20 Jahre Völkermord in Ruanda: Was haben wir gelernt? – von Philipp Hesch

Beitrag zum Essaywettbewerb “20 Jahre danach –

Was sind die Lehren aus dem Völkermord in Ruanda”

Vor zwanzig Jahren ist im Herz von Afrika etwas Unvorstellbares geschehen: binnen hundert Tagen wurden 1994 fast eine Million Menschen getötet. Von ihren Nachbarn und Freunden, aber auch von Fremden, denen sie nie etwas getan hatten. Diese Tragödie allein wäre schon schlimm  genug gewesen, wenn man nicht das zusätzliche Versagen der UNO, der Weltgemeinschaft und aller anderer Institutionen zu beklagen gehabt hätte.Man hätte den Genozid verhindern können, man hätte Menschenleben retten können, man hätte Infrastrukturen und Truppen nutzen können, man hätte die  Menschenrechte einfordern können.

Stattdessen: Versagen auf ganzer Linie.

Wird heute Vor – Ort – Prävention betrieben? Wird in Ruanda offen über den Genozid geredet? Wurde der Weg für zukünftige Interventionen diplomatisch und rechtlich klar geregelt? Wurde für eine entsprechende personelle und materielle Infrastruktur gesorgt?

So will ich zunächst den Blick auf unser ruandisches Partnerland lenken. Das Gymnasium Kusel besuchte Ruanda im Jahr 2012 und 2013 mit einer Schülergruppe. Als die Gruppe von 2012 an die Partnerschule kam, wurde sie informiert, dass am nächsten Tag der Abschluss der  Trauerfeierlichkeiten für den Genozid stattfinden würde. Man hatte die Gruppe im Vorfeld über diese Gedenkveranstaltung nicht informiert. Im Lauf  ihrer Vorbereitung hatten sich die Schüler schon mit diesem Thema beschäftigt und es wurde ihnen Bildmaterial zu diesem Genozid gezeigt. Diese Veranstaltung wurde von unserer Partnerschule stellvertretend für die ganze Region durchgeführt. Fast alle Bürger der Umgebung waren auf den Beinen und es entstand ein langer Zug der zum Gebeinhaus führte. Dort werden die Überreste der Toten  gesammelt und aufgebahrt. Es wurde den Schülern freigestellt, in das Gebeinhaus zu gehen. Auch die Lehrer schienen ebenso wie viele andere Erwachsene überfordert und überwältigt von diesem Anblick der menschlichen Überreste zu sein; dies war so von der Partnerschule gewollt.Es geht um Aufklärung, Sensibilisierung und das Verhindern der Verdrängung dieses Genozids. Es ist eine Ermahnung an die Lebenden, dass sich so etwas nicht wiederholt.

Dies ist nicht nur ein nationales Problem Ruandas.

Häufig wurden Völkermord und andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht wirklich aufgearbeitet und geahndet Oft fehlte der Wille der internationalen Gemeinschaft und in dem betroffen Land wurden die Verbrechen totgeschwiegen.

Allerdings nahmen bei dieser Gedenkfeier in Ruanda Vertreter des Staates und der religiösen Gemeinschaften sowie ein Zeitzeuge eindeutig zu dem Genozid Stellung.

Zum Teil ist es verständlich, dass Ruanda sich als Demokratie auf wackeligen Beinen nicht ewig mit der Aufarbeitung des Genozids beschäftigen kann und will. Zum Anderen müssen wir sehen, dass Opfer und Täter Haus an Haus wohnen und sich vielleicht bei der Arbeit begegnen.Permanentes Misstrauen und Angst ist ein schlechtes Fundament für eine funktionierende Demokratie.

Anderenorts wurde auch auf ein schlechtes Fundament gebaut. Nehmen wir den Kosovo oder Somalia und ganz aktuell Syrien. Aber hier wurde weder bei der UN noch bei der NATO für ein schnelles konsequentes Eingreifen gesorgt. Selbst wenn ganz offensichtlich Menschenrechte gebrochen werden, wenn Menschenleben aus reiner Willkür gefährdet sind, wird nicht eingegriffen.Entsprechende Eingriffsmöglichkeiten bestehen, werden aber oft aus unterschiedlichen Gründen nicht angewendet.Es wäre den Verantwortlichen zu unangenehm, einen Einsatz vor ihrer Bevölkerung zu rechtfertigen.

Auch in Deutschland ist eine ähnliche Haltung festzustellen, die viel mit der deutschen Geschichte zu tun hat.

