zwölfer-Schiiten). Seitdem halten Angriffe der LeJ auf Hazara in Belutschistan an.[xiii] Laut Human Rights Watch wurden in 2012 landesweit über 450 Schiiten getötet, im Jahr 2013 waren es 400. Darüber hinaus wurden schiitische Polizisten, Bürokraten und Richter attackiert. Neben der LeJ zählt auch die mit der Bewegung der Pakistanischen Taliban alliierte, radikal-sunnitische Terrororganisation Jundullah zu den Tätern. Am 13. Mai 2015 etwa stoppten sie ebenfalls einen Bus in Belutschistan und töteten 45 Ismailiten (Siebener-Schiiten).[xiv]

Hassreden

Die radikal-sunnitischen Terrorgruppen bieten umfangreiche vermeintliche Rechtfertigungen für ihre Taten. Entsprechendes Video- und Textmaterial wird inoffiziell im großen Stil gehandelt. Auch auf sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter sind die Terrorgruppen aktiv. In einer offiziellen Erklärung kündigen die Lashkar-e-Jhangvi etwa an, alle Schiiten und speziell die Hazaras in Pakistan zu töten. Ihr Ziel sei es, jede Großstadt, jede Stadt, jedes Dorf, jeden Winkel und jede Ecke Pakistans und besonders Quetta, die Hauptstadt Belutschistans, zu säubern und Pakistan zur Grabstätte der Hazara zu machen.[xv]

Die verschiedenen radikal-sunnitischen Terrorgruppen betreiben diverse Tageszeitungen sowie wöchentliche und monatliche Zeitschriften. Allein die LeT gibt sieben Veröffentlichungen in verschiedenen Sprachen und mit verschiedenen Zielgruppen, u.a. für Jugendliche, heraus. Mehrere religiöse Fernsehsender glorifizieren islamistische Gruppen und verbreiten Intoleranz und Hassreden, ohne von der Pakistan Electronic Media Regulatory dafür belangt zu werden.

Zwar wurden im Jahr 2015 im Zuge des National Action Plan einige Zeitungsläden und Druckereien geschlossen und der Verbreitung von Hassreden beschuldigte Personen festgenommen, wichtige Islamistenführer waren jedoch nicht darunter. Einige Moscheen wie die Red Mosque in Islamabad dienen nicht nur als Schauplatz für Hassreden, sondern werden auch weiterhin vom Staat mitfinanziert.[xvi] Nach Einschätzung der International Crisis Group können die staatlichen Versuche Medresen zu regulieren und Hassreden einzudämmen im besten Falle lediglich als willkürlich bezeichnet werden. Eine einheitliche Strategie sei nicht erkennbar[xvii].

Das mit der Regulierung beauftragte Innenministerium schätzt, dass 90 Prozent der Medresen keine Verbindung zu Terrorismus besäßen. Gleichzeitig liegt dem Innenministerium aber keine vollständige Liste von Medresen vor und selbst 10% der 18.000 bis 33.000 religiösen Schulen wären eine enorme Anzahl an Schulen mit Verbindungen zu Terroristen. Gemäß der Polizei in Islamabad werden mindestens 20 Schulen in der Nähe der Stadt verdächtigt, direkt mit der TTP in Verbindung zu stehen. Mindestens zwei von ihnen bieten Kurse in „jihadi weapons training“ an.[xviii]

Ernsthafte Verletzungen der Menschenrechte

Vor allem in Pakistans Provinz Belutschistan kommt es über die Attentate hinaus zu Verschleppungen und anderen massiven Menschenrechtsverletzungen. Im Mai 2015 sendete der ehemalige Chefminister Belutschistans, Kachkol Ali, einen Brief an den UN-Generalsekretär, in dem er von Verbrechen gegen die Menschlichkeit an der „Baloch nation“ sprach und die Regierung beschuldigte, ihrer Schutzverantwortung gegenüber der Bevölkerung nicht nachzukommen.[xix] Übergriffe auf religiöse Minderheiten, willkürliche Verhaftungen, außergesetzliche Tötungen und Folter, auch durch die Sicherheitskräfte, bleiben oft unaufgeklärt. Die strengen Blasphemie-Gesetze Pakistans schützen oftmals eher die Täter als die Opfer, insofern diese religiöser Minderheiten angehören. Human Rights Watch spricht daher von einer Kultur der Straflosigkeit, die weitere Gräueltaten fördert.[xx]

Mit der Umsetzung des National Action Plan hat sich bislang vor allem die Anzahl willkürlicher Verhaftungen und die der Todesstrafen erhöht. Die eingesetzten Militärgerichte arbeiten dabei weitestgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Gleichzeitig hat weder die pakistanische Regierung noch das Militär klare Kriterien dafür veröffentlicht, welche Fälle vor Militärgerichten verhandelt werden. Unabhängige Prozessbeobachtung ist nicht gestattet. Internationale Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch äußerten Befürchtungen von staatlicher Willkür[xxi].

