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Der Bürgerkrieg im Sudan: Hintergründe des Nord-Süd-Konflikts

Sudans Geschichte seit seiner Unabhängigkeit von Großbritannien 1956 ist eine Geschichte von Bürgerkriegen und ethnischen Säuberungen, die Millionen von Menschen das Leben gekostet haben. In den vergangenen Jahren war Sudan vor allem durch den Völkermord in Darfur in den Medien präsent. Doch lange Zeit war der so genannte Nord-Süd-Konflikt zwischen der nord- und zentralsudanesischen Elite und dem Südsudan, der mit einer Unterbrechung von elf Jahren zwischen 1956 und 2005 tobte, der zentrale Konflikt im Sudan – und galt als Musterbeispiel für einen hochkomplexen, möglicherweise gar unlösbaren Bürgerkrieg. Zwei und drei Millionen Menschen fielen dem Krieg zum Opfer, und mehr als sieben Millionen Menschen wurden zu Flüchtlingen.

 

Wie die anderen Konflikte im Sudan auch ist der Nord-Süd-Bürgerkrieg nur zu verstehen, wenn man ihn im Zusammenhang fundamentaler Fehlentwicklungen eines postkolonialen Staates begreift. Der Staat, den die Briten in die Unabhängigkeit entließen, war keine historisch gewachsene Einheit, sondern ein willkürlich zusammengeworfener Raum der Größe Westeuropas, der mindestens 19 ethnische Gruppen mit rund 600 Untergruppen und hunderten von Sprachen beherbergt. Von Beginn an kontrollierte die überwiegend arabisch-islamische zentralsudanesische Elite im Norden – eine Minderheit – den Staat und seine Ressourcen. In der Wahrnehmung des Südens, deren Bewohner in der Regel weder Araber noch Muslime waren, hatte sich mit der Unabhängigkeit kaum etwas geändert. Waren zuvor die Briten ihre Kolonialherren gewesen, saßen die neuen Kolonialherren nun in der sudanesischen Hauptstadt Khartum, definierten die Identität des Sudans arabisch-islamisch und hatten kein Interesse an einer Entwicklung des Sudans jenseits des Kernbereichs. Der Süden wehrte sich; der erste Bürgerkrieg, der bis 1972 dauern sollte, war die Folge. Im Friedensabkommen („Addis Abeba Agreement“) wurde dem Süden zunächst eine weitgehende Autonomie zugesprochen, die 1983 jedoch wieder durch Khartum aufgehoben wurde, was zum erneuten Ausbruch des Bürgerkriegs führte.

In dieser Weigerung des Nordens, auf dem Verhandlungsweg föderale Strukturen zuzulassen, die allen Regionen eine politische Partizipation und eine gerechte Ressourcenverteilung ermöglicht, liegt der Kern aller Konflikte im Sudan. Die Zentrale hat jahrzehntelang systematisch und mit Erfolg daran gearbeitet, Macht, Privilegien und Wohlstand so wenig wie möglich teilen zu müssen und andere ethnische Gruppen in der „Peripherie“ des Landes zu marginalisieren. Statt politischer Prozesse, deren Ergebnis nur eine angemessene Partizipation aller Landesteile und Ethnien hätte sein können, entschied sich Khartum für eine Reihe von Unterwerfungskriegen, die – im Falle Darfurs – bis zum heutigen Tage anhalten.

Der Nord-Süd-Bürgerkrieg konnte 2005 mit dem Comprehensive Peace Agreement (CPA) vorerst beendet werden. Die zentralen Bestimmungen des Abkommens sahen zwar eine gerechte Verteilung der Ressourcen (vor allem der steigenden Öleinnahmen), eine Beteiligung der südsudanesischen Rebellengruppe SPLA/M (Sudan People’s Liberation Army/Movement) an der Regierung und eine weitgehende Autonomie des Südens vor. Die Umsetzung des Abkommens stockte jedoch von Beginn an, vor allem aus zwei Gründen. Zum einen war aus Sicht Khartums das CPA vor allem der Versuch, neue Spielräume für den Völkermord in Darfur zu gewinnen. Dementsprechend war die sudanesische Regierung natürlich nicht an einer schnellen Implementierung des CPA interessiert – im Gegenteil. Zum anderen war von Beginn an klar, dass eine Bestimmung ganz besonders über das Schicksal des Landes und über die Möglichkeit eines dauerhaften Friedens entscheiden würde: die Festsetzung eines Referendums über die Unabhängigkeit des Südsudans, das für den 9. Januar 2011 angesetzt ist. Die genaue Festlegung der Grenze zwischen Nord und Süd durch eine Kommission ist zwar noch nicht abgeschlossen und steht vor großen Problemen, was vor allem daran liegt, dass die zwischen Norden und Süden umstrittenen Regionen zu den ölreichsten des Landes gehören. Doch sollte sich der Südsudan in wenigen Monaten für seine Unabhängigkeit entscheiden, und sich dabei möglicherweise ein Hauptteil der ölreichen Regionen vom Sudan abspalten, bräche Khartum nicht nur ein Teil seines Herrschaftsgebietes weg, sondern gleichzeitig auch eine Hauptvoraussetzung für Wohlstand und Macht in der Zukunft. Führt man sich vor Augen, wie Präsident Bashir und seine Regierung seit 2003 auf die Krise in Darfur reagiert haben, dann kann man ermessen, wie sie in einer möglicherweise existenziellen Frage wie der Unabhängigkeitserklärung eines ölreichen Südsudans reagieren könnte. In wenigen Monaten könnte dem Sudan ein neuer Konflikt von katastrophalen Ausmaßen und Konsequenzen für die Zivilbevölkerung bevorstehen.

Von Adrian Oroz

Si vis bellum, para pacem ? Wie Khartums präkäre Beziehungen mit dem Südsudan einen Frieden in Darfur erwirken könnte

Der Konflikt in Darfur hat bis ins Jahr 2010 schätzungsweise 400.000 Menschen das Leben gekostet und mehr als 2,7 Millionen vertrieben. Nach jahrelangen Kämpfen wurde nun am 20. Februar eine 60-tägige Waffenruhe zwischen der Regierung und Vertretern des Justice and Equality Movement (JEM) unterzeichnet. Dies ist seit langem ein Zeichen der Hoffnung für Frieden in einer von Krieg und Zerstörung gebeutelten Region. Doch wurden bei kürzlichen Kämpfen wurden Einheiten der JEM verschont, andere Rebellengruppen aber nach wie vor ins Visier genommen. Und inwiefern finden die an und für sich begrüßenswerten Friedensbemühungen in einem Klima eines nach wie vor nicht ausgeschlossenen neuen Nord-Süd-Bürgerkriegs statt? Versucht der sudanesische Präsident, Omar al-Bashir, die Front in Darfur zu befrieden um den Rücken für eine erneute Auseinandersetzung mit dem sezessionswilligen Süd-Sudan frei zu haben?