Diese passive Haltung steht im Moment jedoch in der Kritik wie die Münchner Sicherheitskonferenz gezeigt hat. Bundespräsident Gauck erklärte dort,dass „wir nicht verschont bleiben von den Konflikten der Welt“ und er sich wünsche, wir würden schneller und nachhaltiger reagieren. Auch stellte er klar, dass es weder ein Recht auf Wegsehen gebe noch sich die Politiker mit Verweis auf die ablehnende Haltung der Bürger ihrer Verantwortung entziehen könnten.

Die neue Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sagte auf der Münchner Konferenz, dass Gleichgültigkeit für Deutschland keine Option sei und eine Verpflichtung für Deutschland bestehe zu handeln, da es die Mittel und Fähigkeiten dazu besitze.

Jedoch ist die deutsche öffentliche Meinung weiterhin gegen Militäreinsätze im Ausland wie die Reaktion auf den deutschen Einsatz in Mali zeigt: Bei einer Meinungsumfrage waren69 % der Befragten gegen einen solchen Einsatz. Eine Lösung wäre vielleicht das Eingreifen der deutsch-französischen Brigade im europäischen Rahmen. Dann würde die Verantwortung nicht allein bei Deutschland liegen.

Aber da wo Menschenleben so massiv gefährdet waren wie 1994 in Ruanda, muss eine schnelle Entscheidung möglich sein.

Dazu war aber die UN wegen der verschiedenen Interessen ihrer Mitgliedsstaaten nicht in der Lage.

Trotzdem hat sich einiges zum Positiven gewendet. So will die NATO auch in Zukunft unabhängig von der UN Interventionen prüfen und durchführen. Das steht zumindest in ihrem strategischen Konzept von 1999.

2006 kam es zur Einrichtung der oben erwähnten Krisen-Reaktionstruppe bei der NATO. Diese besteht aus Land- und Seestreitkräften und soll ein breites Aufgabenspektrum abdecken, was bedeutet, dass sie nicht nur bei einem eventuellen Völkermord zum Einsatz käme.Den Truppen der UN 1994 fehlten angeblich die Gelder, das Personal und die Rechtssicherheit.

Dies bedeutet, dass man einer erneuten Unterschätzung der jeweiligen Gefahr vorbeugen muss man muss jedoch zugeben, dass die richtige Einschätzung der Situation oft schwierig ist. 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Verbrecher in Ruanda nicht entsprechend ihrer Schuld bestraft wurden.

Es scheint kein echtes Interesse an einer Aufarbeitung der Vorkommnisse zu geben. Auch wird unterschwellig immer noch zwischen Hutu und Tutsi unterschieden, was ganz offen die Parteienlandschaft zeigt. Prävention und Diskussion wird nicht zugelassen wobei es zu einer inszenierten Dramatisierung des Genozids kommt, sodass eine sachliche Auseinandersetzung unmöglich ist.

Auch für die Zukunft gibt es in Ruanda wenig Hoffnung, weil es immer noch ein großes Demokratiedefizit gibt, was aber zum Teil durch die Geschichte des Landes bedingt ist.

Das Fazit fällt also eher negativ aus :

Haben wir nichts gelernt ? 

Wird auch in Zukunft ein Völkermord nicht verhindert werden können?

Die Antwort kann nur die Völkergemeinschaft geben.

 

 » Zurück zu den anderen Beiträgen des Essaywettbewerbs

 

Irgendwo in Afrika – von Violetta Citaku

Beitrag zum Essaywettbewerb “20 Jahre danach –

Was sind die Lehren aus dem Völkermord in Ruanda”

Ruanda – ein Land irgendwo in Afrika. Ein Land von vielen auf dieser Welt, die wir nur aus den Medien und der Schule kennen. Ein Land mit einer grausamen, fast vergessenen Geschichte: einem Völkermord. Heute, 20 Jahre danach interessieren sich nur noch wenige für ihn. Doch soll dieses Massaker eine archivierte Schlagzeile bleiben oder haben wir die Pflicht uns auch noch heute damit und vor allem mit den Lehren zu beschäftigen?

Völkermord in Ruanda? Was war da nochmal? Ein Blick in Wikipedia genügt: Unter dem Völkermord (Genozid) in Ruanda versteht man das vier Monate lang andauernde, regelrechte Abschlachten der Tutsi-Minderheit durch die Hutu-Bevölkerung. Etwa 75% der Tutsi wurden umgebracht. Insgesamt starben ungefähr 900.000 Menschen. Weiterlesen