Am 10. März 2015 verkündete die Regierung, sie würde sämtliche offenen 1.000 Todesstrafen vollstecken. Bis Mitte April 2016 wurden laut der Human Rights Commission of Pakistan mehr als 389 Menschen hingerichtet[xxii]. Die Mehrheit der Verurteilten war allerdings aufgrund anderer Verbrechen als Terrorismus verurteilt worden.[xxiii]

Basierend auf Annahmen hat Pakistan die höchsten Zahlen von zum Tode verurteilten Gefängnisinsassen, die auf ihre Hinrichtung warten. Ende 2015 waren es 6016 Personen.[xxiv] Nach Berichten von pakistanischen Menschenrechtsorganisationen warten zahlreiche Menschen in den Todeszellen, die wegen Vergehen verurteilt wurden, die nach dem Strafgesetzbuch nicht notwendig die Todesstrafe nach sich ziehen. In vielen Fällen handelt es sich um Arme und Ungebildete, die keinen Zugang zu qualifiziertem Rechtsbeistand haben[xxv].

Die unter anderem von der unabhängigen Human Rights Commission of Pakistan gut dokumentierten Mängel im Rechtswesen und unter Folter erpressten Geständnisse führten unterdessen insgesamt eher zu einer weiteren Ablehnung staatlicher Strukturen, sowohl unter Islamisten als unter den Belutschen.[xxvi]

Ineffektive und selektive Anti-Terrorbemühungen

Gemäß des National Action Plan gegen den Terrorismus soll es militanten Gruppierungen nicht länger erlaubt sein, in Pakistan zu operieren. Nach dem Anschlag auf die Schule in Peschawar Ende 2014 verhaftete die Regierung bis Mai 2015 über 292.097 verdächtigte Personen, aber nur 140 (0,05%) konnte die Angehörigkeit zu extremistischen Gruppen nachgewiesen werden.[xxvii] Bis September 2015 wurden allein in Belutschistan laut der Regionalregierung 8.000 Verdächtige festgenommen und 204 getötet.[xxviii]

Der UN-Sicherheitsrat unterhält gemäß der UNSC-Resolution 1267 eine Liste terroristischer Gruppierungen in Pakistan, die aber regelmäßig von der pakistanischen Liste unter dem Anti-Terrorism Act (ATA) abweicht. Gegen viele auf der UN-Listeaufgeführten Terrororganisationen, unter anderem das Haqqani-Netzwerk und die LeT, geht Pakistan nicht vor. Die ATA-Liste enthielt im Januar 2015 72 Organisationen, die offiziell verboten wurden. 6.500 Angehörige ist es gemäß der ATA-Liste verboten Waffen zu besitzen, Kredite aufzunehmen und außerhalb ihrer Provinzen zu reisen. Der lokalen Polizei, Banken und anderen Institutionen mangelt es aber an Übersicht. Die Liste wird weder regelmäßig aktualisiert noch überprüft. Eine zugängliche Datenbank existiert nicht.[xxix]

Kontext

Extremistische und kriminelle Gruppen unterhalten in den Provinzhauptstädten Peschawar, Quetta, Karachi und Lahore große Operationsbasen und Netzwerke. Mangelnde öffentliche Infrastruktur, schlechte Regierungsführung und überlastete Sicherheitskräfte ermöglichen es Terrororganisationen unter anderem über Medresen und öffentliche Sozialprojekte Rekruten anzuwerben. Vor allem aber die zahlreichen bewaffneten Konflikte im umstrittenen Kaschmir, in den Stammesgebieten und in Belutschistan verschaffen den Terrorgruppen und Milizen die Möglichkeit, Ausbildungslager und umfangreiche Netzwerke – teils gar mit dem pakistanischen Geheimdienst - zu unterhalten.

