Die SPD auf Platz Zwei
Die SPD zeigt mit ihrem Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2017 eine deutliche Verbesserung im Vergleich zu unserem letzten Wahlranking im Jahr 2013. Die SPD bekennt sich zu einer Außenpolitik basierend auf dem Schutz der Menschenrechte und der internationalen Schutzverantwortung. Insbesondere die facettenreiche Betrachtung des Menschenrechtsschutzes im Kontext seiner demokratischen, ökonomischen und sicherheitspolitischen Strukturen ist hierbei hervorzuheben. In ihren Antworten auf unsere Wahlprüfsteine unterstreicht die SPD dies ebenfalls. So verbessert sich die SPD in unserem Menschenrechtszeugnis von einem eher mageren Ergebnis vor der letzten Bundestagswahl dieses Mal auf die Note 2+ (voll gut).
Im Gegensatz zum ihrem letzten Wahlprogramm, gibt sich die SPD dieses Jahr nicht nur mit der Hervorhebung ziviler Gewaltprävention und Konfliktbewältigung für mehr Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zufrieden, sondern fordert bestehende Präventionsmaßnahmen zu fördern und weiterzuentwickeln. Als Vorschläge werden der Aufbau eines europäischen zivilen Friedenskorps, die Aufstockung ziviler Friedensfachkräfte im Ausland und eine restriktivere Rüstungsexportpolitik vorgeschlagen. Die Nachhaltigkeit dieser Mechanismen bleibt allerdings fraglich, solange sich die SPD nicht für eine klare Ressourcentrennung zwischen Entwicklungszusammenarbeit und Sicherheitspolitik ausspricht. Dies wird besonders in ihrer Migrationspolitik deutlich. Zwar wird in dem Wahlprogramm eine Asylpolitik unterstützt, die sich offen für Menschenrechtsschutz statt Grenzabsicherung um jeden Preis einsetzt. In der praktischen Umsetzung versteift die SPD ihren Fokus im Hinblick auf Fluchtursachenbekämpfung jedoch undifferenziert auf entwicklungs- und sicherheitspolitische Faktoren. Dabei unterschätzt die SPD die Menschenrechtslage, die letztlich für viele Menschen zur Flucht führt.
Auch beim Aufbau institutioneller Kapazitäten zum Schutz von Menschenrechten bleibt das Wahlprogramm der SPD vage. Auch wenn mehr Ressourcen für Krisenprävention gefordert werden, liefert die SPD keine institutionellen Verbesserungsvorschläge, um nachhaltige, präventive Mechanismen gegen Menschenrechtsverletzungen zu etablieren. Im Vergleich zur letzten Bundestagswahl fällt positiv auf, dass sich die SPD in diesem Jahr für eine Stärkung des internationalen Strafgerichtshofs und des Völkerrechts ausspricht und die Zusammenarbeit mit regionalen zivilgesellschaftlichen Organisationen aktiver unterstützen möchte.
Neben der Betonung ziviler Konfliktbearbeitung als Reaktion auf schwerste Menschenrechtsverletzungen betont die SPD auch ihre Bekennung zur internationalen Schutzverantwortung. Hierfür wird eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Institutionen der Vereinten Nationen und der EU angestrebt. Vorschläge für Maßnahmen und Instrumente zur Krisenreaktion zusammen mit beispielsweise UN-Friedensmissionen bleibt die SPD allerdings schuldig. Mit der Förderung des Schutzes von Menschenrechten, der Unterstützung der internationalen Schutzverantwortung und dem politischen Ziel Menschen, die vor Massenverbrechen fliehen, in Deutschland Asyl zu garantieren landet die SPD mit ihrem Wahlprogramm auf Platz zwei.
