Bündnis 90 / Die Grünen auf Platz Eins
Auch zur Bundestagwahl 2017 weisen die Grünen von allen Parteien in ihrem Wahlprogramm die überzeugendsten Politikvorschläge zur Verhinderung schwerster Menschenrechtsverletzungen vor. Die Grünen haben erkannt, dass Menschenrechte alle Politikfelder betreffen – von Handelspolitik über Sicherheitspolitik bis hin zu Umweltpolitik. Folglich ist der von den Grünen geforderte Rat für Frieden, Nachhaltigkeit und Menschenrechte ein sinnvolles ressortübergreifendendes Gremium, welches das Ideal einer menschrechtsbasierten Außenpolitik wesentlich voranbringen könnte. Zentraler Pfeiler der grünen Außenpolitik ist neben den nachhaltigen Entwicklungszielen weiterhin das Konzept der Schutzverantwortung.
Die Grünen betonen den Vorrang ziviler Krisenprävention und die Erkenntnis, dass Frieden niemals erzwungen werden kann. Diese Ansicht schlägt sich in einer Reihe sinnvoller Maßnahmen nieder: beispielsweise die Verbesserung von Frühwarn- und Mediationskapazitäten, Aufstockung der Mittel der Deutschen Stiftung Friedensforschung oder die Ausstattung aller Botschaften mit Menschenrechtsreferent*innen. Jedoch machen sie auch deutlich, dass zum Schutz bedrohter Zivilbevölkerungen ein militärisches Eingreifen als letztes Mittel notwendig sein kann. Die Grünen fordern, dass die internationale Gemeinschaft im Angesicht von Massenverbrechen aktiv werden müsse und „wollen die Vereinten Nationen deshalb stärken, die Schutzverantwortung auch wirklich wahrnehmen zu können.“ Zu diesem Zweck werden konkrete Reformvorschläge für die UN gemacht: So solle im „Falle einer anhaltenden Blockade des VN-Sicherheitsrats […] die Generalversammlung der VN das Recht beanspruchen, mit qualifizierter Mehrheit den Sicherheitsrat für blockiert zu erklären und an seiner Stelle friedenserzwingende Maßnahmen nach Kapitel VII der VN-Charta zu beschließen“. Explizit fordern die Grünen eine größere Übernahme von Verantwortung Deutschlands in UN-Friedensmissionen sowie eine restriktivere Rüstungsexportpolitik.
Klar wenden sich die Grünen dagegen, autoritäre Regime als „Verbündete“ zu betrachten und damit „politisch und militärisch“ zu stützen. Die Grünen sich explizit dazu, den Schutz der Menschenrechte von LSBTIQ* Menschen in die Außen- und Entwicklungspolitik zu integrieren. Um Verantwortliche für schwerste Menschenrechtsverletzungen zu verfolgen, fordern die Grünen eine Stärkung des Internationalen Strafgerichtshofes. Auf nationaler Ebene sollen „Kapazitäten deutscher Behörden, Kriegsverbrechen nach dem Weltrechtsprinzip konsequent zu verfolgen, […] gestärkt werden“. In Deutschland soll auf Bundesebene ein Institut für humanitäre Angelegenheiten geschaffen und die Bundesregierung Mitglied des Europäischen Friedensinstituts werden.
Lobenswert ist ferner das klare Bekenntnis zur Ausweitung sicherer und legaler Fluchtwege für Menschen aus Krisenregionen. Ebenso werden sogenannte Migrationspartnerschaften zwischen der EU und Herkunftsstaaten und die Umwidmung entwicklungspolitischer Gelder für Grenzkontrolle abgelehnt. Einziger wesentlicher Kritikpunkt ist das Fehlen einer Trennung zwischen Geldern für Entwicklungspolitik und Sicherheitspolitik.
Damit bleiben Bündnis 90/Die Grünen auch in unserem Menschenrechtszeugnis zur Bundestagswahl 2017 die Klassenbesten. Auch in den Antworten der Grünen auf die Genocide Alert Wahlprüfsteine bestätigt sich dieses Bild.