Polizeikräfte sind regelmäßig nicht in der Lage, der ethnisch-religiös motivierten Gewalt und Kriminalität Einhalt zu gebieten und werden durch das Militär und paramilitärische Kräfte marginalisiert, die allerdings selbst häufig Menschenrechtsverletzungen begehen. In Belutschistan wird die säkulare Widerstandsbewegung brutal unterdrückt; Misshandlungen der Sicherheitskräfte treiben oftmals zusätzlich Bewohner in den Kampf.

Der starke Einfluss des Militärs und insbesondere des militärischen Geheimdienstes ISI auf die pakistanische Politik ist zumindest zum Teil für die desolate Bilanz des pakistanischen Kampfes gegen den Terror verantwortlich. Premierminister Nawaz Sharif betont regelmäßig, alle Terrororganisationen zu bekämpfen und im Zuge des „Krieges gegen den Terror“ an der Seite der USA zu stehen. Tatschlich gehen die pakistanischen Sicherheitskräfte aber auch nach dem Attentat auf die Schule in Peschawar Ende 2014 weiterhin nur sehr uneinheitlich gegen Terrorgruppen vor. Terrorgruppen, die vornehmlich außerhalb Pakistans Anschläge verüben, können sich weiterhin offen in Pakistan bewegen.

Tolerierte Terrororganisationen

Zu den tolerierten Organisationen zählt unter anderem das in Afghanistan kämpfende Haqqani Netzwerk und die in Kaschmir operierende Lashkar-e Taiba (LeT). Die LeT hat in 2014 und 2015 ihre Aktivitäten im pakistanischen Karachi etwa über ihre offizielle charity front, die Falah-e-Insaniyat Foundation (FIF), ausdehnen können. Während des Besuches im Januar 2015 von US-Außenminister John Kerry waren beide Organisationen auf die Liste verbotener Terrororganisationen gesetzt worden, ein Sprecher des Innenministeriums bestätigte jedoch kurz darauf, dass sie wieder entfernt wurden.

Auch die 2002 verbotene Sipah-e-Sahaba Pakistan (SSP), die sich unter dem Namen Ahle Sunnat Wal Jamaat (ASWJ) neu gründete, wird nicht aktiv verfolgt. Ein zwar bestehender Haftbefehl für ihren Anführer Maulan Ahmed Ludhianvi wird ignoriert und ihre Büroräume, Medresen und Moscheen in Islamabad werden von der pakistanischen Polizei vor rivalisierenden extremistischen Gruppierungen geschützt.

Laut Aussagen von Regierungsmitgliedern, wolle man sich zunächst auf diejenigen Terrorgruppen konzentrieren, die direkt Sicherheitskräfte und Einrichtungen des pakistanischen Staates bedrohen. Einzelne Parlamentsabgeordnete vermuten aber, dass weiter zwischen „guten“ – den regionalen Interessen Pakistans zuträglichen Terrororganisationen – und „schlechten“ – den pakistanischen Staat attackierenden – Terrororganisationen unterschieden und wohlmöglich die LeJ ähnlich wie die SSP überzeugt werden soll, auf entsprechende Angriffe gegen Pakistan zu verzichten. Dabei werden laut der International Crisis Group unter anderem bestehende organisatorische und finanzielle Verbindungen zwischen diesen Organisationen ignoriert.[xxx]

Akteure

Lashkar-e-Jhangvi (LeJ)

Die LeJ verfolgt die Errichtung eines rein sunnitischen Pakistans und attackiert vor allem schiitische Muslime, die sie in zahlreichen Erklärungen als unrein stilisieren.[xxxi] Sie sagte sich 1996 von der Terrororganisation Sipah-e-Sahaba Pakistan (SSP) los, da diese von den Idealen Maulana Jhangvis abgewichen sei. Bei ihren Angriffen und Massakern separieren sie regelmäßig Schiiten von Sunniten.[xxxii] Sie besitzen Verbindungen zu den pakistanischen Taliban und Al-Qaida und stehen auf der pakistanischen Liste verbotener Terrororganisationen. Kämpfer der LeJ sind teilweise parallel auch für die TTP tätig. Im Gegensatz zu den TTP attackieren sie aber hauptsächlich zivile Ziele oder schiitische Sicherheitskräfte.

Das U.S. State Department schätze die Anzahl der Mitglieder 2013 auf einige hundert. Die LeJ finanziert sich hauptsächlich über Spenden innerhalb Pakistans, besonders aus Karachi. Ihre Mitglieder werden hauptsächlich in radikalen Medresen rekrutiert.[xxxiii] Sie sind maßgeblich für die zahlreichen schiitischen Opfer innerhalb Pakistans verantwortlich.

