Thomas Lubanga Dyilo – Der erste Fall des Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag

Nach 10-jährigem Bestehen hat der IStGH am 14. März 2012 sein erstes Urteil erlassen: Thomas Lubanga Dyilo wurde als Mittäter wegen Kriegsverbrechen gemäß Artikel 8(2)(e)(vii), 25(3)(a) des Rom-Statuts verurteilt. Das Gericht hält es für zweifelsfrei bewiesen, dass der ehemalige Warlord und Führer der Union des patriotes congolais (UPC) samt deren militärischen Arm (Force patriotique pour la libération du Congo, FPLC) zwischen 2002 und 2003 Kinder unter 15 Jahren zwangsverpflichtet, in die Miliz eingegliedert und als Kindersoldaten in dem bewaffneten Konflikt eingesetzt hat.

Daraufhin wurde der 51-jährige Lubanga am 10. Juli 2012 zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt (Artikel 76 Rom-Statut). Der Ankläger hatte zwar 30 Jahre gefordert, jedoch berücksichtigte das Gericht mildernde Umstände, da Lubanga mit dem Gericht kooperiert hatte. Berufung ist bislang nicht eingelegt worden. Noch ist unklar, wo Lubanga die Gefängnisstrafe ableisten muss. Infrage kommen acht Länder, die ein entsprechendes Abkommen mit dem Gericht unterzeichnet haben. Davon haben sich bereits sechs Länder bereit erklärt die Strafe zu vollziehen: Belgien, Finnland, Großbritannien, Mali, Österreich und Serbien.

Kontext

Die Demokratische Republik Kongo gehört trotz ihres Rohstoffreichtums zu den ärmsten Staaten der Welt. Nicht erst seit 2002 befindet sich das Land in einem andauernden bewaffneten Konflikt. Insbesondere der reiche Osten ist seit 1996 Schauplatz vielschichtiger Konflikte zwischen bewaffneten Stammesmilizen und Rebellentruppen, einheimischen Regierungssoldaten und ausländischen Armeen wie etwa aus Ruanda und Uganda. Seither kamen über 5 Millionen Menschen ums Leben. Lubangas Miliz werden zahlreiche schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen, unter anderem ethnische Massaker, Folter, sexuelle Gewalt, Vergewaltigung und Missbrauch von Mädchen und Frauen als Sexsklaven.

Anklage auf Kindersoldaten beschränkt

Im Fokus des Lubanga-Verfahrens stand die Problematik der Rekrutierung von Kindersoldaten. Der Ankläger beschränkte sich hierbei auf den Tatbestand des Kriegsverbrechens in Form der Eingliederung, Zwangsrekrutierung und Einsetzung von Kindersoldaten in bewaffneten Konflikten. Tatbestände wie sexueller Missbrauch, Vergewaltigung und andere sexuelle Gewaltakte wurden somit von vornherein nicht ins Verfahren aufgenommen. Der Ankläger begründete dies damit, dass die Beweislage allein hinsichtlich der Kindersoldaten hinreichend war. Ein Teilfreispruch im allerersten Urteil des Internationalen Strafgerichtshofs hätte der Glaubwürdigkeit des Gerichts schaden können. Selbst die Anstrengungen der Opfer, den Anklagegegenstand materiell zu erweitern, brachten keinen Erfolg. Diese Beschränkung der Anklage allein aufgrund gerichtspolitischer Befürchtungen hat zumindest einen faden Beigeschmack.

Neuheit: Verfahrensrechte für Opfer

Die vielfältigen Verfahrensrechte der Opfer in dem Verfahren vor dem IStGH sind eine Neuerung im Völkerstrafrecht. Die Verfahrensordnungen des Internationale Tribunal für Jugoslawien sowie des internationales Tribunals für Ruanda kennen keine gesonderten Opferrechte. Nur Verfahren vor dem Rote-Khmer-Tribunal in Kambodscha („Extraordinary Chambers in the Courts of Cambodia“) sehen auch eine weitreichende Opferbeteiligung einschließlich Entschädigungszahlungen vor. Diese gibt es jedoch lediglich in Form von kollektiven oder ideellen Entschädigungen (moral reparation). Individualentschädigungen sieht auch das Rote-Khmer-Tribunal nicht vor.
Während des Lubanga-Verfahrens vor dem IStGH haben insgesamt 129 Opfer am Verfahren direkt teilgenommen, indem sie unabhängig vom Ankläger Beweise einführen und Zeugen befragen durften. Drei Opfer haben selbst als Zeugen ausgesagt. Zudem existiert mit Artikel 75 des Rom-Statuts die Möglichkeit Entschädigungszahlungen zu beantragen. Die Regelungen des IStGH sind jedoch vielfach noch konkretisierungsbedürftig (vgl. Artikel 68 Rom Statut, Artikel 85 Verfahrens- und Beweisordnung). Es wird erwartet, dass die Entscheidung bzgl. der Entschädigung der Opfer im Lubanga-Verfahren zahlreiche bisher ungeregelte Fragen beantworten wird. Offen ist beispielsweise, wie groß der Kreis der Opfer ist, der berechtigt sein soll Entschädigungen einzuklagen. Im Rahmen des Lubanga-Verfahrens haben mehr als 20 Personen einen Antrag auf Entschädigung gestellt. Ferner ist klärungsbedürftig, ob eine Kollektiventschädigung gezahlt oder ob jedes Opfer individuell entschädigt werden soll. Mit Spannung wird ferner erwartet, wie die Entschädigungen finanziert werden: Haftet der Verurteilte mit seinem Vermögen? Wird eine Ausfallhaftung bereitgehalten?
Genocide Alert sieht in der Anerkennung eigener Verfahrensrechte für Opfer einen bedeutenden Schritt. Die Position der Opfer schwerer Menschenrechtsverletzungen in Strafverfahren muss dringend gestärkt werden. Das ist entscheidend, weil die Interessen des Anklägers nicht zwingend mit den Interessen der Opfer übereinstimmen. Dieser Interessenkonflikt spiegelt sich im Lubanga-Verfahren in der Beschränkung des Anklagegegenstandes und dem Versuch der Opfer den Anklagegegenstand insbesondere auf sexuelle Gewaltdelikte auszuweiten. Genocide Alert begrüßt daher, dass im IStGH-Verfahren der Stimme der Geschädigten gesteigertes Gehör verschafft wird. Opferrechte müssen einen festen Platz im internationalen Strafverfahren haben, um alle betroffenen Interessen ausreichend zu berücksichtigen, die Aufarbeitung schwerster Menschenrechtsverletzungen zu fördern und gesellschaftliche Befriedung voranzutreiben. Besondere Wichtigkeit kommt an dieser Stelle dem Anspruch auf Opferentschädigung zu.

Meilenstein im Völkerstrafrecht

Das Urteil wird als Meilenstein der Völkerstrafrechtsgeschichte und Teilsieg im Kampf gegen Straflosigkeit schwerster Menschenrechtsverletzungen gefeiert. Es belegt die Relevanz internationaler Strafgerichtsbarkeit und untermauert die Existenzberechtigung des Internationalen Strafgerichtshofs. Seit seiner Entstehung wird dem IStGH vorgeworfen, zu langsam und uneffektiv zu arbeiten. Das erste Urteil ist eine deutliche Kampfansage. Spätestens jetzt muss jeder Kriegsverbrecher den Ruf aus Den Haag vernehmen: Schwere Menschenrechtsverletzungen werden verfolgt und bestraft, national und international!

Das Internationale Tribunal für Jugoslawien sowie das internationale Tribunal für Ruanda werden in den nächsten Jahren die letzten Anklagen verhandeln. Charles Taylor, der frühere Präsident von Liberia, wurde im April 2012 vom Sondertribunal für Sierra Leone wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt. Das Urteil des IStGH im Fall Lubanga bildet einen wichtigen Folgeschritt in Richtung einer effektiven internationalen Strafgerichtsbarkeit. Trotz dieses durchaus positiven Ausblicks besteht aber noch immer Handlungsbedarf. Etliche wegen schwerster Menschenrechtsverbrechen Angeklagte sind noch flüchtig, unter anderen: Bosco Ntaganda – Stellvertreter Lubangas in der UPC –, Omar Al-Bashir, und Joseph Kony.
Zudem kooperieren noch immer nicht alle Staaten mit dem IStGH. Der ist aber auf den Vollzug seiner Anordnungen durch nationale Polizeibehörden angewiesen. Zwar zählt der IStGH 121 Mitgliedstaaten, zu denen auch Deutschland und alle anderen EU-Staaten gehören, die Liste der Nicht-Mitglieder demonstriert allerdings eine schwerwiegende Schwäche: Die politischen Schwergewichte USA, China, Russland sind nicht dabei und auch Indien, Pakistan, Iran, Israel, Syrien, Sudan und Nordkorea lehnen den Gerichtshof ab.

Genocide Alert nimmt das Lubanga-Urteil zum Anlass, weiter darauf hin zu wirken, dass alle Staaten schwere Menschenrechtsverletzungen bekämpfen, verfolgen und bestrafen. Kriegsverbrecher dürfen nirgendwo einen sicheren Hafen finden, in dem sie sich straffrei bewegen können. Vor allem die IStGH-Mitgliedsstaaten müssen sich in Erinnerung rufen, dass der IStGH nur dann effektiv und erfolgreich arbeiten kann, wenn seine Entscheidungen auch national umgesetzt werden. Die international eingerichteten Gerichte haben ihre Arbeit erfolgreich aufgenommen. Nun ist es an den Nationalstaaten ihnen die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen. Die Straflosigkeit von Menschenrechtsverletzungen aus politischen Gründen muss beendet werden!

Sinthiou Estelle Buszewski

Ein striktes und effektives Waffenhandelsabkommen ergänzt die Responsibility to Protect

von Jamil Balga

Hintergrund

Massenverbrechen werden oftmals erst durch den ungehinderten Zugang der Täter zu Waffen ermöglicht. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass der internationale Waffenhandel nicht reglementiert ist. Das heißt, es gibt auf internationaler Ebene kein Abkommen, was dem Handel mit Waffen konkreten Regeln unterwirft. Und das obwohl jede Minute ein Mensch durch Waffengewalt sein Leben verliert.  Aus diesem Grund fordern Menschenrechtsorganisationen seit Jahrzehnten ein striktes und effektives Waffenhandelsabkommen auf internationaler Ebene. Auch der ehemalige Generalsekretär der Vereinten Nationen Kofi Annan bemängelte in seinem Millennium Report „We the Peoples“ im Jahr 2000, dass es keinen internationalen Vertrag gibt, der den Handel mit Kleinwaffen reguliert und deren Verbreitung eindämmt. Aufgrund der hohen Opferzahlen jährlich, werden Kleinwaffen zu Massenvernichtungswaffen.

Die Vereinten Nationen handeln derzeit ein Waffenhandelsabkommen aus (2.-27. Juli 2012). Ob dieses Abkommen jedoch am Ende auch ein effektives Werkzeug darstellt, um den Waffenhandel jeglicher Art besser kontrollieren und überwachen zu können und somit auch Waffenexporte in Krisenregionen untersagt, ist jedoch fraglich. Dies hängt zum einen damit zusammen, dass sich die Vereinten Nationen bei den Vorverhandlungen im Februar 2012 auf das Konsensprinzip geeinigt haben. Dies bedeutet, dass jeder Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen ein Veto-Recht hat, da alle Mitgliedsstaaten dem Abkommen zustimmen müssten. Zum anderen lässt im Besonderen die Haltung einiger der größten Rüstungsexporteure darauf schließen, dass ein Waffenhandelsabkommen, falls es zustande kommen sollte, eine sehr verwässerte Form annehmen wird. Russland, der zweitgrößte und China, der sechstgrößte Waffenexporteur gehören zu den Staaten, die ein schwaches Waffenhandelsabkommen favorisieren. Staaten, wie Deutschland (drittgrößter Waffenexporteur), setzen sich zwar für ein striktes Abkommen ein, könnten jedoch von ihrer Position abweichen, wenn die Konferenz zu scheitern drohen sollte.

