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Policy Brief 7/2013 Lesson learned: Die Umsetzung der Schutzverantwortung bei den Wahlen 2013 in Kenia

Im März 2013 wählte das kenianische Volk einen neuen Präsidenten und ein neues Parlament. Die Wahlen ereigneten sich ohne weitverbreitete gewaltsame Ausschreitungen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die friedlichen Wahlen das Ergebnis von kurz- und langfristig eingesetzten Präventionsmaßnahmen im Rahmen der „Responsibility to Protect“ (RtoP) waren. Gelungene Prävention ist immer schwer zu beweisen. Dennoch gilt es diesen Erfolg der Schutzverantwortung in Deutschland zu diskutieren, zu erforschen und in die Debatte zur Responsibility to Protect in Deutschland mit einzubeziehen.[i] 

von Yvonne van Diepen und Sarah Brockmeier

 

Warum es sich lohnt über den Erfolg in Kenia zu diskutieren

Vor dem Hintergrund massiver Gewalt-ausbrüche nach den kenianischen Wahlen im Dezember 2007, bei denen etwa 1500 Menschen getötet und Hunderttausende vertrieben wurden, bestand der dringende Verdacht, dass sich ähnliche Menschenrechtsverletzungen bei den diesjährigen Wahlen wiederholen könnten.

Die Vereinten Nationen und Experten warnten im Vorhinein vor ethnisch motivierten Ausschreitungen. Die Wahlen verliefen jedoch ohne Gewaltausbrüche. Für die deutsche Debatte zur Schutz-verantwortung ist es wichtig, dass Fälle erfolgreicher Prävention von schwersten Menschenrechtsverbrechen diskutiert werden, damit sich fundiert mit allen Aspekten des Konzeptes auseinandergesetzt wird und aus Fällen der erfolgreichen Prävention gelernt werden kann.

 

Kenias Maßnahmen im Rahmen der ersten Säule der Schutzverantwortung

Im Rahmen ihrer primären Verantwortung zum Schutz ihrer Zivilbevölkerung ergriff die kenianische Regierung Maßnahmen auf Ebene der „Responsibility to Prevent“. Sie verhinderte damit erneute Gewaltausbrüche. Unterstützt wurde sie maßgeblich durch die kenianischen Zivilgesellschaft und NGOs sowie von multilateralen Partnern. Zu den langfristigen Maßnahmen zählten beispielsweise:

  • Die Errichtung eines landesweiten Frühwarnsystems.
  • Der Aufbau einer staatlichen Kommission für nationale Kohäsion und Integration (National Cohesion and Integration Commission) zur Förderung von Chancengleichheit zwischen den verschiedenen Stämmen und Ethnien fördern.
  • Die Neuregelung von konfliktträchtigen Themen wie Landbesitz und ‑verteilung durch das Verfassungsreferendum 2010.
  • Die Einführung eines föderalen Systems, zur Berücksichtigung regionalspezifischer Interessen.

 

Wirkungsvolle und kostensparende Präventionsschritte im Vorfeld der Wahlen

  • Versand von genormten SMS mit Friedensbotschaften an die Zivilbevölkerung.
  • Aufklärungskampagnen über Wählerrechte und unterschiedliche Gesellschaftsstrukturen. Organisiert durch lokale Zivilkomitees, wie mobile Friedenstheater oder Fußballveranstaltungen für Jugendliche zur Minderung von Frustration innerhalb der ethnischen Gruppen.
  • Verbot von „Hetzreden“ (hate speeches) und deren Kontrolle durch zivilgesellschaftliche Organisationen.
  • Bei der Durchführung freier und fairer Wahlen halfen hunderte von der Wahlbeobachtungskommission Independent Electoral and Boundaries Commission akkreditierte Kenianer in ihren Wahlkreisen.
  • Gezielte Diplomatie, Druck und die Unterstützung von lokalen und internationalen NGOs, von Seiten der Vereinten Nationen, der Europäischen Union sowie bilateralen Partnern im Rahmen der subsidiären internationalen Gemeinschaft Schutzverantwortung.

Risiken bestehen weiterhin…

Die Wahlen im März 2013 verliefen weder reibungslos noch völlig gewaltfrei. Das Ergebnis der Wahl beförderte Uhuru Kenyatta in das Präsidentenamt – einen Mann der sich wegen des Verdachts auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit während der Wahlen 2007/2008 vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) verantworten muss. Die Ursachen der Gewaltpotenziale in Kenia sind nur teilweise behoben. Das Risiko von erneuter Gewalt zwischen Anhängern verschiedener ethnischer Gruppen besteht weiterhin. Die Bemühungen kenianischer und internationaler Akteure dürfen deshalb nicht nachlassen.

