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Ruanda-Veranstaltungsankündigung: GA bei Fachgespräch der Grünen, 01.04.2019 15-19 Uhr (Bundestag)

Unter dem Titel „25 Jahre seit dem Völkermord in Ruanda – Genozidprävention damals und heute“ wird die Bundestagsfraktion Bündnis90/Die Grünen am 1. April 2019 von 15:00 Uhr – 18:00 Uhr ein Fachgespräch zu Lücken und Lehren der Aufarbeitung in Deutschland und in der Weltgemeinschaft abhalten. Als Geschäftsführer von Genocide Alert e.V. wird Jens Stappenbeck am Panel zu „Internationale und Europäische Genozidprävention – wie geht es weiter?“ teilnehmen. Die Veranstaltung ist öffentlich. Eine Anmeldung ist für den Zugang zum Bundestag erforderlich.

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Credit © European Union, 2013

Interview mit Franziska Brantner: Die Verantwortung Europas

Dr. Fran­zis­ka Brant­ner ist Mit­glied des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments aus Ba­den-Würt­tem­berg. Sie ist au­ßen­po­li­ti­sche Spre­che­rin der Frak­ti­on Grü­ne/EFA und ge­hört dem Aus­wär­ti­gen Aus­schuss an. Sie ist Be­richt­er­stat­te­rin des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments für das The­ma der Schutz­ver­ant­wor­tung (‚Re­s­pon­si­bi­li­ty to Pro­tect‘). Im In­ter­view mit Ge­no­ci­de Alert kom­men­tiert Frau Dr. Brant­ner den in die­sem Früh­jahr ver­öf­fent­lich­ten Be­richt der „Eu­ropean Task Force on the EU Preven­ti­on on Mass Atro­ci­ties.“ Der Be­richt spricht kon­kre­te Emp­feh­lun­gen aus, wie die EU ih­re Fä­hig­kei­ten stär­ken kann um bes­ser zu ei­ner Ver­hin­de­rung schwers­ter Men­schen­rechts­ver­bre­chen wie Völ­ker­mord bei­tra­gen zu kön­nen.

Ge­no­ci­de Alert: War­um soll­te es in der Ver­ant­wor­tung der Eu­ro­päi­schen Uni­on lie­gen schwers­te Men­schen­rechts­ver­bre­chen welt­weit zu ver­hin­dern?

Brant­ner: Na­tür­lich liegt es nicht nur in der Ver­ant­wor­tung der Eu­ro­päi­schen Uni­on, aber Eu­ro­pa be­sitzt auf­grund sei­ner Ge­schich­te ei­ne be­son­de­re Ver­ant­wor­tung, um Men­schen­rechts­ver­bre­chen zu ver­hin­dern. Vor al­lem aber hat sich die EU ganz ein­deu­tig, auch in ih­ren Ver­trä­gen, zu Mul­ti­la­te­ra­lis­mus und den Ver­ein­ten Na­tio­nen be­kannt hat. Und da­mit steht sie auch in der Pflicht, das Prin­zip der Schutz­ver­ant­wor­tung (‚R2P‘), das 2005 von al­len Mit­glieds­staa­ten der Ver­ein­ten Na­tio­nen de­kla­riert wur­de um­zu­set­zen. Die EU muss ei­nen an ih­ren Ka­pa­zi­tä­ten und Fä­hig­kei­ten ge­mes­se­nen wich­ti­gen Bei­trag zu des­sen Um­set­zung bei­tra­gen, das Prin­zip je­doch nicht neu er­fin­den. Letzt­lich wä­re es auch der Glaub­wür­dig­keit der EU zu­träg­lich, wenn es ihr stär­ker ge­län­ge, ih­ren heh­ren Ab­sich­ten ent­spre­chen­de Ta­ten fol­gen zu las­sen.

 

Ge­no­ci­de Alert: Wel­che drei Emp­feh­lun­gen der Task Force wür­den Sie als die wich­tigs­ten her­vor­he­ben?

Brant­ner: Die Emp­feh­lun­gen der Task Force zur Prä­ven­ti­on durch die EU von schwers­ten Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen be­inhal­ten zahl­rei­che wert­vol­le An­satz­punk­te. An ers­ter Stel­le gilt es, die Emp­feh­lung zum ex­pli­zi­ten und EU-wei­ten Be­kennt­nis zur Schutz­ver­ant­wor­tung auf­zu­neh­men. Das Eu­ro­päi­sche Par­la­ment ver­ab­schie­de­te im April die­ses Jah­res ei­ne Emp­feh­lung an den Rat zum Prin­zip der Schutz­ver­ant­wor­tung in der es den Rat und die Mit­glieds­staa­ten auf­for­dert, ei­nen ‚Eu­ro­päi­schen Kon­sens zur Schutz­ver­ant­wor­tung‘ zu ent­wi­ckeln. Die­ser soll ähn­lich wie ver­gan­ge­ne Kon­sen­se zur Ent­wick­lungs­po­li­tik (2006) und zur hu­ma­ni­tä­ren Hil­fe (2008) die EU In­sti­tu­tio­nen und die Mit­glieds­staa­ten ver­pflich­ten, ih­re Maß­nah­men auf der Ba­sis ge­mein­sa­mer Grund­sät­ze zu ko­or­di­nie­ren.