Am 20. Februar war es soweit, das Abkommen wurde vom sudanesischen Präsidenten Omar al-Bashir und JEM Führer Khalil Ibrahim in N’Djamena, der Hauptstadt des benachbarten Tschad, unterzeichnet. Diese Übereinkunft ist bemerkenswert, da die JEM bis Mai 2009 eine der wenigen Gruppen war, die nicht bereit war, den Konflikt mit der sudanesischen Regierung zu diskutieren. Darüber hinaus ist es die Sudan Liberation Army (SLA), die sich ebenfalls weigert, mit der Regierung zu sprechen bevor es nicht ein Ende der Gewalt gibt. Der Ort der Verhandlungen ist auch von Bedeutung, wenn man bedenkt, dass der Tschad bisher JEM und andere Rebellengruppen unterstützt hat und vielen vertriebenen Darfurern ein Zufluchtsort geworden ist. Ohne die Unterstützung des Tschads, welcher den Rebellen bis heute einen Rückzugsraum geboten hat, wären die Aufständischen gar nicht in der Lage gewesen, der Regierung Sudans Paroli zu bieten.

Trotz der kürzlich ausgehandelten begrüßenswerten Waffenruhe besteht jedoch die Gefahr, dass es sich um ein Manöver Bashirs handeln könnte, um sich die JEM zeitweilig vom Leibe zu halten. So finden parallel zu den Friedensverhandlungen mit zehn anderen Rebellengruppen in Doha Fliegerangriffe auf Siedlungen in Darfur statt. Rebellen in der Gegend berichten, dass innerhalb von zwei Tagen 50 Zivilisten Opfer von Kämpfen in der strategisch wichtigen Region in zentralen Darfur geworden seien. Die einzige Hilfsorganisation vor Ort ist gezwungen, ihre Tätigkeit einzustellen. Nach Angaben der Organisation Médecins du Monde, wurden 100.000 Menschen durch die Kämpfe vertrieben. Man kann die neuesten Angriffe als einen Versuch der Regierung interpretieren, die verbleibenden Rebellengruppen durch Gewalt zu einem Einlenken zu zwingen. In der Tat drängen die Vermittler der Afrikanischen Union und der Vereinten Nationen, die Gastgeber aus Katar und der US-Sondergesandte Scott Gration die Rebellengruppen, mit der Regierung Sudans parallel zu JEM zu verhandeln und am Ende beide Vereinbarungen miteinander zu verbinden.

Khartums plötzlicher Eifer, die Rebellengruppen zu einer Waffenruhe, wenn nicht sogar zu einem Frieden zu drängen, lässt sich mit Hinblick auf die mögliche Unabhängigkeit des Süd-Sudans und dem Unabhängigkeitsreferendum im Januar 2011 erklären. Falls sich der erdölreiche Süden nach dem Referendum zur Sezession entschließen sollte, würde dies aller Wahrscheinlichkeit nach erneut Krieg bedeuten. Aus der Perspektive Khartums wäre ein Frieden in Darfur vor allem deshalb wichtig, um nicht einen Zwei-Fronten-Krieg gegen den Süden und Westen des Landes führen zu müssen. Es ist somit nicht unwahrscheinlich, dass die Furcht vor einer Abspaltung des Südens das Handeln der Regierung in Khartum ditkiert. Außerdem könnte Präsident Bashir im Sinn zu haben, die bevorstehenden nationalen Wahlen zu nutzen, um sich und die Herrschaft seiner Partei trotz Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs zu legitimieren. „erfolgreiche“ Wahlen könnten als Argument missbraucht werden, Bashir nicht für seine Kriegsverbrechen und schweren Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich zu machen.

Die internationale Gemeinschaft, die EU und Deutschland sind nun gefragt, die Waffenruhe zwischen Khartum und JEM zu unterstützen, weitere Rebellengruppen zur Teilnahme zu bewegen und letztlich einen umfassenden Friedensprozess in Darfur anzustoßen. Gleichzeitig sollte sich jedoch verstärkt darum bemüht werden, das für seine Skrupellosigkeit berüchtigte Regime in Khartum von jeglichen militärischen Aktionen gegen den Süd-Sudan im Falle einer Sezession abzuhalten. Noch besteht die Möglichkeit einer internationalen konzertierten Initiative in diese Richtung, in der vor allem die Volksrepublik China auf Grund ihrer engen wirtschaftlichen Kontakte mit Khartum in die Pflicht genommen werden sollte. Noch ist ein Krieg zwischen Norden und Süden abwendbar, der zweifellos die gesamte Region destabilisieren würde.

Johanne Kübler

Sudan vor den Wahlen – Prävention gegen neue Gewaltausbrüche gefragt

Auf den ersten Blick könnte man in den für April angesetzten Wahlen im gesamten Sudan – die ersten seit 1986 – und in dem für Anfang 2011 angekündigten Referendum über die Unabhängigkeit des Südsudans ein Hoffnungsschimmer für das von Gewalt geschundene Land vermuten. Doch sowohl die Wahlen, als auch das Referendum birgt die Gefahr eines neuen Aufflammens der Gewalt. Es wäre ein tödlicher Fehler der Internationalen Gemeinschaft, die damit verbundenen Risiken für die sudanesische Bevölkerung zu ignorieren.

Schon jetzt gibt es zahlreiche Berichte von Gewalttaten, welche neuerdings vor allem wieder vermehrt im Süden vorkommen. So gab es 2009 im Südsudan 2500 Gewaltopfer, sogar mehr als im gleichen Zeitraum in Dafur. 360000 Menschen mussten fliehen. Neben Stammeskonflikten und dem Eindringen der Lord Resistance Army aus Uganda, lässt sich dabei auch wieder eine Zunahme der Spannungen mit dem Norden feststellen. Die Ursprünge des Konflikts zwischen dem arabisch dominierten Norden und dem christlichen schwarzafrikanischen Süden des Sudans reichen dabei weit in die Vergangenheit zurück. Der bisher letzte offene Bürgerkrieg brach Anfang der 1980er Jahre aus und konnte erst im Januar 2005 mit dem sogenannten „Comprehensive Peace Agreement“ beigelegt werden. Darin einigten sich die Parteien neben der Schaffung einer Autonomen Provinz Südsudan und der Bildung einer „Regierung der nationalen Einheit“ unter anderem auch darauf, bis spätestens Januar 2011 ein Referendum über eine staatliche Unabhängigkeit des Südsudans durchzuführen.

Vor den jetzt anstehenden Abstimmungen darf man vor allem nicht vergessen, dass das Abhalten Wahlen allein noch keine Demokratie ausmacht. Dennoch steht für die Parteien im Sudan viel auf dem Spiel. So sollen ein Staatspräsident für Gesamtsudan, der Präsident für den Südsudan, die Gouverneure der 26 Bundesstaaten, sowie die Parlamente der Nationalversammlung in Khartum und in den Bundesstaaten gewählt werden. Im Hinblick auf die humanitäre Notlage und die immer noch mangelnde Sicherheit weiter Bevölkerungsteile – vor allem in Dafur und im Südsudan – sind wirklich fairen Wahlen nur begrenzt zu erwarten. Die Regierung von Präsident Omar al Bashir hat es in den vergangenen Jahren unterlassen, die notwendigen demokratischen Reformen durchzuführen, welche im „Comprehensive Peace Agreement“ von 2005 verlangt werden. Ohne verstärkte Aufmerksamkeit und Druck durch die Internationale Gemeinschaft wird es weder faire noch freie Wahlen geben.