…aber dennoch zeigt Kenia das Potenzial der Schutzverantwortung

Trotz fortbestehender Probleme in Kenia sollte innegehalten werden, um den Erfolg der friedlichen Wahlen anzuerkennen. Erfolgreiche Prävention ist immer schwer zu beweisen. Die scheinbar gelungene Prävention von schwersten Menschenrechtsverbrechen in Kenia verdient jedoch die Diskussion in der deutschen Debatte zur Schutzverantwortung. Bei der Anwendung der Schutzverantwortung in Kenia hat sich gezeigt, dass:

  • Auch wenig öffentlichkeitswirksame diplomatische Mittel für den Schutz der Zivilbevölkerung sorgen können.
  • Es sich lohnt die Präventionsmaßnahmen in Kenia zu analysieren und zu diskutieren, um in der Entwicklung von eben diesen voran zu kommen.
  • Die „Zivilmacht Deutschland“ sich in der außenpolitischen Debatte in Bezug auf die Prävention von Gräueltaten stärker mit den Aspekten der Vorbeugung und internationalen Unterstützung auseinandersetzen muss. Das Thema erfordert dafür jedoch den notwendigen politischen Rückhalt und die Führung durch wichtige Politiker.

Jegliche Vorbeugung vor dem Ausbruch flächendeckender Gewalt rettet nicht nur Menschenleben, sondern ist auch unvergleichlich kostensparender als jede mögliche Reaktionsmaßnahme. Es lohnt sich deshalb aus dem Fall Kenia zu lernen.

 

Zum pdf.-Format des Policy Paper 7/2013 „Lesson learned: Die Umsetzung der Schutzverantwortung bei den Wahlen 2013 in Kenia“_der_Schutzverantwortung_GA_Policy_Brief_Juni_2013

 

 

Yvonne van Diepen ist wissenschaftliche Mitarbeiterin für die Schutzverantwortung bei Genocide Alert.

Sarah Brockmeier ist stellvertretende Vorsitzende von Genocide Alert und wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Global Public Policy Institute (GPPi) in Berlin.


[i] Das vorliegende Papier erscheint in Kürze in deutlich umfassenderer Form als Policy Paper der Deutschen Gesellschaft für Vereinte Nationen (DGVN)

 

Genocide Alert trifft sich mit Edward Luck in Berlin

Am 14. Juni trafen sich Dr. Robert Schütte (Vorsitzender von Genocide Alert) und Sarah Brockmeier (stellvertretende Vorsitzende) mit Professor Edward Luck, der von 2008 bis 2012 als Sondergesandter für die „Responsibility to Protect“ für den Generalsekretär der Vereinten Nationen arbeitete. Die Diskussion mit Professor Luck konzentrierte sich auf die aktuelle Situation in Syrien und konkrete Schritte für die Umsetzung der Schutzverantwortung durch Deutschland.

Symposium on Cultural Diplomacy & Human Rights

Vergangene Woche nahm Genocide Alert am Symposium on Cultural Diplomacy & Human Rights mit internationalen NGOs und Experten zur Frage teil, wie sich künftige Völkermorde verhindern lassen.

Der Vorsitzende von Genocide Alert, Dr. Robert Schütte, sprach sich unter anderem für verbessete Frühwarnkapazitäten sowie eine schnellstmögliche Operationalisierug des Konzepts der Schutzverantwortung auf nationalstaatlicher Ebene aus.

Mehr Infos unter www.culturaldiplomacy.de

Europas moralische Verantwortung

Europas moralische Verantwortung: Der Bericht der Task Force on the EU Prevention of Mass Atrocities und seine Implikationen für die deutsche Politik

von Gregor Hofmann

Europa hat eine moralische Verantwortung Menschenrechtsverbrechen vorzubeugen und zu stoppen. Diese ergibt sich nicht nur aus der eigenen Geschichte, sondern auch aus direkten oder indirekten Beiträgen europäischer Staaten an solchen Verbrechen. Mit ihrer Unterstützung für die internationalen Schutzverantwortung – die Responsibility to Protect (RtoP) – hat sich die Europäische Union zu dieser Verantwortung bekannt. Die Schutzverantwortung proklamiert, dass jeder Staat die Verantwortung hat seine Bürgerinnen und Bürger vor Menschenrechtsverbrechen wie Völkermord, ethnischen Säuberungen, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu schützen. Versagt der Einzelstaat in seiner Verantwortung steht die internationale Gemeinschaft in der Pflicht durch Unterstützung des Einzelstaates oder Zwang in Form von Sanktionen bis hin zum Einsatz militärischer Gewalt, mandatiert durch den UN Sicherheitsrat, die bedrohte Bevölkerung zu schützen. Aus diesem Bekenntnis ergibt sich eine Verpflichtung nicht nur die eigene Bevölkerung vor diesen Verbrechen zu schützen, sondern auch auf solche Verbrechen in Drittstaaten zu reagieren bzw. diese zu verhindern. Doch was tut die Europäische Union in diesem Bereich? Weiterlesen

Das Jein zur Intervention – Podiumsdiskussion zur Schutzverantwortung

Bereits im Vorfeld der Podiumsdiskussion zum Thema Schutzverantwortung (RtoP) im Rautenstrauch-Joest Museum in Köln hatte der Kölner Stadtanzeiger mit dem Artikel „Das Jein zur Intervention“ die aktuelle Diskussion beleuchtet.
Robert Schütte, Vorsitzenden von Genocide Alert, betonte im Interview mit dem KStA die Wichtigkeit einer Stellungnahme Deutschlands und forderte erneut eine hochrangigen RtoP-Koordinierungsstelle.