Zwei­tens möch­te ich die For­de­rung nach ei­ner un­ver­züg­li­chen und ziel­ge­rich­te­te­ren Re­ak­ti­on auf Früh­war­nun­gen her­vor­he­ben. Da sich die EU-Struk­tu­ren, ins­be­son­de­re der Eu­ro­päi­sche Aus­wär­ti­ge Dienst (EAD), ho­ri­zon­tal mit den ver­schie­de­nen As­pek­ten von R2P be­fas­sen, ist ein op­ti­ma­ler und hand­lungs­ori­en­tier­ter In­for­ma­ti­ons­fluss un­er­läss­lich. Ei­ne EU-R2P Ko­or­di­nie­rungs­stel­le könn­te da­bei be­hilf­lich sein.

Drit­tens ist die in­ter­na­tio­na­le Ko­ope­ra­ti­on bei Ver­net­zung und Aus­tausch mit lo­ka­len zi­vil­ge­sell­schaft­li­chen Ak­teu­ren un­ab­ding­bar. Die Schutz­ver­ant­wor­tung kann nur funk­tio­nie­ren, wenn es ein uni­ver­sell ge­stütz­tes und um­zu­set­zen­des Prin­zip bleibt.

 

Ge­no­ci­de Alert: Wie se­hen Sie die Rol­le des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments bei der Um­set­zung der Emp­feh­lun­gen des Be­richts?

Brant­ner: Das Eu­ro­päi­sche Par­la­ment ist ein gro­ßer Be­für­wor­ter des Prin­zips der Schutz­ver­ant­wor­tung und sei­ner Um­set­zung. Dies zeig­te sich auch bei der Ver­ab­schie­dung der Emp­feh­lung an den Rat und des­sen über­wäl­ti­gen­der Zu­stim­mung durch die ver­schie­de­nen Frak­tio­nen. Ei­ni­ge der Emp­feh­lun­gen des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments fin­den sich auch im Be­richt der Task Force wie­der. Wir ha­ben dem Rat und den Mit­glieds­staa­ten ei­ne Frist von ei­nem hal­ben Jahr ge­setzt bis sie uns über Schrit­te zur Über­nah­me der Emp­feh­lun­gen zu be­rich­ten ha­ben. Das EP hat im Be­reich der Ge­mein­sa­men Au­ßen- und Si­cher­heits­po­li­tik kei­ne zwin­gen­de Kom­pe­ten­zen, muss je­doch kon­sul­tiert wer­den. Die­se Er­in­ne­rungs- und Mah­nungs­funk­ti­on wird das EP auch im Be­reich der Schutz­ver­ant­wor­tung wei­ter aus­füh­ren, und au­ßer­dem als Brü­cke zwi­schen Zi­vil­ge­sell­schaft und den be­schlie­ßen­den Or­ga­nen des Rats und des EADs agie­ren.

 

Ge­no­ci­de Alert: Die Eu­ro­päi­sche Uni­on be­treibt be­reits ei­ne An­zahl von Ak­ti­vi­tä­ten zur Kon­flikt­prä­ven­ti­on und -be­ar­bei­tung. Was ist der Un­ter­schied zwi­schen die­sen Ak­ti­vi­tä­ten und der Ver­hin­de­rung schwers­ter Men­schen­rechts­ver­bre­chen?

Brant­ner: Dies ist ge­nau ei­ne der Fra­gen, bei der das Eu­ro­päi­sche Par­la­ment in sei­ner Emp­feh­lung den Rat und die Mit­glieds­staa­ten um Auf­klä­rung bit­tet. Kön­nen wir das Prin­zip der Schutz­ver­ant­wor­tung mit den der EU zur Ver­fü­gung ste­hen­den Struk­tu­ren, Me­cha­nis­men und In­stru­men­ten ef­fek­tiv um­set­zen? Wo sind Nach­bes­se­run­gen not­wen­dig?

Wir ha­ben in der Emp­feh­lung klar­ge­macht: Be­son­de­res Ge­wicht bei der Um­set­zung von R2P hat für uns sein prä­ven­ti­ver An­satz. Die EU be­sitzt zahl­rei­che Mög­lich­kei­ten zur Kon­flikt­vor­beu­gung, bei­spiels­wei­se in ih­ren ver­schie­de­nen Au­ßen­fi­nan­zie­rungs- in­stru­men­ten  wie dem Sta­bi­li­täts­in­stru­ment und dem Eu­ro­päi­schen In­stru­ment für De­mo­kra­tie und Men­schen­rech­te, oder in den zi­vi­len und mi­li­tä­ri­schen Mis­sio­nen der Ge­mein­sa­men Si­cher­heits- und Ver­tei­di­gungs­po­li­tik. Hin­zu kom­men die bi­la­te­ra­len Ab­kom­men der EU mit ih­ren Part­ner­län­dern.