Auch wenn die Wahlen im April ohne größere Verwerfungen und Gewaltausbrüche über die Bühne gehen sollten, droht Anfang 2011 mit dem Referendum, welches der südsudanesischen Bevölkerung die Aussicht auf einen eigenen Staat einräumt, ein erneuter offener Bürgerkrieg. Es ist zu erwarten, dass die Spannungen zwischen dem Norden und dem Süden zunehmen, je näher das Referendum rückt. Schon jetzt wirft die südsudanesische Regierung dem Norden Waffenlieferung an einzelne Gruppen im Süden vor. Aber auch der Süden rüstet auf.

Es ist davon auszugehen, dass sich eine Mehrheit der Menschen im Südsudan für eine Unabhängigkeit entscheiden werden. Schwer vorstellbar ist jedoch, dass – trotz anderslautender Bekundungen – die Zentralregierung in Khartum die Loslösung des Südens und damit den Verlust von ölreichen Provinzen einfach hinnehmen wird. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass wichtige Fragen wie Grenzziehungen und die Verteilung der Öleinnahmen nach wie vor ungeklärt geblieben sind.

Die Zeit drängt und es sind entschlossene Schritte notwendig, um einem erneuten Ausbruch eines Bürgerkriegs vorzubeugen. So müssen die in einem Bericht des UN-Generalsekretärs Ban Ki-moon vom 19. Januar 2010 geforderte Verstärkung der UNMIS und die notwendigen versprochenen Mittel für das UNDP sofort bereitgestellt werden. Sowohl die südsudanesische Regierung als auch die Internationale Gemeinschaft haben die Pflicht, umgehend ihre Anstrengungen für die Herstellung von kurz und langfristiger Sicherheit des Bevölkerung zu erhöhen. Die internationale Staatengemeinschaft hat dabei die Aufgabe, die Konfliktparteien zu Verhandlungen und zur friedlichen Beilegung von Konflikten zu drängen. In den verbleibenden Monaten vor dem Referendum muss mit aller Kraft an der Lösung der ungeklärten Fragen gearbeitet werden. Die Notwendigkeit und Möglichkeiten einer Verstärkung der UN-Truppe zur Überwachung der Nord-Süd-Grenze im Vorfeld des Referendums sollten rechtzeitig geprüft und gegebenenfalls auch realisiert werden. Als einer der Garantie-Staaten des Friedensvertrags hat die Bundesrepublik Deutschland die Verantwortung, dem Sudan mehr Aufmerksamkeit zu widmen.

Christoph Schlimpert

Afrikanische Union: Bashir verhaften oder nicht?

Die Afrikanische Union (AU) sendet zurzeit widersprüchliche Signale bezüglich der Vollstreckung des Haftbefehls gegen Sudan’s Präsidenten Omar al-Bashir. So zitierten am 11. Juli Nachrichtenagenturen wie Reuters und AFP Thabo Mbeki, ehemaliger Präsident Südafrikas und Vorsitzender einer Arbeitsgruppe der AU zum Thema Darfur, mit der Aussage, dass sicherlich alle vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) angeklagten in Den Haag erscheinen sollten. Allerdings setze sich in der achtköpfigen Kommission die Erkenntnis durch, dass die Herstellung von Gerechtigkeit auf andere Weise angegangen werden müsse, da die Verfolgung al-Bashirs durch den IStGH die Friedensbemühungen im Sudan behindern würde.

Schon am 4. Juli, während des Gipfels der Afrikanischen Union in Sirte, Libyen, hatte der Revolutionsführer Ghadafi verkündet, dass die afrikanischen Mitglieder des IStGHs al-Bashir nicht ausliefern würden. Dies wäre im Gegensatz zu ihren Verpflichtungen als Unterzeichner des Statuts des IStGHs. Am 4. März 2009 hatte ein unabhängiges Tribunal des IStGHs, bestehend aus Richtern ghanischer, litauischer und brazillianischer Herkunft, den Haftbefehl gegen Bashir erlassen. Der Haftbefehl wirft ihm Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor, der Anklagepunkt des Völkermords wurde fallengelassen. Chefankläger Luis Moreno Ocampo hält jedoch an diesem Anklagepunkt fest und bekräftigt, genügend Beweise zu haben, um al-Bashir Völkermord an Darfurern nachzuweisen.  Zuvor waren auch Haftbefehle gegen x und y wegen xy erlassen worden.

Nachdem Reuters von einem Beschluss des Gremiums berichtet hatte, den internationalen Haftbefehl gegen Sudan’s Präsident Omar al-Bashir zu ignorieren und Bashir nicht an den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) auszuliefern, wurde dies tags darauf vehement bestritten. Reuters publizierte daraufhin eine korrigierte Version seiner Mitteilung, ohne jedoch die Aussagen Mbekis zu verändern. Laut Quellen von Sudan Tribune hat Mbeki stark gegen den Vorschlag Libyens militiert, da dieser die Arbeit der vom ihm angeführten Kommission untergrabe. Auf der anderen Seite befürchten Kritiker, dass die Kommission al-Bashir vor seiner gerichtlichen Verfolgung beschützen wolle.

Die Diskussion ist bei weitem nicht beendet und vollzieht sich sowohl innerhalb wie auch ausserhalb der Afrikanischen Union. So kündigte Uganda am 13. Juli an, dass al-Bashir möglicherweise während seines Besuchs des Landes ihm Rahmen einer internationalen Konferenz am Ende des Monats verhaftet werden könnte. Chefankläger Ocampo unterstrich während einer Pressekonferenz, dass Uganda als Unterzeichner des Status des IStGHs zur Kooperation verpflichetet wäre. Die Möglichkeit einer Verhaftung hatte al-Bashir schon davon abgehalten, Jacob Zuma’s Vereidigung in Südafrika zu besuchen. 30 afrikanische Staaten haben das Statut des Internationalen Gerichtshofes unterzeichnet und sind somit verpflichtet, ihn bei Besuchen in ihren Ländern festzunehmen.

 Johanne Kübler

Balance-Akt der afrikanischen Mitgliedstaaten des IStGH

Die Nachrichtenagentur Reuters meldete vor kurzem, dass die Afrikanischen Mitgliedsstaaten des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) trotz der Anklage des sudanesischen Präsidenten Omar al-Bashir ihre Mitgliedschaft nicht beenden würden.