Ohne Waffenlieferungen keine Massenverbrechen

Ein striktes und effektives Waffenhandelsabkommen würde jedoch dazu beitragen, Massenverbrechen zu verhindern. Auf dem Weltgipfel 2005 haben sich alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen dazu bekannt, dass jeder Staat eine Verantwortung trägt, Massenverbrechen – Völkermord, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und ethnische Säuberung – auf seinem Territorium zu verhindern (Primärverantwortung des Einzelstaates). Die internationale Gemeinschaft unterstützt einen Staat hierbei. Kommt ein Staat dieser Verantwortung jedoch nicht nach, weil er dies entweder nicht kann oder nicht willens ist, geht diese Verantwortung auf die internationale Gemeinschaft über (Komplementärverantwortung der internationalen Gemeinschaft). Diese sollte zunächst mit friedlichen und nicht-militärischen Mitteln versuchen, auf die Situation einzuwirken und als letztes Mittel militärisch eingreifen, mit einem Mandat des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen.

Obwohl die Responsibility to Protect die Möglichkeit einer militärischen Intervention zum Menschenrechtsschutz nicht ausschließt, ist es jedoch wichtig daran zu erinnern, dass das Hauptaugenmerk der Responsibility to Protect auf der Prävention von Massenverbrechen liegt. Und genau hier würde ein striktes und effektives Waffenhandelsabkommen ansetzen. Es würde besonders die präventive Komponente der Responsibility to Protect stärken, da es Waffenlieferungen an ein Regime verbietet, wenn ein konkreter Verdacht bestünde, dass diese Waffen für Menschenrechtsverletzungen eingesetzt werden könnten. Gleichzeitig würde die internationale Gemeinschaft so einen effektiven Beitrag leisten und dem Einzelstaat bei dem Nachkommen seiner Primärverantwortung unterstützen.

Zwar führt das Vorhandensein von Waffen nicht automatisch zu Massenverbrechen. Wenn jedoch die Absicht zu solchen besteht, wird durch unkontrollierte Waffenlieferungen deren Durchführung erleichtert. Auf der anderen Seite würde deren Durchführung ohne Waffenlieferungen erschwert.

Das Waffenhandelsabkommen wäre ein dauerhaftes Waffenembargo

Ein striktes Waffenhandelsabkommen führt zum einen dazu, dass keine Waffen mehr in Krisenregionen exportiert werden dürfen. Hierdurch würden potenzielle Konflikte entschärft und somit Massenverbrechen verhindert. Dies liegt vor allem daran, dass auf längere Sicht gesehen, keine neuen Waffen mehr geliefert würden. Zum anderen müsste die internationale Gemeinschaft nicht mehr warten, bis der UN-Sicherheitsrat ein striktes und bindendes Waffenembargo gemäß Artikel 41 i.V.m. Artikel 39 der UN-Charta erlassen hat, sondern ein Waffenembargo wäre de facto bereits in Kraft. Ein starkes Waffenhandelsabkommen würde nämlich Waffenlieferungen an Regime verbieten, wenn ein konkreter Verdacht besteht, dass die Waffen für Menschenrechtsverletzungen eingesetzt werden könnten. Dass ein solches Waffenhandelsabkommen dringend notwendig ist, beweist die derzeitige Situation in Syrien. Obwohl das Regime seit März 2011 brutal gegen die eigene Bevölkerung vorgeht, ist kein effektives Waffenembargo in Kraft. Der UN-Sicherheitsrat hat sich hierzu bis lang nicht durchdringen können. Russland, der wichtigste Waffenlieferant des Assad-Regimes hat zwar jüngst erklärt, keine neuen Verträge über Waffenlieferungen mit Syrien mehr zu schließen. Bereits beschlossene Waffenlieferungen sind hiervon jedoch nicht betroffen, so dass nach wie vor Waffen aus Russland an Syrien geliefert werden. Wäre ein striktes und effektives Waffenhandelsabkommen jedoch seit März 2011 in Kraft, hätten seit diesem Zeitpunkt auf legalem Wege keine Waffen mehr an Syrien geliefert werden dürfen.

Konventionelle Waffenembargos haben darüber hinaus gewisse Nachteile. Zum einen werden sie erst verhängt, nachdem Waffen bereits geliefert wurden und Gräueltaten stattfinden. Sie erfolgen damit meist zu spät. Ein striktes und effektives Waffenhandelsabkommen würde viel früher greifen. Zum anderen können Waffenembargos auch kontraproduktiv wirken. Wenn, wie z.B. in Bosnien, ein Waffenembargo einen Ausgleich zwischen den Konfliktparteien verhindert, kann ein solches auch Massenverbrechen begünstigen, da den Opfern die Mittel zur Selbstverteidigung fehlen. Ein striktes und effektives Waffenhandelsabkommen würde jedoch Waffenlieferungen in Krisengebiete verhindern, bevor die ersten Überlegungen über ein Waffenembargo angestoßen werden würden. Hierdurch würden den potentiellen Tätern keine Waffen für Massenverbrechen zur Verfügung stehen.

Dass selbst bestehende Waffenembargos die Proliferation von Waffen und die Verübung von Massenverbrechen nicht effektiv verhindern können, beweist auf traurige Weise die Demokratische Republik Kongo. Seit über zwei Jahrzehnten wüten bewaffnete Konflikte im Osten des Landes, denen sechs Millionen Menschen zum Opfer fielen. Obwohl seit 2003 ein Waffenembargo des UN-Sicherheitsrats in Kraft ist, gelangen Milizen nach wie vor an Waffen. Dies liegt zum einen daran, dass seit 2008 der UN-Sicherheitsrat Waffenlieferungen an die Armee der Demokratischen Republik Kongo erlaubt, obwohl diese ebenfalls Verbrechen an der Zivilbevölkerung verübt. Zum anderen wird der Endverbleib der gelieferten Waffen nicht geregelt, wodurch diese Waffen durch korrupte Einheiten leicht an Milizen weitergegeben werden können, die mit diesen die Bevölkerung im Osten des Landes terrorisieren. Auch ignorieren die Waffenlieferanten der Demokratischen Republik Kongo – wozu China und die USA zählen – die reale Gefahr, dass ihre gelieferten Waffen in die Hände von Milizen geraten und somit einen Beitrag zu Massenverbrechen leisten. Hierdurch wird das Waffenembargo des UN-Sicherheitsrats wirkungslos.  Solche Waffenlieferungen wären durch ein striktes und effektives Waffenhandelsabkommen jedoch nicht möglich. Auch würde ein solches den Endverbleib der Waffen regeln.

Fazit

Da ein striktes und effektives Waffenhandelsabkommen einen Beitrag zur Verhinderung von Massenverbrechen leisten kann und gleichzeitig ein auf Dauer angelegtes effektives Waffenembargo darstellt, fordert Genocide Alert alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen auf, auf die Verabschiedung eines solchen hinzuarbeiten. Im Besonderen wird die Bundesregierung aufgefordert, ihren Einfluss bei den Vereinten Nationen zu nutzen, um darauf hinzuwirken, eine Verwässerung des Vertrages zu verhindern. Unkontrollierte Waffenlieferungen an Regime, die mit diesen Waffen Massenverbrechen verüben können, müssen auf Dauer gestoppt und untersagt werden. Hierdurch würde die Responsibility to Protect gestärkt werden und die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen würden einen wirkungsvollen Beitrag zur Erfüllung ihrer auf dem Weltgipfel 2005 ohne Gegenstimme eingegangen Verantwortung leisten, Massenverbrechen zu verhindern.

von Jamil Balga

Kongo-Experte Christoph Vogel zur Situation im Kongo

 

Genocide Alert: Seit einigen Wochen machen einige hundert Rebellen der sogenannten M23 den Osten des Kongo unsicher und treiben tausende Menschen in die Flucht. Was steckt hinter M23 und welche Ziele verfolgen sie?
Christoph Vogel: M23 ist eine Bewegung, die sich aus desertierten Regierungssoldaten gebildet hat. Der Name kommt vom sogenannten Friedensabkommen vom 23. März 2009 zwischen der Regierungsarmee und der damaligen CNDP. Diese Rebellengruppe unter Laurent Nkunda hat zwischen ca. 2007 und 2009 in Nord-Kivu und teilweise auch in Süd-Kivu versucht, einen eigenen Staat im Staat zu gründen und hätte damals auch fast Goma erobert. Sie setzten sich hauptsächlich aus sogenannten „kongolesischen Tutsi“ zusammen, wie auch jetzt M23.

Das Narrativ, welches M23 für die Rebellion hauptsächlich verwendet, ist, dass das Abkommen vom 23. März nicht umgesetzt wurde. Es beinhaltet als wichtigsten Punkt die Integration der damaligen Rebellen in die Regierungsarmee, umfasst aber auch zahlreiche andere Punkte, wie zum Beispiel Dezentralisierung und mehr Eigenverantwortung für die Kivu-Region, humanitäre Bereiche, sowie zahlreiche andere Zugeständnisse, z.B. Vergabe von Posten an Leute aus dem Osten. Dazu kommt ein zweites Narrativ: Die M23 sieht sich (wie die CNDP damals) als Schutztruppe für die sogenannten „kongolesischen Tutsi“, der ruandischsprachigen Bevölkerungsteile in den Kivu-Provinzen, die sich aufgrund der Konfliktgeschichte und der verschiedenen ethnischen und politische Probleme immer wieder Verfolgungen ausgesetzt sehen. Das sind die beiden offiziellen Narrative, die man bisher erkennen kann.

In den vergangenen Tagen verdichten sich Meldungen von Informanten, dass die M23 gemeinsam mit anderen Deserteuren, verschiedenen Mayi-Mayi Milizen (Yakutumba und Nyatura), sowie Rebellengruppen in Ituri (FPRI /COGAI) und Südkivu (Raia Mutomboki) eine Allianz zu schmieden versuchen. Dies würde die Lage natürlich noch einmal erheblich verändern.
GA: Wie schätzt du mögliche Sezessions- oder Putschabsichten der M23 ein?
CV: Es gibt natürlich einerseits die Befürchtung dass die M23 als eigenständige Gruppe gewisse Territorien in den Kivus, besonders in Nord-Kivu, unter ihre Kontrolle bringen könnte. Das läuft unter der Parole „tukate nchi“ (was auf Kiswahili „Lasst uns das Land zerschneiden!“ bedeutet). Das könnte ein Hinweis sein, dass eine Art Sezession angestrebt wird. Und gleichzeitig gibt es die Gerüchte, dass Ruanda hinter der M23 Rebellion steckt.