Der Schritt zur tat­säch­li­chen Ver­hin­de­rung schwers­ter Men­schen­rechts­ver­bre­chen liegt dar­in, die zwei­fel­los be­ste­hen­den Fä­hig­kei­ten zur Kon­flikt­vor­beu­gung- und Be­ar­bei­tung in an­ge­mes­se­ner Form und zum rich­ti­gen Zeit­punkt ein­zu­set­zen. Und hier­für be­nö­tigt es das vom Eu­ro­päi­schen Par­la­ment ge­for­der­te bes­se­re Ver­ständ­nis was die EU bei der Um­set­zung von R2P er­rei­chen möch­te, so­wie ent­spre­chen­der Früh­er­ken­nung po­ten­ti­ell kri­ti­scher Si­tua­tio­nen, um früh­zei­tig agie­ren zu kön­nen. Da­her set­zen wir uns auch für R2P spe­zi­fi­sche Trai­nings für EU Di­plo­ma­ten ein.

 

Ge­no­ci­de Alert: Vie­le der Emp­feh­lun­gen der Task Force er­for­dern Hand­lun­gen durch die Mit­glieds­staa­ten. Wel­che kon­kre­ten Maß­nah­men soll­te die Bun­des­re­gie­rung er­grei­fen, um schwers­te Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen zu ver­hin­dern?

Brant­ner: Die Bun­des­re­gie­rung könn­te ei­ne gan­ze Men­ge tun. Auf der Ebe­ne der EU soll­te sie ei­ne trei­ben­de Kraft sein, um die Um­set­zung der vie­len sinn­vol­len Emp­feh­lun­gen des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments vor­an­zu­trei­ben. Da­für müss­te Ber­lin auch ei­ne Ver­mitt­ler­rol­le ein­neh­men zwi­schen Po­si­tio­nen von Mit­glieds­staa­ten, die den bra­si­lia­ni­schen Vor­schlag zur ‚Re­s­pon­si­bi­li­ty whi­le pro­tec­ting‘ und der not­wen­di­gen Ent­wick­lung von Kri­te­ri­en bei der Um­set­zung von R2P-Man­da­ten ab­leh­nen, so­wie je­nen Mit­glieds­staa­ten, die die­sem Bei­trag auf­ge­schlos­se­ner ge­gen­über­ste­hen. Fer­ner soll­te die Bun­des­re­gie­rung ih­ren Stand­punkt ei­ner re­strik­ti­ven  Rüs­tungs­ex­port­pra­xis nicht nur me­di­en­wirk­sam ver­kün­den, son­dern auch in der Aus­fuhr­pra­xis ein­hal­ten. In­ter­na­tio­na­le Po­si­tio­nen wie der Ge­mein­sa­men Stand­punkt der EU zu Waf­fen­ex­por­ten aus 2008 und der dies­jäh­ri­ge Waffenhandelsvertrag (ATT) muss die Bun­des­re­gie­rung ein­heit­lich um­set­zen und an­de­re Un­ter­zeich­ner zu kon­se­quen­ter An­wen­dung drän­gen. Denn in die­sen Do­ku­men­ten ha­ben wir Ver­bo­te von Waf­fen­aus­fuh­ren, wenn mit den zu ex­por­tie­ren­den Gü­tern im Ziel­land ’schwe­re Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen‘ (EU Stand­punkt) oder gar ex­pli­zit die vier R2P-Ver­bre­chen (ATT) be­gan­gen wer­den könn­ten.

Was für die EU gilt, gilt auch für Deutsch­land: Ein R2P-Be­stands­be­richt zu vor­han­de­nen Ka­pa­zi­tä­ten und In­stru­men­ten für die Um­set­zung der Schutz­ver­ant­wor­tung soll­te er­stellt wer­den. Auch könn­ten deut­sche Di­plo­ma­ten ge­zielt zu po­ten­ti­el­len R2P-Si­tua­tio­nen und de­ren Früh­er­ken­nung ge­schult wer­den. Des Wei­te­ren muss Deutsch­land auch wei­ter­hin das in­ter­na­tio­na­le Netz­werk von R2P-Ko­or­di­nie­rungs­stel­len un­ter­stüt­zen – ge­nau­so wie die im Ju­li 2013 ins Amt be­ru­fe­ne R2P-Son­der­be­auf­trag­te des Ge­ne­ral­se­kre­tärs der Ver­ein­ten Na­tio­nen, Jen­ni­fer Welsh.