Pakistanische Bewegung der Taliban (TTP)

Die Tehrik-e Taliban Pakistan (TTP) sind eine innerhalb Pakistans verbotene, militante radikal-sunnitische Gruppe, die zwar von den afghanischen Taliban inspiriert wurden, aber separat operieren. Sie gründeten sich 2007 als Dachverband diverser radikal-islamistischer Stammesmilizen und Terrororganisationen innerhalb der pakistanischen Stammesgebiete unter Bundesverwaltung (FATA) und in Khyber Pakhtunkhwa im Westen des Landes.[xxxiv] Im Gegensatz zu der nach der internationalen Intervention in Afghanistan ebenfalls in den FATA aktiven afghanischen Taliban, bekämpfen sie vor allem die pakistanische Regierung und attackieren regelmäßig militärische Ziele innerhalb Pakistans. Sie fordern die Einführung der Scharia, bekämpfen den demokratischen Wandel in Pakistan und die Allianz Pakistan mit den USA.[xxxv] TTP und alliierte Gruppen sind für tausende getötete Zivilisten und mehr als 10.000 getötete pakistanische Soldaten verantwortlich.[xxxvi]

Das Hauptquartier der TTP befand sich lange Zeit im pakistanischen South Waziristan innerhalb der FATA. Mit den Offensiven der pakistanischen Armee in der Region und den Gebietsgewinnen der afghanischen Taliban innerhalb Afghanistans, scheinen sich ihre Basen mehr ins Grenzgebiet zu verlagern. Ihre Mitgliederzahl wird auf etwa 30.000 geschätzt. Die TTP kooperieren zumindest teilweise mit anderen Terrororganisationen wie der Sipah-e-Sahaba Pakistan (SSP), der Lashkar-e-Jhangvi (LeJ), dem Haqqani Netzwerk und der Lashkar-e-Taiba (LeT).[xxxvii] Die mit der TTP alliierte radikal-sunnitische Terrorgruppe Jundullah sicherte dem Islamischen Staat am 17. November 2014 Unterstützung zu. Zehn ehemalige TTP Kommandeure, die Leaders of the Mujahid in Khorasan, schworen den IS am 10. Januar 2015 Gefolgschaft.[xxxviii] Nach Einschätzung des pakistanischen Geheimdienstes Intelligence Bureau kooperieren die TTP, die Sipah-e-Sahaba Pakistan (SSP) und die Lashkar-e-Jhangvi (LeJ) nun auch verstärkt mit dem IS in Pakistan vor allem um Kämpfer zu rekrutieren.[xxxix]

Die Hazara

Die schiitische Minderheit der Hazara, die im Grenzgebiet zwischen dem Iran, Afghanistan und Pakistan lebt, wird seit Jahrzehnten verfolgt. Im August 1998 töteten die afghanischen Taliban in der afghanischen Stadt Mazar-i-Sharif 2.000 Zivilisten, darunter hauptschlich Hazara. Der von den Taliban eingesetzte Gouverneur Mullah Manon Niazi erklärte Schiiten zu Ungläubigen und drohte jedem Hazara mit dem Tod, sollte er nicht zum sunnitischen Islam übertreten oder Afghanistan verlassen. Viele der Hazara flohen in Folge ins pakistanische Belutschistan oder in den Iran. Mit dem Sturz der afghanischen Talibanregierung durch die internationale Intervention im Jahr 2001 wurde die Verfolgung der Hazara innerhalb Afghanistans zumindest zeitweise beendet. Die Sipah-i-Sahaba (SSP), die an der Seite der afghanischen Taliban kämpfte und aus der die Lashkar-e-Jhangvi (LeJ) hervorging, verfolgen die Hazara seitdem innerhalb Pakistans weiter.[xl]

Belutschische Separatisten

Innerhalb Belutschistans sind sieben säkulare und nationalistische Widerstandsbewegungen aktiv, die für eine Unabhängigkeit oder zumindest größere Autonomie Belutschistans kämpfen. Zu den aktivsten Gruppierungen zählen die die Balochistan Liberation Army (BLA) und die Baloch Liberation Front (BLF). Sie unterhalten Ausbildungslager innerhalb Belutschistans und konzentrieren ihre Angriffe vor allem auf paschtunische Gastarbeiter. Die Mitgliederzahl der diversen Organisationen wird auf einige hundert bis einige tausend geschätzt.[xli]