Bewertung im Detail
Auswertung des Wahlprogramms der SPD
Menschenrechte im Allgemeinen
Wird die „Responsibility to Protect“ oder die Verhinderung massiver Gräueltaten, wie Völkermord, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und ethnische Säuberungen, im Wahlprogramm affirmativ benannt? | Ja |
Werden der Schutz von Menschenrechten, ökonomische und gesellschaftliche Entwicklung und Sicherheit als zusammenhängend behandelt? | Ja |
Prävention
Wird eine Aufstockung der Ressourcen von Maßnahmen der Krisenprävention gefordert? | Ja |
Soll laut Wahlprogramm die Menschenrechtssituation in einem Land ein wichtiges Kriterium zur Ausgestaltung der bilateralen Beziehungen sein? | Ja |
Wird eine stärkere Rüstungsexportkontrolle gefordert? | Ja |
Ist die Verbesserung der Menschenrechtssituation in Drittstaaten ein erklärtes Ziel der Entwicklungszusammenarbeit? | Ja |
Wird eine Zusammenarbeit mit Regierungen mit sehr schlechter Menschenrechtsbilanz zum Zwecke der Grenzabsicherung für die Unterbrechung von Migrationsbewegungen abgelehnt? | Ja |
Unterstützung beim Aufbau institutioneller Kapazitäten zum Schutz von Menschenrechten
Werden institutionelle Sicherheitssektorreformen in Drittstaaten positiv benannt (z.B. Förderung der Rechtsstaatlichkeit, Ausbildung der Sicherheitskräfte auf Basis demokratischer und menschenrechtlicher Prinzipien, etc.)? | Ja |
Wird eine klare Trennung zwischen finanziellen Mitteln für Entwicklungszusammenarbeit und Mitteln für die sicherheitspolitische Zusammenarbeit gefordert? | Nein |
Wird der Ausbau von institutionellen Kapazitäten im Bereich Menschenrechtsschutz / RtoP angekündigt, wie zum Beispiel der Ausbau eines Frühwarnsystems, Aufbau eines nationalen Friedensrates, Aufstockung der Mittel für Menschenrechtsarbeit, etc.? | Nein |
Wird die Zusammenarbeit mit und die aktive Unterstützung des Internationalen Strafgerichtshofes bekräftigt? | Ja |
Wird eine Zusammenarbeit mit regionalen Organisationen zum Schutz vor Menschenrechtsverletzungen gefordert? | Nein |
Reaktion auf schwerste Menschenrechtsverbrechen
Wird die strafrechtliche Verfolgung schwerster Menschenrechts- und Völkerrechtsverletzungen gefordert (z.B. auf Grundlage des Völkerstrafgesetzbuches oder durch internationale Tribunale und Gerichte)? | Ja |
Wird die Verhinderung schwerster Menschenrechtsverletzungen, wenn nötig mit Einsatz militärischer Mittel, als Ziel genannt? | Ja |
Werden konkrete Instrumente zur Reaktion auf schwerste Menschenrechts-verletzungen im Wahlprogramm ausbuchstabiert (zum Beispiel Verhängung von Sanktionen oder Waffenembargos, strafrechtliche Ermittlungen, etc.)? | Ja |
Wird eine stärkere Unterstützung von UN-Friedensmissionen angestrebt? | Nein |
Wird der Schutz von Menschen, die vor Massenverbrechen geflohen sind und deren Aufnahme in Deutschland bzw. die Gewährung von Asyl für diese Personengruppe als politisches Ziel benannt? | Ja |
Zwischenergebnis Wahlprogramm (17 Punkte erreichbar) | 13 |
Bewertung der Antworten der SPD auf die Wahlprüfsteine
1. Welchen Stellenwert haben die Prävention von Massenverbrechen sowie das Konzept der Schutzverantwortung für die Außen- und Sicherheitspolitik Ihrer Partei? | Ein Punkt, weil positiver Bezug auf R2P und Forderung nach Weiterentwicklung der Schutzverantwortung |
2. Welche Initiativen hat Ihre Partei ergriffen, um die Prävention von Massenverbrechen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene voranzutreiben bzw. welche Initiativen sind geplant? | Ein Punkt, weil positiver Bezug auf Focal Point sowie auf Förderung der Menschenrechte sowie der Krisenprävention und Friedenskonsolidierung |
3. Welche Initiativen hat Ihre Partei zur Stärkung des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) und zur Durchsetzung des Völkerstrafgesetzbuches auf nationaler Ebene ergriffen bzw. welche entsprechenden Initiativen sind geplant? | Ein Punkt, weil positiver Bezug auf IStGh und Unterstützung der Strafverfolgung von Massenverbrechen in Syrien |
Zwischenergebnis Wahlpüfsteine (3 Punkte erreichbar) | 3 |
Gesamtergebnis (20 Punkte erreichbar) | 16 |
Note | 2+ (voll gut) |