Genocide_Alert_Interview_mit_Franziska_Brantner_MEP_zur_European_Task_Force_on_Prevention_of_Mass_Atrocities

 

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Interview mit Tom Koenigs (Bündnis 90/Die Grünen):„Unter grüner Regierungsverantwortung wäre der Schutz von Menschen vor Massenverbrechen eine außen- und menschenrechtspolitische Priorität.“

Mit ih­rem de­tail­lier­ten An­trag zur Schutz­ver­ant­wor­tung im Bun­des­tag im Mai 2012 zeig­ten die Grü­nen, dass sie sich in­ten­siv mit der Schutz­ver­ant­wor­tung aus­ein­an­der­set­zen. Ei­ner der en­ga­gier­tes­ten Ver­tre­ter der Schutz­ver­ant­wor­tung bei den Grü­nen ist Tom Ko­enigs. Im In­ter­view mit Ge­no­ci­de Alert er­klärt der Vor­sit­zen­de des Aus­schus­ses für Men­schen­rech­te und hu­ma­ni­tä­re Hil­fe des Bun­des­ta­ges die Po­si­ti­on der Grü­nen zur Schutz­ver­ant­wor­tung. Er at­tes­tiert der Bun­des­re­gie­rung Kon­zept­lo­sig­keit im Be­zug auf die Re­s­pon­si­bi­li­ty to Pro­tect und be­zieht auch zu den kon­kre­ten Fäl­len in Li­by­en und Sy­ri­en Stel­lung.

 Ge­no­ci­de Alert: Sie sind ei­ner der stärks­ten Ver­tre­ter  der Re­s­pon­si­bi­li­ty to Pro­tect in ih­rer Frak­ti­on. Die Mei­nung der GRÜ­NEN zur Schutz­ver­ant­wor­tung ist je­doch nicht ein­heit­lich. Was ist ihr wich­tigs­tes Ar­gu­ment, um Zweif­ler in Ih­rer Par­tei von der Schutz­ver­ant­wor­tung zu über­zeu­gen?

Tom Ko­enigs: Ich fin­de es wich­tig, zwi­schen dem Prin­zip der Schutz­ver­ant­wor­tung und den In­stru­men­ten sei­ner Um­set­zung zu un­ter­schei­den. Das Prin­zip ist an­er­kannt. Wir dis­ku­tie­ren dar­über, wie es am wirk­sams­ten um­ge­setzt wer­den kann, al­so wel­che Maß­nah­men in wel­chen Si­tua­tio­nen hilf­reich sind, um Men­schen wirk­sam vor schwers­ten Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen zu schüt­zen und Staa­ten da­bei zu hel­fen. RtoP ist nicht mit mi­li­tä­ri­schen In­ter­ven­tio­nen gleich­zu­set­zen son­dern zielt dar­auf ab, schwers­te Men­schen­rechts­ver­bre­chen wie Völ­ker­mord be­reits im Vor­feld zu ver­hin­dern. Die über­wie­gen­de Mehr­heit der RtoP-Maß­nah­men sind zi­vi­le und di­plo­ma­ti­sche Prä­ven­ti­ons­maß­nah­men, die nicht im Zen­trum der me­dia­len Öf­fent­lich­keit ste­hen. Dar­in müs­sen wir bes­ser wer­den, da­mit mi­li­tä­ri­sche Ein­grif­fe erst gar nicht nö­tig wer­den. Es gibt vie­le Op­tio­nen zwi­schen den Ex­tre­men Nichts­tun oder Ent­sen­dung der Ma­ri­nes.  Zwangs­maß­nah­men als äu­ßers­te Mit­tel ge­hö­ren aber zu ei­nem glaub­wür­di­gen Kon­zept. Men­schen­ver­ach­ten­de Re­gime las­sen sich nicht mit gu­ten Wor­ten am Mor­den hin­dern.

Ge­no­ci­de Alert: In den neun­zi­ger Jah­ren gab es im Rah­men der Krie­ge auf dem Bal­kan hef­ti­ge De­bat­ten zwi­schen den Im­pe­ra­ti­ven „nie wie­der Krieg“ und „nie wie­der Ausch­witz“. Über wel­che Etap­pen hat sich die­se De­bat­te seit 1999 ent­wi­ckelt? Wel­che Rol­le ha­ben bei die­ser Dis­kus­si­on die Kri­sen in Dar­fur und im Kon­go ge­spielt?