Pakistanische Regierung

Die Regierung Pakistans kommt ihrer Schutzverantwortung gegenüber der eigenen Bevölkerung nur unzureichend nach.[xlii] Obwohl zwischen den radikal-islamistischen Terrororganisationen zahlreiche Verbindungen bestehen und teils etwa mögliche Ziele geteilt werden, gehen die Sicherheitskräfte sehr uneinheitlich gegen die Gruppen vor. Der starke Einfluss des pakistanischen Militärs und insbesondere des militärischen Geheimdienstes ISI auf die Politik hält trotz der Ablösung der Militärregierung im Jahr 2008 weiterhin an. Sowohl die Pakistan Peoples Party (PPP), die 2008 die Wahl gewann, als auch die seit Mai 2013 regierende Pakistan Muslim League (PML-N), gestanden dem Militär eine große Autonomie zu. Die Anti-Terrorbemühungen im Zuge des Pakistan Army Act und des National Action Plan werden maßgeblich vom Militär dominiert. Einzelne Terrororganisationen werden regelmäßig von der Verfolgung ausgenommen und geduldet. Pakistans Militär sowie der Geheimdienst ISIS stehen seit Jahren im Verdacht, mit ausgewählten Terrorgruppen zusammenzuarbeiten, wenn es den eigenen Interessen dient. In 2014 verhandelte das Militär mit Verbänden der TTP. Bei den Offensiven des Militärs in den Stammesgebieten wurden 2015 einzelne TTP-Gruppen regelmäßig im Vorfeld gewarnt.[xliii]

Nach einer Einschätzung der International Crisis Group setzt die Anti-Terrorismusstrategie des National Action Plan zu stark auf eine militärische Antwort während es zivile Lösungsansätze, wie Reformen des Justizsystems weitgehend ignoriert. Die massive Militarisierung der pakistanischen Anti-Terrorpolitik, laufe Gefahr demokratische Strukturen und den Justizapparat im Land zu schwächen und stattdessen der bereits extrem einflussreichen pakistanischen Armee weiteren Einfluss zuzugestehen. Das bloße Vertrauen auf militärische Gewalt wäre „Wasser auf die Mühlen terroristischer Propaganda[xliv].“

Internationale Gemeinschaft

Die Internationale Gemeinschaft fokussiert sich aus regionalen Sicherheitserwägungen hauptsächlich auf Angriffe der Pakistanischen Taliban (TTP) und anderer Islamisten auf die Einrichtungen der pakistanischen Regierung. Gleichzeitig verurteilte der UN-Generalsekretär in mehreren Erklärungen die ethnisch-religiös motivierten Angriffe auf Schiiten und andere Minderheiten Pakistans.[xlv]

Die USA führen seit 2004 intensive Drohnenangriffe gegen Islamisten innerhalb Pakistans, vor allem in den pakistanischen Stammesgebieten unter Bundesverwaltung (FATA) und in Khyber Pakhtunkhwa, durch. Das in London sitzende Bureau of Investigative Journalism listet 424 Drohnenangriffe von 2004 bis Mitte 2016, bei denen zwischen 2.500 und 4.000 Menschen getötet wurden, darunter 424-966 Zivilisten.[xlvi]

Quellen

[i] BBC 16.12.2014: Pakistan Taliban: Peshawar school attack leaves 141 dead, auf: http://www.bbc.com/news/world-asia-30491435; zuletzt abgerufen am: 29.05.2016.

[ii] Asia Times 28.10.2015: Pakistan supported, trained terror groups: Pervez Musharraf, auf: http://atimes.com/2015/10/pakistan-supported-trained-terror-groups-pervez-musharraf/; und Bentley, John 07.06.2012: Leon Panetta: U.S. "reaching the limits of our patience" with Pakistan terror safe havens, auf: http://www.cbsnews.com/news/leon-panetta-us-reaching-the-limits-of-our-patience-with-pakistan-terror-safe-havens/; und Mullen, Mike,22.09.2011: Pakistan 'backed Haqqani attack on Kabul' - Mike Mullen , auf: http://www.bbc.com/news/world-us-canada-15024344; zuletzt abgerufen am: 29.05.2016.

[iii] International Crisis Group 22.07.2015: Revisiting Counter-terrorism Strategies in Pakistan: Opportunities and Pitfalls, S. 20ff., auf: http://www.crisisgroup.org/~/media/Files/asia/south-asia/pakistan/271-revisiting-counter-terrorism-strategies-in-pakistan-opportunities-and-pitfalls.pdf; zuletzt abgerufen am 29.05.2016.

