Deutschland und der Völkermord in Ruanda: Heinrich-Böll-Stiftung veröffentlicht Studie der stellvertretenden Vorsitzenden von Genocide Alert

Am 7. April 2014 veröffentlichte die Heinrich-Böll-Stiftung  ein E-Paper der stellvertetenden Vorsitzenden von Genocide Alert Sarah Brockmeier zur Rolle Deutschlands während des  Völkermords in Ruanda.

Die internationale Reaktion auf den Völkermord in Ruanda wurde in den letzten 20 Jahren vielfach analysiert. International besteht ein weitgehender Konsens, dass der Genozid mit entschlossenerem Handeln der Weltgemeinschaft verhindert oder zumindest in seinem Ausmaß erheblich hätte eingeschränkt werden können.  Dabei standen die Vereinten Nationen und einige ihrer einflussreichen Mitgliedsstaaten wie die USA, Frankreich und Belgien im Mittelpunkt der internationalen Kritik. Die Rolle Deutschlands während des Völkermords wurde bislang nicht ausführlich untersucht.

Für ihr Papier „Deutschland und der Völkermord“ untersuchte Sarah Brockmeier neben der bestehenden Literatur zu Ruanda zahlreiche Primärquellen wie Bundestagsprotokolle, Pressemitteilungen und Reden  und führte 15 Interviews mit Deutschen, die vor oder nach dem Völkermord 1994 in Ruanda waren oder sich intensiv mit dem Völkermord auseinandergesetzt haben.

Das Ausmaß der deutschen Zurückhaltung vor und während des Völkermords ist ernüchternd. Deutschland war zum Zeitpunkt des Genozids schon seit Jahrzehnten entwicklungspolitisch in Ruanda engagiert und enger mit dem Land verbunden als mit den meisten anderen afrikanischen Ländern. Als deutsche Stellen in Ruanda während der frühen 1990er Jahre immer mehr Warnzeichen für einen massiven Gewaltausbruch wahrnahmen, wurden diese von wichtigen Schaltstellen nicht an Bonn weitergegeben oder stießen dort auf keine Reaktion. Gleichzeitig erhöhte die Bundesregierung die Entwicklungshilfe für Ruanda. Nach Beginn des Völkermords und der Evakuierung der eigenen Staatsbürger lehnte Deutschland einen Beitrag zur Unterstützung der Vereinten Nationen ab, auch als diese explizit um deutsche Hilfe baten. Auch nach konkreten Anfragen des Landes Rheinland-Pfalz nahm Deutschland keine Flüchtlinge aus Ruanda auf. Bis heute hat sich die Bundesregierung nicht intensiv mit der Rolle Deutschlands vor und während des Völkermords in Ruanda auseinandergesetzt.

Die Autorin schlussfolgert, dass Deutschland aus einer solchen Auseinandersetzung viel hätte lernen können: „über die Bedeutung von ressortübergreifender Zusammenführung von Warnzeichen; über die Dringlichkeit einer korrekten Konfliktanalyse; über den Wert einer akkuraten Medienberichterstattung in komplexen Krisensituationen; über die Bedeutung zivilgesellschaftlicher Aufmerksamkeit; über die Wichtigkeit einer schnellen und entschlossenen Unterstützung der Vereinten Nationen; nicht zuletzt über die Bedeutung eigener politischer Initiativen.“

Das E-Paper ist hier auf der Seite der Heinrich-Böll-Stiftung abrufbar: Deutschland und der Völkermord in Ruanda.

 

 

Projekte von Genocide Alert anlässlich des 20. Gedenkens an den Völkermord in Ruanda

Genocide Alert organisiert gemeinsam mit verschiedenen Partnern in den nächsten Monaten eine Podiumsdiskussionsreihe in sechs Städten Deutschlands zur Fragestellung „20 Jahre nach dem Völkermord in Ruanda – Was haben wir gelernt?“. Die Reihe wird von der Bundeszentrale für Politische Bildung finanziert.

Zuletzt veröffentlichte die ZEIT vom 27.03.2014 den Artikel „Ruanda ist heute“ von Sarah Brockmeier, in dem sie mehr zivilgesellschaftliches Engagement für die Verhinderung von Völkermord fordert. Am 4. April argumentierte die stellvertende Vorsitzende von Genocide Alert außerdem im Deutschlandradio Kultur, dass Deutschland die eigene Rolle während des Völkermords in Ruanda aufarbeiten müsse.

Gemeinsam mit dem Land Rheinland-Pfalz organisierte Genocide Alert in diesem Jahr einen Essaywettbewerb in Rheinland-Pfalz für SchülerInnen ab der 11. Klasse zu den Lehren aus dem Völkermord. Der Gewinner des Wettbewerbs fuhr mit der Delegation von Rheinland-Pfalz zu den offiziellen Gedenkveranstaltungen nach Ruanda.

Vom Twitteracccount @Ruanda1994 berichtet Genocide Alert 2014 täglich von den Ereignissen in Ruanda im Jahr 1994. Ziel ist, den Völkermord in Erinnerung zu rufen und dabei die vor zwanzig Jahren weitgehend unbeachteten Ereignisse vor und nach dem Genozid hervorzuheben.

Alle Informationen zu den Projekten von Genocide Alert zu diesem Thema finden Sie auf unserer Projektwebseite zum Völkermord in Ruanda. Für Fragen und Anmerkungen kontaktieren Sie bitte sarah.brockmeier[at]genocide-alert.de.