CDU/CSU auf Platz fünf
Die CDU/CSU bleibt mit ihrem Wahlprogramm hinter den Erwartungen zurück und muss sich mit dem fünften Platz zufrieden geben. Im Vergleich zum letzten Menschenrechtsranking kann die Union mit einer 4- die Note „ausreichend“ nur knapp halten. Das Regierungsprogramm für die kommende Legislaturperiode fordert zwar, dass Deutschland Flagge zeigen müsse für Demokratie, Freiheit, Rechtsstaat und Menschenrechte, skizziert jedoch keine greifbaren Handlungsmöglichkeiten, um diesem Anspruch gerecht zu werden.
Positiv ist, dass die Union die internationale Schutzverantwortung in ihrer Antwort auf die Genocide Alert Wahlprüfsteine anerkennt und Interesse daran bekundet, dass diese Norm nicht aufgeweicht wird. Zu diesem Zweck will sich die CDU/CSU dafür einsetzen, jeglichen Missbrauch des völkerrechtlichen Schutzanspruches so effektiv wie möglich zu verhindern. Leider bleibt die Union in ihren Antworten sehr vage hinsichtlich konkreter Initiativen zur Prävention von Massenverbrechen. In ihrem Wahlprogramm erkennt die Union an, dass es einen Zusammenhang zwischen ökonomischen und gesellschaftlichen Entwicklungen sowie physischer Sicherheit gibt, übersieht jedoch, dass die Mehrzahl der Flüchtlinge in Europa vor Massenverbrechen in ihren Heimatländern fliehen.

Die Spitzenkandidatin der CDU – Dr. Angela Merkel. Foto: © CDU | Laurence Chaperon
Im Hinblick auf die zivile Konfliktprävention gibt sich die Union mit der bisherigen Leistung Deutschlands insgesamt zufrieden und sieht in diesem Bereich keinen Verbesserungsbedarf. Die Aufstockung des Budgets für Entwicklungszusammenarbeit und die daraus finanzierten Maßnahmen zur Fluchtursachenbekämpfung werden als ausreichend angesehen. Dabei stellt die Union „praktikable und pragmatische“ Lösungen einer menschenrechtsbasierten Außenpolitik voran. Sie ist bereit, sogenannte bilaterale „Migrationspartnerschaften“, vornehmlich mit afrikanischen Ländern, einzugehen, ohne deren Menschenrechtsbilanz in Betracht zu ziehen. Folglich hat die Verbesserung der Menschenrechtslage in diesen Ländern ebenfalls keine Priorität für die CDU/CSU.
So verwundert es auch nicht, dass die Union keine Vorschläge dazu macht, wie sie die Menschenrechtslage in anderen Ländern verbessern möchte. Zwar sieht sie den Aufbau von Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit als Schwerpunktbereiche, in denen Entwicklungsländer noch Nachholbedarf haben, zieht jedoch keine klare Trennung zwischen der finanziellen Unterstützung im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit und den Mitteln für die sicherheitspolitische Zusammenarbeit. Zudem spielen der nationale Ausbau im Bereich des Menschenrechtsschutzes sowie die Unterstützung der internationalen Menschenrechtsarbeit, z.B. über den International Strafgerichtshof, keine Rolle im Wahlprogramm der Union.
Genauso wenig thematisiert sie mögliche Optionen für Reaktionen im Falle schwerster Menschenrechtsverletzungen in anderen Ländern. Weder wird eine Zusammenarbeit mit regionalen Organisationen zum Schutz vor Menschenrechtsverletzungen gefordert, noch werden konkrete Instrumente genannt, wie man diesen national und international begegnen könnte. Auch wird keine stärkere Unterstützung von UN-Friedensmissionen angestrebt.
Insgesamt wird aus dem Wahlprogramm der Union nicht klar, wie genau Deutschland sich für Menschenrechte und deren Einhaltung auf internationaler Ebene stärker einsetzen sollte. Eine kritische und mehrdimensionale Analyse von Fluchtursachen, genauso wie eine Strategie zur Prävention künftiger Massenverbrechen oder die Stärkung der Menschenrechtsschutzmechanismen sind im außenpolitischen Programm der Union nicht zu finden. Folglich müssen CDU/CSU mit dem vorletzten Platz vorlieb nehmen.