Tom Ko­enigs: Schwers­te Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen stel­len uns im­mer vor das Di­lem­ma, uns schul­dig zu ma­chen – durch Ein­grei­fen oder durch Nichts­tun. Die­ses Di­lem­ma wird heu­te aber an­ders dis­ku­tiert als noch vor zehn Jah­ren. Nach den Ver­bre­chen in Ru­an­da 1994, Sre­bre­ni­ca 1995 und im Ko­so­vo 1999 wur­de hef­tig de­bat­tiert, wie le­gi­tim es ist, mit mi­li­tä­ri­schem Ein­grei­fen schwers­te Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen zu ver­hin­dern. In Deutsch­land hat­te man aus Sor­ge vor ei­ner Mi­li­ta­ri­sie­rung der Au­ßen­po­li­tik ei­ni­ge Ele­men­te des Men­schen­rechts­schut­zes ver­nach­läs­sigt. Die in­ter­na­tio­na­le An­er­ken­nung der Schutz­ver­ant­wor­tung 2005 hat die Po­si­tio­nen „Nie wie­der Krieg“ und „Nie wie­der Ausch­witz“ ein­an­der an­ge­nä­hert. Wir re­den nicht mehr über das Recht von Staa­ten zur In­ter­ven­ti­on, son­dern dar­über, dass Staa­ten für den Schutz der ei­ge­nen Be­völ­ke­rung ver­ant­wort­lich sind und dar­über, wie die in­ter­na­tio­na­le Staa­ten­ge­mein­schaft Staa­ten da­bei un­ter­stüt­zen kann. Zi­vi­le prä­ven­ti­ve Maß­nah­men wur­den ex­pli­zit in den Vor­der­grund ge­stellt und mi­li­tä­ri­sches Ein­grei­fen nur im äu­ßers­ten Not­fall und nur mit ei­nem Man­dat des VN-Si­cher­heits­ra­tes ak­zep­tiert.

Fäl­le von lang an­dau­ern­den Ver­bre­chen wie in Dar­fur oder im Kon­go ha­ben ge­zeigt, dass mi­li­tä­ri­sche Zu­rück­hal­tung nicht im­mer wei­ter hilft. Ei­ne früh­zei­ti­ge mi­li­tä­ri­sche Re­ak­ti­on kann in man­chen Fäl­len, wenn sie von zi­vi­len und po­li­ti­schen Maß­nah­men be­glei­tet und ge­folgt ist, zu mehr Frie­den bei­tra­gen als ein ka­te­go­ri­scher Ge­walt­ver­zicht. Im UN-Rah­men ha­ben es ein­zel­ne Staa­ten schwe­rer, für rein macht­po­li­tisch mo­ti­vier­te In­ter­ven­tio­nen Zu­stim­mung zu fin­den. Die Ver­su­che Russ­lands, die In­ter­ven­ti­on in Ge­or­gi­en 2008 mit der Schutz­ver­ant­wor­tung zu be­grün­den oder die Be­mü­hun­gen der US-Re­gie­rung, den Prä­ven­tiv­krieg ge­gen den Irak 2003 mit men­schen­recht­li­chen Zie­len zu le­gi­ti­mie­ren, sind ge­schei­tert.

Ge­no­ci­de Alert: Die Schutz­ver­ant­wor­tung wird von Sei­ten der Frie­dens­be­we­gung ver­däch­tigt, Krie­ge zu le­gi­ti­mie­ren und die Si­tua­ti­on in den ent­spre­chen­den Län­dern so­gar noch zu ver­schlim­mern. Die Par­tei DIE LIN­KE hat in den letz­ten Jah­ren ver­sucht, sich als par­la­men­ta­ri­scher Arm der „An­ti­kriegs­be­we­gung“ dar­zu­stel­len. Kann man als Pa­zi­fist heu­te noch die GRÜ­NEN wäh­len?

Tom Ko­enigs: Es ist ein zi­vi­li­sa­to­ri­scher Fort­schritt, dass die deut­sche Ge­sell­schaft ge­gen­über dem Ein­satz mi­li­tä­ri­scher Ge­walt zu­rück­hal­tend ist. Ab­so­lu­te Ge­walt­frei­heit ist aber nicht zu recht­fer­ti­gen, wenn mas­sen­haf­te Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen durch den Ein­satz von Ge­walt ver­hin­dert wer­den könn­ten. Ge­ra­de wir Deut­schen, die 1945 von ei­nem men­schen­ver­ach­ten­den Re­gime mit Waf­fen­ge­walt und un­ter un­säg­li­chen Ver­lus­ten be­freit wor­den sind, soll­ten die Feh­ler der ame­ri­ka­ni­schen Pa­zi­fis­ten in der Vor­kriegs­zeit nicht wie­der­ho­len. Mit dem RtoP-Kon­zept hat sich die in­ter­na­tio­na­le Ge­mein­schaft dar­auf ver­stän­digt, bei schwers­ten Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen nicht mehr weg­zu­se­hen son­dern sie zu ver­hin­dern, mit zi­vi­len Mit­teln so­weit ir­gend dies geht und nur im äu­ßers­ten Not­fall mit mi­li­tä­ri­schen Mit­teln und das nach der VN-Char­ta. Die­se Ent­wick­lung ist ein wich­ti­ger Schritt der Ver­recht­li­chung und Zi­vi­li­sie­rung in­ter­na­tio­na­ler Po­li­tik und mit ei­nem ra­di­ka­len Pa­zi­fis­mus nicht zu ver­ein­ba­ren. Da­zu ha­ben wir Grü­ne uns nach schwie­ri­gen und lan­gen De­bat­ten durch­ge­run­gen. Bei Völ­ker­mord wol­len wir uns lie­ber we­gen miss­lun­ge­ner als we­gen un­ter­las­se­ner Hil­fe­leis­tung kri­ti­sie­ren las­sen.