Podiusmdiskussion Köln / Foto Herbert Mück

Am Mittwochabend diskutierten Robert Schütte (Genocide Alert), MdB Dr. Rolf Mützenich (Außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion)und Prof. Claus Kreß (Institute for International Peace and Security Law, Universität zu Köln) unter Moderation von Babs Mück (Netzwerk „Eine-Welt Stadt Köln“) das Thema: „Afghanistan, Libyen, Syrien, Mali: Wann soll die internationale Gemeinschaft zum Schutz der Bevölkerung eingreifen – Wenn überhaupt?“ vor einer interessierten Zuhörerschaft.

 

Die Videodokumentation der spannenden Diskussion zum Thema Schutzverantwortung wird in Kürze hier online gestellt.

 

Den Artikel „Das Jein zur Intervention“ finden sie in der Printversion des Kölner Stadtanzeiger vom 30.1.2013.

Podiumsdiskussion zum Thema Schutzverantwortung (Responsbility to Protect) in Köln

 „Afghanistan, Libyen, Syrien, Mali: Wann soll die internationale Gemeinschaft zum Schutz der Bevölkerung eingreifen – Wenn überhaupt?“

Unter diesem provokanten Titel findet am Mittwoch, 30. Januar 2013 um 19.30 Uhr im Forum Volkshochschule im Rautenstrauch-Joest Museum, Cäcilienstr. 29-33, eine weitere Veranstaltung der Gesprächsreihe „Köln und die Welt“ statt.

Außenpolitik-Experten und Menschenrechtler diskutieren über die deutsche Verantwortung für den Schutz bedrohter Zivilbevölkerungen wie zum Beispiel derzeit in Syrien.

Nachrichten über 60.000 Tote, anhaltende Flüchtlingsströme und Menschenrechtsverletzungen wie Massenhinrichtungen erreichen uns täglich aus Syrien. Und Syrien ist nur eines der Länder, in den Menschen durch ihre Regierung keinen Schutz finden: Nachdem die Bundesregierung im Jahr 2011 eine Beteiligung Deutschlands an der NATO-geführten Intervention in Libyen abgelehnt hatte, stellt sich mit dem bestehenden Einsatz in Afghanistan und der eskalierenden Situation in Syrien, Mali und auch wieder im Kongo erneut die Frage: Wann und wo hat die Bundesrepublik eine Schutzverantwortung gegenüber bedrohten Zivilbevölkerungen, und wann sollte sie sich überhaupt an militärischen Auslandseinsätzen beteiligen – wenn überhaupt?

Über die Verantwortung der deutschen und internationalen Politik für die von systematischen Menschenrechtsverbrechen betroffenen Zivilbevölkerungen diskutieren MdB Dr. Rolf Mützenich (Außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion), Prof. Claus Kreß (Institute for International Peace and Security Law, Universität zu Köln) und Robert Schütte (Vorsitzender von Genocide Alert e.V.).

Moderatorin ist Babs Mück vom Netzwerk „Eine-Welt Stadt Köln“.

Der Eintritt ist frei.

Veranstalter sind das Netzwerk „Eine-Welt Stadt Köln“, die Menschenrechtsorganisation Genocide Alert, die Volkshochschule, sowie das Rautenstrauch-Joest-Museum.

Afghanistan, Libyen, Syrien, Mali: Wann soll die internationale Gemeinschaft zum Schutz der Bevölkerung eingreifen – Wenn überhaupt?

Unter diesem provokanten Titel findet am Mittwoch, 30. Januar 2013 um 19.30 Uhr im Forum Volkshochschule im Rautenstrauch-Joest Museum, Cäcilienstr. 29-33, eine weitere Veranstaltung der Gesprächsreihe „Köln und die Welt“ statt.

Außenpolitik-Experten und Menschenrechtler diskutieren über die deutsche Verantwortung für den Schutz bedrohter Zivilbevölkerungen wie zum Beispiel derzeit in Syrien.

Nachrichten über 60.000 Tote, anhaltende Flüchtlingsströme und Menschenrechtsverletzungen wie Massenhinrichtungen erreichen uns täglich aus Syrien. Und Syrien ist nur eines der Länder, in den Menschen durch ihre Regierung keinen Schutz finden: Nachdem die Bundesregierung im Jahr 2011 eine Beteiligung Deutschlands an der NATO-geführten Intervention in Libyen abgelehnt hatte, stellt sich mit dem bestehenden Einsatz in Afghanistan und der eskalierenden Situation in Syrien, Mali und auch wieder im Kongo erneut die Frage: Wann und wo hat die Bundesrepublik eine Schutzverantwortung gegenüber bedrohten Zivilbevölkerungen, und wann sollte sie sich überhaupt an militärischen Auslandseinsätzen beteiligen – wenn überhaupt?