Ich halte eine Sezession jedoch momentan für sehr unrealistisch. Im Vergleich zu der Zeit zwischen 1998 und 2003 im „Zweiten Kongokrieg“, als in einigen Regionen tatsächlich eine Art de facto Sezession für ein paar Jahre stattfand ist es mittlerweile so, dass MONUSCO (als Nachfolgemission von MONUC) eine der größten Friedensmission ist, die die UN derzeit hat. Das macht die Sache für die M23 vor Ort ist schwieriger und ich kann mir letztendlich auch nicht vorstellen, dass die führenden Köpfe der M23 eine Sezession wirklich wollen. Schließlich gehören sie zu den Leuten, die die Konflikttopographie im Osten natürlich am besten kennen und genau wissen, dass jeder Sezessionsversuch, selbst wenn er erfolgreich wäre, in neue Probleme münden würde. Das wäre dann von Anfang an ein Kleinstaat, der aus einem riesigen Flickenteppich verschiedener bewaffneter Gruppen und unterschiedlicher politischer Interessen bestehen würde, die auf sehr unterschiedlichen ethno-politischen Narrativen und ökonomischen Interessen basieren würde.
GA: Wie verhält sich Präsident Kabila in dieser Situation?
CV: Die Desertion von Bosco Ntaganda mit einigen getreuen Bataillonen und später von der Gruppe um Sultani Makenga, dem operativen Kommandanten von M23, wurde zum Teil von Kabila provoziert. Kabila hat vor einigen Monaten in Goma eine Rede gehalten, in der er indirekt Bosco Ntaganda zur persona non grata erklärt hat, die Strafverfolgung auf kongolesischer Seite oder eine Festsetzung zu befürchten hätte. Die Rede wurde auf Kiswahili gehalten und in den westlichen Medien zum Großteil falsch übersetzt, nämlich als eine unmittelbare Aufforderung zur Festnahme. Dabei hatte Kabila nur angekündigt, dass eine Verhaftung von Ntaganda jederzeit möglich sei. Das hat natürlich viel Unruhe verursacht und sich letztendlich auch auf die unmittelbare Desertion ausgewirkt. Seitdem war die Rolle der Regierung jedoch eher passiv.

Der Informationsminister hat zwar aktive Propaganda betrieben, um die M23 damit in die Ecke zu drängen. Nachdem der Verdacht aufgekommen ist, dass Ruanda eine wichtige Rolle bei M23 spielen könnte, gab es aber sehr zeitnah diplomatische Bemühungen zwischen den Außenministern der DR Kongo und Ruanda. Ansonsten ist der Präsident selbst relativ still geblieben. Die Gründe dafür kennt man nicht. Es gibt Gerüchte, wonach dies einfach seiner eigenen Führungsschwäche zuzuschreiben ist. Andere Gerüchte besagen, dass Kabila selbst mehr in die Angelegenheit involviert sein könnte als es derzeit scheint. Mitte Juli haben sich er und der ruandische Präsident Kagame am Rande des Gipfels der Afrikanischen Union in Addis Ababa für eine Stunde getroffen und über M23 gesprochen. Bisher ist jedoch nicht bekannt, was genau besprochen wurde.
GA: Bleiben wir bei Ruanda. Kürzlich wurde der Bericht der Expertengruppe der Vereinten Nationen zu der DR Kongo veröffentlicht, in dem sehr detailliert aufgeführt wird, in welcher Weise Ruanda die M23 materiell, logistisch, finanziell etc. unterstützt und damit auch gegen UN-Sanktionen verstößt. Welche Motive verfolgt Ruanda dabei?
CV: Die Berichte der UN Group of Experts gehören seit einigen Jahren mit zu den besten empirischen Quellen, die es zu der Situation in der DR Kongo gibt. Dabei ist es üblich, dass für jedes Faktum, welches im Bericht erscheint drei voneinander unabhängigen Quellen – so gibt es die Methodologie vor – bestätigt werden müssen. Für das aktuelle Addendum zum Zwischenbericht wurde die Methodologie sogar noch einmal verschärft und auf fünf unabhängige Quellen erweitert.

Dabei wurde allerdings von ruandischer Seite kritisiert, dass keinerlei ruandische Quellen befragt wurden. Zusätzlich zu den zivilgesellschaftlichen und privaten Akteuren werden auch immer Informationen aus Armee- und Geheimdienstkreisen in der DR Kongo eingeholt. Jedoch wurden dieses Mal keine Informationen auf ruandischer Seite beschafft. Das sollte man wissen, bevor man die Informationen beurteilen kann.

In Gesprächen mit Mitarbeitern an diesem Bericht durfte ich einige der Beweise, die im Anhang aufgeführt sind, mit eigenen Augen sehen und deren Richtigkeit – außerhalb des Kontextes – überprüfen, besonders hinsichtlich der Telefonanrufe und SMS. Jedoch kann man nicht aus den Telefonmitschnitten schließen, dass zwischen ruandischer Seite und M23 eine Waffenlieferung oder ähnliches beschlossen wurde. Das geben die Beweise nicht eindeutig her. Es ist aber ein offenes Geheimnis, dass bei vorangegangenen Rebellionen immer ein sehr enger Kontakt mit der ruandischen Regierung bestanden hat. Für die ehemalige CNDP beispielsweise ist das erwiesen, aber auch schon im Zweiten Kongokrieg für RCD-Goma.

Es ist kaum mehr von der Hand zu weisen, dass einige der Rekruten der M23 aus Ruanda kamen aber das heißt nicht unbedingt, dass die ruandische Regierung sie aktiv geschickt hat. Es spricht alles dafür, dass Ruanda in irgendeiner Form mitmischt, die Motive bleiben jedoch unklar und es ist bislang nicht endgültig zu beweisen, dass die Rebellion von Ruanda angezettelt wurde.

Ein interessanter Hinweis dazu ist, dass nicht nur „Tutsi“ auf Seiten der M23 sind, sondern zum Teil auch demobilisierte ehemalige-FDLR Kämpfer („Hutu-Milizen“). Das ist sozusagen eine alliance contre nature.
GA: Kommen wir noch einmal auf Bosco Ntaganda zurück. Du sagtest ja bereits, dass er eine der zentralen Rollen bei der Rebellion spielt. Kürzlich gab es ja noch einen zweiten Haftbefehl mit einer erweiterten Anklage beim IStGH gegen Ntaganda. Ntaganda ist im Ostkongo auch einer der größten Profiteure des Ressourcenhandels. Wie würdest du seine Rolle bei M23 beschreiben?
CV: Er ist mit Sicherheit eine zentrale Figur auch aufgrund der Tatsache, dass die Bedrohung Ntagandas durch Kabila letztendlich als Katalysator der Desertationen wirkte. Derzeit sieht es jedoch so aus, dass Ntaganda operativ nur wenig mit M23 zu tun hat. Nach seiner Desertation wurde er zuletzt auf seiner Farm in Masisi gesehen, westlich von Goma, während das eigentliche M23-Stammgebiet ja eher um Rutshuru bzw. Bunagana nordöstlich von Goma liegt. Seit diesem Zeitpunkt ist er aber verschollen. Es gibt Gerüchte, wonach Ntaganda aktives Mitglied von M23 ist, es gibt aber auch solche, die besagen, dass es zwischen den Anhängern von Makenga und denen von Ntaganda interne Streitigkeiten gegeben hat. Man vermutet dennoch, dass Ntaganda von M23 gedeckt wird, allerdings nicht notwendigerweise ein Teil der Rebellion ist.

Vielleicht noch einen kurzen Kommentar zum Haftbefehl, der zu einem absolut brandaktuellen Zeitpunkt kommt. Dabei muss man jedoch beachten, dass sowohl der erste als auch der zweite Haftbefehl sich auf Verbrechen beziehen, die vor dem Ausbruch der M23 Rebellion begangen wurden. Die Anklage ist also nicht direkt auf das bezogen, was aktuell passiert.
GA: Kommen wir nochmal auf den Expertenbericht der Vereinten Nationen zu sprechen, der ja deutlich macht, dass die M23 schwerpunktmäßig im Grenzgebiet DR Kongo/Ruanda/Uganda aktiv ist. Nun hat die M23 einen Marsch auf Goma angekündigt. Was macht deiner Meinung nach die Brisanz dieser Ankündigung aus?
CV: Der Marsch wurde ja bereits mehrfach angekündigt und fast noch häufiger dementiert. Die militärische Führung um Makenga und sein offizieller Sprecher Kazarama haben gesagt, dass M23 nicht auf Goma marschieren wird. Die letzte öffentliche Ankündigung eines Marsches auf Goma kam vom neu ernannten politischen Sprecher, Bischof Runiga, der auch schon damals für die CNDP eine Sprecherfunktion hatte und interessanterweise auch der Schwiegervater von Laurent Nkunda ist.

Was einen Marsch auf Goma betrifft, sollte man beachten, dass die M23 erst vor zwei Wochen zum ersten Mal aktiv Territorien eingenommen hat, nachdem sie bis zu diesem Zeitpunkt die kongolesischen Streitkräfte nur defensiv bekämpft hat. Bunagana und Rutshuru wurden eingenommen und die M23 sind bis vor Kiwanja und Rumangabo in Richtung Goma vormarschiert. Diese Positionen wurden aber sehr schnell wieder aufgegeben, offiziell zumindest. Inoffiziell haben dann Polizeieinheiten, die eher M23 Sympathisanten sind, diese Gebiete wieder übernommen, bevor dann letztendlich die kongolesische Regierung teilweise mit Unterstützung der MONUSCO wieder Boden gut machen konnte. Diese Taktik zeigt, dass die M23 im Moment zwar operativ zwar sehr gut aufgestellt ist – besonders hinsichtlich der Ausstattung mit Waffen und der Fähigkeiten ihrer Streitkräfte – allerdings dürfte es aufgrund der wenigen Kombattanten militärisch für die M23 derzeit nicht möglich sein, Goma einzunehmen, vor dem Hintergrund, dass die kongolesische Regierung mit ihrem Partner, der MONUSCO, ziemlich viele Streitkräfte und auch teilweise schweres Gerät zusammengezogen haben. Trotz der rhetorischen Ankündigungen ist es daher meiner Meinung nach sehr unwahrscheinlich, dass die M23 in den nächsten Tagen oder Wochen auf Goma marschieren wird, es sei denn es würde tatsächlich noch eine Hetzjagd gegen ruandophone Bürger in Goma geben. Das würde die Sachlage noch einmal verändern. In der letzten Woche gab es schon derartige Zwischenfälle.
GA: Was waren das für Zwischenfälle?

CV: Es handelte sich dabei um eine Art Motorradfahrer-Gang, deren Mitglieder in verschiedenen Teilen der Stadt und insbesondere an der Universität von Goma gezielt ruandophone und vor allem junge Männer gestellt und in ihnen vorgeworfen haben, Kollaborateure und Sympathisanten der M23 zu sein. Auf der Basis von sprachlichen und unter Umständen auch physiognomischen Merkmalen wurden die jungen Männer dann in die Mangel genommen, durch die Stadt gehetzt. Einige Ruander bzw. ruandophone Kongolesen mussten über die Grenze nach Ruanda flüchten. Hierzu gibt es einen Bericht des POLE Instituts, man weiß aber nicht genau, wer die Angreifer waren. Höchstwahrscheinlich Kongolesen die die ruandischsprachige Bevölkerung als Bedrohung verstehen oder von einflussreichen Individuen angestiftet wurden. Es gibt aber natürlich auch das Gegengerücht, wonach die ruandophon-kongolesische oder sogar die ruandische Seite selbst die Übergriffe angezettelt haben, um die politische Notwendigkeit zu schaffen, unter Umständen doch in Goma einzumarschieren. Wie so vieles in diesem Kontext ist das nur sehr schwer zu auseinanderzuhalten.
GA: Die Vereinten Nationen befürchten eine Eskalation des Konflikts. In der letzten Woche haben Einheiten der MONUSCO sogar Angriffe auf die Rebellen mit Hubschraubern rund um Goma geflogen. Wie schätzt du die Möglichkeiten externer Einflussnahme ein, um die Zivilbevölkerung zu schützen und den Konflikt womöglich zu beruhigen?

CV: Grundsätzlich gibt es natürlich immer die Möglichkeit, diplomatisch oder militärisch zu versuchen den Konflikt zu lösen. Um mit der diplomatischen Seite zu beginnen: Es gab am 11. Juli ein Sondertreffen der Internationalen Konferenz der Region der Großen Seen auf Außenministerebene um über den Konflikt zu sprechen. Daraus ging eine Erklärung hervor, die unter anderem die Errichtung einer zusätzlichen internationalen neutralen Schutztruppe für die Grenzregion vorsieht und gleichzeitig die Absichtserklärung enthält, positiv auf den Konflikt einwirken zu wollen, um M23 und FDLR zu isolieren und zu eliminieren.