Vom 8. bis 9. Juni trafen sich die Vertreter der 30 afrikanischen Mitgliedstaaten des IStGH, um ihre Reaktion auf die Anklage des sudanesischen Präsidenten wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu diskutieren. Die allgemeine Haltung war, vom UN Sicherheitsrat einen Aufschub des Verfahrens unter Artikel 16 des Römer Statuts zu verlangen. Der von einigen Beobachtern befürchtete Rückzug der 30 afrikanischen Mitgliedsstaaten vom IStGH fand keinen Konsens. Lediglich Libyen, Senegal, Djibouti und die Komoren hatten sich dafür stark gemacht. Die afrikanischen Mitgliedsstaaten scheinen mehrheitlich die Position zu vertreten, dass der UN Sicherheitsrat das Verfahren um ein Jahr aufschieben solle. Diese Position hatte sich schon anlässlich eines Treffens der Staats- und Regierungschefs der Afrikanischen Union (AU) im Februar diesen Jahres herauskristalisiert. Die Argumentation der AU ist, dass eine Strafverfolgung al-Bashirs einen Friedensprozess gefährden könne und deshalb Alternativen zur Lösung des Darfur Konflikts gefunden werden müssten. Gemäss einem Artikel der Sudan Tribune hatten die 19 Mitgliedsstaaten des COMESA (Market for Eastern and Southern Africa) diese Position auf ihrem Gipfeltreffen in Simbabwe vom 7. Juni erneut bestätigt. Im Vorfeld des Treffens der 30 Mitgliedstaaten haben 40 Vertreter der afrikanischen Zivilgesellschaft eine Erklärung herausgegeben. In dieser so genannten Kapstadt Erklärung teilen die Vertreter der Zivilgesellschaft einerseits die Bedenken der Mitgliedsstaaten in Bezug auf die westliche Dominanz und Politisierung der internationalen Strafgerichtsbarkeit, gleichzeitig fordern sie diese aber auch auf, den IStGH aktiv zu unterstützen und zu dessen gesteigerten Legimität beizutragen und gleichzeitig nationale und regionale Justizmechanismen zu stärken.

Khartum lehnt die Position der afrikanischen Mitgliedsstaaten mit der Argumentation ab, dass ein Bezug auf Artikel 16 des Römer Statuts die Gerichtsbarkeit des IStGH anerkennen würde. Der Sudan hat das Statut nicht ratifiziert und hat bisher versucht den massiven Menschenrechtsverletzungen mit nationalen Justizmechanismen zu begegnen. Das Regime in Khartum nutzt diese beiden Gründe als Vorwand, um nicht mit dem Gerichtshof kooperieren zu müssen und eine mögliche Verurteilung al-Bashirs abzuwehren. Diese nationalen Bestrebungen eine strafrechtliche Verantwortlichkeit für die im Darfur begangenen Gräueltaten zu schaffen sind höchst unzureichend und müssen deshalb als Abwehrstrategie gegenüber dem Strafgerichtshof bezeichnet werden.

Seit der IStGH im März 2009 einen internationalen Haftbefehl gegen den sudanesischen Präsidenten erlassen hat, hat al-Bashir mehrere Auslandsreisen in Länder getätigt, die allesamt keine Mitglieder des IStGH sind. Mit diesen Reisen in befreundete Staaten scheint al-Bashir einerseits Unterstützung von Verbündeten zu suchen und andererseits die Glaubwürdigkeit des Gerichtshofs untergraben zu wollen. Genocide-Alert hat diese Thematik an anderer Stelle in einem Artikel  analysiert.

Das kürzliche Treffen der 30 Mitgliedstaaten des IStGH und die dabei eingenommene Mittelposition zeigen, dass diese Staaten ihre eigenen Interessen und Agenden verfolgen. Eine Desavouierung des IStGH durch einen allgemeinen Rückzug der Mitgliedschaft wurde auf der einen Seite vermieden. Die Gründe dafür mögen vielschichtig sein. Die meisten afrikanischen Mitgliedsstaaten wollen sich bestimmt keinen Affront gegenüber den westlichen Mitgliedstaaten des IStGH leisten. Dazu kommt, dass für viele dieser Staaten ein Image-Verlust aufgrund eines Rückzugs vom IStGH zu verkraften wäre. Des Weiteren haben sie auch ein genuines Interesse an der Umsetzung des IStGH-Mandats, da die Beendigung einer Kultur der Straflosigkeit mittel- und langfristig zur inneren Stabilität beitragen kann. Sie setzen voraus, dass ihre Souveränität respektiert und nicht ungleiche Maßstäbe zwischen afrikanischen und westlichen Ländern angelegt werden. Auf der anderen Seite können die afrikanischen Staaten das Wirken des Gerichtshofs im Fall al-Bashirs jedoch nicht ohne weiteres gutheissen. Zum einen wollen sie einen Präzedenzfall vermeiden, in welchem ein amtierender Präsident verurteilt würde und zum anderen wollen sie einer befürchteten Politisierung der internationalen Strafgerichtsbarkeit entgegenwirken.

Angesichts dieser verschiedenen Beweggründe ist die eingenommene Mittelposition zu deuten. In welche Richtung sich dieser Balance-Akt der afrikanischen Mitgliedstaaten bewegt, bleibt abzuwarten. Die Tatsache, dass diese Staaten mit ihrer „Artikel 16“-Mittelposition einen solchen Balance-Akt vollführen, macht sie empfänglich für Überzeugungsversuchen derjenigen Staaten und zivilgesellschaftlichen Vertreter, welche al-Bashir entweder politisch zu isolieren oder diesen zu verhaften und nach Den Haag zu überstellen versuchen. Es gilt nun die afrikanischen Mitgliedstaaten von der politischen Neutralität der internationalen Strafgerichtsbarkeit zu überzeugen, wobei diese Bekenntnisse auch durch eine entsprechende Praxis des UN Sicherheitsrates und Chef-Anklägers unterstrichen werden müssen. Der Strafgerichtshof muss von allen Mitgliedstaaten als legitimes und komplementäres Instrument zu nationalen und regionalen Justizmechanismen angesehen werden, welches die staatliche Souveränität nicht bedroht, sondern diese mittel- und langfristig zu stärken vermag. Gelingt dies, ist es wahrscheinlich, dass die Skepsis der afrikanischen Mitgliedstaaten beseitigt, der Gerichtshof gestärkt und al-Bashir ein für allemal isoliert und womöglich verhaftet werden kann.

Christoph Bleiker

Omar al-Bashir zu Gast bei Freunden

Der sudanesische Präsident Omar al-Bashir wird seit Anfang März als erstes Staatsoberhaupt im Amt mit einem internationalen Haftbefehl wegen des Verdachts auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen als Anführer der sudanesischen Kampagne gegen Aufständische in Darfur durch den Internationalen Strafgerichthof (IStGH) verfolgt. Theoretisch müsste nun jeder Staat, der das Statut von Rom unterzeichnet hat, al-Bashir verhaften, wenn er sich in diesem Staat aufhielte. Kurz nach der Veröffentlichung hatten sudanesische Politiker Bashir von internationalen Reisen abgeraten. Mittlerweile ist er aber wieder unterwegs.

Von der Weltöffentlichkeit unbeachtet ist Präsident Omar al-Bashir am 21. April nach Äthiopien zu Gesprächen gereist. Verhaftet zu werden brauchte Bashir nicht zu fürchten, schließlich gehört Äthiopien nicht zu den Unterzeichnern des Status des IStGH, wie auch Außenamtssprecher Wahide Belay in Addis Abeba betonte.Seitdem hat Al Bashir Eritrea, Ägypten, Katar, Saudi-Arabien und Libyen unbehelligt besucht.

Als Reaktion auf den Haftbefehl hatten religiöse Führer Bashir noch vor Reisen ins Ausland abgeraten. Dabei hatten sie vor allem den Besuch des Gipfels der Liga der arabischen Staaten in Doha, Katar, im Visier. Der Präsident gibt sich über alle Zweifel erhaben und deutete an, dass der Haftbefehl seine Position gestärkt habe. So sagte er laut AFP, dass er an der heimischen Front im Sudan gesehe habe „wie das sudanesische Volk spontan auf die Straßen ging um den Präsidenten des Sudans zu unterstützen“ und „wir haben einen sehr starken Rückhalt von regionalen Organisationen und der Liga arabischer Staaten gefunden“. 