Über die Verantwortung der deutschen und internationalen Politik für die von systematischen Menschenrechtsverbrechen betroffenen Zivilbevölkerungen diskutieren MdB Dr. Rolf Mützenich (Außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion), Prof. Claus Kreß (Institute for International Peace and Security Law, Universität zu Köln) und Robert Schütte (Vorsitzender von Genocide Alert e.V.).

Moderatorin ist Babs Mück vom Netzwerk „Eine-Welt Stadt Köln“.

Der Eintritt ist frei.

Veranstalter sind das Netzwerk „Eine-Welt Stadt Köln“, die Menschenrechtsorganisation Genocide Alert, die Volkshochschule, sowie das Rautenstrauch-Joest-Museum.

Möglichkeiten von RtoP-Einsätzen durch Deutschland unterhalb der Schwelle militärischen Eingreifens

Die derzeitige Situation in Syrien zeigt erneut, wie schnell Zivilisten Opfer von breit angelegter, extremer Gewaltanwendung werden können. Doch ist es weder möglich noch wünschenswert, der Gewalt immer durch ein direktes militärisches Eingreifen Einhalt zu gebieten. Deshalb ist eine stärkere Auseinandersetzung mit jenen Instrumenten erforderlich, mit welchen Zivilisten auch unterhalb der Schwelle eines direkten militärischen Eingreifens effektiv vor Gewalt geschützt werden können. Andernfalls drohen schwerwiegende Konsequenzen; nicht nur für die betroffene Bevölkerung sondern auch für die Glaubwürdigkeit der internationalen  Gemeinschaft.

Deutschland steht mit seinen wiederholten Bekenntnissen zur Schutzverantwortung („Responsibility to Protect“), seinen Kapazitäten und seinen ausgezeichneten diplomatischen Beziehungen in einer besonderen Verantwortung.

Genocide Alert e.V. gibt in diesem Papier einen Überblick über Maßnahmen, welche zu einem besseren Schutz von Zivilisten in bewaffneten Konflikten ergriffen werden können.

Diplomatische Maßnahmen

Diplomatische Instrumente wirken zumeist indirekt und versuchen den beteiligten Parteien gewaltfreie Optionen der Konfliktaustragung zu eröffnen. Die Wirksamkeit der diplomatischen Instrumente hängt maßgeblich davon ab, ob die Gewaltakteure staatlich sind, sowie von ihrer Relevanz innerhalb der Staatengemeinschaft. Je höher die Eskalationsstufe eines Konfliktes, desto geringer die Erfolgschancen diplomatischer Maßnahmen.

–    Mediation: Internationale Vermittlungsgruppen können Konfliktparteien zusammenbringen und Möglichkeiten eines Waffenstillstandes oder Interessenausgleichs verhandeln.

–    Direkte Gespräche: Fernab der Öffentlichkeit können Konsequenzen angedroht und Sicherheiten in Aussicht gestellt werden (bilateral oder im Rahmen einer internationalen oder regionalen Organisation).

–    Internationale Isolation: Durch die Aussetzung von Mitgliedschaften des betroffenen Landes in regionalen und internationalen Organisationen oder die Ausweisung von Botschaftern kann deutlich gemacht werden, dass die Verletzung der Schutzverantwortung von der Staatengemeinschaft nicht hingenommen wird.

–    Sanktionen: Erfahrungen zeigen, dass Sanktionen keineswegs unproblematisch sind. Gezielte, sogenannte „smart sanctions“, können jedoch Wirkung entfalten, ohne die Situation der Zivilbevölkerung unmittelbar zu verschlechtern. Hierzu zählen bspw. Reiseverbote und das Einfrieren von Vermögenswerten von Regierungsmitgliedern. Umfassende Waffenembargos müssen ebenfalls frühzeitig durchgesetzt werden. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass kein militärisches Kräfteverhältnis festgesetzt wird, in dem die Verwundbarkeit einer Gruppe fortbesteht. Handelsembargos können dazu dienen, dass eine Regierung, die Gewalt gegen Teile ihrer Bevölkerung ausübt, an Unterstützung verliert. Eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation kann den Konflikt jedoch zusätzlich verschärfen und die Mehrheitsbevölkerung stärker an die Staatsführung binden.

–    Internationale Strafverfolgung: Durch die Einschaltung des Internationalen Strafgerichtshofes kann klar gemacht werden, dass Gewaltakteure bei Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht mit einer späteren Verurteilungen rechnen müssen.

Nachrichtendienstliche und technische Möglichkeiten:

Instrumente aus dem Bereich der Telekommunikation können eingesetzt oder den gefährdeten Zivilisten zur Verfügung gestellt werden. Durch geheimdienstliche Erkenntnisse können Informationen weitergegeben und Verbrechen zur strafrechtlichen Verfolgung dokumentiert werden.

–    Überwachung und Weitergabe von Informationen: Durch nachrichtendienstliche Methoden gewonnene Informationen können Aufschluss über Ziele und Pläne der Gewaltakteure geben. Erkenntnisse, z.B. über Truppenbewegungen oder geplante Massaker können an gefährdete Gruppen weitergegeben werden.

