Interview mit Daniel Dückers: Bei Entwicklungszusammenarbeit wie sie auf Proklamationsebene gang und gäbe ist, „ist die strukturelle Prävention von Massenverbrechen im Konzept eingewoben“

Dr. Daniel Dückers, Associate Research Fellow am GIGA Institut für Afrika-Studien

Dr. Daniel Dückers, Associate Research Fellow am GIGA Institut für Afrika-Studien

Dr. Daniel Dückers ist Associate Research Fellow am GIGA German Institute of Global and Area Studies, einem Leibniz-Forschungsinstitut mit Sitz in Hamburg. Daniel Dückers Forschungsthemen umfassen unter anderemKonfliktanalyse, Zivile Krisenprävention, Entwicklungstheoretische Grundlagenforschung sowie Strategien zur Förderung nachhaltiger und egalitärer Gesellschaften. Er leitet leitet das Projekt „BMZ-Eskalationspotenzialanalyse“ (ehemals „Krisenfrühwarnung für das BMZ“). Jüngere Publikationen von Daniel Dückers sind Die Agenda 2030: Weniger als das Nötigste (GIGA Focus Global, 03/2017, Hamburg: GIGA) sowie Nachhaltiges Wohlbefinden. Das beanspruchte Entwicklungsverständnis der internationalen Staatengemeinschaft und dessen Messung anhand des Basic Development Index (BDI) (Berlin: Duncker & Humblot, 2016).

Genocide Alert hat Daniel Dückers zu seiner Sicht auf die Sinnhaftigkeit einer separten Betonung der Prävention von Massenverbrechen in der Entwicklungszusammenarbeit befragt.

Gibt es einen Unterschied zwischen “klassischer” Entwicklungszusammenarbeit und der strukturellen Prävention von Massenverbrechen? Wenn es einen Unterschied gibt, worin liegt er? 

Daniel Dückers: Was ist „klassische Entwicklungszusammenarbeit“ (EZ)? Wenn darunter „ganz klassisch“ Versuche der reinen Wirtschaftswachstumsstimulation verstanden werden, sind die Unterschiede sicherlich immens. Wird hingegen an eine EZ gedacht, wie sie schon seit vielen Jahren zumindest auf Proklamationsebene gang und gäbe ist, bei der es sich auch um ein Instrument zur Förderung nachhaltiger Menschenrechtsverwirklichung (bürgerliche, politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und Freiheiten) und zur nachhaltigen Krisenprävention handelt, ist die strukturelle Prävention von Massenverbrechen im Konzept eingewoben – im Konzept, nicht notwendigerweise auf Implementierungsebene. Bei der Implementierung versprechen zahlreiche Strategien und Maßnahmen zumindest einigen Erfolg (Förderung gewaltfreier und fairer Konfliktregelungsmechanismen, Einhegung von Eskalations- und Gewaltpotenzialen, gesellschaftliche Verankerung von menschenrechtsbezogenen Werten, insbesondere Respekt und Toleranz), wobei externe Einflussmöglichkeiten, selbst unter vorbildlich partizipativen Bedingungen und großem Ownership, nicht überschätzt werden sollten 

In Deutschland liegt die Thematik der Prävention von Massenverbrechen maßgeblich beim Auswärtigen Amt. Wäre es sinnvoll, die Prävention von Massenverbrechen als explizite Zielsetzung in die Entwicklungszusammenarbeit zu integrieren? 

Daniel Dückers: Aus den aktuellen proklamierten Zielen des BMZ ergibt sich eine überaus große Aufgabenpalette, wie schon allein „das“ Ziel der vollständigen Menschenrechtsverwirklichung im Sinne der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte zeigt. Gerade in diesem Ziel ist zudem die Prävention von Massenverbrechen bereits enthalten, gleiches gilt, und hier noch unmittelbarer, für das Ziel der Krisenprävention, dem sich die offizielle deutsche EZ ja ebenfalls explizit verschrieben hat. Die Sinnhaftigkeit einer Ergänzung der Zielebene um eine nochmalige Betonung, zur Verhinderung von Massenverbrechen beitragen zu wollen, scheint daher eher zweifelhaft. 

Das Interview wurde von Paul Stewens geführt.

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