[iv] Eigene Berechnung nach: South Asia Terrorism Portal 2015: Fatalities in Terrorist Violence in Pakistan 2003-2016, auf: http://www.satp.org/satporgtp/countries/pakistan/database/casualties.htm; zuletzt abgerufen am: 25.09.2016.

[v] Eigene Berechnungen nach 2015 Realtime Running Asia File und ACLED 2016 Realtime Monthly Asia File, auf: http://www.acleddata.com/asia-data/; zuletzt abgerufen am 26.09.2016.

[vi] ACAPS 27.10.2015: Global Emergency Overview April 2016, auf: http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/geo_81.pdf; zuletzt abgerufen am: 25.09.2016.

[vii] BBC 16.12.2014: Pakistan Taliban: Peshawar school attack leaves 141 dead, auf: http://www.bbc.com/news/world-asia-30491435; zuletzt abgerufen am: 29.05.2016.

[viii] Sectarian Violence in Pakistan: 1989-2015, auf: http://www.satp.org/satporgtp/countries/pakistan/database/sect-killing.htm; zuletzt abgerufen am: 29.05.2016.

[ix] Sectarian Violence in Pakistan: 1989-2015, auf: http://www.satp.org/satporgtp/countries/pakistan/database/sect-killing.htm; zuletzt abgerufen am: 29.05.2016.

[x] Human Rights Watch World Report 2016. S.438ff., auf:

https://www.hrw.org/sites/default/files/world_report_download/wr2016_web.pdf, zuletzt abgerufen am: 29.05.2016.

[xi] International Crisis Group 23.01.2014: Policing Urban Violence in Pakistan, S. 17, auf: http://www.crisisgroup.org/~/media/Files/asia/south-asia/pakistan/255-policing-urban-violence-in-pakistan.pdf; zuletzt abgerufen am: 29.05.2016

[xii] Human Rights Watch 2016 : World Report 2016: Pakistan, auf: https://www.hrw.org/world-report/2016/country-chapters/pakistan; zuletzt abgerufen am 29.05.2016.

[xiii] Human Rights Watch 29.06.2014: "We are the Walking Dead. "Killings of Shia Hazara in Balochistan, Pakistan, auf: https://www.hrw.org/report/2014/06/29/we-are-walking-dead/killings-shia-hazara-balochistan-pakistan; zuletzt abgerufen am 29.05.2016.2015.

[xiv] Global Centre for the Responsibility to Protect 15.07.2015: R2P Monitor July 2015, auf: http://www.globalr2p.org/media/files/r2p_monitor_july2015.pdf; zuletzt abgerufen am: 29.05.2016.

[xv] Human Rights Watch 29.06.2014: "We are the Walking Dead. "Killings of Shia Hazara in Balochistan, Pakistan, auf: https://www.hrw.org/report/2014/06/29/we-are-walking-dead/killings-shia-hazara-balochistan-pakistan; zuletzt abgerufen am 29.05.2016.2015.

[xvi] International Crisis Group 22.07.2015: Revisiting Counter-terrorism Strategies in Pakistan: Opportunities and Pitfalls, S. 14ff., auf: http://www.crisisgroup.org/~/media/Files/asia/south-asia/pakistan/271-revisiting-counter-terrorism-strategies-in-pakistan-opportunities-and-pitfalls.pdf; zuletzt abgerufen am 29.05.2016.

[xvii] International Crisis Group 22.07.2015: Revisiting Counter-terrorism Strategies in Pakistan: Opportunities and Pitfalls, S. 30 ff. auf: http://www.crisisgroup.org/~/media/Files/asia/south-asia/pakistan/271-revisiting-counter-terrorism-strategies-in-pakistan-opportunities-and-pitfalls.pdf ; zuletzt abgerufen am: 29.05.2016.

[xviii] International Crisis Group 22.07.2015: Revisiting Counter-terrorism Strategies in Pakistan: Opportunities and Pitfalls, S. 11ff., auf: http://www.crisisgroup.org/~/media/Files/asia/south-asia/pakistan/271-revisiting-counter-terrorism-strategies-in-pakistan-opportunities-and-pitfalls.pdf; zuletzt abgerufen am 29.05.2016.

[xix] Global Centre for the Responsibility to Protect 15.07.2015: R2P Monitor July 2015, auf: http://www.globalr2p.org/media/files/r2p_monitor_july2015.pdf; zuletzt abgerufen am: 29.05.2016.