–    Einsatz von Satellitentechnik: Satellitenbilder können ausgewertet und die Erkenntnisse veröffentlicht werden, um Beweise für Massenverbrechen und Truppenbewegungen zu liefern und eine vorwarnende und dokumentarische Funktion einnehmen. Dieses Instrument findet seit Ende 2010 als „Satellite Sentinel Projekt“ im Sudan erfolgreiche Anwendung.

–    Dokumentation der Verbrechen: Je nach den jeweiligen Gegebenheiten der Krisensituation können der Bevölkerung Foto-, Video- oder Handykameras bereitgestellt werden. Dies ermöglicht eine frühzeitige und umfassende Dokumentation der Verbrechen und ermöglicht es, der staatlichen Propaganda entgegenzuwirken.

–    Bereitstellung von Internetverbindungen: Während des Arabischen Frühlings wurde die Bedeutung der Internetkommunikation deutlich. In Fällen, in denen das Internet gezielt abgeschaltet wird, sollte eine Verbindung – per Satellit oder externe Funksignale, wieder hergestellt werden.

Gewaltfreie militärische Maßnahmen:

Unterhalb der Schwelle eines breiten Engagements können militärische Maßnahmen ergriffen werden. Manche stellen völkerrechtlich Eingriffe in der Souveränität des Zielstaates ein und müssten vom VN-Sicherheitsrat mandatiert werden.

–    Vorbereitung einer internationalen Mission: Vorbeugende Aufstellung von militärischem, polizeilichem und zivilem Personal durch die VN, regionale Organisationen oder einer Koalition von Staaten, um eine Drohkulisse aufzubauen und schnell eingreifen zu können.

–    Unterbindung von Propaganda- und Kommunikationskanälen: Gewaltanheizende Radiosender oder Fernsehstationen sowie Kommunikationsnetzte können, beispielsweise per Störsender, ausgeschaltet werden. Gewaltakteure können hierdurch in ihrer Schlagkraft eingeschränkt werden.

–    Cyberkriegsführung: Vorhandene Fähigkeiten können zu Sabotage- und Spionagezwecken gegenüber den Gewaltakteuren eingesetzt werden.

–    Immaterielle und materielle Unterstützung: Demokratiebewegungen oder Minderheiten können durch finanzielle und materielle Mittel (z.B. durch die Bereitstellung von nichttötlichen Materialien), sowie Trainings und Informationsweitergaben unterstützt werden. Die Bereitstellung von Waffen ist äußerst kritisch zu bewerten, da deren Verbleib nach Ende des Konfliktes nicht weiter verfolgt werden kann.

Auch vor der Anwendung von nicht-militärischen oder gewaltfreien militärischen Maßnahmen muss geprüft werden, ob diese den Konflikt eskalieren lassen oder einer eventuellen Konfliktbearbeitung entgegenlaufen. Hinsichtlich des Einsatzes der diplomatischen, technischen, nachrichtendienstlichen und nichtmilitärischen Maßnahmen muss jedoch immer der Schutz der Zivilbevölkerung im Zentrum der Überlegungen gestellt werden. Ziel dieser Maßnahmen sollte neben dem Schutz der Zivilbevölkerung auch immer die diplomatische Lösung des Konfliktes sein, ein permanenter Kontakt zu allen Konfliktparteien ist daher unerlässlich.

Christoph Schlimpert
stellvertretender Vorsitzender Genocide Alert e.V.

Zum Dokument als PDF: Möglichkeiten von RtoP-Einsätzen durch Deutschland unterhalb der Schwelle militärischen Eingreifens

Keine Tabus

Der Bürgerkrieg in Syrien wird nur dann diplomatisch zu lösen sein, wenn ein militärisches Eingreifen nicht länger tabuisiert wird

von Robert Schütte

Der Westen sollte vor dieser unangenehmen Wahrheit nicht die Augen verschließen.

Die Syrien-Krise hat sich zu einem brutalen Bürgerkrieg ausgeweitet, der täglich Hunderte Zivilisten das Leben kostet und den gesamten Nahen Osten in einen Konflikt zu stürzen droht. Zwei miteinander verbundene Tragödien spielen sich ab: Die erste ist die Politik des Assad-Regimes, die ihre eigene Bevölkerung zusammenschießen und massakrieren lässt. Ohne die geringste Rücksicht auf menschen- und völkerrechtliche Verpflichtungen schürt Damaskus einen ethno-religiösen Flächenbrand, der inzwischen auch auf die Nachbarstaaten übergreift. Die zweite Tragödie ist die Unfähigkeit der internationalen Gemeinschaft, diesem Treiben Einhalt zu gebieten. Im Gegensatz zu Libyen ist der UN-Sicherheitsrat seiner Schutzverantwortung (engl. „Responsibility to Protect“) zum Schutz der syrischen Bevölkerung bisher nicht gerecht geworden.