In der Tat ist es so, dass Omar al-Bashir seit Veröffentlichung des Haftbefehls sein Land sogar häufiger verlassen hat als zuvor. Die Afrikanische Union (AU) hat sich schon vor Bekanntgabe des Haftbefehls gegen eine derartige strafrechtliche Verfolgung Bashirs ausgesprochen und den UN-Sicherheitsrat in dieser Frage um Beistand gebeten. Laut AU gefährdeten die Bemühungen des IStHGH den – bisher nirgendwo sichtbaren – Friedensprozess im Sudan und einen Erfolg der gemeinsamen AU-UN-Mission für die sudanesische Krisenregion Darfur (UNAMID). Auch die Arabische Liga hat Bashir auf dem Gipfel in Doha ihre „Solidarität“ zugesichert.

Al-Bashir scheint es allen beweisen zu wollen, dass ihm der Haftbefehl mehr Unterstützung gebracht hat als je zuvor. Allerdings hat es wählte er seine Reiseziele mit Bedacht gewählt. So meint auch der Chefankläger des IStGH, Luis Moreno-Ocampo in einem Interview mit der Basler Zeitung, Bashir sei verzweifelt und ein Präsident auf der Flucht. Er versuche zu demonstrieren, dass er sich frei bewegen könne, und doch habe er durch die Wahl seiner Reiseziele deutlich gemacht, dass ihm der IStGH auf den Fersen sei. So erfreut sich Bashir außsserhalb der arabischen Welt weniger Freunde. Dies wurde deutlich, als sich der Präsident Brasiliens, Lula da Silva, sich beim arabisch-süd-amerikanischen Gipfel nicht neben Bashir setzen wollte. Und doch bleibt die Frage warum Bashir für die arabischen Staaten noch kein ausreichendes Imageproblem ist um zu einer Distanzierung zu führen.

Wenn Äthiopien einen  wegen schwerster Menschenrechtsverbrechen per Haftbefehl gesuchten Staatsmann mit vollen Ehren empfängt und die Arabische Liga sich hinter Bashir stellt, so hat das vor allem einen Grund: Diese Staatschefs haben zwar nicht imminent eine Verfolgung durch den IStGH zu fürchten, da ihre Staaten das Rom Statut nicht unterzeichnet haben, doch sind ihnen unabhängige internationale Gerichtsbarkeiten nicht geheuer. Von den Mitgliedern der Arabischen Liga haben bisher lediglich Jordanien, Djibuti und die Komoren das Statut ratifiziert. Aus diesem Lager hört man nun vor allem den Vorwurf, bei der Verfolgung durch den IStGH handele es sich um Neo-Kolonialismus. Bashir hat es verstanden, die real existierenden Erblasten aus dem Kolonialismus propagandistisch für seine Zwecke zu instrumentalisieren und angebliche Araber gegen angebliche Afrikaner aufzuhetzen.

Wenn also die westlichen Diplomaten und Gesandten das Staatsessen in Addis Abeba boykottieren ist das ein mehr als nötiges diplomatisches Zeichen des Protests. Bisher haben es die Unterstützer des IStGH in Europa allerdings versäumt, den Worten Taten folgen zu lassen. Denn die gemeinsame Truppe der Afrikanischen Union und der Vereinten Nationen in Darfur zählt nur 15 000 Soldaten und Polizisten, obwohl 26 000 vorgesehen waren, und obwohl die Reaktion Bashirs auf den Haftbefehl abzusehen war. Und nach wie vor ist die Europäische Union der zweitgrößte Handelstpartner des Sudan (EUROSTAT). Über mangelnden Einfluss kann sich die EU also nicht beklagen.

Omar al-Bashir scheint sich also momentan zu Recht in Sicherheit zu wiegen. Innenpolitisch hat es ihm sicher gefallen, als einige Tausend Sudanesen in die Hauptstadt Karthoum gefahren worden sind, um ihm zuzujubeln und gegen den Haftbefehl zu demonstrieren. Momentan schaffen es interne Kritiker Bashirs auch noch nicht, sich gegen Bashirs Getreuen durchzusetzen. Bis dahin kann sich al-Bashir noch vor seinen „Freunden“ als Widerstandskämpfer gegen die angeblichen westlichen Kolonisatoren profilieren. Nach wie vor scheint Solidarität mit dem Täter, nicht mit den Opfern, Trumpf zu sein.

Johanne Kübler ist stellvertr. Vorsitzende von Genocide Alert.

Der Stand des Darfur Friedensprozesses – Oberflächliche Fortschritte, immense Hürden, und mangelnder Wille

Die Friedensgespräche zwischen der sudanesischen Regierung und einer Rebellengruppe aus Darfur haben  in Doha, Qatar zur Unterzeichnung einer Absichtserklärung für einen Friedensprozess geführt. Die politischen und operativen Hürden sind jedoch so groß, dass die Friedensbekundungen der Beteiligten als Lippenbekenntnissen bezeichnet werden müssen. Wenn der Friedensprozess in Gang kommen soll, muss die internationale Gemeinschaft und insbesondere auch die Europäischen Union kritische Unterstützung leisten und gezielten Druck ausüben.

Am 17. Februar, nach einer Woche Verhandlungen in der Qatarischen Hauptstadt Doha, haben die Vertreter des Justice and Equality Movement (JEM) und der sudanesischen Regierung eine Absichtserklärung unterzeichnet. Das Dokument drückt den Willen der Parteien aus, den Darfur Konflikt mit ‘vereinten Kräften’ friedlich zu lösen und dabei einen umfassenden Ansatz zu wählen, welcher auch die zugrundeliegenden Konfliktursachen berücksichtigen würde.

Um gegenseitiges Vertrauen zu bilden und ein positives Klima für die geplanten Friedensverhandlungen zu schaffen, haben beide Seiten Zugeständnisse gemacht und beschlossen die Zivilbevölkerung Darfurs zu beschützen, den Zugang von humanitärer Hilfe zu erleichtern sowie Gefangene auszutauschen.

Am 4. März hatten drei Richter des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) einem Haftantrag gegen den sudanesisch Präsidenten Bashir wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen stattgegeben. In dessen Folge hatte die sudanesische Regierung 13 humanitäre Hilfsorganisationen des Landes verwiesen und damit vertrauensbildende Kerngehalte der Absichtserklärung verletzt. Dennoch haben sich beide Parteien zur Weiterführung der Friedensgespräche bereit erklärt. Das JEM hatte jedoch angedroht seine Position zu überdenken, würde die sudanesische Regierung nicht mit dem IStGH kooperieren und Al-Bashir nach Den Haag ausliefern.

Seit dem Beginn des Darfurkonflikts im Jahre 2003 gab es eine Serie von Waffenstillstandsvereinbarungen, Erklärungen zur Beendigung von Feindseligkeiten und Bekenntnisse zur friedlichen Konfliktlösung. Keine Initiative war bislang vom Erfolg gekrönt.

