Irgendwo in Afrika – von Violetta Citaku

Beitrag zum Essaywettbewerb “20 Jahre danach –

Was sind die Lehren aus dem Völkermord in Ruanda”

Ruanda – ein Land irgendwo in Afrika. Ein Land von vielen auf dieser Welt, die wir nur aus den Medien und der Schule kennen. Ein Land mit einer grausamen, fast vergessenen Geschichte: einem Völkermord. Heute, 20 Jahre danach interessieren sich nur noch wenige für ihn. Doch soll dieses Massaker eine archivierte Schlagzeile bleiben oder haben wir die Pflicht uns auch noch heute damit und vor allem mit den Lehren zu beschäftigen?

Völkermord in Ruanda? Was war da nochmal? Ein Blick in Wikipedia genügt: Unter dem Völkermord (Genozid) in Ruanda versteht man das vier Monate lang andauernde, regelrechte Abschlachten der Tutsi-Minderheit durch die Hutu-Bevölkerung. Etwa 75% der Tutsi wurden umgebracht. Insgesamt starben ungefähr 900.000 Menschen.

„I know there is a God because in Rwanda I shook hands with the devil. I have seen him, I have smelled him and I have touched him. I know the devil exists and therefore I know there is a God.” Romeo Dallaire, der während des Genozids in Ruanda war, erzählt hier die erste Lehre. Eine Lehre über den Menschen selbst. Nicht nur, dass Menschen Monster, ja, Teufel sind. Sie sind feige, folgen dem Gruppenzwang und lassen sich von anderen mittreiben etwas zu tun, was sie normalerweise niemals tun würden. Denn wie viele dieser 200.000 Mörder hatten wirklich solch einen Hass  auf die Tutsi, der sie zu den schlimmsten Arten des Quälens und Tötens wie Abtrennung von Körperteilen, Nötigung zum Töten der eigenen Familie, Kannibalismus, Verbrennung und Erschlagung anstiftete? Vermutlich hatten die meisten einfach nur Angst, selbst zum Opfer zu werden, wenn sie nicht selbst aktiv am Völkermord mitwirkten. Getreu nach dem Motto „Fressen oder Gefressen werden“. Doch wer weiß, ob der Völkermord vielleicht aufgegeben worden wäre, wenn sich die Mehrheit geweigert hätte, mitzumachen?

Doch nicht nur die Einwohner Ruandas haben sich etwas vorzuwerfen. Nein, die ganze Welt müsste dies tun. Wie verlassen und verloren muss sich das Land während und nach dem Genozid gefühlt haben? Warum schaute die ganze Welt nur zu statt einzugreifen? Die UNO, ein Zusammenschluss vieler Staaten, der sich unter anderem die Sicherung des Weltfriedens zur Aufgabe gab, reichte keine Hand, gab keine Stütze. Bereits 10 Monate vor Beginn der Morde sollen Hilferufe eingegangen sein. Geplante Massaker, eine Forderung der vor Ort stationierten UN-Friedenstruppen nach Verstärkung, sowie der Vorschlag militärisch einzugreifen, wurden schamlos ignoriert. Stattdessen wurde die Anzahl der in Ruanda stationierten Truppen sogar noch reduziert.

Befand die UNO, der große Bund, Ruanda einfach nur als zu klein und unwichtig?

Und was ist mit uns? Mit Deutschland, mit Rheinland-Pfalz? Hätten gerade wir, mit der Holocaust-Vergangenheit nicht handeln müssen? Zum einen, um wieder einen guten Ruf herzustellen und zum anderen, weil wir genau wissen, wie es ist, einen Völkermord im eigenen Land zu erleben?

Rheinland-Pfalz hat eine Partnerschaft mit Ruanda. Und gerade in Krisenzeiten braucht man einen Partner, der einen unterstützt, einem unter die Arme greift, wenn man Hilfe braucht. Dies hat unser Bundesland nicht für Ruanda getan. Es wurden sogar einige Stimmen laut, man müsse die Partnerschaft beenden. Doch hätten Deutschland und vor allem das kleine Rheinland-Pfalz in der großen UNO wirklich etwas bewirken können?

Ich wage dies zu bezweifeln.

Ruanda – das Land irgendwo in Afrika. Das Land, das wir nur aus den Medien und der Schule kennen. Das Land, in welchem durch menschliches Versagen über 800.000 Unschuldige ihr Leben lassen mussten. Unser Partnerland, das nie vergessen werden sollte. Vielleicht lernen wir heute nichts mehr über diesen Genozid, weil es verdrängt werden sollte, dass auch die große, weltfreundliche, menschenrechtsschützende UNO Fehler macht oder weil Ruanda wirklich so klein und „ unwichtig“ ist. Doch eins ist dem Betrachter bewusst: Solch ein Blutbad wie damals darf in keinem anderen Land dieser Welt wieder passieren. Es ist die Aufgabe der UNO, also auch unter anderem die Aufgabe Deutschlands, dafür zu sorgen. Um somit zumindest einen Teil wieder gut zu machen, was damals versäumt wurde, um zu zeigen, dass jedes einzelne Land auf der Welt ein Teil einer großen Gemeinschaft ist und sich auf Hilfe verlassen kann. Auch wenn das diese vielen Opfer aus Ruanda nicht wieder lebendig macht.

Doch wie Bertold Brecht schon sagte: Der Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr an ihn denkt. Genau deshalb sollten wir den Genozid, Ruanda und die Opfer von damals nie vergessen.

 

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