Die Tabuisierung einer militärischen Intervention ist ein Fehler

Das Versagen der internationalen Gemeinschaft ist hauptsächlich die Schuld Russlands und Chinas, die im Sicherheitsrat wiederholt ihr Veto gegen eine schärfere Gangart gegenüber Damaskus eingelegt haben. Alle Versuche zur Verhängung von Sanktionen gegen Assads Regierung sind an Moskau und Peking gescheitert. Der Westen wird nicht müde, auf diese skandalöse Politik hinzuweisen; und doch bleibt dieser Fingerzeig wohlfeil, solange er bloß von der eigenen Planlosigkeit ablenkt. Eine Strategie zum Schutz der syrischen Zivilbevölkerung haben nämlich weder Washington noch Paris, weder London noch Berlin zu bieten. Eine diplomatische Lösung des Konflikts müsse gefunden werden, so die Losung. Gleichzeitig beschwören die Außenpolitiker dies- und jenseits des Atlantiks, dass ein militärisches Eingreifen vollkommen undenkbar sei. Dies war und ist ein Fehler.

Die Tabuisierung einer militärischen Intervention hat die diplomatischen Bemühungen zur Lösung der Krise untergraben, indem Assad signalisiert wurde, dass seine Verbrechen an der eigenen Bevölkerung keine Konsequenzen haben werden. Der Westen hat sich auf diese Weise eines wichtigen Druckmittels beraubt. Damaskus wurde es so unnötig leicht gemacht, die Vermittlungsbemühungen der Vereinten Nationen zu ignorieren. Ohne ein glaubhaftes Eskalationsszenario waren die Friedensinitiativen der internationalen Gemeinschaft ein hoffnungsloses Unterfangen. Der Bürgerkrieg in Syrien ist inzwischen weiter denn je von einer Lösung entfernt und hat sich sogar massiv radikalisiert. Die bisherige Politik des Westens ist gescheitert. Es bedarf eines neuen Ansatzes.

Alle Optionen müssen auf den Tisch

Das Ziel eines erneuten Anlaufs zur Lösung des Syrien-Konflikts muss eine diplomatische Lösung sein, die das Morden möglichst schnell beendet und in eine Regierung der nationalen Einheit ohne Assad mündet. Die Fehler die Vergangenheit sollten hierbei tunlichst vermieden und die Rolle regionaler Akteure anerkannt werden. Dementsprechend wird man nicht umhin können, den bereits aufseiten von Damaskus involvierten Iran mit im Boot zu berücksichtigen.

Ein Zerfall Syriens in ethno-religiöse Parzellen birgt das Risiko großangelegter ethnischer Säuberungen und weiterer Massaker. Zudem könnte eine neue Sezessionsdynamik in den überwiegend kurdisch bewohnten Gebieten auslösen und einen Krieg mit der Türkei vom Zaun brechen. Allen Volksgruppen muss deswegen garantiert werden, dass sie in einem neuen Syrien ihren Platz haben werden. Insbesondere der bislang herrschenden alawitischen Minderheit sollte klargemacht werden, dass es für sie auch in einem Syrien ohne Assad eine Zukunft gibt. In dieser Frage ist vor allem die syrische Opposition gefragt, eine glaubwürdige Vertretung und Einbeziehung der Alawiten zu schaffen. Eine von den Vereinten Nationen mit Expertise und Blauhelmen unterstützte Regierung nationaler Einheit bietet die beste Grundlage, alle Parteien in einen friedlichen politischen Prozess zu integrieren.

Die am wenigsten schlechte Alternative

Damit eine neue diplomatische Initiative Erfolg haben kann, sollte von vornherein auch ein militärisches Eskalationsszenario aufgebaut werden. Syrien, Russland, China und Iran müssen verstehen, dass eine friedliche Lösung die beste und letzte Chance ist, den Syrien-Konflikt unter Wahrung der eigenen Interessen zu beenden. Das Regime und seine Unterstützer müssen überzeugt werden, dass ein Scheitern der Diplomatie ernste Konsequenzen haben wird. Nur dann werden sie den notwendigen Willen für einen Kompromiss finden. Ein Deal könnte sogar freies Geleit für Assad miteinschließen, nicht jedoch eine international garantierte Amnestie. Wenn eine friedliche Lösung möglich ist, dann wäre dies trotz aller Schwachstellen die beste Option für Syrien.

Sollte es letztlich keine Chance für eine friedliche Lösung geben, sollte über ein schnelles und entschiedenes Eingreifen nachgedacht werden. Der Westen sollte nicht den gleichen Fehler wie in Bosnien begehen, erst jahrelang zu zaudern, um Tausende tote Zivilisten später doch zu intervenieren. Klar ist: Eine humanitäre Intervention wäre keine gute Option; von allen verfügbaren Alternativen wäre sie jedoch auch die am wenigsten schlechte Lösung.

Wenn alle diplomatischen Bemühungen fehlschlagen, wäre ein Eingreifen das kleinere Übel als eine jahrelange Fortsetzung der Massaker. Militärische Optionen weiterhin zu tabuisieren, ist deswegen nicht nur unklug, sondern auch unverantwortlich.