Die Staats- und Regierungschefs der Afrikanischen Union, die ein paar Tage später in Addis Ababa getagt haben, haben diese Erklärung größtenteils mitgetragen. Das sind vielversprechende Zeichen.

Es hat sich in den letzten Jahren aber auch oft gezeigt, dass Ruanda relativ unempfindlich gegenüber der afrikanischen peer pressure ist. Der Erfolg solch diplomatischer Maßnahmen ist daher skeptisch zu betrachten, obwohl es positiv zu werten ist, dass Kongolesen und Ruander sich regelmäßig an einen Tisch setzen und sich unterhalten. Das war auch schon einmal anders.

Auf internationaler Ebene ist es seit Veröffentlichung des Berichts schwierig, weil sich Ruanda sehr in die Enge gedrängt fühlt und letztendlich derzeit auch auf UN-Ebene kaum Diskussionsbereitschaft zeigt. Die kongolesische Regierung hat nach den Vorwürfen bzgl. der Wahlen im letzten Jahr viel Kredit verspielt und zahlreiche internationale Partner vor allem aus Europa und Nordamerika scheinen ein wenig die Lust verloren zu haben, auf der kongolesischen Seite allzu sehr unterstützend tätig zu sein.

Zu den militärischen Optionen ist zu sagen, dass die UN-Mission natürlich angesichts des großen Territoriums und dessen Topographie extreme Schwierigkeiten hat, das Mandat zu erfüllen. Die Hauptaufgabe der UN – der Schutz der Zivilbevölkerung – kann trotz aller Anstrengungen, womöglich auch zum Teil aufgrund von Fehlwahrnehmungen, leider nicht erfüllt werden. Dazu kommt, dass die UN-Mission nach zahlreichen Kollaborationen mit der kongolesischen Regierungsarmee schon seit langem nicht mehr als neutrale, friedensstiftende Kraft perzipiert wird, sondern als Konfliktpartei, die an der Seite der kongolesischen Armee kämpft. Letztere ist in etwa für ähnlich viele Menschenrechtsverletzungen verantwortlich wie die verschiedenen Rebellengruppen. Neben der mangelnden operativen Kapazität schwächt das natürlich auch die Legitimität der Mission. Das wurde Mitte Juli infolge der Helikopterangriffe auf M23 – bei denen anscheinend auch Zivilisten ums Leben gekommen sind – wiederum deutlich.

Was die mögliche Einrichtung einer regionalen Friedenstruppe, falls sie denn zustande kommen sollte, angeht, wird entscheidend sein, welche Staaten beteiligt wären, wie das Mandat ausgestaltet würde und inwiefern die Truppe als legitime Schlichtungseinheit wahrgenommen würde oder nicht.
GA: Siehst du eine aktive Rolle, die Deutschland in dem Fall spielen könnte?
CV: Deutschland ist sicher nicht in der schlechtesten Position, sich gerade hier verstärkt diplomatisch zu engagieren. Es hat als aktives Partnerland sowohl auf kongolesischer als auch auf ruandischer Seite eine solide Position, um möglicherweise als honest broker tätig zu sein – besonders im Vergleich zu Frankreich oder Belgien, die eine ganz andere Geschichte mit den betreffenden Staaten verbindet.

Ich sehe jedoch im Moment auf deutscher Seite nicht das politische Interesse sich verstärkt diplomatisch einzubringen, obwohl es wünschenswert wäre, dass gerade aufgrund der taktisch guten Position Deutschlands, mehr unternommen würde, um auf den Konflikt einzuwirken. Allerdings hat man in den bisherigen Konflikten zumeist beobachten können, dass im Endeffekt die USA oder eben Belgien und Frankreich und regionale Partner stärker engagiert waren als Deutschland.
GA: Herzlichen Dank, Christoph.

Was tun mit der Schutzverantwortung?

Gastbeitrag von Julian Junk und Leon Steinbacher

Die Schutzverantwortung oder „Responsibility to protect“ (oder ganz kurz: R2P) ist mittlerweile nicht mehr nur ein akademisches Modethema. Zerbrachen sich zunächst UN Kommissionen und Staatenlenker über die Verantwortung von Staaten, sowohl ihre eigene Bevölkerung als auch die Bevölkerungen fremder Staaten vor schweren Menschenrechtsverletzungen zu schützen, und mithin über das schwierige Verhältnis zwischen staatlicher Souveränität und internationaler humanitärer Intervention den Kopf, so übernahm kurz danach die Wissenschaft die Debatte: ist die R2P schon eine Norm im völkerrechtlichen Sinne? Ist sie, normativ, ein trojanisches Pferd für militärische Interventionen?

Liberale Optimisten betonen das Potential der R2P zur dauerhaften Beendung von massiven Menschenrechtsverletzungen. Demgegenüber konzipieren kritische Stimmen die R2P oftmals als neoimperialistisches Instrument zur Durchsetzung westlicher Interessen. Seit der breiten internationalen Anerkennung der R2P im Abschlussdokument der UN World Summit 2005 werden diese Fragen in zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen und Konferenzen – und bei aktuellen politischen Ereignissen wie in Darfur, in Libyen oder in Syrien auch in der breiten Öffentlichkeit – diskutiert. Aus dem Blick gerät dabei, dass es innerhalb der UN, innerhalb einiger Regionalorganisationen und innerhalb einiger nationaler Parlamente und Regierungen, eine rege Debatte darüber gibt, wie man die R2P „operationalisieren“ oder „mainstreamen“, d.h. wie sie in alle Bereiche der internationalen Politik und Verwaltung in konkrete Handlungsanweisungen überführt werden kann.

Diese Diskussionen wurden bislang in unterschiedlichen akademischen wie praktisch-politischen und praktisch-administrativen Zirkeln geführt. Eine internationale Autoren-Konferenz, die zum Thema „Norms and Practice of Humanitarian Interventions – Operationalizing the Responsibility to Protect“ vom 14. Bis 16. Juni an der Universität Konstanz stattfand (in einer Kooperation zwischen dem dortigen und dem Frankfurter Exzellenzcluster sowie dem Frankfurter Forschungsprojekt „Sicherheitskultur im Wandel“), setzte sich zum Ziel, diese unterschiedlichen Diskussionsstränge in einem Dialog von Wissenschaftlern und Praktikern (bspw. aus der UN-Verwaltung, aus UN-Friedenmissionen oder aus der nationalstaatlichen Diplomatie) zusammenzuführen. Die Mischung aus akademischer und praktischer Expertise erwies sich wie schon bei der Jahreskonferenz des Forschungsprojekts „Sicherheitskultur im Wandel“ als äußerst ertragreich. So standen die konkrete Umsetzungspraxis der R2P innerhalb von UN Friedensmissionen und die Bindungswirkung der R2P für nationale Außen- und Sicherheitspolitik  ebenso im Fokus wie nicht-westliche Perspektiven auf die Schutzverantwortung im Generellen und wie eine Weiterentwicklung  von bislang teleologischen Verständnissen von Normentwicklungen auf internationaler Ebene.

In den Impulsvorträgen des ersten und des letzten Panels ging es zwar eher um theoretische Fragen zur R2P, jedoch wurde in den Diskussionen auch Wert auf die praktischen Herausforderungen, die sich daraus bspw. für UN-Beamte in einer Friedensmission wie im Südsudan ergeben, gelegt . In der Eingangsdiskussion im Rahmen des Themas „Legality, Morality and Institutionalization“ wurde auf diesen drei Ebenen der Status der R2P als Norm diskutiert. Wichtigste Thesen hierbei: Die R2P sei bereits fest verankerter und damit wirkmächtiger Teil des Völkergewohnheitsrechts (allen Unkenrufen des Scheiterns der R2P zum Trotz). Ferner könnte das „Mainstreaming“ der R2P innerhalb der UN Institutionen die Risiken des Flexibilitätsverlustes in der Auslegung der Norm und der Beliebigkeit der Norm gegenüber anderen Mainstreamingprozessen bergen. Im letzten Panel „The Non-Linearity of Norm Emergence and Norm Failure“ wurden Vorschläge zur Theoretisierung und der Normgenese im Fall der R2P gemacht und diskutiert. Dabei wurde intensiv der Frage nachgegangen, ob ein moralisch gerechtfertigter Bruch des Völkerrechts nicht als Teil der Normevolution auch für die R2P erforderlich sein kann oder doch eher zur Erosion völkerrechtlicher Standards beiträgt.

In den Panel II bis IV stand die Umsetzungspraxis der R2P stärker im Mittelpunkt. Die Diskussion des zweiten Panels „Operationalizing the R2P in the Field“ drehte sich um die Frage nach einer Koppelung oder Trennung des Prinzips des Schutzes der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten („Protection of Civilians“ oder PoC) und der R2P in den betroffenen Regionen vor Ort. Interessanterweise scheint die PoC innerhalb des UN Systems als wesentlich operationalisierbarer eingestuft zu werden. Im dritten Panel “The Global Politics of the Responsibility to Protect” ging es um Wirkungen von Mechanismen außerhalb der klassischen militärischen Optionen: um Sanktionsregime und um Mediendynamiken. Panel IV “Foreign Policy and Dilemmata of Operationalizing the R2P” bot einen ertragreichen Einblick in die Perspektiven Chinas und Brasiliens auf die R2P und eine detaillierte Fallstudie über und Kritik an der deutschen Enthaltung im Fall der Resolution 1973. Allgemein kam in diesen Panels immer wieder zur Sprache, dass die R2P eben deutlich mehr ist als tatsächliches oder angedrohtes militärisches Eingreifen – nachhaltige Prävention und Wiederaufbau sind genauso wichtig und werden in unterschiedlichen Öffentlichkeiten in der Welt verschiedentlich betont.

Die Tagung zeigte, dass sich neben allen wichtigen Debatten um die Moralität und die völkerrechtliche Stellung der R2P tatsächlich etwas bei der praktischen Umsetzung der Schutzverantwortung in nationalen Politiken, in der UN Administration in New York und in der Umsetzung vor Ort in Post-Konflikt-Gegenden tut – ein Prozess der von der medialen, wissenschaftlichen wie politischen Öffentlichkeit noch viel zu wenig Beachtung gefunden hat. Die Beiträge der Tagung werden diese Querschnittsfragen nun in der Überarbeitung aufgreifen und in einem begutachteten Band bei Routledge Publishers auf Englisch veröffentlichen. Einige Beiträge werden schon in Kürze in einem von Christopher Daase und Julian Junk herausgegebenen Sonderheft der Friedens-Warte auf Deutsch erscheinen.

 

Dieser Artikel wurde am 16. Juli bereits beim sicherheitspolitik-blog veröffentlicht.

sipoblog

Die internationale Gemeinschaft und die syrische Revolution

von Haid Haid

Haid Haid ist syrischer Sozialwissenschaftler und hat Damaskus im Januar 2012 verlassen. Er arbeitet als Programm-Manager beim Middle East Office der Heinrich-Böll-Stiftung in Beirut.