Bewertung im Detail
Auswertung des Wahlprogramms von Bündnis 90/Die Grünen
Menschenrechte im Allgemeinen
Wird die „Responsibility to Protect“ oder die Verhinderung massiver Gräueltaten, wie Völkermord, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und ethnische Säuberungen, im Wahlprogramm affirmativ benannt? | Ja |
Werden der Schutz von Menschenrechten, ökonomische und gesellschaftliche Entwicklung und Sicherheit als zusammenhängend behandelt? | Ja |
Prävention
Wird eine Aufstockung der Ressourcen von Maßnahmen der Krisenprävention gefordert? | Ja |
Soll laut Wahlprogramm die Menschenrechtssituation in einem Land ein wichtiges Kriterium zur Ausgestaltung der bilateralen Beziehungen sein? | Ja |
Wird eine stärkere Rüstungsexportkontrolle gefordert? | Ja |
Ist die Verbesserung der Menschenrechtssituation in Drittstaaten ein erklärtes Ziel der Entwicklungszusammenarbeit? | Ja |
Wird eine Zusammenarbeit mit Regierungen mit sehr schlechter Menschenrechtsbilanz zum Zwecke der Grenzabsicherung für die Unterbrechung von Migrationsbewegungen abgelehnt? | Ja |
Unterstützung beim Aufbau institutioneller Kapazitäten zum Schutz von Menschenrechten
Werden institutionelle Sicherheitssektorreformen in Drittstaaten positiv benannt (z.B. Förderung der Rechtsstaatlichkeit, Ausbildung der Sicherheitskräfte auf Basis demokratischer und menschenrechtlicher Prinzipien, etc.)? | Ja |
Wird eine klare Trennung zwischen finanziellen Mitteln für Entwicklungszusammenarbeit und Mitteln für die sicherheitspolitische Zusammenarbeit gefordert? | Nein |
Wird der Ausbau von institutionellen Kapazitäten im Bereich Menschenrechtsschutz / RtoP angekündigt, wie zum Beispiel der Ausbau eines Frühwarnsystems, Aufbau eines nationalen Friedensrates, Aufstockung der Mittel für Menschenrechtsarbeit, etc.? | Ja |
Wird die Zusammenarbeit mit und die aktive Unterstützung des Internationalen Strafgerichtshofes bekräftigt? | Ja |
Wird eine Zusammenarbeit mit regionalen Organisationen zum Schutz vor Menschenrechtsverletzungen gefordert? | Nein |
Reaktion auf schwerste Menschenrechtsverbrechen
Wird die strafrechtliche Verfolgung schwerster Menschenrechts- und Völkerrechtsverletzungen gefordert (z.B. auf Grundlage des Völkerstrafgesetzbuches oder durch internationale Tribunale und Gerichte)? | Ja |
Wird die Verhinderung schwerster Menschenrechtsverletzungen, wenn nötig mit Einsatz militärischer Mittel, als Ziel genannt? | Ja |
Werden konkrete Instrumente zur Reaktion auf schwerste Menschenrechts-verletzungen im Wahlprogramm ausbuchstabiert (zum Beispiel Verhängung von Sanktionen oder Waffenembargos, strafrechtliche Ermittlungen, etc.)? | Ja |
Wird eine stärkere Unterstützung von UN-Friedensmissionen angestrebt? | Ja |
Wird der Schutz von Menschen, die vor Massenverbrechen geflohen sind und deren Aufnahme in Deutschland bzw. die Gewährung von Asyl für diese Personengruppe als politisches Ziel benannt? | Ja |
Zwischenergebnis Wahlprogramm (17 Punkte erreichbar) | 15 |
Bewertung der Antworten von Bündnis 90/Die Grünen auf die Wahlprüfsteine
1. Welchen Stellenwert haben die Prävention von Massenverbrechen sowie das Konzept der Schutzverantwortung für die Außen- und Sicherheitspolitik Ihrer Partei? | Ein Punkt, weil positiver Bezug auf R2P unter Nennung ziviler und militärischer Aspekte |
2. Welche Initiativen hat Ihre Partei ergriffen, um die Prävention von Massenverbrechen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene voranzutreiben bzw. welche Initiativen sind geplant? | Ein Punkt, weil Bezug auf strafrechtliche Verfolgung von Tätern und Forderung nach einem Genocide Prevention Board in Deutschland |
3. Welche Initiativen hat Ihre Partei zur Stärkung des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) und zur Durchsetzung des Völkerstrafgesetzbuches auf nationaler Ebene ergriffen bzw. welche entsprechenden Initiativen sind geplant? | Ein Punkt, weil positiver Bezug auf IStGh und Forderung nach Umsetzung des Weltrechtsprinzips |
Zwischenergebnis Wahlpüfsteine (3 Punkte erreichbar) | 3 |
Gesamtergebnis (20 Punkte erreichbar) | 18 |
Note | 1 (sehr gut) |