Ge­no­ci­de Alert: In ih­rem An­trag zur RtoP hat sich die Frak­ti­on die GRÜ­NEN sehr po­si­tiv und un­ter­stüt­zend zum Kon­zept ge­äu­ßert. Was wür­de sich ver­än­dern, wenn die Grü­nen in der kom­men­den Bun­des­tags­wahl in die Bun­des­re­gie­rung ge­wählt wer­den wür­den?

Tom Ko­enigs: Trotz un­se­rer his­to­ri­schen Ver­ant­wor­tung für die Ver­hü­tung von Völ­ker­mord spielt RtoP in der Au­ßen­po­li­tik der Bun­des­re­gie­rung zur Zeit kaum ei­ne Rol­le. Das deut­sche En­ga­ge­ment für die Schutz­ver­ant­wor­tung ist pro­fil- und kon­zept­los. Wir Grü­ne be­grei­fen RtoP als wich­ti­ge Säu­le ei­ner men­schen­rechts­ge­lei­te­ten glo­ba­len Frie­dens­po­li­tik. Un­ter grü­ner Re­gie­rungs­ver­ant­wor­tung wä­re der Schutz von Men­schen vor Mas­sen­ver­bre­chen ei­ne au­ßen- und men­schen­rechts­po­li­ti­sche Prio­ri­tät. Das be­deu­tet, wir wür­den die prä­ven­ti­ven Ka­pa­zi­tä­ten und Früh­warn­me­cha­nis­men der VN stär­ken, er­neut die Dis­kus­si­on über Kri­te­ri­en für mi­li­tä­ri­sche Maß­nah­men als äu­ßers­tes Mit­tel in den VN-Gre­mi­en an­sto­ßen, VN-Mis­sio­nen im Rah­men von RtoP-Man­da­ten nicht nur fi­nan­zi­ell son­dern auch per­so­nell un­ter­stüt­zen, RtoP in Re­gie­rungs­ge­sprä­chen und Men­schen­rechts­dia­lo­gen an­spre­chen, RtoP-Trai­ning von Bun­des­wehr­sol­da­ten ein­füh­ren, die in­sti­tu­tio­nel­len – und in an­de­ren Län­dern schon exis­tie­ren­den – in­sti­tu­tio­nel­len Vor­aus­set­zun­gen schaf­fen, um schwers­te Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen bes­ser vor­beu­gen und schnel­ler auf sie re­agie­ren zu kön­nen. In un­se­rem An­trag an die Bun­des­re­gie­rung (Druck­sa­che 17/9584) ha­ben wir die­se Zie­le for­mu­liert.

Ge­no­ci­de Alert: Die Ver­hin­de­rung von Mas­sen­ver­bre­chen wur­de kürz­lich von Prä­si­dent Ba­rack Oba­ma als “na­tio­na­les In­ter­es­se” de­fi­niert. Vor die­sem Hin­ter­grund wur­de ein so­ge­nann­tes Atro­ci­ties Preven­ti­on Board ge­grün­det. Auch  die Grü­nen neh­men die Prü­fung ei­ner sol­chen  Idee für Deutsch­land in ih­rem An­trag auf. Wie soll­te ei­ne sol­che In­sti­tu­ti­on in Deutsch­land kon­kret aus­se­hen?

Tom Ko­enigs: Wir ha­ben die Bun­des­re­gie­rung auf­ge­for­dert, sich der In­itia­ti­ve des Glo­bal Cent­re for the Re­s­pon­si­bi­li­ty to Pro­tect (GCR2P) an­zu­schlie­ßen und ei­ne na­tio­na­le Kon­takt­stel­le ein­zu­rich­ten, um schnel­ler über RtoP-Maß­nah­men ent­schei­den und sie bes­ser ko­or­di­nie­ren zu kön­nen. In die­sem Zu­sam­men­hang for­dern wir, ein mit dem in den USA ein­ge­rich­te­ten Atro­ci­ties Preven­ti­on Board ver­gleich­ba­res Gre­mi­um zu schaf­fen. Der Bei­rat setzt sich in den USA aus hoch­ran­gi­gen Ver­tre­tern der Mi­nis­te­ri­en für Äu­ße­res, Ver­tei­di­gung, Ent­wick­lung, Fi­nan­zen und Jus­tiz, der Ge­heim­diens­te, der Streit­kräf­te, der Ver­tre­tung bei den Ver­ein­ten Na­tio­nen und des Bü­ros des Vi­ze­prä­si­den­ten zu­sam­men. Ei­ne deut­sche na­tio­na­le Kon­takt­stel­le für RtoP soll­te eben­falls auf ho­her po­li­ti­scher Ebe­ne an­ge­sie­delt sein. Dies setzt den po­li­ti­schen Wil­len vor­aus, die Ver­hin­de­rung von Mas­sen­ver­bre­chen ganz oben auf die po­li­ti­sche Agen­da zu set­zen. Die Bun­des­re­gie­rung ist der Mei­nung, dass der Bei­rat zi­vi­le Kri­sen­prä­ven­ti­on aus­rei­chend ist. Da­bei ist die Prä­ven­ti­on schwers­ter Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen nicht mit der Prä­ven­ti­on von be­waff­ne­ten Kon­flik­ten gleich­zu­set­zen. RtoP-Ver­bre­chen ste­hen oft aber nicht im­mer di­rekt mit be­waff­ne­ten Kon­flik­ten in Zu­sam­men­hang wie die Fäl­le Kam­bo­dscha 1975-1978 und der Ho­lo­caust zei­gen.