 

Dieser Artikel von Robert Schütte erschien online am 17.11.2012 im The European.
Robert Schütte auf Twitter folgen unter @robert_schuette

Syrien: Ein militärisches Eingreifen zum Schutz der Bevölkerung nicht ausschließen

Die Sy­ri­en-Kri­se hat sich zu ei­nem bru­ta­len Bür­ger­krieg aus­ge­wei­tet, der täg­lich Hun­der­te Zi­vi­lis­ten das Le­ben kos­tet und den ge­sam­ten Na­hen Os­ten in ei­nen Kon­flikt zu stür­zen droht. Zwei mit­ein­an­der ver­bun­de­ne Tra­gö­di­en spie­len sich ab: Die ers­te ist die Po­li­tik des As­sad-Re­gimes, die ih­re ei­ge­ne Be­völ­ke­rung zu­sam­men­schie­ßen und mas­sa­krie­ren lässt. Oh­ne die ge­rings­te Rück­sicht auf men­schen- und völ­ker­recht­li­che Ver­pflich­tun­gen schürt Da­mas­kus ei­nen eth­no-re­li­giö­sen Flä­chen­brand, der in­zwi­schen auch auf die Nach­bar­staa­ten über­greift. Die zwei­te Tra­gö­die ist die Un­fä­hig­keit der in­ter­na­tio­na­len Ge­mein­schaft, die­sem Trei­ben Ein­halt zu ge­bie­ten. Im Ge­gen­satz zu Li­by­en ist der UN-Si­cher­heits­rat sei­ner Schutz­ver­ant­wor­tung (engl. „Re­s­pon­si­bi­li­ty to Pro­tect“) zum Schutz der sy­ri­schen Be­völ­ke­rung bis­her nicht ge­recht ge­wor­den.

Die Ta­bui­sie­rung ei­ner mi­li­tä­ri­schen In­ter­ven­ti­on ist ein Feh­ler

Das Ver­sa­gen der in­ter­na­tio­na­len Ge­mein­schaft ist haupt­säch­lich die Schuld Russ­lands und Chi­nas, die im Si­cher­heits­rat wie­der­holt ihr Ve­to ge­gen ei­ne schär­fe­re Gang­art ge­gen­über Da­mas­kus ein­ge­legt ha­ben. Al­le Ver­su­che zur Ver­hän­gung von Sank­tio­nen ge­gen As­sads Re­gie­rung sind an Mos­kau und Pe­king ge­schei­tert. Der Wes­ten wird nicht mü­de, auf die­se skan­da­lö­se Po­li­tik hin­zu­wei­sen; und doch bleibt die­ser Fin­ger­zeig wohl­feil, so­lan­ge er bloß von der ei­ge­nen Plan­lo­sig­keit ab­lenkt. Ei­ne Stra­te­gie zum Schutz der sy­ri­schen Zi­vil­be­völ­ke­rung ha­ben näm­lich we­der Wa­shing­ton noch Pa­ris, we­der Lon­don noch Ber­lin zu bie­ten. Ei­ne di­plo­ma­ti­sche Lö­sung des Kon­flikts müs­se ge­fun­den wer­den, so die Lo­sung. Gleich­zei­tig be­schwö­ren die Au­ßen­po­li­ti­ker dies- und jen­seits des At­lan­tiks, dass ein mi­li­tä­ri­sches Ein­grei­fen voll­kom­men un­denk­bar sei. Dies war und ist ein Feh­ler.

Die Ta­bui­sie­rung ei­ner mi­li­tä­ri­schen In­ter­ven­ti­on hat die di­plo­ma­ti­schen Be­mü­hun­gen zur Lö­sung der Kri­se un­ter­gra­ben, in­dem As­sad si­gna­li­siert wur­de, dass sei­ne Ver­bre­chen an der ei­ge­nen Be­völ­ke­rung kei­ne Kon­se­quen­zen ha­ben wer­den. Der Wes­ten hat sich auf die­se Wei­se ei­nes wich­ti­gen Druck­mit­tels be­raubt. Da­mas­kus wur­de es so un­nö­tig leicht ge­macht, die Ver­mitt­lungs­be­mü­hun­gen der Ver­ein­ten Na­tio­nen zu igno­rie­ren. Oh­ne ein glaub­haf­tes Es­ka­la­ti­ons­sze­na­rio wa­ren die Frie­dens­in­itia­ti­ven der in­ter­na­tio­na­len Ge­mein­schaft ein hoff­nungs­lo­ses Un­ter­fan­gen. Der Bür­ger­krieg in Sy­ri­en ist in­zwi­schen wei­ter denn je von ei­ner Lö­sung ent­fernt und hat sich so­gar mas­siv ra­di­ka­li­siert. Die bis­he­ri­ge Po­li­tik des Wes­tens ist ge­schei­tert. Es be­darf ei­nes neu­en An­sat­zes.