(aus dem Englischen von Christoph Schlimpert)

Die syrische Revolution dauert bereits mehr als 15 Monate an, die durchschnittliche Anzahl der pro Tag getöteten syrischer Zivilisten und Kombattanten (sowohl auf Seiten der Gegner als auch der Befürworter des Regimes) steigt stetig. Dennoch sind viele nach wie vor nicht in der Lage sich zu einigen, wie auf die Krise reagiert werden soll. Die internationale Gemeinschaft bleibt machtlos darin, dem Abschlachten ein Ende zu setzten. Die Komplexität der Lage in Syrien trägt dazu bei, dass die internationale Gemeinschaft sich bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen und der Hilfe zum Schutze der syrischen Bevölkerung zurückhält.
Um die Positionen der internationalen Gemeinschaft angemessen zu verstehen, ist  eine kurze Bestandsaufnahme der Maßnahmen erforderlich, welche diese gegen das syrische Regime ergriffen hat. Diese Maßnahmen und Sanktionen sollten aus der Perspektive des regionalen geopolitischen Machtgleichgewichts betrachtet werden, um klar zu versehen, warum  die internationale Gemeinschaft so zögerlich ist.

1. Regionale Interventionen in der Syrischen Revolution

Die kategorische Weigerung des Assad-Regimes Macht abzugeben, zusammen mit seiner Unfähigkeit, ohne äußere Hilfe sein eigenes Überleben zu sichern, führte zu seinem Drängen auf eine „freundliche“ Intervention der russisch-chinesisch-iranischen Achse. Im Gegenzug fand sich die US-europäische Achse,  mit der Türkei und einigen arabischen Staaten zusammen. Jedoch fehlt ist diese weitaus weniger koordiniert als die pro-Assad Achse.

Ungeachtet wiederholter Versuche der arabischen, regionalen und internationalen Gemeinschaften, Initiativen darzulegen, welche dem Regime helfen würden die Krise zu überwinden, wurde schnell klar, dass Assad nicht die Absicht hatte, eine Lösung zuzulassen, welche von außerhalb Syriens käme. Syrien wurde zu einem Schlachtfeld, einem Ort, an welchem internationale und regionale Rechnungen beglichen werden. Dies steigerte wiederum die Komplexität der politischen Situation des Landes: nicht mehr nur eine Auseinandersetzung zwischen einem repressiven Regime und einer revolutionären Bevölkerung, nahm der Konflikt eine darüber hinausgehende regionale und internationale Dimension an.
Der Mehrheit der Syrer wurde unterdessen klar, dass eine Entscheidung im Kampf um Syrien (ein Kampf, der bis dato auf das Gebiet innerhalb der syrischen Grenzen beschränkt war) einen internationalen und regionalen Konsens erforderte. Die Unterstützung der Revolution war nicht mehr nur einfach eine Angelegenheit, in der es darum ging, ein Volk im Kampf um ihre Grundrechte zu unterstützen, sondern auch ein Vorwand, um in eine umfassendere Auseinandersetzung um Einfluss in der Region eingreifen zu können.
Manche westlichen und arabischen Staaten sehen die Vorgänge in Syrien als Gelegenheit, Syriens Verbündete, Russland und Iran, zu marginalisieren. Mit anderen Worten handelt es sich um einen Stellvertreterkrieg gegen den Iran, Saudi Arabiens regionalen Gegner. Russland und China zeigten sich unterdessen höhst erfolgreich darin, die Bemühungen der USA und ihrer europäischen und arabischen Partner um eine UN-Sicherheitsratsresolution zu vereiteln, welche diesen einen weiteren Stand im Nahen Osten verschaffen und die westliche Militärpräsenz im mediterranen Raum verstärken würde. Irans uneingeschränkte Unterstützung für das syrische Regime, beispielhaft erläutert durch die Aussage des iranischen Staatsoberhauptes, Ayatollah Khamenei, dass sein Land seinen regionalen Verbündeten um jeden Preisverteidigen würde, kann am besten verstanden werden, wenn man die Konsequenzen eines Sturzes von Assad prüft: Es würde bedeuten, dass Iran einen seiner wichtigsten strategischer Verbündeten in der Region verlieren würde.

Viele Syrer glauben, dass, während das Überleben der Revolution in den Händen der Syrer selbst liegt, der Sturz Assads vom regionalen und internationalen Konsens abhängt. Es ist die Aufgabe der Syrer, die Flamme der Revolution durch friedliche Demonstrationen am Leben zu halten, bis eine Übereinkunft erreicht werden kann.

2. Arabische und internationale Sanktionen

Aufgrund dessen, dass das syrischen Regimes an der exzessiven Gewaltanwendung gegenüber seiner Bevölkerung festhält und im Lichte des Unwillens der internationalen Gemeinschaft, eine militärische zu intervenieren, verhängten die USA, die EU und die Arabische Liga weitreichende Sanktionen. Diese beinhalteten Reisebeschränkungen für die Assad-Familie und syrische Offizielle, das Einfrieren ihrer Bankkonten und –vermögen, ein Embargo gegenüber dem Kauf syrischen Öls und die Schwächung der syrischen Cyber-Fähigkeiten. Die EU hat vor kurzem eine Liste von 14 Produkten aufgestellt, welche nicht an Syrien verkauft werden dürften. Diese schließt Luxusgüter ein und Informationstechnologie, welche für die interne Repression geeignet ist. Ebenso wurde das Land teilweise diplomatisch isoliert..

Es soll erwähnt sein, dass diese Sanktionen nicht die volle Unterstützung der syrischen Opposition fanden. Diejenigen, welche an der Notwendigkeit von Sanktionen und ihrer Effektivität zweifeln, behaupten, diese schadeten der Revolution selbst. Das Regime kann sich um sich selbst kümmern. Es hat eine langjährige Erfahrung mit Schmugglernetzwerken, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass sowohl der Libanon als auch der Irak gegen die arabischen Sanktionen gestimmt hatten, während Jordanien sich enthielt. Auf internationaler Ebene fahren Russland, China und der Iran damit fort, dem Regime materielle, technologische und militärische Unterstützung zukommen zu lassen. (1)

Für Befürworter von Sanktionen bleibt währenddessen zu hoffen, dass die Maßnahmen doch in der Lage sein werden, das Regime in den Schwitzkasten zu nehmen, was dazu führen würde, dass es seine anti-revolutionären Operationen nicht mehr finanzieren könnte, während syrische Geschäftsleute dazu gedrängt würden, ihre Unterstützung für das Regime aufzugeben.

Obwohl es aufgrund der Informationssperre des Regimes nahezu keine Wirtschaftdaten gibt, gibt es einige Hinweise, die uns einen Eindruck davon geben, wie schwierig die Lage und wie tief die Krise in Syrien ist. Am offensichtlichsten und wohl am bedeutendsten sind die Zahlen des Internationalen Währungsfonds. Sie zeigen, dass das Syrische Pfund seit Ausbruch der Revolution auf 45% des Wertes bei Ausbruch der Revolution gefallen ist. (2) Große Summen wurden von privaten Bankkonten abgezogen und die Kosten der Güter des täglichen Bedarfs haben nie dagewesene Höhen erreicht. Es ist klar, dass sich Syrien mittlerweile gravierenden ökonomischen Problemen ausgesetzt sieht.

Dennoch sollten wir im Kopf behalten, dass viele Syrer wirtschaftliche Sanktionen an sich als unwirksam darin betrachten, das Regime zu Zugeständnissen zu zwingen oder gar seinen Sturz herbeizuführen. Um eine Lösung der Krise zu erreichen, müssen diese Sanktionen mit ernsthaftem internationalem Druck einhergehen.

3. Die Responsibility to Protect

Die gegenwärtige Krise in Syrien ist ein perfektes Fallbeispiel dafür, wie das Prinzip der Schutzverantwortung (Responsibility to Protect; R2P) für die Rechtfertigung internationaler Intervention gebraucht werden könnte.(3)
Das syrische Regime, welches fortlaufend Gewaltakte gegen seine schutzlose und isolierte Zivilbevölkerung ausführt, hat seine Pflicht zum Schutze seiner Bürger grundliegend ignoriert.  Zwischen dem Ausbruch der Revolution im März 2011 und dem 12. Mai 2012 haben syrische Sicherheitskräfte mindestens 12.782 Personen getötet und weitere 24.319 festgenommen (Zahlen des Centre for the Documentation of Human Rights Violations in Syria (4). Regierungstruppen beschossen dicht bevölkerte Wohngebiete mit Artilleriefeuer, setzten Scharfschützen und Kampfhubschrauber gegenüber Zivilisten ein und folterten verwundete Demonstranten in Krankenhäusern.

Diese Übergriffe sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit, definiert durch das Rom-Statut des Internationalen Strafgerichtshofs. Das syrische Regime hat darin versagt, seine Pflicht zum Schutze seiner Zivilbevölkerung wahrzunehmen, weshalb diese Verantwortung nun an die internationale Gemeinschaft übergeht.(5)

Die internationale Gemeinschaft zögert jedoch aus folgenden Gründen nach wie vor, ihre Verantwortung zu akzeptieren:

  1. Sorge über die post-revolutionäre Regierungsform. Dies schließt die Angst vor potentieller innerer und regionaler Instabilität mit ein, sowie dass die neue Regierung von Islamisten dominiert sein könnte, wie es in anderen post-revolutionären arabischen Staaten geschehen ist. Dies wird durch die internen Auseinandersetzungen innerhalb der syrischen Opposition verschärft, welche sie davon abhalten, einen „Fahrplan“ auszuarbeiten, welcher die internationale Gemeinschaft und jene Syrer beruhigen würde, die aus Furcht vor einer unsicheren Zukunft der Revolution nicht ihre Unterstützung ausgesprochen haben.
  2. Erfahrungen mit militärischen Interventionen in anderen Ländern in der Vergangenheit: Die anhaltende Instabilität in Libyen und die Unfähigkeit des libyschen Staates, seine Autorität durchzusetzen und die Bevölkerung zu entwaffnen. Das libysche Modell dient als wirkungsvolle Abschreckung gegenüber jeder Form einer direkten militärischen Intervention, besonders für viele in Europa.
  3. Zweifel an der Effektivität einer indirekten militärischen Intervention (6), angesichts des Umstands, dass die Opposition über keine zentralisierte militärische Streitkraft verfügt. Es gibt ebenfalls Sorgen über die Konsequenzen einer Bewaffnung extremistischer islamistischer Gruppen, die jüngst in Syrien aufgetaucht sind.
  4. Eine Präferenz für eine Transition gegenüber einem Umsturz durch einen Entscheidungsschlag: Ein gradueller Prozess würde anderen Staaten Zeit geben, um ihre Interessen in der Region anzupassen und zu beschützen.
  5. Israelische Interessen und Israels Einfluss auf die amerikanischen Interessen. Aus israelischer Perspektive ist die Priorität nicht, Menschen zu schützen, sondern vielmehr, die Auswirkungen eines Regimewechsels auf die israelische Sicherheit zu minimieren.
  6. Innenpolitische Bedenken: Der amerikanische Unwille, bei den Forderungen nach einem Ende der Gewalt die Führung zu übernehmen, liegt in großen Teilen in den anstehenden Präsidentschaftswahlen begründet. Obama strebt nach einer zweiten Amtszeit und kann keine Komplikationen durch eine Ausdehnung amerikanischen Engagements auf Syrien gebrauchen.
  7. Wirtschaftliche Gründe: Die Wirtschaftskrise in der EU und den USA und ihr Einfluss auf die Bereitschaft der internationalen Gemeinschaft, die Rechnung für eine militärische Intervention in Syrien zu zahlen.
  8. Alleiniger Fokus auf eine militärische Intervention: Der Fokus der syrischen Opposition und der internationalen Gemeinschaft auf eine militärische Intervention, welche in der gegenwärtigen Situation nicht wünschenswert ist, hält sie davon ab, andere Formen der Einflussnahme auszuloten.