Die Gründe für die fehlgeschlagenen Friedensbemühungen sind seit Jahren dieselben und müssen auf politischer wie auch auf operativer Ebene gesucht werden.

Politische Ebene

Auf politischer Ebene gibt es verschieden Faktoren, warum die erneuten Friedensgespräche als halbherzig betitelt werden müssen und wenig Aussicht auf Erfolg haben. Die Friedensgespräche zwischen den JEM Rebellen und der sudanesischen Regierung waren alles andere als umfassend, da zwei weitere wichtige Rebellen Gruppen nicht teilnahmen und auch die weitere darfurische Zivilgesellschaft nicht repräsentiert wurde. Die beiden Gesprächsparteien versäumten es ausserdem, klare Verhandlungsziele zu formulieren. Es wäre angebracht gewesen, eine Einstellung der bewaffneten Auseinandersetzungen zu vereinbaren und die Grundlage für ein stabiles Waffenstillstandsabkommen zu schaffen. In diesem Sinne muss die gemeinsame Absichtserklärung als ein zwar begrüßenswertes, jedoch insgesamt mageres Resultat bezeichnet werden.

In der Theorie ist klar, welche Elemente für einen erfolgreichen Friedensprozess berücksichtigt werden müssen. Die meisten Analysten betonen die Wichtigkeit von umfassenden Friedensgesprächen, an denen alle relevanten Konfliktparteien ohne Vorbedingungen teilnehmen. Des Weiteren betonen Darfur Experten drei Faktoren, welche zentral für die Stabilität und Glaubwürdigkeit eines Friedensabkommens sind: (1) Stop bewaffneter Konfrontationen und die Schaffung minimaler Sicherheit durch gegenseitige Sicherheitsgarantien und deren Überwachung durch Friedenstruppen; (2) die Lösung von Landrechtsstreitigkeiten und die Etablierung eines fairen Landrechtssystems; (3) Reparationsleistungen des Staates zur Entschädigung der Opfer.

Sudan-Experte David Reeves vertritt die Meinung, dass die derzeitigen Friedensgespräche nur deshalb soweit gediehen seien, weil die Mitglieder der Arabischen Liga und das JEM momentan überlappende Interessen hätten. Die JEM profitiert von diesen bilateralen Gesprächen, indem es sich als einziger Gesprächspartner unter den Darfur-Rebellengruppen etabliert und seiner politischen Agenda Gehör verschafft. Verschiedene Mitgliedstaaten der Arabischen Liga verfolgen ihre eigenen Interessen und unterstützen das Regime in Khartum, ohne sich um die Bedürfnisse der nicht-arabischen Bevölkerung Darfurs zu kümmern. Während Qatar sich als Vermittler hervortun möchte, ist Ägypten vor allem an der Stabilität und territorialen Integrität des Sudans interessiert. Auch Libyen und Saudi Arabien haben bisher eine wenig konstruktive Rolle gespielt. Die sudanesische Regierung selbst sieht die Friedensgespräche als ein Mittel, der internationalen Gemeinschaft ihren guten Willen zu beweisen. Mit den Gesprächen riskiert das Regime jedoch wenig, da nur eine Rebellengruppe daran teilnimmt und die zahlreichen anderen Rebellengruppen Darfurs so sehr gespalten sind, dass ein Friedensprozess mit Machtteilungsmechanismen in weiter Ferne liegt.

Angesichts des Haftbefehls gegen den sudanesischen Präsidenten Bashir dient die Gesprächsbereitschaft vor allem dazu, den Sicherheitsrat von einem Haftaufschub gemäss Artikel 16 des Romstatuts zu überzeugen. Dem Sicherheitsrat soll eine Entscheidung zwischen Frieden und Gerechtigkeit aufgezwungen werden.  Das Regime in Khartum möchte der internationalen Gemeinschaft glauben machen, dass die strafrechtliche Verfolgung Bashirs Friedensgespräche untergraben und zu zusätzlichen gewalttätigen Unruhen in Darfur führen könnte. Im Gegenteil dazu würde ein Haftaufschub die Verbesserung der katastrophalen humanitären Situation erlauben und es ermöglichen, die laufenden Friedensgespräche erfolgreich fortzuführen.

Dieser Argumentation können jedoch die Erfahrungen der letzten 20 Jahre entgegen gehalten werden. In dieser Zeit hat die Regierungspartei – National Islamic Front (NIF), heute NCP – nicht eine einzige Vereinbarung mit anderen innerstaatlichen Konfliktparteien eingehalten. Ein Beispiel der jüngsten Vergangenheit war der einseitig erklärte Darfur Waffenstillstand der Regierung vom 12. November 2008, welcher innerhalb von 24 Stunden mit Luftangriffen auf zivile Ziele gebrochen wurde. Dass es die Regierung diesmal ernster meint, ist deshalb zu bezweifeln. Das Justice and Equality Movement seinerseits hat seine alleinige Teilname an den Gesprächen sowohl seiner militärischen Stärke als auch der ablehnenden Haltung einer weiteren Rebellengruppe – Sudan Liberation Army, SLA – zu verdanken. Diese exklusive Verhandlungsposition ist ganz im Sinne der JEM, welche sich als alleinige legitime Oppositionsgruppe im Darfur zu etablieren versucht.

Die genannten politischen Gründe sind große Hürden auf dem Weg zu einem umfassenden und aufrichtigen Friedensprozess. Sie machen schon den ersten Schritt eines Waffenstillstandsabkommens zu einer schwierigen Aufgabe. Dieser notwendige erste Schritt wird durch operative und technische Hindernisse noch zusätzlich erschwert.

Operative Ebene

Die Friedensgespräche in Doha lassen weltweit Hoffnungen auf einen baldigen Waffenstillstand aufkeimen. In einem kürzlich erschienen Artikel nennt Sudan-Experte Alex de Waal jedoch verschiedene operative und technische Gründe, aus denen ein Waffenstillstandsabkommen nicht in unmittelbarer Reichweite liegt und schwierig umzusetzen ist.

Erstens, erfordert ein effektives Waffenstillstandsabkommen die Beteilung aller relevanten Konflitkparteien. Bislang wurden aber, wie oben beschrieben, verschiedene Gruppen nicht berücksichtigt, während andere es vorziehen weiter zu kämpfen.

Zweitens, gehen die meisten Verhandlungsführer fälschlicherweise davon aus, dass ein Waffenstillstand oder eine Einstellung der Feindseligkeiten rasch und einfach ausgehandelt werden könne. Aus operativen Gründen ist dies jedoch nicht möglich. Ein Waffenstillstandsabkommen ist ein komplexes militärisches Unterfangen, das umfassende Vorbereitungen und ein entsprechendes Training erfordert. Die militärischen Entscheidungsträger aller Konfliktparteien müssen in den Regeln und Verfahren eines Waffenstillstandes ausgebildet und für verschiedene Entwicklungsmöglichkeiten eines solchen Waffenstillstandes sensibilisiert werden. Diese Ausbildung muss vor den Waffenstillstandsverhandlungen stattfinden und dauert gemäss Expertenschätzungen mindestens sechs Monate. Dazu kommen noch einmal mindestens drei Monate für die eigentlichen Verhandlungen. Einen Waffenstillstand auszuhandeln und erfolgreich zu implementieren ist demnach ein langwieriges Unterfangen, welches gut vorbereitet werden muss.

