Die drei Säulen der Schutzverantwortung – Der Bericht des Generalsekretärs von 2009
UN-Generalsekretär Ban Ki-moon veröffentlichte im Januar 2009 einenBericht zur Umsetzung der Schutzverantwortung, in dem er diese in drei Säulen unterteilt und insbesondere die Bedeutung der rechtzeitigen Erkennung und Ergreifung von Maßnahmen zur Verhinderung von Massenverbrechen hervorhebt.
Generalsekretär Ban Ki-moon betont in seinem Bericht die Verantwortung aller Staaten, die sich auf ihrem Hoheitsgebiet aufhaltenden Menschen vor Völkermord, Kriegsverbrechen, ethnischen Säuberungen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu schützen. Eine angemessene und notwendige Reaktion auf diese Delikte beinhaltet demnach verschiedene Präventions- und Schutzmaßnahmen durch die UN-Mitgliedsstaaten, die UN selbst, regionale und subregionale Organisationen sowie zivilgesellschaftliche Akteure. Dabei sollen nicht nur westliche, sondern auch andere Staaten einbezogen werden. Ban Ki-moon erwähnte diese drei Säulen der Schutzverantwortung erstmals im Juli 2008. Die in den drei Säulen genannten Maßnahmen seien in ihrer Bedeutung gleichwertig und müssten jeweils unmittelbar nach Feststellung des Tatbestandes umgesetzt werden können.
Erste Säule
Hier wird die Verantwortung jedes einzelnen Staates hervorgehoben, seine Bevölkerung zu schützen. Sie stellt die Grundlage der Schutzverantwortung dar. Regierungen müssen demnach wirksame Maßnahmen ausarbeiten, um innerstaatliche Konflikte lösen zu können. Dabei ist besonders darauf zu achten, dass die Rechte von Frauen, Minderjährigen und Minderheiten gewahrt werden. Mit Hilfe des UN-Menschenrechtsrats solle überprüft werden, ob Regierungen ihren Verpflichtungen nachkommen. Alle Staaten werden dazu angehalten, durch Selbstreflexion Risikofaktoren zu ermitteln, die zu Gräueltaten führen könnten. Zivilgesellschaftliche Akteure und internationale Organisationen sollen helfen, nationale sowie transnationale Netzwerke für Überlebende zu gründen und weiterzuführen, um damit eine Wiederholung von Gräueltaten anderenorts zu verhindern.
Zweite Säule
Die zweite Säule betont die Verantwortung der internationalen Gemeinschaft, Staaten beim Schutz ihrer Bürger und bei der Beendigung schwelender Konflikte zu unterstützen. Dabei sollen Regierungen ermutigt und unterstützt werden, den Forderungen aus der ersten Säule selbst nachzukommen. Gemeinsames Engagement und aktive Partnerschaften von und zwischen der internationalen Gemeinschaft und einzelnen Staaten sind besonders dann gefragt, wenn die politische Führung eines Landes schwach, gespalten oder fragil ist. Eine Zusammenarbeit unterschiedlicher Interessengruppen (Mitgliedsstaaten, regionale und subregionale Institutionen, Zivilgesellschaft und Privatwirtschaft) ist dabei unbedingt erforderlich. Bei der Vermittlung von humanitären Normen soll auf Dialog, Schulung und Training gesetzt werden. Regionale und subregionale Organisationen sollen auch hier eng zusammenarbeiten. Zivilisten und Polizisten müssen auf Notsituationen vorbereitet werden, um bei einem Ausbruch ethnischer Spannungen schnell reagieren zu können. Die vorbeugende Stationierung von Soldaten kann zur Stabilität unruhiger Regionen beitragen. Staaten sollten ihren eigenen Sicherheitsapparat ausbauen um damit die Sicherheit aller in ihren Grenzen lebenden Bevölkerungsgruppen zu gewährleisten. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die verstärkte Einbindung der sogenannten „Peacebuilding Commission“ in die Schutzverantwortung.
Dritte Säule
Wenn alle präventiven Bemühungen versagen hat die internationale Gemeinschaft die Verantwortung einzugreifen, um Völkermord, Kriegsverbrechen, ethnische Säuberung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verhindern und zu beenden. Dabei werden auch Zwangsmittel wie Sanktionen nicht ausgeschlossen. Der Sicherheitsrat, die UN-Generalversammlung sowie der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen können einen Untersuchungsausschuss zur Ermittlung befürchteter Verstöße gegen internationales Recht einberufen. UN-Missionen sollen alle Staaten rechtzeitig darauf hinweisen, dass sie ihren Verpflichtungen in Bezug auf die Schutzverantwortung nicht nachkommen. Dies erleichtert ein rechtzeitiges Eingreifen befugter Institutionen, wie der UN-Generalversammlung, des Sicherheitsrates, des Internationalen Strafgerichtshofes, des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen und des Sonderberaters zur Verhinderung von Völkermord.
Die internationale Gemeinschaft sollte eine Einschaltung des Internationalen Strafgerichtshof erwägen, wenn die Schutzverantwortung nicht beachtet wird. Weitere Maßnahmen sind gezielte diplomatische Sanktionen (Einschränkung oder Verbot bei Reisen und Geldtransfers sowie beim Kauf von Luxusgütern und Waffen). Die Zivilgesellschaft kann ebenso direkten Einfluss auf einzelne Bürger wie auf öffentliche und private Investoren nehmen, die Geld in fraglichen Ländern anlegen. Dem Generalsekretär kommt dabei eine besonders wichtige Aufgabe zu: Er muss den Sicherheitsrat und die Generalversammlung über sich abzeichnende Konfliktsituationen informieren. Die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates werden dazu aufgefordert, ein erforderliches Eingreifen nicht durch ein Veto zu blockieren. Auch die Generalversammlung soll alle erforderlichen Maßnahmen zur Überwachung von Frieden und Sicherheit auf internationaler, wie auch regionaler Ebene beschließen.
Die UN-Mitgliedsstaaten und die Generalversammlung sowie der Sicherheitsrat sollen darüber hinaus eine Strategie für ein schnelles militärisches Eingreifen entwickeln. Eine globale bzw. regionale Zusammenarbeit ist zur Kapazitätserweiterung und zur Frühwarnung ebenfalls notwendig. Ban Ki-moon fordert die Generalversammlung in seinem Bericht auf, eine Strategie zur Umsetzung der Schutzverantwortung auszuarbeiten, die eine Präzisierung und Weiterentwicklung der in der zweiten Säule festgelegten Maßnahmen (internationale Hilfe und kapazitätserweiternde Maßnahmen) beinhalten soll. Des Weiteren soll durch eine möglichst regelmäßige Überprüfung der Mitgliedsstaaten festgestellt werden, ob sie ihrer Schutzverantwortung nachkommen. Dies könne in Form einer halbjährlichen oder jährlichen Berichterstattung in den nächsten Jahren erfolgen. Der Bericht warnt an verschiedenen Stellen vor den Folgen verspäteter Reaktionen und selektiver Berichterstattung. Ein reger Informationsaustausch zwischen Mitgliedern der internationalen Gemeinschaft und die Berücksichtigung der Kenntnisse ortsansässiger Partner seien bei der Entwicklung neuer Strategien besonders wichtig.
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