Auch wenn dies alles richtig ist, entschuldigt es nicht den Widerwillen der internationalen Gemeinschaft, ihre Verantwortung gegenüber dem syrischen Volk wahrzunehmen. Die internationale Gemeinschaft ist mehr als fähig, ihre Vorbehalte zu überwinden, wenn sie eine echte Gefährdung ihrer eigenen Sicherheit oder Interessen empfindet. In Libyen beispielsweise traf die internationale Gemeinschaft die Entscheidung, militärisch zu intervenieren, vergleichsweise schnell, ungeachtet der Einwände von Russland und China. Jedoch scheint sie unfähig zu sein, eine UN-Sicherheitsratsresolution zu verabschieden. Dies liegt daran, dass diese eine direkte Bedrohung der Interessen bestimmter Staaten darstellt, während sie für andere eine Gelegenheit bieten würde.

4. Die syrische Revolution

Die internationale Gemeinschaft neigt dazu, ihr Versagen zu rechtfertigen, indem sie auf darauf verweist, dass die Opposition nicht geeint ist, es an einer machbaren politischen Alternative zum Assad-Regime fehlt und sich auf das russische und chinesische Veto im UN-Sicherheitsrat beruft. Die Debatte über die Syrienkrise wird stets durch solche Details überlagert, obwohl sie eigentlich auf das ausgerichtet sein sollte, was die syrische Bevölkerung erlebt, welche tagtäglich dem Tod ins Auge blickt, weil sie grundlegende Freiheitsrechte, Gerechtigkeit und Gleichberechtigung einfordert.

Obwohl das das Wesentliche in dieser Angelegenheit sein sollte, ignorieren internationale Akteure dies meist. Sie konzentrieren sich lieber auf ihre Ängste, was zumeist den Vergleich von Syrien mit anderen arabischen Staaten wie Libyen und Irak einschließt. Sie äußern sich besorgt über die Wahrscheinlichkeit eines Bürgerkriegs und üben sich in Kassandrarufen und Analysen, welche zumeist auf ignorieren, was sich bereits jetzt in Syrien ereignet. Diese Ängste werden weiter gesteigert durch die zunehmende Tendenz westlicher und arabischer Medien, die Revolution als sektiererisch und salafistisch zu porträtieren.

Dennoch resultieren diese politischen Komplexitäten und besorgniserregenden Vorhersagen über die Zukunft des Landes größtenteils aus zunehmenden repressiven Aktionen und exzessiven Gewaltanwendung des Regimes sowie zum anderen aus dem Unwillens der internationalen Gemeinschaft, die Revolution und ihre legitimen Forderungen zu unterstützen. Selbstverständlich hat auch die traditionelle syrische Opposition ebenfalls einige Verantwortung zu tragen, denn zeigt sich sich der Lage nicht gewachsen . Es wäre an ihrer Stelle notwendig, sich zu vereinen, um den internationalen Bemühungen dem syrischen Volk zu helfen einen klaren Anknüpfpunkt zu bieten. Sie ist darin gescheitert, einen überzeugenden Diskurs oder eine klare Marschoroute für eine post-Assad Machtverteilung herzustellen.

Die anhaltende Gewalt des Regimes gegen die eigene Bevölkerung und die Schwäche und Reformunfähigkeit der traditionellen Opposition führten dazu, dass sich viele Syrer isoliert und von der arabischen und internationalen Gemeinschaft ihrem Schicksal überlassen fühlen.(7)
Dies führt zwangsläufig dazu, dass manche Syrier sich dafür entscheiden, Waffen gegen das Regime zu richten. Dennoch glauben die Syrer nach wie vor, dass Waffen alleine nicht Assads Sturz bringen werden und führen ihre gewaltfreien Demonstrationen fort.

Die Islamisierung der Revolution kann man indes am besten als eine Phase begreifen. Die große Mehrheit der Syrer sind sunnitische Muslime, deren Religiosität konventionell, traditionell und apolitisch ist. Mit anderen Worten: moderat, aufgeschlossen und tolerant gegenüber ethnischer, religiöser und konfessioneller Diversität. Konfessionelle Vielfältigkeit war bereits seit Jahrhunderten ein Teil Syriens und blieb auch von politischem, wirtschaftlichem und kulturellem Wandel unberührt. Im Gegensatz zu seinen eigenen Bekundungen, ist Assad nicht der Schutzherr der Minderheiten; viel eher ist dies das syrische Volk selbst.

Die dschihadistisch-salafistische Bewegung, welche im Zuge der US-Besatzung des Iraks ans Licht getreten ist, ist größtenteils selbst ein Produkt des Assad Regimes. Die Sicherheitskräfte haben diese Gruppierungen durchdrungen und benutzen sie, um Druck auf die US-Besatzung, oder, nach dem syrischen Rückzug aus dem Libanon, im palästinischen Flüchtlingslager Nahr al-Bared auszuüben. Es ist bezeichnend, dass vor Ayman al-Zawaheris Unterstützungserklärung für die syrische Revolution keine dschihadistische Organisation, einschließlich Al-Qaida, verkündet hatte, dass sie Operationen gegen das syrische Regime durchführen würde, noch dieses verurteilt hätte.

Ungeachtet des Wachstums von Gruppierungen wie al-Ansar und al-Nour (8), besteht die echte Gefahr nicht darin, dass der Salafismus sich in einem post-revolutionären Syrien durchsetzt (es ist wahrscheinlicher, dass die dschihadistische Bewegung nach dem Fall des Regimes, das sie aufgezogen und versorgt hat in der Unbedeutendheit verschwindet). Viel gefährlicher in dieser Hinsicht ist, dass die Revolution scheitern könnte, bzw. dass sich die gegenwärtige Situation ohne Aussicht auf ein Ende der Gewalt fortsetzt. Der Grund hierfür ist, dass diese extremistischen Gruppen mit der Zeit an Stärke gewinnen. Zeit erlaubt ihnen, sich auszubreiten und die Gesellschaft zu durchdringen. Um die friedliche Natur der Revolution zu bewahren und die Zukunft des Landes und der Region zu sichern, muss die Krise so schnell wie möglich gelöst werden.

Die Unentschlossenheit der westlichen Mächte aufgrund ihrer Angst, dass salafistische und islamistische Dschihadisten in Syrien an Boden gewinnen, hat sie davon abgehalten, die Revolution tiefergehend zu unterstützen. Jedoch ist es ironischerweise genau diese Unentschlossenheit, die die idealen Bedingungen für einen dschihadistisch geprägten Aufstand hervorbringt. Dschihadisten füllen die Lücke, welche durch den Mangel an internationaler Aktion gegenüber der anhaltenden brutalen Gewalt des Regimes entstanden ist.

5. Fazit

Jede Betrachtung der syrischen Revolution muss sich zuallererst darauf richten, was in Syrien tatsächlich passiert: ein Volk verlangt die grundlegenden Rechte auf Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichberechtigung gegenüber einem Regime, welches entschlossen ist, sich an die Macht zu klammern, koste es was es wolle; ein Volk welches vor einem Regime geschützt werden muss, das jegliche Verantwortung fallen gelassen hat und entschlossen ist, seine Bevölkerung mit allen ihm zur Verfügung stehenden barbarischen Mitteln zu unterdrücken.

Pflicht und Moral gebieten, dass die arabische und die internationale Gemeinschaft unverzüglich und effektiv unter dem Prinzip der Schutzverantwortung eingreifen, um die Gewalt zu stoppen. Ebenso haben sie ein reales Interesse an einer schnellen Lösung der Krise. Die exzessive Gewaltanwendung während gleichzeitig eine umsetzbare politischen Lösung fehlt, und das Gefühl der Menschen, dass sie beim Kampf gegen eine staatsgestützte Mordmaschine auf sich allein gestellt sind, kreiert die perfekte Umgebung für die Ausbreitung einer gewalttätigen Gegenbewegung, deren Auswirkungen auch außerhalb der Grenzen Syriens zu spüren sein werden. Die Situation im Libanon ist hierfür eine ernüchternde Mahnung.

Es ist folglich angemessen darauf hinzuweisen, dass das Versagen der internationalen und regionalen Mächte dem syrischen Volk bedeutsame Unterstützung zukommen zu lassen, vom Widerwillen herrührt, irgendeine Form militärischer Intervention, direkt oder indirekt, auf die Beine zu stellen. Die internationale Gemeinschaft versteht nicht, dass eine militärische Intervention nicht die einzige Lösung ist und versäumt deshalb andere Wege, wie eine z.B., den s Fall an den Internationalen Strafgerichtshof zu überweisen, zu erkunden.

Unten angeführt sind einige alternative Optionen die den internationalen Akteuren zur Verfügung stehen:

  1. Druck auf das Regime und seine Alliierten ausüben, damit dieses den Kofi-Annan-Plan vollständig implementiert.
  2. Das syrische Regime hat sich bislang aufgrund seiner regionalen Alliierten in halten können. Die internationale Gemeinschaft kann dabei helfen, die Krise zu lösen, in dem es regionale Bündnisse mit dem Regime kappt und Druck auf Russland, China und Iran ausübt, die Lieferung von militärischer, materieller und technologischer Hilfe einzustellen, welche es Assad ermöglicht, seinen Krieg gegen die Bevölkerung durchzuführen.
  3. Druck auf Nachbarstaaten (Irak, Libanon und Jordanien) ausüben, damit diese sich den Sanktionen anschließen, um so deren Effektivität zu steigern und die Lebensdauer des Regimes zu verkürzen.
  4. Internationale und arabische Akteure dazu zu ermutigen, zusammenzuarbeiten, um die vollständige politische Isolation des Regimes sicherzustellen.
  5. Daran zu arbeiten, die Anzahl der internationalen Beobachter und Peacekeeper zu erhöhen, um der Gewalt ein Ende zu bereiten und das Recht der Syrer zu schützen, sich an friedlichen Demonstrationen zum Sturze des Regimes zu beteiligen. (9)
  6. Druck auf die traditionelle politische Opposition und ihre regionalen Unterstützer ausüben, endlich zusammenzuarbeiten und eine klare Vision für ein post-Assad Syrien zu entwerfen. Diese muss einen Plan mit praktischen Schritten enthalten, um Syriens Wandel hin zu einem existenzfähigen zivilen und demokratischen Staat, der die Rechte und Freiheiten all seiner Bürger schützt zu garantieren. Dies wird denjenigen Sicherheit geben, die Zweifel an den Zielen der Revolution hegen und die über die Lebensperspektiven nach Assad beunruhigt sind.
  7. Alle legitimen Mittel anwenden die zur Verfügung stehen, um den Syrern zu helfen, das Regime selbst zu stürzen.
  8. Die syrischen Flüchtlinge im Ausland unterstützen und sicherstellen, dass ihnen ein würdiges Leben und die Erfüllung ihrer Grundbedürfnisse zuteilwird. Diese Flüchtlinge vor Zwangsrückführung zu schützen, was in der derzeitigen Lage ihr Leben in Gefahr bringen könnte.
  9. Der Opposition helfen eine militärische Organisation aufzubauen, um so den Einfluss extremistischer Gruppen zu reduzieren, für welche das gegenwärtige Syrien eine ideale Umgebung darstellt. Die internationale Gemeinschaft sollte die „Freie Syrische Armee“ anerkennen und sie darin unterstützen, sich politisch und intellektuell zu organisieren, die Prinzipien der Selbstverteidigung und Bürgerverteidigung, für welche diese ursprünglich geschaffen wurde, zu klären und sie so hoffentlich in ein Bollwerk gegen die zunehmend einflussreichen salafistischen Kampfgruppen transformieren.
  10. Den Aufbau syrischer, arabischer und internationaler “Wahrheits- und Versöhnungskommissionen“ mit der Aufgabe, Beweise für die Verurteilung für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu sammeln. Die Täter müssen das Gefühl bekommen, dass sie die Konsequenzen für ihre Handlungen tragen werden müssen: nichts anderes wird sie davon überzeugen, davon abzulassen.
  11. Staaten, welche zu den Unterstützern von Sanktionen gegen das Regime zählen, müssen einen klaren Fahrplan entwerfen, wie nach dem Fall des Regimes diese Strafmaßnahmen wieder aufgehoben und die syrische Wirtschaft zu ihrer vollen Stärke zurückkehren kann. Dies würde den syrischen Geschäftsleuten, welche gegenwärtig das Regime stützen, versichern, dass die syrische Wirtschaft nicht den Weg der Volkswirtschaften in Irak und Libanon gehen wird, und dass das Ende des Regimes auch in ihrem Interesse ist.