Ge­no­ci­de Alert: Die Li­by­en­in­ter­ven­ti­on wird von vie­len als not­wen­di­ger Ein­griff so­wie als Er­folg für die Schutz­ver­ant­wor­tung be­wer­tet. Deutsch­land hat sich da­mals im Si­cher­heits­rat sei­ner Stim­me ent­hal­ten und ei­ne mi­li­tä­ri­sche Be­tei­li­gung ab­ge­lehnt. Wel­che Leh­ren soll­te die Bun­des­re­pu­blik aus der In­ter­ven­ti­on und dem ei­ge­nen Um­gang mit die­ser Fra­ge zie­hen?  Wür­den Sie sich mit dem heu­ti­gen Wis­sen in ei­ner ähn­li­chen Si­tua­ti­on für ei­ne Be­tei­li­gung an ei­ner mi­li­tä­ri­schen In­ter­ven­ti­on aus­spre­chen?

Tom Ko­enigs: Es war ein schwe­rer mo­ra­li­scher und po­li­ti­scher Feh­ler, dass sich die Bun­des­re­gie­rung an der Sei­te von Russ­land und Chi­na ent­hal­ten hat. Gad­da­fi hat Re­gime­geg­ner öf­fent­lich als „Ka­ker­la­ken“ be­zeich­net, von de­nen Li­by­en „ge­säu­bert“ wer­den müs­se. Die Rück­erobe­rung Ben­ga­sis durch re­gime­treue Trup­pen stand kurz be­vor. In die­ser Si­tua­ti­on hat sich die Bun­des­re­gie­rung ih­rer Schutz­ver­ant­wor­tung für die li­by­sche Be­völ­ke­rung ent­zo­gen. Ein UN-Man­dat mit­zu­tra­gen be­deu­tet nicht au­to­ma­tisch, sich (mi­li­tä­risch) be­tei­li­gen zu müs­sen. RtoP soll an­ge­wen­det wer­den, wo sie Aus­sicht auf Er­folg hat, je­den­falls aber durch ein Ein­grei­fen der in­ter­na­tio­na­len Ge­mein­schaft nicht ver­schlim­mert wird. In Li­by­en war dies im Ge­gen­satz zur ge­gen­wär­ti­gen Si­tua­ti­on in Sy­ri­en ge­ge­ben. Der Fall Li­by­en zeigt aber auch Ge­fah­ren ei­ner Über­deh­nung von RtoP-Man­da­ten. RtoP-Man­da­te soll­ten zeit­lich eng be­grenzt und nur auf den Schutz von Zi­vi­lis­ten be­schränkt wer­den. Kei­ne Si­tua­ti­on schwers­ter Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen gleicht der an­de­ren. Da­her kann ich nicht pau­schal sa­gen, wo ich mich für ei­ne mi­li­tä­ri­sche In­ter­ven­ti­on aus­spre­chen wür­de. Zu Recht hei­ßt es im Ab­schluss­do­ku­ment 2005, dass Ent­schei­dun­gen  von Fall zu Fall ent­schie­den wer­den müs­sen. Ei­ne deut­sche Be­tei­li­gung im Fall Li­by­en hät­te ich aber auch im Rück­blick für an­ge­mes­sen ge­hal­ten.

Ge­no­ci­de Alert: Ist die in­ter­na­tio­na­le Staa­ten­ge­mein­schaft in Sy­ri­en ih­rer Schutz­ver­ant­wor­tung nach­ge­kom­men? Was hät­te man aus heu­ti­ger Sicht zu ei­nem frü­he­ren Zeit­punkt im Fall Sy­ri­en an­ders ma­chen müs­sen?