Bewertung im Detail
Auswertung des Wahlprogramms von CDU/CSU
Menschenrechte im Allgemeinen
Wird die „Responsibility to Protect“ oder die Verhinderung massiver Gräueltaten, wie Völkermord, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und ethnische Säuberungen, im Wahlprogramm affirmativ benannt? | Nein |
Werden der Schutz von Menschenrechten, ökonomische und gesellschaftliche Entwicklung und Sicherheit als zusammenhängend behandelt? | Ja |
Prävention
Wird eine Aufstockung der Ressourcen von Maßnahmen der Krisenprävention gefordert? | Nein |
Soll laut Wahlprogramm die Menschenrechtssituation in einem Land ein wichtiges Kriterium zur Ausgestaltung der bilateralen Beziehungen sein? | Nein |
Wird eine stärkere Rüstungsexportkontrolle gefordert? | Nein |
Ist die Verbesserung der Menschenrechtssituation in Drittstaaten ein erklärtes Ziel der Entwicklungszusammenarbeit? | Nein |
Wird eine Zusammenarbeit mit Regierungen mit sehr schlechter Menschenrechtsbilanz zum Zwecke der Grenzabsicherung für die Unterbrechung von Migrationsbewegungen abgelehnt? | Nein |
Unterstützung beim Aufbau institutioneller Kapazitäten zum Schutz von Menschenrechten
Werden institutionelle Sicherheitssektorreformen in Drittstaaten positiv benannt (z.B. Förderung der Rechtsstaatlichkeit, Ausbildung der Sicherheitskräfte auf Basis demokratischer und menschenrechtlicher Prinzipien, etc.)? | Ja |
Wird eine klare Trennung zwischen finanziellen Mitteln für Entwicklungszusammenarbeit und Mitteln für die sicherheitspolitische Zusammenarbeit gefordert? | Nein |
Wird der Ausbau von institutionellen Kapazitäten im Bereich Menschenrechtsschutz / RtoP angekündigt, wie zum Beispiel der Ausbau eines Frühwarnsystems, Aufbau eines nationalen Friedensrates, Aufstockung der Mittel für Menschenrechtsarbeit, etc.? | Nein |
Wird die Zusammenarbeit mit und die aktive Unterstützung des Internationalen Strafgerichtshofes bekräftigt? | Nein |
Wird eine Zusammenarbeit mit regionalen Organisationen zum Schutz vor Menschenrechtsverletzungen gefordert? | Nein |
Reaktion auf schwerste Menschenrechtsverbrechen
Wird die strafrechtliche Verfolgung schwerster Menschenrechts- und Völkerrechtsverletzungen gefordert (z.B. auf Grundlage des Völkerstrafgesetzbuches oder durch internationale Tribunale und Gerichte)? | Nein |
Wird die Verhinderung schwerster Menschenrechtsverletzungen, wenn nötig mit Einsatz militärischer Mittel, als Ziel genannt? | Nein |
Werden konkrete Instrumente zur Reaktion auf schwerste Menschenrechts-verletzungen im Wahlprogramm ausbuchstabiert (zum Beispiel Verhängung von Sanktionen oder Waffenembargos, strafrechtliche Ermittlungen, etc.)? | Nein |
Wird eine stärkere Unterstützung von UN-Friedensmissionen angestrebt? | Nein |
Wird der Schutz von Menschen, die vor Massenverbrechen geflohen sind und deren Aufnahme in Deutschland bzw. die Gewährung von Asyl für diese Personengruppe als politisches Ziel benannt? | Nein |
Zwischenergebnis Wahlprogramm (17 Punkte erreichbar) | 2 |
Bewertung der Antworten von CDU/CSU auf die Wahlprüfsteine
1. Welchen Stellenwert haben die Prävention von Massenverbrechen sowie das Konzept der Schutzverantwortung für die Außen- und Sicherheitspolitik Ihrer Partei? | Ein Punkt, weil positiver Bezug auf die R2P und die drei Säulen der Schutzverantwortung |
2. Welche Initiativen hat Ihre Partei ergriffen, um die Prävention von Massenverbrechen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene voranzutreiben bzw. welche Initiativen sind geplant? | Ein Punkt, weil Bezug auf Weiterentwicklung ziviler Ansätze sowie auf Peacekeeping als Instrument zum Schutz vor Massenverbrechen |
3. Welche Initiativen hat Ihre Partei zur Stärkung des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) und zur Durchsetzung des Völkerstrafgesetzbuches auf nationaler Ebene ergriffen bzw. welche entsprechenden Initiativen sind geplant? | Ein Punkt, weil Bezug auf Stärkung des IStGh und auf Strafverfolgung der Massenverbrechen in Syrien |
Zwischenergebnis Wahlpüfsteine (3 Punkte erreichbar) | 3 |
Gesamtergebnis (20 Punkte erreichbar) | 5 |
Note | 4- (knapp ausreichend) |