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Worin sich Massenverbrechen unterscheiden

Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat die öffentliche Debatte um Außen- und Sicherheitspolitik in Deutschland immens befeuert und bestimmt sie nun seit über einem Jahr. Neben Kontroversen um Waffenlieferungen, den Status als Kriegspartei, die Ausstattung der Bundeswehr und eine “Zeitenwende” sind auch Massenverbrechen zunehmend in den Fokus der Aufmerksamkeit geraten. Besonders der Begriff des Völkermordes ist so präsent wie selten – nicht zuletzt, weil Russland seine Aggression (ohne jegliche Grundlage) durch einen angeblichen Völkermord in der Ostukraine rechtfertigt. Die ukrainische Führung beschuldigt Russland ihrerseits des Völkermordes und verweist auf eine Vielzahl von Massengräbern mit Spuren von Massenhinrichtungen und Folter, etwa in Butscha und Mariupol. Zahlreiche Regierungen haben sich dieser Einschätzung bereits angeschlossen. 

Im Schatten des Völkermordvorwurfs ist insbesondere von Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit die Rede, etwa vonseiten des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte, Human Rights Watch, oder der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Mit diesem Projekt möchten wir in dieser undurchsichtigen Gemengelage verschiedener Völkerstraftaten ein wenig Übersichtlichkeit schaffen. Wir zeigen, wo die Trennlinien zwischen Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und dem Verbrechen der Aggression verlaufen, wo sie sich überlappen und warum es von Bedeutung ist, wie sie eingeordnet werden. Maßgeblich dafür ist das Rom-Statut des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH), das Gerichtsbarkeit über und individuelle Strafverantwortung für die vier Kernverbrechen begründet: Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und das Verbrechen der Aggression.