Tom Ko­enigs: Nicht die in­ter­na­tio­na­le Ge­mein­schaft ent­zieht sich ih­rer Schutz­ver­ant­wor­tung für die sy­ri­sche Be­völ­ke­rung son­dern ein­zel­ne Mit­glieds­staa­ten. Mit ih­rem Ve­to ge­gen drei Re­so­lu­tio­nen des Si­cher­heits­ra­tes ha­ben Russ­land und Chi­na die Staa­ten­ge­mein­schaft dar­an ge­hin­dert, den sy­ri­schen Prä­si­den­ten zum Ab­tre­ten zu zwin­gen und auf ei­ne fried­li­che Lö­sung des Kon­flikts hin­zu­wir­ken. Trotz­dem war die Staa­ten­ge­mein­schaft nicht un­tä­tig: es wur­den Sank­tio­nen ver­ab­schie­det, di­plo­ma­ti­sche Be­zie­hun­gen ab­ge­bro­chen, ein Son­der­be­ra­ter ein­ge­setzt und ein Sechs-Punk­te-Plan mit ei­ner VN-Be­ob­ach­ter­mis­si­on ver­ab­schie­det. Die Frie­dens­mis­si­on Ko­fi An­n­ans kann aber nur so stark sein, wie die Mit­glieds­län­der der Ver­ein­ten Na­tio­nen sie ma­chen. Je mehr Zeit ver­streicht, des­to schwe­rer grei­fen die gut kon­zi­pier­ten Maß­nah­men. Man hät­te vie­les frü­her und bes­ser ma­chen kön­nen. Ich hät­te mir frü­her ein deut­li­ches Si­gnal des Si­cher­heits­ra­tes an As­sad, ein stär­ke­res En­ga­ge­ment der Ara­bi­schen Li­ga, schär­fe­re Sank­tio­nen, ei­ne frü­he­re Aus­wei­sung des sy­ri­schen Bot­schaf­ters aus Deutsch­land aber auch Ver­hand­lun­gen mit dem in der Re­gi­on ein­fluss­rei­chen Iran ge­wünscht.

Ge­no­ci­de Alert: Ne­ben aku­ten Kri­sen wie jüngst in Li­by­en und Sy­ri­en gibt es „ver­ges­se­ne“ Fäl­le, wie den Su­dan oder die DR Kon­go, in wel­chen der Schutz­ver­ant­wor­tung nicht nach­ge­kom­men wird, oh­ne dass die­se durch den „CNN-Ef­fekt“ auf der po­li­ti­schen Ta­ges­ord­nung ste­hen. Wie lässt sich dem bei­kom­men?

Tom Ko­enigs: Das ist ei­ne zen­tra­le Kri­tik am RtoP-Kon­zept. Wir kön­nen aber nicht igno­rie­ren, dass die in­ter­na­tio­na­le Ge­mein­schaft nicht in al­le Kon­flik­ten ein­grei­fen kann. Da muss man rea­lis­tisch blei­ben. Aber nur weil Men­schen nicht über­all vor schwers­ten Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen ge­schützt wer­den (kön­nen), ist es nicht ver­werf­lich,  dass sie dort ge­schützt wer­den, wo es mög­lich ist. Auf­merk­sam­keit auf Fäl­le zu len­ken, die nicht oder kaum auf der po­li­ti­schen Agen­da ste­hen, ist ei­ne Her­aus­for­de­rung von Po­li­tik und Zi­vil­ge­sell­schaft und Or­ga­ni­sa­tio­nen vor Ort. Je mehr es ge­lingt, po­li­ti­schen Druck auf­zu­bau­en, des­to schwie­ri­ger wird es, sol­che Fäl­le zu igno­rie­ren.

Ge­no­ci­de Alert: Sy­ri­en, Dar­fur, Ko­so­vo: Was soll­te ge­tan wer­den, wenn in ei­ner Si­tua­ti­on wie in Sy­ri­en kei­ne Zwei­fel an dem Cha­rak­ter der Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen und dem Be­zug zur Schutz­ver­ant­wor­tung be­ste­hen, der UN-Si­cher­heits­rat je­doch durch ein Ve­to blo­ckiert ist?

Tom Ko­enigs: Wel­ches Vor­ge­hen der in­ter­na­tio­na­len Ge­mein­schaft hilf­reich ist, muss von Fall zu Fall ent­schie­den wer­den. Wenn ein Re­gime Mas­sen­ver­bre­chen an der ei­ge­nen Be­völ­ke­rung be­geht oder zu­lässt und der VN-Si­cher­heits­rat blo­ckiert ist, soll­ten mög­lichst al­le di­plo­ma­ti­schen, po­li­ti­schen und öko­no­mi­schen Mög­lich­kei­ten un­ter­halb die­ser Ebe­ne aus­ge­schöpft wer­den, um das Re­gime zu schwä­chen und po­li­tisch zu iso­lie­ren, z.B. durch ge­ziel­te di­plo­ma­ti­sche Sank­tio­nen, Rei­se­ver­bo­te, Ein­frie­ren von Ver­mö­gens­wer­ten oder Han­dels- und Waf­fen­em­bar­gos. Wenn der Si­cher­heits­rat blo­ckiert ist kann sich die Ge­ne­ral­ver­samm­lung im Sin­ne der „Unit­ing-for-Peace-Re­so­lu­ti­on“ von 1950 mit dem Fall be­fas­sen, Emp­feh­lun­gen an den VN-Si­cher­heits­rat ge­ben und so den Hand­lungs­druck auf die stän­di­gen Mit­glie­der er­hö­hen. Zwangs­maß­nah­men kann sie aber nicht be­schlie­ßen, da­zu ist al­lein der Si­cher­heits­rat be­fugt.

                                                                                                                                                 10. Au­gust 20

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