Al­le Op­tio­nen müs­sen auf den Tisch

Das Ziel ei­nes er­neu­ten An­laufs zur Lö­sung des Sy­ri­en-Kon­flikts muss ei­ne di­plo­ma­ti­sche Lö­sung sein, die das Mor­den mög­lichst schnell be­en­det und in ei­ne Re­gie­rung der na­tio­na­len Ein­heit oh­ne As­sad mün­det. Die Feh­ler die Ver­gan­gen­heit soll­ten hier­bei tun­lichst ver­mie­den und die Rol­le re­gio­na­ler Ak­teu­re an­er­kannt wer­den. Dem­entspre­chend wird man nicht um­hin kön­nen, den be­reits auf­sei­ten von Da­mas­kus in­vol­vier­ten Iran mit im Boot zu be­rück­sich­ti­gen.

Ein Zer­fall Sy­ri­ens in eth­no-re­li­giö­se Par­zel­len birgt das Ri­si­ko gro­ßan­ge­leg­ter eth­ni­scher Säu­be­run­gen und wei­te­rer Mas­sa­ker. Zu­dem könn­te ei­ne neue Se­zes­si­ons­dy­na­mik in den über­wie­gend kur­disch be­wohn­ten Ge­bie­ten aus­lö­sen und ei­nen Krieg mit der Tür­kei vom Zaun bre­chen. Al­len Volks­grup­pen muss des­we­gen ga­ran­tiert wer­den, dass sie in ei­nem neu­en Sy­ri­en ih­ren Platz ha­ben wer­den. Ins­be­son­de­re der bis­lang herr­schen­den ala­wi­ti­schen Min­der­heit soll­te klar­ge­macht wer­den, dass es für sie auch in ei­nem Sy­ri­en oh­ne As­sad ei­ne Zu­kunft gibt. In die­ser Fra­ge ist vor al­lem die sy­ri­sche Op­po­si­ti­on ge­fragt, ei­ne glaub­wür­di­ge Ver­tre­tung und Ein­be­zie­hung der Ala­wi­ten zu schaf­fen. Ei­ne von den Ver­ein­ten Na­tio­nen mit Ex­per­ti­se und Blau­hel­men un­ter­stütz­te Re­gie­rung na­tio­na­ler Ein­heit bie­tet die bes­te Grund­la­ge, al­le Par­tei­en in ei­nen fried­li­chen po­li­ti­schen Pro­zess zu in­te­grie­ren.

Die am we­nigs­ten schlech­te Al­ter­na­ti­ve

Da­mit ei­ne neue di­plo­ma­ti­sche In­itia­ti­ve Er­folg ha­ben kann, soll­te von vorn­her­ein auch ein mi­li­tä­ri­sches Es­ka­la­ti­ons­sze­na­rio auf­ge­baut wer­den. Sy­ri­en, Russ­land, Chi­na und Iran müs­sen ver­ste­hen, dass ei­ne fried­li­che Lö­sung die bes­te und letz­te Chan­ce ist, den Sy­ri­en-Kon­flikt un­ter Wah­rung der ei­ge­nen In­ter­es­sen zu be­en­den. Das Re­gime und sei­ne Un­ter­stüt­zer müs­sen über­zeugt wer­den, dass ein Schei­tern der Di­plo­ma­tie erns­te Kon­se­quen­zen ha­ben wird. Nur dann wer­den sie den not­wen­di­gen Wil­len für ei­nen Kom­pro­miss fin­den. Ein Deal könn­te so­gar frei­es Ge­leit für As­sad mit­ein­schlie­ßen, nicht je­doch ei­ne in­ter­na­tio­nal ga­ran­tier­te Am­nes­tie. Wenn ei­ne fried­li­che Lö­sung mög­lich ist, dann wä­re dies trotz al­ler Schwach­stel­len die bes­te Op­ti­on für Sy­ri­en.

Soll­te es letzt­lich kei­ne Chan­ce für ei­ne fried­li­che Lö­sung ge­ben, soll­te über ein schnel­les und ent­schie­de­nes Ein­grei­fen nach­ge­dacht wer­den. Der Wes­ten soll­te nicht den glei­chen Feh­ler wie in Bos­ni­en be­ge­hen, erst jah­re­lang zu zau­dern, um Tau­sen­de to­te Zi­vi­lis­ten spä­ter doch zu in­ter­ve­nie­ren. Klar ist: Ei­ne hu­ma­ni­tä­re In­ter­ven­ti­on wä­re kei­ne gu­te Op­ti­on; von al­len ver­füg­ba­ren Al­ter­na­ti­ven wä­re sie je­doch auch die am we­nigs­ten schlech­te Lö­sung.

Wenn al­le di­plo­ma­ti­schen Be­mü­hun­gen fehl­schla­gen, wä­re ein Ein­grei­fen das klei­ne­re Übel als ei­ne jah­re­lan­ge Fort­set­zung der Mas­sa­ker. Mi­li­tä­ri­sche Op­tio­nen wei­ter­hin zu ta­bui­sie­ren, ist des­we­gen nicht nur un­klug, son­dern auch un­ver­ant­wort­lich.

 

Die­ser Ar­ti­kel von Ro­bert Schüt­te er­schien on­line am 17.11.2012 im The Eu­ropean.
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