Drittens, ist es entscheidend, die Kombattanten während eines Waffenstillstandes zu versorgen. In einer komplexen Konfliktsituation wie der in Darfur versorgen sich insbesondere die Rebellengruppen durch konfliktnahe Aktivitäten wie Handelssteuern, Diebstahl und andere kriminelle Aktivitäten sowie Überfälle auf gegnerische Truppen und deren Infrastruktur. Es ist deshalb wichtig, die Konfliktparteien logistisch und materiell zu unterstützen. Die Anreize müssen so gesetzt werden, dass die Konfliktparteien in ihrem Entscheid bestätigt und ihnen die Einhaltung des Abkommens materiell ermöglicht wird. Ein weiteres Hindernis für einen stabilen Waffenstillstand im Darfur zeigt sich in der Natur des Konflikts und den Eigenschaften der Rebellengruppen. Eine erfolgreiche Aushandlung und Implementierung eines Waffenstillstandes erfordert die Identifikation von Truppenstandorten und die Zuteilung von Zuständigkeitsgebieten. Diese Vorgehensweise ist nur sehr schwierig auf die JEM Rebellen anzuwenden, da diese mit ihren ‚Technicals‘ hoch mobil sind und ihre Operationsbasis nicht an einen bestimmten Territorium festmachen, wie dies konventionelle Streitkräfte tun.
Als letzter Grund ist die Komplexität des Konflikts an sich zu nennen. Der Darfur Konflikt besteht aus mehreren überlappenden Konflikten, welche eine Vielzahl an Akteuren und Interessen beinhalten und es so äußerst schwierig machen, das Ausmaß der Gewalt zu reduzieren und bewaffnete Auseinandersetzungen zu überwachen. Wenn das Ausmaß der Gewalt nicht ausreichend reduziert werden und Gewaltausbrüche nicht eindeutig identifiziert und analysiert werden können, ist es unmöglich, das nötige Vertrauen zwischen den Konfliktparteien zu schaffen und einen stabilen Waffenstillstand zu erreichen. Dazu braucht es eine effektive Friedenstruppe. Jedoch ist die hybride AU/UN Friedensmission aus Mangel an Personal und Material (noch immer) nicht in der Lage, diese Aufgaben zu erfüllen.

Schlussfolgerungen

Wenn die Friedensgespräche in Doha zu einem stabilen Waffenstillstand führen und in einen erfolgreichen Friedensprozess münden sollen, müssen die politischen Hindernisse reduziert und die operativen Hürden aus dem Weg geräumt werden. Dies ist kein Ding der Unmöglichkeit, erfordert jedoch das aufrichtige Engagement der Konfliktparteien, der Staaten der Arabischen Liga, der Afrikanischen Union und vor allem die zusätzliche Unterstützung und den gezielten Druck durch die internationale Gemeinschaft. Die folgenden Empfehlungen könnnen den Weg zu einem potenziellen Friedensprozess weisen:

Der Sicherheitsrat muss den Sondergesandten der UN und der Afrikanischen Union, Bassolé, in dessen Verhandlungsbemühungen uneingeschränkte unterstützen.
Die Europäische Union muss die Staaten der Arabischen Liga, die Afrikanische Union und die Konfliktparteien zu aufrichtigen Friedensverhandlungen aufrufen. Sie muss ausserdem einen umfassenden Friedensprozess fordern, welcher zusätzliche Konfliktparteien mit einbezieht und die Konfliktursachen berücksichtigt.
Der Sicherheitsrat sollte zu diesem Zeitpunkt keinen Haftaufschub gemäß Artikel 16 des Romstatuts beschließen, da dies weder Frieden noch Gerechtigkeit bringen und lediglich die Strategie der sudanesischen Regierung bestätigen würde.
Der Friedensprozess und die erfolgreiche Aushandlung eines Waffenstillstandes erfordert die Unterstützung einer glaubwürdigen und einflussreichen Drittpartei. Diese Rolle könnte von der EU übernommen werden. Die EU muss hierbei auf einen umfassenden und integrativen Ansatz drängen. Sie sollte notwendige langfristige Vorbereitungen treffen und sich nicht zu raschen Resultaten gedrängt fühlen. Sie muss vor allem auch die notwendige Ausbildung und Versorgung der Konfliktparteien garantieren.
Die internationale Gemeinschaft muss ausserdem die Darfur-Friedenstruppe UNAMID stärken, damit diese in eine Lage versetzt wird, den Schutz der Zivilbevölkerung in Darfur sowie die Einhaltung eines zukünftigen Waffenstillstandes garantieren zu können.

 Christoph Bleiker, Policy Analyst Genocide Alert

Haftbefehl gegen Omar al-Bashir

Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat am Mittwoch, 4. März 2009, Haftbefehl gegen Sudans Präsident Omar al-Baschir wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen in der sudanesischen Region Darfur erlassen. Es ist das erste Mal, dass der Internationale Strafgerichtshof einen Haftbefehl gegen einen amtierenden Staatschef erlässt. Dies ist vor allem ein Zeichen dafür, dass solche Verbrechen nicht weiterhin ungestraft bleiben.

Der Anschuldigung wegen Völkermordes wurde nicht stattgegeben. Völkermord wird als willkürliche und systematische, teilweise oder vollständige  Vernichtung von ethnischen, rassischen, religiösen oder nationalen Gruppen definiert. Der Hauptankläger, Luis Moreno-Ocampo, beschuldigte al-Bashir, eine Kampagne zur Auslöschung der afrikanischen Stämme Fur, Masalit und Zaghawa gelenkt zu haben. Zwei der drei Richter des Untersuchungsausschusses befanden die Indizien dafür als nicht ausreichend, da sie die drei afrikanischen Stämme als auch andere Gruppen in der Region als sudanesische Staatsangehörige ansehen, die der gleichen Rasse und Religion angehören. Für eine Anklage wegen Völkermordes wird jedoch ein einstimmiges Urteil benötigt. Moreno-Ocampo führte des Weiteren an, dass die Unterbindung von humanitären Hilfeleistungen, der Lieferung von Nahrungsmitteln und anderen lebenswichtigen Gütern durch die sudanesische Regierung als ein Indiz für Völkermord verstanden werden kann, was jedoch für zwei Richter nicht ausreichend war. Moreno-Ocampo kann jedoch die Völkermordanklage zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgreifen, wenn er neue Beweise dafür vorlegen kann.
Unabhängig davon, welche Verbrechen zur Anklage geführt haben: Das Urteil des Strafgerichtshofs bedeutet für viele Opfer in Darfur Hoffnung auf Gerechtigkeit. Moreno-Ocampo betonte in seiner Anklage vom Juni 2008, dass die Mobilisierung des gesamten Staatsapparates, inklusive Militär, Geheimdienst, diplomatische und öffentliche Ämter sowie Rechtssystem die unabdingbare Voraussetzung für die Durchführung dieser Verbrechen war. Al Bashir ist schon der dritte Sudanese, gegen den ein Haftbefehl verhängt wurde. Die sudanesische Regierung hat sich bis jetzt geweigert, den sudanesischen Minister Ahmed Haroun und den Dschandschawid-Anführer Ali Kosheib nach Den Haag auszuliefern, obwohl sie nach Resolution 1593 der Vereinten Nationen rechtmäßig dazu verpflichtet ist. Der Internationale Strafgerichtshof kann zwar die Festnahme von al-Bashir im Sudan nicht erzwingen. Die beteiligten Richter wiesen jedoch darauf hin, dass alle Vertragsparteien des Rom-Statuts sowie auch alle Mitglieder des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zur Kooperation bei der Festnahme und Auslieferung aufgefordert sind.
Katharina Zechner