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(1) “The Financial Times: Iran helps Syria to overcome oil sanctions.” BBC Arabic Website, 18. Mai 2012

(2) Ibrahim Seif, “Syrian economy on the brink.” 22. Mai, 2012. Carnegie Endowment for International Peace

(3) Die Schutzverantwortung ist ein Prinzip, welches die UN-Generalversammlung 2005 im Kontext der Ereignisse im ehemaligen Jugoslawien, Ruanda, Kongo, Somalia, Kosovo und andernorts, angenommen hat.  Es verknüpft die Souveränität eines Staates mit dessen Verantwortung zum Schutze der eigenen Bevölkerung.

(4) Center for documentation of violations in Syria

(5) Falls ein Staat eindeutig darin versagt, seine Bürger zu schützen, geht die Verantwortung auf die internationale Gemeinschaft über, zeitnah und entschlossen mit friedlichen oder militärischen Mitteln nach Kapitel 6, 7 und 8 der Charta der Vereinten Nationen zu reagieren. Dies beinhaltet Sanktionen, die Überweisung an den Internationalen Strafgerichtshof und eine militärische Intervention.

(6) D.h. militärische und technische Unterstützung der bewaffneten Opposition.

(7) Der Slogan “Ya Allah, ma ilna ghayrak, ya Allah” (Oh Gott, wir haben niemanden außer Dir, oh Gott) der im Sommer 2011, wenige Monate nach Beginn der Revolution auftauchte, deutet auf das zunehmende Gefühl vieler Syrier von einer tiefen Isolation und fehlender Unterstützung hin.

(8) Beides sind Gruppierungen bewaffneter islamistischen Dschihadisten, welche von sich behaupten, in Syrien zu operieren.

(9) Wie zum Beispiel streiken zu können, ohne dass die Sicherheitstruppen oder die shabiha in Geschäfte einbrechen und diese plündern.

Winfried Nachtwei

Schwerste Menschenrechtsverbrechen verhüten

Schwerste Menschenrechtsverbrechen verhüten – Die Schutzverantwortung (Responsibility to Protect) zwischen Notwendigkeit, Tücken und Umsetzung – Herausforderung für deutsche Sicherheits – und Friedenspolitik [1]

von Winfried Nachtwei, MdB a.D., Münster: Mitglied im Beirat Zivile Krisenprävention beim AA (Co-Vorsitzender), im Vorstand der Dt. Gesellschaft für die Vereinten Nationen und des Vereins „Gegen Vergessen – Für Demokratie“, Juni 2012

Winfried Nachtwei

Winfried Nachtwei

Mit den Gewaltexzessen von Libyen und Syrien hat die internationale Verantwortung zum Schutz vor schwersten Menschenrechtsverbrechen (Völkermord, Kriegsverbrechen, ethnische Säuberungen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit) eine neue Aktualität und Dringlichkeit bekommen.

Grundsätzlich gilt: Wo Staaten in ihrer Schutzverantwortung gegenüber der eigenen Bevölkerung versagen, geht die Schutzverantwortung auf die Internationale Gemeinschaft über. Diese ist angesichts drohender oder akuter schwerster Menschenrechtsverbrechen zum Handeln verpflichtet. Die Art der Maßnahmen ist abhängig von der Geschlossenheit der Internationalen Gemeinschaft (vor allem im Rahmen der UN) und davon, was aussichtsreich, leistbar und verantwortbar ist. Nicht verantwortbar sind Maßnahmen, die absehbar das Übel noch vergrößern würden. Dementsprechend beinhaltet die internationale Schutzverpflichtung auch das Recht auf eine Militärintervention, wenn es der UN-Sicherheitsrat beschließt, aber keineswegs eine Verpflichtung dazu. Weiterlesen

Welchen Beitrag kann Deutschland für die Schutzverantwortung leisten?

Am 10. Mai 2012 organisierte Genocide Alert e.V. in Zusammenarbeit mit der International Coalition for the Responsibility to Protect (ICRtoP) eine Podiumsdiskussion im Haus der Demokratie und Menschenrechte in Berlin zum Thema „Responsibility to Protect: Welchen Beitrag kann (und will) Deutschland für die Schutzverantwortung leisten?“. Bei der gut besuchten Veranstaltung, die Politik, Bürokratie, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zusammenbrachte, wurden zentrale Fragen zur bisherigen Unterstützung und Umsetzung des Konzepts der Schutzverantwortung durch Deutschland sowie die konkrete Anwendung der RtoP in Libyen und Syrien debattiert.

 

Institutionelle Verankerung der Schutzverantwortung im Auswärtigen Amt

Der Moderator der Veranstaltung, Wenzel Michalski, Direktor von Human Rights Watch Deutschland, stieg direkt in die Diskussion ein und fragte, wie die Schutzverantwortung im Auswärtigen Amt institutionell verankert sei. Hermann Nicolai, Referatsleiter in der VN Abteilung im Auswärtigen Amt erklärte, dass sein Referat derzeit für die Schutzverantwortung zuständig sei, da es sich unter anderem mit konzeptionellen Fragen der Vereinten Nationen beschäftigte. Da sich seit 2005 bezüglich der Schutzverantwortung einiges geändert hätte überlege das Auswärtige Amt aber zurzeit – angestoßen von der Schaffung des „Atrocities Prevention Board“ in den USA und der Ernennung von „RtoP Focal Points“ in vielen anderen Ländern – die Verantwortlichkeit für die Schutzverantwortung in eine operativere Position zu verlegen. Wolfgang Seibel, Professor für Politik- und Verwaltungswissenschaften an der Universität Konstanz, beschrieb die Entwicklung der Beschäftigung des Auswärtigen Amtes mit der Schutzverantwortung als „steile Lernkurve“. Nach der heftigen Kritik der Entscheidung der Bundesregierung, sich in der zweiten Libyenresolution 1973 im letzten Jahr zu enthalten, habe man ab Sommer 2011 selbst in der Rhetorik des Außenministers den Begriff der Schutzverantwortung vernehmen können.

 

Die deutsche Position zur „Responsibility while Protecting“

Bezüglich des drei Säulenkonzeptes der Schutzverantwortung äußerte Wolfgang Seibel die Vermutung, dass die deutsche Vertretung bei den VN im Gegensatz zu der VN-Abteilung im AA in Berlin den Ansatz vertrete, das Modell nicht als ein konsekutives zu verstehen, sondern als integrales, in dem alle Säulen gleichzeitig geprüft werden. Dies sei im Gegensatz zu dem Vorschlag von Brasilien zur „Responsibility while Protecting“ zu sehen, welcher die konsekutive Anwendung der drei Säulen vertritt. Hermann Nicolai betonte, dass es im Bezug auf die Bewertung des brasilianischen Konzeptes keine Unterschiede zwischen der deutschen VN-Vertretung und der VN-Abteilung in Berlin gäbe. Der Vorschlag der Brasilianer würde im AA mit „großer Skepsis“ betrachtet, da man natürlich alle drei Säulen gleichzeitig prüfen müsse. Die Bundeskanzlerin hätte mit der brasilianischen Präsidentin höchstpersönlich darüber gesprochen und die deutschen Bedenken geäußert. Es gäbe aber auch positive Aspekte des Konzeptes: Deutschland habe die Hoffnung, dass durch den brasilianischen Vorschlag weitere RtoP-skeptische Länder für eine Unterstützung der Schutzverantwortung gewonnen werden können. Die Bundesrepublik unterstütze außerdem die Idee eines „monitoring mechanism“ für die Überwachung von autorisierten RtoP-Missionen, die auch in dem brasilianischen Vorschlag enthalten sei.

 

Konkrete Unterstützung der RtoP durch Deutschland

Zur konkreten Unterstützung der Schutzverantwortung durch Deutschland erwähnte Hermann Nicolai die finanzielle Unterstützung durch die Bundesrepublik für das Büro des Sondergesandten des UN Generalsekretärs für die Schutzverantwortung, Ed Luck, sowie den Einsatz Deutschlands in der „Friends of RtoP“ Gruppe in New York. Des Weiteren engagiere sich Deutschland politisch dafür, das Konzept weiter zu entwickeln, zum Beispiel im Dialog mit Brasilien und Südafrika. Das Auswärtige Amt hätte daher im Juni 2012 in Pretoria einen Workshop organisiert, um mit den Brasilianern, Südafrikanern und internationalen Experten über die RtoP zu diskutieren. Die Schutzverantwortung würde außerdem von der gesamten Europäischen Union unterstützt. So stünde im neuen Prioritätenpapier für die EU-Politik in der VN, dass der weitere Ausbau und die Operationalisierung der Schutzverantwortung zu den Prioritäten gehören. Thorsten Benner, stellvertretender Direktor des Global Public Policy Institute in Berlin, lobte das Zugehen auf die BRICS Staaten durch die deutsche Außenpolitik, da Normentwicklung nur im Dialog mit den aufstrebenden Mächten funktionieren könne. Er kritisierte aber auch, dass vom AA im Bezug auf die Schutzverantwortung keine Themenführerschaft ausginge und man lediglich reagiere und sich internationalen Entwicklungen anpasse. Man solle die Schutzverantwortung nicht allein als eine völkerrechtliche Frage sehen, die man über die nächsten Jahrzehnte ausarbeiten müsse, sondern diese als eine politisch-moralische Verpflichtung verstehen, die Deutschland im Jahre 2005 eingegangen sei.

 

Ein „Atrocities Prevention Board“ in Deutschland?

Auf die Frage, ob und in welcher Form man in Deutschland eine ähnliche Koordinierungseinheit wie das „Atrocities Prevention Board“ in den USA schaffen sollte, antwortete Marina Schuster, Bundestagsabgeordnete und Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion für Menschenrechte, dass sie sich einer solchen Idee zwar nicht entgegen stellen würde. Anstatt nationale Konzepte auszubauen, würde sie jedoch  eine größere multilaterale Anstrengung bevorzugen. Hermann Nicolai befand die gegenwärtigen Strukturen als ausreichend. Die Arbeitsgruppe zum Ressortkreis zivile Krisenprävention beschäftigte sich mit ähnlichen Fragen wie das „Atrocities Prevention Board“. Der Ressortkreis und dessen Beirat zusammengenommen wären in ihrer Zusammensetzung nicht viel anders als das amerikanische Modell. Die Schutzverantwortung sei zwar im Ressortkreis noch nicht diskutiert worden, wäre aber dort bald Thema. Robert Schütte, Vorsitzender von Genocide Alert, warnte, dass man vorsichtig sein sollte, dass die RtoP nicht unter ziviler Krisenprävention subsumiert würde, da sie das darüber liegende Konzept sei und die Krisenprävention lediglich ein Teil davon sein sollte.