[xx] Human Rights Watch 2016 : World Report 2015: Pakistan, auf: https://www.hrw.org/world-report/2015/country-chapters/pakistan; zuletzt abgerufen am 29.05.2016.

[xxi] Human Rights Watch 2016 : World Report 2016: Pakistan, auf: https://www.hrw.org/world-report/2016/country-chapters/pakistan; zuletzt abgerufen am 29.05.2016.

[xxii] Human Rights Commission of Pakistan: Who has been executed?

http://hrcp-web.org/hrcpweb/who-has-been-executed/, zuletzt abgerufen am 29.05.2016.

[xxiii] Pakistan: Halt Executions. At Year Mark, Restore Death Penalty Moratorium, auf:

https://www.hrw.org/news/2015/12/16/pakistan-halt-executions; zuletzt abgerufen am 29.05.2016.

[xxiv] BBC 16.12.2015: What is behind Pakistan's dramatic rise in executions?

Auf: http://www016bbc.com/news/world-asia-33033333, zuletzt abgerufen am 29.05.2016

Siehe auch: The Diplomat: Pakistan and the Death Penaltyhttp://thediplomat.com/2016/04/pakistan-and-the-death-penalty/, zuletzt abgerufen am 29.05.2016.

[xxv] Justice Project Pakistan: The Death Row Phenomenon, auf: http://www.jpp.org.pk/-the-death-row-phenomenon.html; zuletzt abgerufen am 29.05.2016.

[xxvi] International Crisis Group 22.07.2015: Revisiting Counter-terrorism Strategies in Pakistan: Opportunities and Pitfalls, auf: http://www.crisisgroup.org/~/media/Files/asia/south-asia/pakistan/271-revisiting-counter-terrorism-strategies-in-pakistan-opportunities-and-pitfalls.pdf; zuletzt abgerufen am 29.05.2016.

[xxvii] International Crisis Group 22.07.2015: Revisiting Counter-terrorism Strategies in Pakistan: Opportunities and Pitfalls, S. 8ff., auf: http://www.crisisgroup.org/~/media/Files/asia/south-asia/pakistan/271-revisiting-counter-terrorism-strategies-in-pakistan-opportunities-and-pitfalls.pdf; zuletzt abgerufen am 29.05.2016.

[xxviii] International Crisis Group 2015: Pakistan Crisis Watch October, auf: http://www.crisisgroup.org/en/publication-type/crisiswatch/crisiswatch-database.aspx?CountryIDs={E7471B49-9D61-4000-A4C1-3B5F380C35FE}#results; zuletzt abgerufen am 29.05.2016.

[xxix] International Crisis Group 22.07.2015: Revisiting Counter-terrorism Strategies in Pakistan: Opportunities and Pitfalls, S. 8ff., auf: http://www.crisisgroup.org/~/media/Files/asia/south-asia/pakistan/271-revisiting-counter-terrorism-strategies-in-pakistan-opportunities-and-pitfalls.pdf; zuletzt abgerufen am 29.05.2016.

[xxx] International Crisis Group 22.07.2015: Revisiting Counter-terrorism Strategies in Pakistan: Opportunities and Pitfalls, auf: http://www.crisisgroup.org/~/media/Files/asia/south-asia/pakistan/271-revisiting-counter-terrorism-strategies-in-pakistan-opportunities-and-pitfalls.pdf; zuletzt abgerufen am 29.05.2016.

[xxxi] Human Rights Watch 29.06.2014: "We are the Walking Dead. "Killings of Shia Hazara in Balochistan, Pakistan, auf: https://www.hrw.org/report/2014/06/29/we-are-walking-dead/killings-shia-hazara-balochistan-pakistan; zuletzt abgerufen am 29.05.2016.2015.

[xxxii] Human Rights Watch 29.06.2014: "We are the Walking Dead. "Killings of Shia Hazara in Balochistan, Pakistan, auf: https://www.hrw.org/report/2014/06/29/we-are-walking-dead/killings-shia-hazara-balochistan-pakistan; zuletzt abgerufen am 29.05.2016.2015.

[xxxiii] Standorf 07.07.2015: Mapping militant organizations, Lashkar-e-Jhangvi, auf: https://web.stanford.edu/group/mappingmilitants/cgi-bin/groups/view/215#note41; zuletzt abgerufe am: 29.05.2016.2015.