Weitere Humanitäre Organisationen von Ausweisung bedroht

Das Regime des Sudan erwägt, weitere humanitäre Hilfsorganisationen des Landes zu verweisen, nachdem gegen den amtierenden Präsidenten, Omar Al-Bashir, ein Haftbefehl des internationalen Strafgerichtshofes erlassen worden ist. Als Reaktion auf die Entscheidung des IStGH wurden bereits mehrere humanitäre Hilfsorganisationen ausgewiesen, darunter, Oxfam, Ärzte ohne Grenzen, Save the Children, Refugee Council, Care, Actions Contre La Faim, International Rescue Committee und Mercy Corps. Der IStGH erliess den Haftbefehl wegen des Verdachts für Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen in Darfur.

Die Repressalien gegen Hilfsorganisationen als Reaktion auf eine solche Entscheidung wurden von Analysten vorhergesehen (vgl. Genocide Alert Policy Brief 5/2009). Sie entsprechen dem bekannten Verhaltensmuster des Regimes in Khartoum, unter Druck die Grenzen des Willens der internationalen Gemeinschaft auszuloten. Dazu unterbindet das Regime bewusst die humanitäre Versorgung für Millionen Zivilisten im Sudan, um die internationale Gemeinschaft zur Rücknahme ihrer Maßnahmen zu zwingen.

Das Vorgehen des Regimes wird von abenteuerlich anmutenden Behauptungen begleitet. Präsident Bashir bezeichnete den Haftbefehl als Ergebnis eines „zionistischen Komplotts“ und „Neokolonialismus“, während Hassabo Mohammed Abdel Rahman, Vorsitzender der „Kommission für humanitäre Angelegenheiten“ der sudanesischen Regierung, den Hilfsorganisationen Kooperation mit dem Internationalen Strafgerichtshof vorwarf. Er ging so weit zu behaupten, die Organisationen hätten Beweismaterial gegen die sudanesische Regierung gefälscht und dem IStGH zugespielt.

Teilweise wurden Mitarbeiter der Hilfsorganisationen vorübergehend eingesperrt, während andere aufgefordert wurden, das Land innerhalb von 24 Stunden zu verlassen. Es wurde Arbeitsmaterial der Organisationen, wie Computer und Fahrzeuge, beschlagnahmt. Die internationalen Helfer weisen die Vorwürfe zurück. Oxfam erklärt hierzu, „keine Meinung“ zu den Aktivitäten des IStGH zu haben und betont sein ausschließlich humanitäres Interesse an der Linderung der Not der Menschen.

Die 6500 Ausgewiesenen machen 40% der humanitären Helfer im Sudan aus. Obwohl sechs Untergliederungen der Vereinten Nationen den Sudan zur Rücknahem der Entscheidung aufriefen, bekräftigte Mutrif Siddig, ein hoher außenpolitischer Beamter, die Entscheidung und nannte sie „unwiderruflich“.

Währenddessen warnt Genocide Alert davor, angesichts des Verhaltens Khartums den politischen und strafrechtlichen Druck einzustellen. Bisherige Haftbefehle internationaler Tribunale hätten in der Vergangenheit, flankiert von politischem Druck, bereits Völkerrechtsbrecher wie Slobodan Milosevic vor Gericht und damit zur verdienten Verurteilung gebracht. Auch in diesem Fall könne konzertiertes Handeln der internationalen Gemeinschaft zum Erfolg führen und langfristig die Grundlage für Gerechtigkeit und Frieden schaffen.

Daniel Fallenstein

PetroChinas profitables Geschäft mit den Völkermördern im Sudan

Die Meldung schlug ein wie eine Bombe. Die chinesische Ölgesellschaft PetroChina ist an ihrem ersten Börsentag zum wertvollsten Unternehmen der Welt (nach Börsenwert) avanciert. Was bei dem Trubel leicht vergessen wird: PetroChina verdient Geld durch Geschäfte mit dem sudanesischem Regime, welches die größte humanitäre Katastrophe der Welt in der Krisenregion Darfur verursacht hat.

Die Meldung schlug ein wie eine Bombe. Die chinesische Ölgesellschaft PetroChina ist an ihrem ersten Börsentag zum wertvollsten Unternehmen der Welt (nach Börsenwert) avanciert. Die Regierung der Volksrepublik China wird es freuen: Sie hält ungefähr 80% der Anteile an  PetroChina und ist damit der unangefochtene Hauptaktionär. Was bei dem Trubel leicht vergessen wird: PetroChina verdient Geld durch Geschäfte mit dem sudanesischem Regime, welches die größte humanitäre Katastrophe der Welt in der Krisenregion Darfur verursacht hat. CNPC (China National Petroleum Company) finanziert über seine Tochtergesellschaft PetroChina   einen Völkermord  mit, der inzwischen 400.000 Menschen das Leben gekostet und 2,5 Millionen vertrieben hat.

Die Regierung des Sudan nutzt ca. 70% ihrer gesamten Einnahmen für den Kauf von Militärgerät und zur Bewaffnung arabischer Reitermilizen, den sogenannten Janjaweed, welche seit Jahren schwere Menschenrechtsverletzungen gegen die Zivilbevölkerung in Darfur begehen. Ein Großteil dieses Geldes bezieht das Regime in Khartum aus dem Verkauf von Erdöl, welches in erster Linie von der chinesischen CNPC gefördert wird. Letztere besitzt nicht bloß zum größten Teil PetroChina. Auch das Topmanagement ist nahezu identisch und CNPC wie PetroChina sind Teil der gleichen Unternehmensstruktur. Aus diesem Grund benennt die „Sudan Divestment Taskforce“ PetroChina auch als einen der „grössten Missetäter“ (Highest Offender) in Bezug auf die Unterstützung des Völkermords in Darfur. Die hochgefeierte PetroChina macht ihre Profite also unter anderem auf dem Rücken der Opfer des ersten Völkermords des 21. Jahrhunderts. Kein Grund zu feiern.

Als Aktienunternehmen hat PetroChina ein vitales Interesse an einem hohen Börsenwert. Dies sollte die Bundesregierung, Fonds und private Anleger nutzen, um die Volksrepublik China zu einem konstruktiveren Verhalten zur Beendigung des Völkermords in Dafur aufzufordern. China pflegt engste wirtschaftliche und politische Kontakte zum Sudan. Seit Jahren ist die Volksrepublik der größte diplomatische Protegé sowie ökonomischer Investor und Handelspartner des Sudans. Der Abzug von Kapital aus PetroChina ist der beste Weg, der chinesischen Regierung zu zeigen, dass Menschenrechte nicht in Profiten und steigenden Aktienkursen aufzuwiegen sind.