 

Die Libyenintervention und die deutsche Enthaltung

Im Bezug auf die NATO Intervention in Libyen im letzten Jahr erinnerte Robert Schütte daran, dass man sich bei aller Kritik in Deutschland bewusst machen sollte, was passiert wäre, wenn die NATO nicht eingegriffen hätte. Er sei sich sicher, dass in diesem Fall die Frage gestellt worden wäre, wie „nach Ruanda, nach Srebrenica, nach den langen Diskussionen zur Schutzverantwortung, unter den Augen der Welt, angekündigt, ein großes Massaker in Benghazi hat stattfinden können“. Thorsten Benner befand, dass man es sich zu einfach mache, wenn man die NATO-Mission, so wie sie gelaufen sei, für gut heißen würde. Er argumentierte, die NATO hätte nach dem verhinderten Massaker in Benghazi erst einmal den Sieg erklären sollen, um anschließend alle Optionen neu zu bewerten. Auch wenn die Kritik und Argumente gegen die RtoP, insbesondere von Russland und China, oft scheinheilig wären, hätte man es diesen Kritikern durch die Implementierung der Libyenmission zu leicht gemacht. Im Bezug auf die deutsche Enthaltung bei der Resolution 1973, die die NATO-Intervention autorisierte, kritisierte Wolfgang Seibel die Entscheidung der deutschen Bundesregierung, in einem solchen „glasklaren RtoP-Fall“ die internationale Gemeinschaft nicht zu unterstützen. Marina Schuster stellte fest, dass keine Partei im deutschen Bundestag eine Beteiligung an einer Mission in Libyen befürwortet oder gefordert hätte und sie die Position vieler – man hätte mit „Ja“ stimmen, sich aber dann trotzdem nicht beteiligen sollen – kritisch sehe.

 

Deutsche Verantwortung im RtoP-Fall Syrien

Hinsichtlich der Lage in Syrien und der Blockadehaltung Russlands und Chinas im Sicherheitsrat beschrieb Marina Schuster ein „Gefühl der Ohnmacht“. Man habe die im parlamentarischen Bereich zur Verfügung stehenden Mittel genutzt und zum Beispiel mit dem russischen Botschafter Gespräche geführt. Wolfgang Seibel bemerkte, dass es in Syrien nicht um eine militärische Intervention ginge, da sich Syrien in einer äußerst komplexen geopolitischen Lage befände und eine Intervention nicht die gleichen Erfolgschancen wie in Libyen hätte. Seiner Meinung nach sollte Deutschland mehr tun um die Länder, die im  Sicherheitsrat weitere Maßnahmen blockierten, insbesondere Russland und China, mehr unter Druck zu setzen.  Deutschland solle trotz eventuell dem entgegen stehenden Wirtschaftsinteressen eine „klare Sprache“ sprechen. Herrmann Nicolai entgegnete dem, dass es nicht zielführend sei, dies öffentlich zu tun und man durch Diplomatie inzwischen zumindest die Mission von Kofi Annan möglich gemacht habe. Robert Schütte warnte, dass man sich auch auf nationalstaatlicher Ebene Gedanken machen müsse, welche Handlungsoptionen es gäbe, wenn diese Mission  scheitere.

 

Notwendige Maßnahmen zur Umsetzung der Schutzverantwortung

Die Podiumsteilnehmer nannten eine Reihe von notwendigen Maßnahmen, die die internationale Gemeinschaft und Deutschland ergreifen sollten, um eine bessere Umsetzung der Schutzverantwortung zu erreichen. Thorsten Benner sprach sich für eine Stärkung der Überwachungskapazitäten der Vereinten Nationen aus, damit diese die Verletzung der Schutzverantwortung von Seiten der Staaten überwachen können.

Marina Schuster berichtete, dass sie in der parlamentarische Versammlung des Europarates einen Bericht vorgelegt habe, der eine Folgekonferenz der „International Commission on Intervention and State Sovereignty“ (ICISS) vorschlage, um strittige Fragen zur RtoP im Völkerrecht zu klären. Der Bericht sei von der parlamentarischen Versammlung beschlossen und an den VN-Generalsekretär Ban Ki-moon gesendet worden. Deutschland müsse sich dafür einsetzen, dass das Konzept nicht diskreditiert oder missbraucht würde. Robert Schütte, betonte, dass es notwendig sei „Schutz von Zivilisten“ als Konzept  genau zu definieren. Obwohl die Vereinten Nationen seit 1999 dies als Aufgabe in Mandaten von VN-Missionen verankern, sei immer noch nicht genau ausbuchstabiert, was dies genau bedeute. Auch Wolfgang Seibel erinnerte, dass die RtoP tagtäglich in Peacekeeping-Missionen eine Rolle spiele. Man müsse dafür sorgen, dass diese ausreichend ausgestattet sind, um ihre Mandate erfüllen zu können.

 

Politischer Wille für die Schutzverantwortung in Deutschland?

Ein zentraler Punkt für die Unterstützung der Schutzverantwortung durch Deutschland, der von vielen der Podiumsteilnehmer angesprochen wurde, war die Frage des politischen Willens in Deutschland. Thorsten Benner bemerkte, dass die Bundeskanzlerin, die sich vielen außenpolitischen Themen angenommen habe, die Schutzverantwortung nicht öffentlich unterstützt. Dies lege daran, dass man in Deutschland mit diesem Thema als Politiker nichts gewinnen könne. Er lobte die Arbeit von Genocide Alert als „eine der wenigen NGOs in Deutschland“, die bei dem Thema Druck ausübten und betonte den Bedarf an mehr Überzeugungsarbeit in Politik und Gesellschaft. Wolfgang Seibel stellte den Unterschied der politischen Unterstützung der Libyenintervention in Frankreich und Großbritannien gegenüber Deutschland hervor. In den ersten beiden Ländern habe es eine breite Befürwortung des Einsatzes, auch durch die jeweilige Opposition und in der Bevölkerung, gegeben. Die dortigen Regierungen hätten es sich im Gegensatz zu der deutschen schlecht leisten können, nicht zu intervenieren. Auf eine Frage aus dem Publikum, ob die Schutzverantwortung nicht nur eine vorgeschobene Deckung für militärische Interventionen sei, entgegnete er, dass die nur in Fällen schlimmster Massenverbrechen greife. Dies seinen Kriegsverbrechen, ethnische Säuberungen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord. Man müsse sich dann konkret mit der Frage der moralischen Verantwortung auseinandersetzen, wenn man in Fällen wie Srebrenica und Ruanda, aber auch Benghazi nicht eingreife, sondern zuschaue. Robert Schütte hob auch abschließend den Widerspruch hervor, dass die deutsche Bevölkerung in einer Umfrage zur Libyenintervention zwar mit einer Zweidrittelmehrheit eine Intervention befürwortete, eine deutsche Beteiligung an dieser aber mit der gleichen Mehrheit ablehnte. Er sprach sich dafür aus, in Deutschland auch eine „Freundesgruppe“ der Schutzverantwortung zu schaffen, um dem Thema in Politik und Gesellschaft mehr Prominenz zu geben. Die von Genocide Alert organisierte Veranstaltung wäre ein Versuch, zu diesem Prozess beizutragen.

 

Sarah Brockmeier

Klicken Sie hier für die PDF Version des Berichtes. Hier zum Programmheft der Veranstaltung. Eine Videoaufnahme der Veranstaltung wird bald auf dieser Seite veröffentlicht.

Begräbnis von 465 identifizierten Massakeropfern (Srebrenica 2007) Quelle: I, Pyramid / wikipedia.org

Factsheet: Das Atrocities Prevention Board und die amerikanische Strategie zur Prävention von Massenverbrechen – Vorbild für Deutschland?

Factsheet: Das Atrocities Prevention Board und die amerikanische Strategie zur Prävention von Massenverbrechen – Vorbild für Deutschland?

von Sarah Brockmeier, 15. Mai 2012

Am 23. April 2012 verkündete der amerikanische Präsident in einer Ansprache im US Holocaust Memorial Museum in Washington den Aufbau eines ‚Atrocities Prevention Boards‘ in den USA – eine Koordinierungseinheit, die ressortübergreifend zu einer effektiveren Prävention von und Reaktion auf (potentielle) Massenverbrechen führen soll. Zudem erklärte er, dass er die Ergebnisse einer Studie zu den gegenwärtigen Kapazitäten der Regierung in diesem Bereich angenommen und seine Regierung zur Umsetzung einer umfassenden Strategie zur Prävention von Massenverbrechen angewiesen hat. Das vorliegende Factsheet erklärt Aufgaben und Zusammensetzung des Atrocities Prevention Board und die wichtigsten Eckpunkte der umfassenden amerikanischen Strategie.[1] Weiterlesen

Podiumsdiskussion: „‚Responsibility to Protect‘: Welchen Beitrag kann (und will) Deutschland für die Schutzverantwortung leisten?“

Genocide Alert e.V. freut sich, zu einer spannenden Podiumsdiskussion zum Thema ‚Deutschland und die Schutzverantwortung‘ einzuladen. Die Podiumsdiskussion wird veranstaltet von Genocide Alert in Zusammenarbeit mit  der „International Coalition for the Responsibility to Protect“ (ICRtoP). 

Das Konzept der Schutzverantwortung basiert auf der Überzeugung, dass der Schutz des Menschen die oberste Aufgabe jeglichen staatlichen Handelns darstellt. Sollte ein Staat nicht fähig oder willens sein, seine Bürger vor Massenverbrechen zu schützen, geht diese Verantwortung zum Schutz der Bevölkerung auf die Staatengemeinschaft über. Vor dem Hintergrund der Konflikte in Libyen und Syrien wollen wir mit politischen Entscheidungsträgern und Experten diskutieren, wie die Schutzverantwortung durch Deutschland in Zukunft konkret umgesetzt werden kann und sollte.

Die Veranstaltung findet statt am: Donnerstag, 10.05.2012, 19.00 Uhr, im Robert-Havemann-SaaHaus der Demokratie und Menschenrechte, Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin.

Die Veranstaltung „Responsibility to Protect‘: Welchen Beitrag kann (und will) Deutschland für die Schutzverantwortung leisten?“ wurde auf Video aufgenommen und kann über den YouTube-Kanal von Genocide Alert abgerufen werden.


Programm:

19.00 Begrüßung

Genocide Alert & Schutzverantwortung, Sven Scheid, Genocide Alert

19.10 Diskussion:

  • Wurde Deutschland seiner internationalen Verantwortung bei der Umsetzung der Schutzverantwortung bisher gerecht?
  • Welchen Beitrag kann (und will) Deutschland zukünftig für die Schutzverantwortung leisten?

Podiumsteilnehmer:

Marina Schuster (FDP), MdB

Christoph Strässer (SPD), MdB (angefragt)

Prof. Dr. Wolfgang Seibel, Universität Konstanz

Hermann Nicolai, Auswärtiges Amt

Thorsten Benner, Global Public Policy Institute

Robert Schütte, Genocide Alert

Moderation: Wenzel Michalski, Direktor Human Rights Watch Deutschland

20.30   Fragen aus dem Publikum

21.00   Empfang

Um eine Anmeldung wird gebeten unter sekretariat@genocide-alert.de.

Für Fragen zur Veranstaltung, wenden Sie sich bitte an  Sven Scheid, Genocide Alert e.V., sven.scheid@genocide-alert.de.

Mehr Informationen zur Schutzverantwortung und Genocide Alert finden Sie unter  www.schutzverantwortung.de und www.genocide-alert.de. 

Hier zur PDF Version der Einladung.

Factsheet: Die dritte Säule der Schutzverantwortung

Factsheet: Die dritte Säule der Schutzverantwortung: Die rechtzeitige und entschlossene Reaktion auf Massenverbrechen von Gregor Hofmann,  30.04.2012 Im Sommer 2012 debattiert die Generalversammlung der Vereinten Nationen die “dritte Säule” der Schutzverantwortung oder “Responsibility to Protect.” In diesem Factsheet übersetzt und ergänzt Genocide Alert die Publikation “Clarifying the Third Pillar of the Responsibility to Protect” der International Coalition for the Responsibility […]