[xxxiv] Human Rights Watch 29.06.2014: "We are the Walking Dead. "Killings of Shia Hazara in Balochistan, Pakistan, auf: https://www.hrw.org/report/2014/06/29/we-are-walking-dead/killings-shia-hazara-balochistan-pakistan; zuletzt abgerufen am 29.05.2016.2015.

[xxxv] Brumfield, Ben 17.12.2014: Who are the Pakistani Taliban?, auf: http://edition.cnn.com/2014/12/17/world/asia/pakistan-taliban-explainer/; zuletzt abgerufen am: 29.05.2016.

[xxxvi] Human Rights Watch 29.06.2014: "We are the Walking Dead. "Killings of Shia Hazara in Balochistan, Pakistan, auf: https://www.hrw.org/report/2014/06/29/we-are-walking-dead/killings-shia-hazara-balochistan-pakistan; zuletzt abgerufen am 29.05.2016.2015.

[xxxvii] South Asia Terrorism Portal 2015: Tehreek-e-Taliban Pakistan (TTP), auf: http://www.satp.org/satporgtp/countries/pakistan/terroristoutfits/ttp.htm; zuletzt abgerufen am 29.05.2016.

[xxxviii] Intel Center 29.05.2016.2015: Islamic State's 43 Global Affiliates. Interactive World Map, auf: intelcenter.com/maps/is-affiliates-map.html; zuletzt abgerufen am 29.05.2016.

[xxxix] The Diplomat:The Islamic State Threat Is Real in Pakistan, auf: http://thediplomat.com/2016/02/the-islamic-state-threat-is-real-in-pakistan/; zuletzt abgerufen am: 29.05.2016.

[xl] International Crisis Group 23.01.2014: Policing Urban Violence in Pakistan, auf: http://www.crisisgroup.org/~/media/Files/asia/south-asia/pakistan/255-policing-urban-violence-in-pakistan.pdf; zuletzt abgerufen am: 29.05.2016.

[xli] Stanford 03.08.2015: Mapping militant organizations, Balochistan Liberation Army, auf: https://web.stanford.edu/group/mappingmilitants/cgi-bin/groups/view/297 (weitere ebenfalls auf dem Portal); zuletzt abgerufen am: 29.05.2016.

[xlii] Global Centre for the Responsibility to Protect 15.07.2015: R2P Monitor July 2015, auf: http://www.globalr2p.org/media/files/r2p_monitor_july2015.pdf; zuletzt abgerufen am: 29.05.2016

[xliii] International Crisis Group 22.07.2015: Revisiting Counter-terrorism Strategies in Pakistan: Opportunities and Pitfalls, S. 8ff., auf: http://www.crisisgroup.org/~/media/Files/asia/south-asia/pakistan/271-revisiting-counter-terrorism-strategies-in-pakistan-opportunities-and-pitfalls.pdf; zuletzt abgerufen am 29.05.2016.

[xliv] International Crisis Group 22.07.2015: Revisiting Counter-terrorism Strategies in Pakistan: Opportunities and Pitfalls, S. 20ff., auf: http://www.crisisgroup.org/~/media/Files/asia/south-asia/pakistan/271-revisiting-counter-terrorism-strategies-in-pakistan-opportunities-and-pitfalls.pdf; zuletzt abgerufen am :29.05.2016.

[xlv] Global Centre for the Responsibility to Protect 15.07.2015: R2P Monitor July 2015, auf: http://www.globalr2p.org/media/files/r2p_monitor_july2015.pdf; zuletzt abgerufen am: 29.05.2016.

[xlvi] The Bureau of Investigative Journalism 2015: Get the data: Drone wars, auf: https://www.thebureauinvestigates.com/category/projects/drones/drones-graphs/; zuletzt abgerufen am: 29.05.2016

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IMPRESSUM

Projektleitung: Jens Stappenbeck, stv. Vorsitzender von Genocide Alert e.V.

Team: Mira Ballmaier, Alena Beutler, Helen Deacon, Jessica van Farkas, Fionn Harnischfeger, Anna-Marie Hetterich, Khaoula Iminwarek, Timo Leimeister, Kai Patrick Müller, Anton Peez, Nebi Rusitov, Julia Schaefermeyer, Jonas Schlatter, Jonas Spitra und Felix Volkmar

V.i.S.d.P.: Dr. Robert Schütte, Vorsitzender von Genocide Alert e.V.
Anschrift: Genocide Alert e.V., c/o Robert Schütte, Michaelstraße 3, 50676 Köln

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