Offener Brief an MdBs: Demokratische Republik Kongo: Was unternimmt Deutschland zur Unterstützung von Sicherheit und Stabilität im Vorfeld der Wahlen 2011?

Anlässlich der Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo am 28. November 2011 versendete Genocide Alert am 08. September 2011 einen offenen Brief an alle Bundestagsfraktionen und ausgewählte Bundestagsabgeordnete, um eine Unterstützung eines sicheren Urnenganges im November zu fordern.

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Osten der Demokratischen Republik Kongo gehört zu einer der gefährlichsten Regionen weltweit. Besonders in den Provinzen Nord- und Süd-Kivu beherrschen zahlreiche gewaltbereite, bewaffnete Rebellengruppen das Territorium. Trotz Unterstützung der UN-Blauhelmmission (MONUSCO) ist die dortige Armee nur begrenzt in der Lage, für die Sicherheit der Zivilbevölkerung zu sorgen. Plünderungen, Entführungen, Morde und Massenvergewaltigungen gehören seit über einem Jahrzehnt zum grausamen Alltag im Osten des Landes. Wie bewaffnete Auseinandersetzungen bei den Wahlen im Jahr 2006 und die gewaltsame Unterdrückung der Proteste gegen angebliche Manipulationen der Wählerregistrierung vor der Wahlkommission in Kinshasa zeigen, stellen die für den 28. November diesen Jahres anberaumten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen ein weiteres Sicherheitsrisiko dar.

Vor diesem Hintergrund fordern wir Sie auf, einen freien und sicheren Urnengang im November 2011 im Kongo zu unterstützen und dadurch einen Beitrag zur Stabilisierung des Landes zu leisten.

Auf eine Entsendung von EUFOR Truppen wird bei dieser Wahl verzichtet, obwohl der Einsatz im Juli 2006 erfolgreich verlief. Umso wichtiger erscheint es, dass Deutschland sich für eine weitreichende und engagierte Überwachung und Begleitung der Wahlen durch die MONUSCO, die EU, die kongolesischen Parteien und die kongolesische Zivilgesellschaft einsetzt.

Von der Europäischen Union wurden 47 Millionen Euro für die Wahlbeobachtung freigegeben. Die Bedingungen für die Entsendung eines Wahlbeobachterteams vor Ort werden eruiert. Das Auftreten von Gewalt Anfang Juli zeigt die unbedingte Notwendigkeit, dass von Seiten der EU, MONUSCO und von Seiten der kongolesischen Parteien und der Zivilgesellschaft Transparenz über den Ablauf der Wahlen hergestellt wird.

Konkret fordert Genocide Alert:

  • Die Entsendung europäischer Wahlbeobachter und den Einsatz und das Training ziviler Wahlbeobachter sicherzustellen, um zu vermeiden, dass eine unfaire und unfreie Wahl durch fehlende Transparenz ermöglicht wird.
  • Die Implementierung eines Code of Conduct zu fordern, der die Parteien dazu verpflichtet, politische Freiheiten einzuhalten, auf Hassreden zu verzichten und die Wahlergebnisse allein durch legale Mittel anzufechten und von Vergeltungsmaßnahmen nach den Wahlen abzusehen. Diese Selbstverpflichtung soll im Rahmen einer öffentlichen Zeremonie von den politischen Parteien unterschrieben werden.
  • Ein Komitee zu schaffen, welches die Einhaltung des Code of Conduct überwacht. Dieses Komitee sollte aus Vertretern der Zivilgesellschaft, der politischen Parteien, diplomatischen Vertretern und der MONUSCO zusammengesetzt sein. Das Komitee überwacht und berichtet über den Ablauf der Wahlen.

Aufgrund der Entscheidung, keine EUFOR Truppen zu entsenden und der noch nicht definierten Aufgaben der europäischen Wahlbeobachtungskommission kommt der MONUSCO eine bedeutende Rolle zu. Der UNO-Sicherheitsrat hat mit der Verlängerung des MONUSCO-Mandats bis zum 30. Juni 2012 auch entschieden, dass MONUSCO die Wahlen technisch und logistisch unterstützen wird. Das allein wird aber nicht ausreichen.

Konkret fordert Genocide Alert:

  • MONUSCO personell und materiell aufzustocken, so dass der Schutz von Zivilisten substantiell verbessert werden kann. Dazu gehören auch die Dokumentation und Verfolgung schwerer Menschenrechtsverletzungen besonders im Osten des Landes.
  • Die weitreichende Unterstützung legitimer Sicherheitsmaßnahmen der kongolesischen Autoritäten durch die MONUSCO.
  • Ein verstärktes Engagement der MONUSCO sowohl vor als auch nach den Wahlen für eine Reform des Sicherheitssektors und der Rekrutierung und Ausbildung der kongolesischen Armee.

Wir würden uns über eine Stellungnahme Ihrerseits freuen und verbleiben bis dahin mit freundlichen Grüßen,

Robert Schütte, Vorsitzender Genocide Alert e.V.

Johanna Schmidt, Projektkoordinatorin, DR Kongo